Tatbestand:
Streitig ist, ob eine Tätigkeit der 1944 geborenen und am 04.03.2003 verstorbenen I. B. (im Folgenden: I.B.) als Telefonkraft
in einem Call-Center als beitragspflichtige Beschäftigung zu qualifizieren ist.
1. Die Klägerin ist ein in A-Stadt ansässiges Unternehmen mit dem für den streitigen Zeitraum handelsregisterlich eingetragenen
Geschäftszweck "Konzeption und Durchführung von Absatzförderungsmaßnahmen, sowie Überwachung in der Ausführungsphase - Direktvertrieb
von Drittprodukten und Dienstleistungen über eigene Telefonmarketingzentrale -Übernahme von Aufgabenbereichen im Vertriebs-
und Marketingwesen von dritten Unternehmen". Sie betreibt u. a. ein Call-Center, für das I.B. vom 02.01.2001 bis Dezember
2001 tätig war. Ihre Aufgabe bestand - neben Tätigkeiten in den Projekten "F." und "D." im Wesentlichen in der Vermarktung
einer Frankiermaschine für den gewerblichen Gebrauch des Herstellers P ... Die Maschine war für die damals anstehende DM/Euro-Umstellung
speziell eingerichtet und sollte mit Hilfe der Klägerin zeitnah intensiv in den Fachverkauf gebracht werden.
Die Klägerin beantragte am 09.08.2000, den sozialversicherungsrechtlichen Status mehrerer in ihrem Call-Center für das P.-Projekt
Tätiger, zu denen auch I.B. zählte, als nicht beitragspflichtig festzustellen. Mit am 14.11.2000 bei der Beklagten eingegangenem
Antrag begehrte I.B. die gleiche Feststellung und gab dazu an, sie sei neben der Klägerin auch für die Firma A. selbständig
in Vertreib und Marketing tätig. Mangels näherer Angaben der Beteiligten im Anhörungsverfahren stellte die Beklagte mit Bescheid
vom 17.09.2001 gegenüber der Klägerin und I.B. eine beitragspflichtige Tätigkeit fest. Die Klägerin stelle kostenlos alle
Arbeitsmittel zur Verfügung und mache Vorgaben zu Art und Umfang der Tätigkeiten und wohl ebenso zur zeitlichen Ausgestaltung.
Ein unternehmerisches Risiko sei nicht zu erkennen, eigene Betriebsmittel der I.B. seien nicht vorhanden.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren trugen die Klägerin ebenso wie I.B. vor, diese sei selbständig im Telefonmarketing
tätig, verfüge dazu über eigene Büroräume mit der erforderlichen Telefon- und EDV-Ausstattung sowie einen eigenen PKW, arbeite
auf Werkvertragsbasis für weitere Auftraggeber und werde für die Klägerin nur zu unregelmäßigen Zeiten tätig. Die Klägerin
hat vorgebracht, die für sie freiberuflich im Telefonmarketing Tätigen legten - anders als die im Call-Center fest angestellten
Mitarbeiter - selbst fest, ob und wann sie für die Klägerin arbeiten. Sie seien nur in Outbound-Gesprächen und nicht für eingehende
Anrufe eingesetzt, hätten die Wahl, im Call-Center oder aber von zu Hause aus zu telefonieren, unterlägen in den Gesprächen
keiner Kontrolle und hätten allenfalls allgemeine Vorgaben und Hinweise, aber keine Weisungen erhalten.
Den abweisendem Widerspruchsbescheid vom 16.09.2004 begründete die Beklagte damit, dass eine abhängige Beschäftigung bestehe,
weil I.B. in der Tätigkeit für die Klägerin funktionsgerecht dienend in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert tätig
sei, kein eigenes Kapital einsetze, kein Unternehmerrisiko trage und an einem für sie freigehaltenen Arbeitsplatz der Klägerin
tätig sei.
2. Dagegen haben die Klägerin und der Gesamtrechtsnachfolger der I.B. Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und Feststellung
einer nicht abhängigen Tätigkeit der I.B. für die Zeit vom 02.01.2001 bis Dezember 2001 beantragt im Wesentlichen unter Wiederholung
ihres bisherigen Vorbringens. Der Gesamtrechtsnachfolger der I.B. hat seine Klage, die zeitlich nach derjenigen der Klägerin
eingegangen war, am 08.12.2006 zurückgenommen.
Mit Schriftsatz vom 05.12.2006 hat die Klägerin zahlreiche Abrechnungen und Tagesberichte der I.B. in Kopie vorgelegt. Im
Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin vom 22.02.2007 hat der Geschäftsführer W. der Klägerin angegeben, I.B. habe bereits
seit 1988 als Aushilfe für die Klägerin gearbeitet. Im fraglichen Zeitraum sei I.B. für mehrere Auftrageber tätig gewesen,
für die Klägerin habe sie nach Eigenakquise Telefonarbeiten im P.-Projekt sowie in weiteren Projekten erbracht und sei auf
Stundenbasis ohne Abzug von Telefonkosten entlohnt worden.
Aus den Parallelverfahren der Beteiligten S 4 R 4536/04 und S 4 R 4614/04 sowie S 14 R 4538/04 hat das Sozialgericht mit Einverständnis der Klägerin und der Beklagten die Niederschriften der Erörterungs- und Beweisaufnahmetermine
vom 22.07.2007 sowie 08.12.2006 in das Klageverfahren einbezogen. Aus den Zeugenangaben dieser Niederschriften ergibt sich,
dass die "freien Telefon-Marketing-Mitarbeiter" für die Klägerin fast ausschließlich im Projekt Frankiermaschine P. tätig
gewesen seien, wobei diese Arbeit zwingend im Call-Center der Klägerin habe erbracht werden müssen und zwar nach einem Leitfaden
mit täglicher Berichtspflicht. Diese habe sich aus Zielvorgaben in Gestalt der abgegebenen und aus den abgearbeiteten Adressen
der anzurufenden potentiellen Kunden ergeben. Die Arbeit im Call-Center sei frei verabredet worden; sei sie aber vereinbart
gewesen, habe sie als verbindlich gegolten, denn der nach Wochenliste vergebene Platz im Call-Center sei dann ausschließlich
für die konkreten Telefonisten freigehalten worden. Die Dienstleistung habe höchstpersönlich erbracht werden müssen, weil
eine Ersatzkraft erst eingearbeitet hätte werden müssen. Die "Freiberufler" seien nach Stunden bezahlt worden, hätten keine
Arbeitsmittel mitbringen müssen und hätten Vorgaben in Gestalt von Leitfäden erhalten genauso wie die fest angestellten Telefonmitarbeiter.
Ebenso wie die fest Angestellten hätten die Freiberufler Tagesberichte erstellen und auch Zielvorgaben einhalten müssen, was
gegebenenfalls überwachbar und mit Hilfe von gesprächsweisen Rechtfertigungspflichten durchsetzbar gewesen wäre. Die fest
Angestellten hätten ein- und ausgehende Gespräche in mehreren Projekten geführt, die freien Mitarbeiter aber im Wesentlichen
nur Outbound-Gespräche im P.-Projekt. Die fest angestellten Mitarbeiter seien im Gegensatz zu den freien Mitarbeitern in mehreren
Projekten und auch in Inbound-Gesprächen eingesetzt gewesen.
Mit Urteil vom 24.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt, in Abwägung aller Umstände des konkreten Falles der I.B.
sei vom 02.01.2001 bis Dezember 2001 eine Beschäftigung anzunehmen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe I.B. örtlich
gebunden im Call-Center der Klägerin nach deren festem Dienstplan zu einem erfolgsunabhängigen Stundenlohn sowie ohne Einsatz
eigener Betriebsmittel tätig sein müssen. Sie sei auf Grund von Schulungen und der Ergebnisüberwachung mittels Tagesberichte
sachlich weisungsgebunden in Eingliederung der Betriebsabläufe der Klägerin fremdbestimmt tätig gewesen und habe ihre Arbeitsleistung
höchstpersönlich erbringen müssen. Zudem habe sie kein Unternehmerrisiko getragen. Demgegenüber müssten für eine selbständige
Tätigkeit sprechende Gesichtspunkte, wie Tätigkeiten für mehrere andere Auftraggeber, eigene Arbeitsmittel sowie Anmeldung
eines Gewerbes, zurücktreten. Der Streitwert wurde mit Beschluss vom 26.04.2007 auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
3. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt mit der Begründung, wesentliche Gesichtspunkte widerlegten eine abhängige Beschäftigung.
I.B. sei nicht weisungsgebunden gewesen, habe ihre Arbeitszeit frei bestimmt, habe selbst entschieden, wann sie arbeiten wollte
und sei allenfalls aus projektbezogenen sachlichen Gründen gewissen Rahmenvorgaben unterlegen. Sie habe jedes Telefonat eigenverantwortlich
ohne Überwachung geführt. Sie sei auch nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Ihre Tätigkeit
sei entscheidend anders als die der festen Mitarbeiter gewesen, die auch Inbound-Anrufe zu erledigen gehabt hätten und nur
für diese Gesprächsart seien bestimmte Vorgaben unerlässlich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.04.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 16.09.2004 aufzuheben und festzustellen, dass I.B. für die Klägerin in der Zeit vom 02.01.2001 bis Dezember 2001 nicht
versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten
beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Der erstinstanzlich festgesetzte Streitwert begrenzt die Höhe des Streitwertes der Berufung, § 47 Abs 2 GKG.