Tatbestand:
Streitig ist, ob eine mittlerweile beendete Tätigkeit der Beigeladenen als Telefonkraft in einem Call-Center als beitragspflichtige
Beschäftigung zu qualifizieren ist.
1. Die Klägerin ist ein in A-Stadt ansässiges Unternehmen mit dem für den streitigen Zeitraum handelsregisterlich eingetragenen
Geschäftszweck "Konzeption und Durchführung von Absatzförderungsmaßnahmen, sowie Überwachung in der Ausführungsphase - Direktvertrieb
von Drittprodukten und Dienstleistungen über eigene Telefonmarketingzentrale -Übernahme von Aufgabenbereichen im Vertriebs-
und Marketingwesen von dritten Unternehmen". Sie betreibt u. a. ein Call-Center, für das die Beigeladene vom 19.06.2000 bis
Ende 2002 tätig war. Ihre Aufgabe bestand im Wesentlichen in der Vermarktung einer Frankiermaschine für den gewerblichen Gebrauch
des Herstellers P ... Die Maschine war für die damals anstehende DM/Euro-Umstellung speziell eingerichtet und sollte mit Hilfe
der Klägerin zeitnah intensiv in den Fachverkauf gebracht werden.
Die Klägerin beantragte am 09.08.2000, den sozialversicherungsrechtlichen Status mehrerer in ihrem Call-Center für das P.-Projekt
Tätiger, zu denen auch die Beigeladene zählte, als nicht beitragspflichtig festzustellen. Mit am 21.12.2000 bei der Beklagten
eingegangenem Antrag begehrte die Beigeladene die gleiche Feststellung und gab dazu an, sie sei für die Klägerin sowie für
weitere Auftraggeber im Telefon-Marketing tätig und mit Neukunden-Akquise, Verkauf und Beratung betraut. Mangels näherer Angaben
im Anhörungsverfahren stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17.09.2001 gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen eine beitragspflichtige
Tätigkeit fest. Die Klägerin stelle kostenlos alle Arbeitsmittel zur Verfügung und mache Vorgaben zu Art und Umfang der Tätigkeiten
und wohl ebenso zur zeitlichen Ausgestaltung. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht zu erkennen, eigene Betriebsmittel der
Beigeladenen seien nicht vorhanden.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug die Beigeladene vor, sie habe seit 1999 ein eigenes Gewerbe angemeldet, sei als
Selbständige Einkommens- und Umsatz-steuerpflichtig, habe mehrere - selbst akquirierte - Auftraggeber mit erheblicher Umsatzhöhe,
setze die eigenen Betriebsmittel ihres home-office ein und bestimme ihre Arbeitszeit selbst. Die Klägerin hat vorgebracht,
die für sie freiberuflich im Telefonmarketing Tätigen legten - anders als die im Call-Center fest angestellten Mitarbeiter
- selbst fest, ob und wann sie für die Klägerin arbeiten. Sie seien nur in Outbound-Gesprächen und nicht für eingehende Anrufe
eingesetzt, hätten die Wahl, im Call-Center oder aber von zu Hause aus zu telefonieren, unterlägen in den Gesprächen keiner
Kontrolle und hätten allenfalls allgemeine Vorgaben und Hinweise, aber keine Weisungen erhalten.
Den abweisendem Widerspruchsbescheid vom 01.09.2004 begründete die Beklagte damit, dass eine abhängige Beschäftigung bestehe,
weil die Beigeladene kein eigenes Kapital einsetze, kein Unternehmerrisiko trage, funktionsgerecht in einen vorgegebenen Betriebsablauf
eingegliedert und an einem für sie freigehaltenen Arbeitsplatz der Klägerin tätig sei.
2. Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben, Feststellung einer nicht abhängigen Tätigkeit der Beigeladenen
für die Zeit 19.6.2000 bis Ende 2002 beantragt im wesentlichen unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens.
Auf Anfrage des Gerichts hat die Beigeladene erläutert, im streitigen Zeitraum habe sie neben der Klägerin weitere acht Auftraggeber
akquiriert, über ein selbst ausgestattetes home-office verfügt, eine Stundenvergütung von 25,00 DM, später 28,00 DM und nochmals
später 24,00 DM zuzüglich Erfolgsprovision pro verkaufter Frankiermaschine erhalten, keine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen
und im Falle der Verhinderung keinen Vergütungsanspruch gehabt. Die fast ausschließliche Tätigkeit habe in der Vermarktung
der Frankiermaschine P. bestanden, was aus technischen Gründen nur vom Call-Center der Klägerin zu bewerkstelligen gewesen
sei. Dazu habe sie mit der Klägerin die Arbeitszeit verabredet, die die Klägerin in eine Wochenliste eingetragen habe. Nach
diesen Listen habe die Klägerin auch die Arbeitsplätze des Call-Centers verteilt und ausgerichtet. Es habe eine Berichtspflicht
für die erledigten Telefonate bestanden im Projekt für die Firma P ... Diese Firma habe auch die Telefonkräfte im Call-Center
zur Art der zu führenden Telefonate eingeführt bzw angewiesen sowie einen Leitfaden ausgegeben. Zwar sei sie - die Beigeladene
- nicht zur höchstpersönlichen Arbeitsleistung verpflichtet worden, faktisch wäre aber eine Weitervergabe in Sachen Frankiermaschine
auf Dritte Person aus Sachgründen, vor allem wegen der fehlenden unverzichtbaren Einweisung vor Ort unmöglich gewesen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.03.2008 hat das Sozialgericht Niederschriften aus Parallelverfahren zwischen der
Klägerin und der Beklagten beigezogen vom 08.12.2006, vom 22.02.2006 sowie vom gleichen Tag einschließlich der dortigen Angaben
der als Zeugen einvernommenen Projektmanagerin M. sowie der Personalbearbeiterin S. P ... Im wesentlichen seien danach die
"freien Telefon-Marketing-Mitarbeiter" für die Klägerin nur im Projekt Frankiermaschine P. tätig gewesen, wobei diese Arbeit
wegen der Adress- und Datensicherheit im Call-Center der Klägerin habe erbracht werden müssen und zwar nach einem Leitfaden
mit täglicher Berichtspflicht. Diese habe sich aus Zielvorgaben in Gestalt der abgegebenen und aus den abgearbeiteten Adressen
der anzurufenden potentiellen Kunden ergeben. Die Arbeit im Call-Center sei frei verabredet worden; sei sie aber vereinbart
gewesen, habe sie als verbindlich gegolten, der nach Wochenliste vergebene Platz im Call-Center sei dann ausschließlich für
den konkreten Telefonisten freigehalten worden. Die Dienstleistung habe höchstpersönlich erbracht werden müssen, weil eine
Ersatzkraft erst eingearbeitet hätte werden müssen. Die "Freiberufler" seien nach Stunden bezahlt worden, hätten keine Arbeitsmittel
mitbringen müssen und hätten Vorgaben in Gestalt von Leitfäden erhalten genauso wie die fest angestellten Telefonmitarbeiter.
Ebenso wie die fest Angestellten hätten die Freiberufler Tagesberichte erstellen und auch Zielvorgaben einhalten müssen, was
gegebenenfalls überwachbar und mit Hilfe von gesprächsweisen Rechtfertigungspflichten durchsetzbar gewesen wäre. Die fest
Angestellten hätten ein- und ausgehende Gespräche in mehreren Projekten geführt, die freien Mitarbeiter aber im Wesentlichen
nur das P. Projekt in Outbound-Gesprächen.
Mit Urteil vom gleichen Tag hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt, in Abwägung aller Umstände des konkreten Falles der Beigeladenen
sei eine Beschäftigung anzunehmen. Die Beigeladene habe örtlich gebunden im Call-Center der Klägerin nach deren festem Dienstplan
tätig sein müssen zu einem erfolgsunabhängigen Stundenlohn sowie ohne Einsatz eigener Betriebsmittel. Sie sei auf Grund des
Gesprächsleitfadens und der Ergebnisüberwachung sachlich weisungsgebunden sowie zur höchstpersönlichen Arbeitsleistung verpflichtet
gewesen. Für eine selbständige Tätigkeit sprechende Gesichtspunkte, wie Tätigkeit für mehrere Auftraggeber, eigene Akquise
oder Anmeldung eines Gewerbes, träten insoweit zurück. Der Streitwert wurde mit 5.000,00 Euro festgesetzt.
3. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt mit der Begründung, wesentliche Gesichtspunkte widerlegten eine abhängige Beschäftigung.
Die Beigeladene sei nicht weisungsgebunden gewesen, habe ihre Arbeitszeit frei bestimmt, habe selbst entschieden, wann sie
arbeiten wolle und sei allenfalls aus projektbezogenen sachlichen Gründen gewissen Rahmenvorgaben unterlegen. Sie habe jedes
Telefonat eigenverantwortlich ohne Überwachung geführt. Sie sei auch nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert
gewesen. Ihre Tätigkeit sei entscheidend anders als die der festen Mitarbeiter gewesen, die auch Inbound-Anrufe zu erledigen
gehabt hätten und nur für diese Gesprächsart seien bestimmte Vorgaben unerlässlich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.03.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 01.09.2004 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene für die Klägerin in der Zeit vom 09.06.2000 bis Ende 2002
nicht versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten
beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Der erstinstanzlich festgesetzte Streitwert begrenzt die Höhe des Streitwertes der Berufung, § 47 Abs 2 GKG.