Tatbestand:
Streitig ist, ob eine mittlerweile beendete Tätigkeit des Beigeladenen als Telefonkraft in einem Call-Center als beitragspflichtige
Beschäftigung zu qualifizieren ist.
1. Die Klägerin ist ein in A-Stadt ansässiges Unternehmen mit dem für den streitigen Zeitraum handelsregisterlich eingetragenen
Geschäftszweck "Konzeption und Durchführung von Absatzförderungsmaßnahmen, sowie Überwachung in der Ausführungsphase - Direktvertrieb
von Drittprodukten und Dienstleistungen über eigene Telefonmarketingzentrale -Übernahme von Aufgabenbereichen im Vertriebs-
und Marketingwesen von dritten Unternehmen". Sie betreibt u. a. ein Call-Center, für das der Beigeladene vom 09.06.2000 bis
01.06.2001 tätig war. Seine Aufgabe bestand im Wesentlichen in der Vermarktung einer Frankiermaschine für den gewerblichen
Gebrauch des Herstellers P ... Die Maschine war für die damals anstehende DM/Euro-Umstellung speziell eingerichtet und sollte
mit Hilfe der Klägerin zeitnah intensiv in den Fachverkauf gebracht werden.
Die Klägerin beantragte am 09.08.2000, den sozialversicherungsrechtlichen Status mehrerer in ihrem Call-Center für das P.-Projekt
Tätiger, zu denen auch der Beigeladene zählte, als nicht beitragspflichtig festzustellen. Mit am 12.12.2000 bei der Beklagten
eingegangenem Antrag begehrte der Beigeladene die gleiche Feststellung und gab dazu an, er sei für die Klägerin sowie für
weitere Auftraggeber im Telefon-Marketing tätig und mit der Erstellung von Konzepten sowie mit der Unterstützung in Vertrieb
und Verkauf betraut. Nach Auswertung der Angaben des Beigeladenen im Anhörungsverfahren stellte die Beklagte mit Bescheid
vom 17.09.2001 gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen eine beitragspflichtige Tätigkeit fest. Die Klägerin stelle kostenlos
alle Arbeitsmittel zur Verfügung und mache Vorgaben zu Art und Umfang der Tätigkeiten und wohl ebenso zur zeitlichen Ausgestaltung.
Ein unternehmerisches Risiko sei nicht zu erkennen, eigene Betriebsmittel des Beigeladenen seien nicht vorhanden.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug der Beigeladene vor, er sei seit jeher selbständig tätig, insbesondere seit 1995
als Handelsvertreter für Haushaltswaren ebenso wie als Propagandist für Autopflegemittel oder als Reisevermittler, er sei
als Selbständiger einkommens- und umsatzsteuerpflichtig und habe mehrere anderweitige Auftraggeber mit erheblichen Umsatzhöhen.
Die Klägerin hat vorgebracht, die für sie freiberuflich im Telefonmarketing Tätigen legten - anders als die im Call-Center
fest angestellten Mitarbeiter - selbst fest, ob und wann sie für die Klägerin arbeiten. Sie seien nur in Outbound-Gesprächen
und nicht für eingehende Anrufe eingesetzt, hätten die Wahl, im Call-Center oder aber von zu Hause aus zu telefonieren, unterlägen
in den Gesprächen keiner Kontrolle und hätten allenfalls allgemeine Vorgaben und Hinweise, aber keine Weisungen erhalten.
Den abweisendem Widerspruchsbescheid vom 08.09.2004 begründete die Beklagte damit, dass eine abhängige Beschäftigung bestehe,
weil der Beigeladene kein eigenes Kapital einsetze, kein Unternehmerrisiko trage, funktionsgerecht in einen vorgegebenen Betriebsablauf
eingegliedert und an einem für ihn freigehaltenen Arbeitsplatz der Klägerin tätig sei.
2. Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben, Feststellung einer nicht abhängigen Tätigkeit des Beigeladenen
für die Zeit 09.06.2000 bis 01.06.2001 beantragt im wesentlichen unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens.
Auf Anfrage des Gerichts hat der Beigeladene erläutert, im streitigen Zeitraum habe er neben der Klägerin weitere acht Auftraggeber
akquiriert, über ein selbst ausgestattetes home-office verfügt, eine Stundenvergütung von 25,00 DM, später 28,00 DM und nochmals
später 24,00 DM zuzüglich Erfolgsprovision pro verkaufter Frankiermaschine erhalten, keine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen
und im Falle der Verhinderung keinen Vergütungsanspruch gehabt. Die fast ausschließliche Tätigkeit habe in der Vermarktung
der Frankiermaschine P. bestanden, was aus technischen Gründen nur vom Call-Center der Klägerin zu bewerkstelligen gewesen
sei. Dazu habe er mit der Klägerin die Arbeitszeit verabredet, die die Klägerin in eine Wochenliste eingetragen habe. Nach
diesen Listen habe die Klägerin auch die Arbeitsplätze des Call-Centers verteilt und ausgerichtet. Es habe eine Berichtspflicht
für die erledigten Telefonate bestanden im Projekt für die Firma P ... Diese Firma habe auch die Telefonkräfte im Call-Center
zur Art der zu führenden Telefonate eingeführt bzw angewiesen sowie einen Leitfaden ausgegeben. Zwar sei er - der Beigeladene
- nicht zur höchstpersönlichen Arbeitsleistung verpflichtet worden, faktisch wäre aber eine Weitervergabe in Sachen Frankiermaschine
auf eine dritte Person aus Sachgründen, vor allem wegen der fehlenden unverzichtbaren Einweisung vor Ort unmöglich gewesen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.03.2008 hat das Sozialgericht die Prokuristin und Projektmanagerin M. sowie die
Personalbearbeiterin S. P. als Zeuginnen einvernommen. Diese haben im wesentlichen angegeben, die "freien Telefon-Marketing-Mitarbeiter"
seien für die Klägerin nur im Projekt Frankiermaschine P. tätig gewesen, wobei diese Arbeit wegen der Adress- und Datensicherheit
im Call-Center der Klägerin habe erbracht werden müssen und zwar nach einem Leitfaden mit täglicher Berichtspflicht. Diese
habe sich aus Zielvorgaben in Gestalt der abgegebenen und aus den abgearbeiteten Adressen der anzurufenden potentiellen Kunden
ergeben. Die Arbeit im Call-Center sei frei verabredet worden; sei sie aber vereinbart gewesen, habe sie als verbindlich gegolten,
denn der nach Wochenliste vergebene Platz im Call-Center sei dann ausschließlich für den konkreten Telefonisten freigehalten
worden. Die Dienstleistung habe höchstpersönlich erbracht werden müssen, weil eine Ersatzkraft erst eingearbeitet hätte werden
müssen. Die "Freiberufler" seien nach Stunden bezahlt worden, hätten keine Arbeitsmittel mitbringen müssen und hätten Vorgaben
in Gestalt von Leitfäden erhalten genauso wie die fest angestellten Telefonmitarbeiter. Ebenso wie die fest Angestellten hätten
die Freiberufler Tagesberichte erstellen und auch Zielvorgaben einhalten müssen, was gegebenenfalls überwachbar und mit Hilfe
von gesprächsweisen Rechtfertigungspflichten durchsetzbar gewesen wäre. Die fest Angestellten hätten ein- und ausgehende Gespräche
in mehreren Projekten geführt, die freien Mitarbeiter aber im Wesentlichen nur Outbound-Gespräche im P.-Projekt.
Mit Urteil vom gleichen Tag hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt, in Abwägung aller Umstände des konkreten Falles des Beigeladenen
vom 09.06.2000 bis 01.06.2001 sei eine Beschäftigung anzunehmen. Der Beigeladene habe örtlich gebunden im Call-Center der
Klägerin nach deren festem Dienstplan zu einem erfolgsunabhängigen Stundenlohn sowie ohne Einsatz eigener Betriebsmittel tätig
sein müssen. Er sei auf Grund des Gesprächsleitfadens und der Ergebnisüberwachung sachlich weisungsgebunden sowie zur höchstpersönlichen
Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Für eine selbständige Tätigkeit sprechende Gesichtspunkte, wie Tätigkeiten für mehrere
Auftraggeber, eigene Arbeitsmittel sowie Anmeldung eines Gewerbes, träten insoweit zurück. Der Streitwert wurde mit 5.000,00
Euro festgesetzt.
3. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt mit der Begründung, wesentliche Gesichtspunkte widerlegten eine abhängige Beschäftigung.
Der Beigeladene sei nicht weisungsgebunden gewesen, habe seine Arbeitszeit frei bestimmt, habe selbst entschieden, wann er
arbeiten wollte und sei allenfalls aus projektbezogenen sachlichen Gründen gewissen Rahmenvorgaben unterlegen. Er habe jedes
Telefonat eigenverantwortlich ohne Überwachung geführt. Er sei auch nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert
gewesen. Seine Tätigkeit sei entscheidend anders als die der festen Mitarbeiter gewesen, die auch Inbound-Anrufe zu erledigen
gehabt hätten und nur für diese Gesprächsart seien bestimmte Vorgaben unerlässlich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.03.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 08.09.2004 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene für die Klägerin in der Zeit vom 09.06.2000 bis 01.06.2001
nicht versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten
beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Der erstinstanzlich festgesetzte Streitwert begrenzt die Höhe des Streitwertes der Berufung, § 47 Abs 2 GKG.