Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist noch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (BU) streitig.
Der 1959 geborene Kläger hat im Zeitraum vom 01.08.1976 bis 31.07.1979 den Beruf des Schreiners erlernt und war nach seinen
Angaben anschließend bis 1981 als Schreiner, danach bis 1987 als Fenster-/Fassadenmonteur sowie von 1987 bis 2001 als Möbelpacker/Monteur
bei der Fa.N. versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist er arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos.
Am 03.02.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Im Auftrag der Beklagten
erstattete der Gutachterarzt Dr.K. ein allgemeinärztliches Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis gelangte, dass beim Kläger
eine Beschäftigung als Möbelpacker nicht mehr möglich sei, die Umstellungsfähigkeit für das Berufsbild des Schreiners - auch
für hervorgehobene Tätigkeiten im Berufsbild - jedoch gegeben sei. Mit Bescheid vom 16.03.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag
des Klägers ab. Der Kläger könne mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang
von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Mit Widerspruch vom 14.04.2004 hiergegen machte der Kläger geltend, dass er
aufgrund chronischer Schmerzen im linken Schultergelenk (Sehnenanriss, Sehnenverdickung, Verkalkungen) Tätigkeiten mit Überkopfarbeiten,
Heben und Tragen von schweren Lasten sowie in einseitiger Körperhaltung nicht mehr verrichten könne. Er sei daher keinesfalls
in der Lage, den erlernten Schreinerberuf auszuführen. Nach Einholung einer Auskunft der Fa. Möbel N. GmbH vom 02.06.2004
veranlasste die Beklagte eine ärztliche Untersuchung des Klägers auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet. In seinem Gutachten
vom 27.08.2004 gelangte Medizinaldirektor Dr.P. nach ambulanter Untersuchung des Klägers zu der Beurteilung, dass dem Kläger
die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Fa.N. nicht mehr vollschichtig zumutbar sei. Ansonsten sei dem Kläger die Tätigkeit
eines Schreiners inklusive von Verweisungstätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig
zumutbar. Gestützt hierauf wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2004 zurück. Zwar
könne der Kläger seinen erlernten Beruf als Bau- und Möbelschreiner nur noch weniger als sechs Stunden täglich ausüben. Er
sei jedoch verweisbar auf die Tätigkeiten eines Endkontrolleurs in der Möbelindustrie, eines Maschinenführers in der Holz
verarbeitenden Industrie und eines Kundenberaters in Holzfachmärkten. Somit sei er nicht berufsunfähig i.S. des §
240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) n.F.
Hiergegen hat der Kläger am 23.12.2004 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Im Auftrag des SG hat der Chirurg Dr.B. nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 18.10.2005 ein Gutachten erstattet und darin die Auffassung
vertreten, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch in der Lage sei, leichte und
mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen und unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen
vollschichtig zu verrichten. Tätigkeiten als Endkontrolleur in der Möbelindustrie, Maschinenführer in der Holz verarbeitenden
Industrie oder Kundenberater in Holzfachmärkten seien dem Kläger unter Berücksichtigung der angeführten Einschränkungen zumutbar.
Mit Urteil vom 18.10.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert i.S. der §§
43,
240 SGB VI n.F. Die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.B. seien überzeugend. Der Kläger sei zwar nicht mehr als Schreiner
bzw. Möbelpacker oder Möbelmonteur einsetzbar, er sei jedoch auf eine Tätigkeit als Kundenberater in einem Holzfachmarkt oder
Baumarkt verweisbar. Eine entsprechende Verkaufs- und Beratungstätigkeit sei als körperlich leicht einzustufen und könne vom
Kläger auch unter Berücksichtigung der bei ihm bestehenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ausgeübt werden. Es handele
sich hierbei um eine Tätigkeit im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen (letzteres z.B. bei der Beratung von Kunden, Aufnahme
von Bestellungen usw.). Auch seien - anders als im zuletzt ausgeübten Beruf - allenfalls gelegentlich Überkopfarbeiten oder
das Heben und Tragen von Lasten erforderlich, wobei bei letzterem vielfach technisches Hilfsgerät zur Verfügung stehe.
Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landessozialgericht -Zweigstelle B-Stadt - am 13.02.2006 eingegangene Berufung des
Klägers. Unstreitig könne er Tätigkeiten aus dem Berufskreis als Bau- und Möbelschreiner nicht mehr verrichten. Er sei aber
auch nicht mehr in der Lage, die Verweisungstätigkeiten Kundenberater in einem Holzfachmarkt oder Baumarkt, Maschinenführer,
Endkontrolleur in der Möbelindustrie, Hauswart oder Telefonist mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Das Gericht hat Befundberichte des Orthopäden Dr.J. vom 12.07.2006 (einschließlich Arztbriefe vom 06.05.2006 und 29.09.2005),
des Allgemeinarztes Dr.Ü. vom 07.08.2006, die Akte der Beklagten, des SG sowie des ZBFS Region Oberfranken beigezogen. Auf gerichtliche Nachfrage hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.09.2006
Tätigkeitsbeschreibungen des Verkaufsberaters in Bau- und Hobbymärkten und des Endkontrolleurs übersandt. Gemäß Beweisanordnung
vom 14.08.2006 hat der Chirurg und Unfallchirurg Dr.G. nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 11.06.2007 ein ärztliches
Sachverständigengutachten erstattet und darin die Auffassung vertreten, dass der Kläger den Beruf eines Schreiners oder Hauswarts
nicht mehr verrichten könne, da diese Berufe entsprechende Hebearbeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen bzw. Arbeiten auf Leitern
und Gerüsten beinhalteten. Geradezu maßgeschneidert erscheine der Beruf des Beraters oder Verkäufers in einem Holzfachmarkt.
Hier seien keine schweren Hebearbeiten zu leisten bzw. gut vermeidbar. Weiterhin könne der Kläger auch die Tätigkeit eines
Endkontrolleurs in der Möbelindustrie leisten. Wegen des offensichtlichen Alkoholproblems könne der Kläger Tätigkeiten als
Maschinenführer oder Telefonist nicht verrichten, wenngleich sich die gesundheitlichen Gefährdungen hier in Grenzen hielten.
Anschließend hat im Auftrag des Gerichts die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie-Psychotherapie Dr.D. nach Untersuchung
des Klägers am 22.08.2007 ein ärztliches Sachverständigengutachten erstattet und darin die Auffassung vertreten, dass die
Beurteilung des Schweregrades der Arbeit sowie etwaiger qualitativer und quantitativer Einschränkungen des Klägers erst nach
Abschluss der Behandlung der Alkoholkrankheit und Depression möglich sei. Nach Durchführung einer stationären Entzugs- und
Langzeitentwöhnungstherapie müsse eine neuerliche Leistungsbegutachtung erfolgen. Nach Angabe des Klägers bestehe seit Jugend
an ein vermehrter Alkoholkonsum, der seit der Scheidung weiter zugenommen habe. Erstmals aktenkundig sei die psychische Beeinträchtigung
beim Besuch des Hausarztes am 30.01.2007 geworden. Mit Schreiben vom 07.04.2008 hat das Gericht den Kläger darauf hingewiesen,
dass eine Rentengewährung ohne Durchführung einer stationären Entgiftungs- und Langzeitentwöhnungstherapie nicht in Betracht
kommt.
Hierzu nimmt der Kläger folgendermaßen Stellung: Die bei ihm aufgrund der Alkoholerkrankung bestehende Einschränkung der Umstellungsfähigkeit
sei schon seit Rentenantragstellung im Feb. 2004 anzunehmen. Er sei nicht bereit, sich einer Entziehungsbehandlung zu unterziehen.
Das gutachterlich aufgezeigte Alkoholproblem sei nicht derart dramatisch, dass er nicht eigenständig versuchen könne, den
Alkoholkonsum zu reduzieren. Der in §
9 Abs
1 Satz 2
SGB VI enthaltene Grundsatz stehe der Gewährung einer Rente nicht entgegen. Die Frage, ob eine positive Prognose bez. des Erfolgs
einer medizinischen Reha-Maßnahme gerechtfertigt erscheine, sei einer abschließenden Klärung derzeit offenbar nicht zugänglich,
was sich aus dem nervenärztlichen Sachverständigengutachten von Frau Dr.D. vom 22.08.2007 ergebe. Könne derzeit nicht beurteilt
werden, ob eine medizinische Reha-Maßnahme "erfolgreiche Leistungen" i.S. von §
9 Abs
2 Satz 2
SGB VI erbringen könne, sei für die Anwendung des Grundsatzes "Reha vor Rente" kein Raum. Nichts anderes ergebe sich aus §
102 Abs
2a SGB VI, wonach Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Bewilligung und bis zum Abschluss einer medizinischen Rehabilitation
(und ggf. darüber hinaus) durchaus erbracht werden könnten. Die hier vorliegende Fehleinschätzung bez. des Vorliegens einer
manifesten Alkoholkrankheit biete mangels der erforderlichen - aber krankheitsbedingt fehlenden - Motivation keine Grundlage
für eine hinreichend erfolgversprechende (Langzeit-)Therapie i.S. einer medizinischen Rehabilitation.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.10.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 01.12.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.02.2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Kläger stehe eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht zu, da er sich u.a. auf die Tätigkeit
eines Kundenberaters in einem Holzfach- oder Baumarkt verweisen lassen müsse. Nach den Feststellungen ihres ärztl. Sachverständigen
(Stellungnahme des Internisten Dr.H. vom 28.02.2008) seien zur Besserung bzw. Erhaltung der Erwerbsfähigkeit des Klägers medizinische
Leistungen zur Rehabilitation in Form einer stationären Entzugsbehandlung mit anschließender Langzeit-Entwöhnungstherapie
angezeigt. Diese Leistungen hätten Vorrang vor der Gewährung einer Rente. Der Inhalt des Attests des Nervenarztes Dr.B. führe
- wie der ärztliche Dienst der Beklagten festgestellt habe - zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens. Der Kläger sei
durch das Schreiben vom 02.11.2007 aufgefordert worden, einen Reha-Antrag zu stellen und ausdrücklich auf seine nach den §§
63 und
66 Abs
2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) bestehenden Mitwirkungspflichten hingewiesen worden. Nach Auffassung des ärztl. Sachverständigen (Stellungnahme des Internisten
Dr.H. vom 28.02.2008) seien die Diagnosen, welche das chirurgisch-orthopädische Fachgebiet beträfen, keinesfalls dazu angetan,
von einem zeitlich geminderten Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung erweist sich jedoch nicht als begründet.
Streitgegenstand ist noch die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, weil der Kläger
in der mündlichen Verhandlung vom 23.04.2008 sein Begehren darauf beschränkt hat.
Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 16.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 01.12.2004 abgewiesen.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU gemäß §
43 Abs
1 SGB VI nF i.V.m §
240 SGB VI nF zu.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß §
240 Abs
1 SGB VI nF bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die
1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2. berufsunfähig
sind.
Nach Abs 2 Satz 1 dieser Vorschrift sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung
im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und
gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen
die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen
und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können, Satz 2. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare
Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen,
Satz 4.
Nach dem vom SG eingeholten Gutachten des Chirurgen Dr.B. ist der Kläger noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig
zu verrichten. Auch der vom Senat gehörte Chirurg Dr.G. teilt in seinem Gutachten diese Leistungseinschätzung, wobei er nach
seinen Angaben die Alkoholabhängigkeit samt begleitender psychischer Veränderungen mit berücksichtigt hat. Unter Würdigung
der von ihm vorliegenden Berufsbilder hielt er aus ärztlicher Sicht für den Kläger u.a. die Tätigkeit eines Beraters oder
Verkäufers in einem Holzfachmarkt für "geradezu maßgeschneidert". Nach diesen Beurteilungen erfüllt der Kläger die medizinischen
Voraussetzungen einer BU-Rente nicht.
Dies gilt erst recht aufgrund der Weigerung des Klägers, sich einer stationären Behandlung seiner Alkoholkrankheit zu unterziehen.
Die Notwendigkeit einer solchen Behandlung ergibt sich aus dem vom Senat zusätzlich in Auftrag gegebenen neurologisch-psychiatrischen
Gutachten der Dr.D. vom 22.08.2007. Diese Sachverständige stellte fest, dass die berufliche Belastungsfähigkeit des Klägers
aktuell durch eine Alkoholabhängigkeit und Depression aufgehoben ist. Sie sah sich außerstande, die Leistungsfähigkeit des
Klägers ohne den Versuch einer stationären Behandlung der Alkoholabhängigkeit abschließend zu beurteilen.
Die Ablehnung der zumutbaren und notwendigen stationären Entgiftungsbehandlung mit Alkohol-Langzeitentwöhnungstherapie durch
den Kläger führt dazu, dass der Senat an der umfassenden Aufklärung des Sachverhalts gehindert ist.
Zur entsprechenden Mitwirkung ist der Kläger auch im gerichtlichen Verfahren verpflichtet. Rechtsgrundlage hierfür ist §
103 Satz 1 HS 2
SGG. Danach haben die Beteiligten die Folgen mangelnder Mitwirkung zu tragen, wenn sie dem Gericht nicht bei der Ermittlung der
anspruchsbegründenden Tatsachen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung helfen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8.Aufl, §
103 Rdnr 13). Auch im gerichtlichen Verfahren ist der Beteiligte verpflichtet, sich untersuchen zu lassen, soweit ihm dies zumutbar
ist. Soweit er triftige Gründe aufführen kann, entfällt diese Pflicht. Erforderlich ist eine Gesamtabwägung unter besonderer
Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechte (Leitherer aaO. Rdnr 14a, 18b).
Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich
erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind, §
9 Abs1 Satz 2
SGB VI. Entgegen dem klägerischen Vortrag ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger ein Alkoholproblem akut behandlungsbedürftigen
Ausmaßes hat und sein gesundheitliches Leistungsvermögen vor der Durchführung einer stationären Entgiftungs- und Alkohol-Langzeitentwöhnungstherapie
nicht abschließend beurteilt werden kann. Dabei stützt der Senat seine Auffassung auf die überzeugenden und schlüssigen gutachterlichen
Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Frau Dr. D. in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 22.8.2007. Darin hat sie
zu Recht die Auffassung vertreten, dass eine Beurteilung, ob der Kläger seinen - im Sinne des §
240 Abs
2 Satz 1
SGB VI - "bisherigen Beruf" des Schreiners bzw. die in Frage stehenden Verweisungstätigkeiten "Hauswart in größeren Wohnanlagen",
"Berater in einem Holz- oder Baumarkt", "Endkontrolleur in der Möbelindustrie", "Maschinenführer in der holzverarbeitenden
Industrie" oder "Telefonist" ohne Gefährdung seiner Restgesundheit ausüben kann, aufgrund des Alkoholproblems des Klägers
aktuell noch nicht beurteilbar ist.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 10.04.2008 hiergegen einwendet, die beim Kläger insoweit vorliegende
Fehleinschätzung bez. des Vorliegens einer manifesten Alkoholkrankheit biete mangels der erforderlichen Motivation keine Grundlage
für eine hinreichend erfolgversprechende (Langzeit-) Therapie i.S. einer medizinischen Rehabilitation mit der rechtlichen
Konsequenz, dass der Grundsatz "Reha vor Rente" i.S. von §
9 Abs
1 Satz 2
SGB VI nicht zum Tragen komme, vermag der Senat dieser Argumentation nicht zu folgen. Denn der Kläger steht nicht unter Betreuung;
ein derartiger Antrag wurde bisher vom Bevollmächtigten des Klägers auch nicht gestellt. Vielmehr soll die Beklagte nach dem
Grundsatz "Reha vor Rente" eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erst dann bewilligen, wenn zuvor Leistungen zur
Teilhabe erbracht wurden oder wenn ein Erfolg solcher Leistungen nicht zu erwarten ist (Begr d. FraktE-RRG S 153). Davon, dass ein Erfolg solcher Leistungen nicht zu erwarten ist, kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere
nach den eindeutigen und schlüssigen gutachterlichen Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. D. nicht ausgegangen
werden. Hiergegen spricht wesentlich auch die Tatsache, dass der Kläger bisher noch zu keinem Zeitpunkt an einer Langzeitentwöhnungstherapie
teilgenommen hat. Anhaltspunkte dafür, dass diese Maßnahme dem Kläger nicht zumutbar wäre, sind nicht vorhanden.
Lediglich ergänzend sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass die Ausführungen des Klägers insoweit widersprüchlich
sind, als er einerseits bei seiner Alkoholkrankheit von einem nicht behandlungsbedürftigen Problem spricht, er andererseits
seine Umstellungsfähigkeit aufgrund seiner Alkoholkrankheit für die Zeit ab Februar 2004 für nicht mehr gegeben hält.
Trotz ausdrücklicher schriftlicher Belehrung über die Folgen fehlender Mitwirkung durch das Gericht hat der Kläger seine Mitwirkungspflicht
verletzt. Nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme ist zu erwarten, dass die von Frau Dr. D. vorgeschlagenen Maßnahmen
eine Besserung seines Gesundheitszustands herbeiführen bzw. eine Verschlechterung verhindern werden.
Die Nichterweislichkeit einer Erwerbsminderung des Klägers aufgrund Verletzung der notwendigen und ihm zumutbaren Mitwirkungspflicht
in Form der Teilnahme an der von der gerichtlichen Sachverständigen Dr.D. vorgeschlagenen Maßnahmen geht nach dem Grundsatz
der objektiven Beweislast zu dessen Lasten (zu den Grundsätzen der objektiven Beweislast siehe BSG 6, 70, 72f; 35, 216, 217;
SozR 1500 § 141 Nr 9; BSG vom 25.6.2002 - B 11 AL 3/02 R - zu § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -; BayLSG Breith 2000, 478, 480).
Der Anwendung dieses Grundsatzes steht weder entgegen, dass §
9 SGB VI lediglich einen Programmsatz enthält, noch die in §
102 Abs
2a SGB VI normierte Möglichkeit, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats zu befristen, in dem
die Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben beendet wird.
Insoweit wird von Niesel (in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band I, §
9 Rdnr 7) zur Parallelvorschrift des §
8 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) ausgeführt: "... Es besteht daher keine Verpflichtung zur Reha. Zwar sollen Versicherte nicht erst zu Rentnern gemacht werden,
um bei Erfolg der Reha-Leistung die Rente wieder zu entziehen (BSGE 21,260, 261 = SozR Nr 2 zu § 1242
Reichsversicherungsordnung -
RVO-). §
8 SGB IX enthält jedoch nur einen Programmsatz, der nicht dazu berechtigt, eine Rente zu versagen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen
und der Versicherte sich weigert, sich einer Reha-Leistung zu unterziehen; denn gemäß §
31 SGB I dürfen Rechte und Pflichten des Versicherten nur begründet werden, soweit ein Gesetz dies vorschreibt oder zulässt ...".
Damit wird letztlich nur darauf hingewiesen, dass Vorschriften, die lediglich einen Programmsatz enthalten, nicht dazu berechtigen,
eine Rente zu versagen. Im vorliegenden Fall ist jedoch vor Durchführung der von der gerichtlichen Sachverständigen Dr. D.
vorgeschlagenen Maßnahme gerade nicht feststellbar, ob die Voraussetzungen einer Rente vorliegen. Eine andere Betrachtungsweise
würde sowohl dem Wortlaut und der Systematik als auch dem Sinn und Zweck des §
9 Abs
1 Satz 2
SGB VI und der Verpflichtung zur Mitwirkung im gerichtlichen Verfahren zuwiderlaufen.
Die Vorschrift des §
102 Abs
2a SGB VI steht - entgegen der klägerischen Auffassung - der Rentenablehnung ebenfalls nicht entgegen. In dieser Vorschrift ist lediglich
normiert, dass der Endzeitpunkt der bewilligten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit Ablauf des Kalendermonats enden
kann, in dem die Leistung zur medizinischen Rehabilitation (oder zur Teilhabe am Arbeitsleben) beendet wird. Lediglich aus
Praktikabilitätsgründen wird die Dauer der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf den Endzeitpunkt der Rehabilitationsmaßnahme
befristet, ohne dass diese Vorschrift einen Regelungsgehalt für die Fallkonstellation enthält, dass sich der Versicherte weigert,
an einer notwendigen und zumutbaren Reha-Maßnahme überhaupt teilzunehmen. Der in §
102 Abs
2a SGB VI enthaltene Rechtsgedanke ist auf den vorliegenden Fall auch nicht insoweit anwendbar, als von einer Rentengewährung vom Antragsmonat
bis zur Ablehnung des Klägers, einen entsprechenden Reha-Antrag zu stellen, auszugehen wäre. Diese Auslegung ist nach der
Überzeugung des Senats mit dem Wortlaut, der Systematik und dem Sinn und Zweck des §
9 Abs
1 Satz 2
SGB VI und der Mitwirkungspflicht im gerichtlichen Verfahren nicht zu vereinbaren.
Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 18.10.2005 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG.