Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für den Beigeladenen zu 2.) für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2006 Beiträge
zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung zu leisten sind.
Der Beigeladene zu 2.) ist niedergelassener Arzt und zugleich bei dem Kläger als erster Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes
A-Stadt tätig. Seine Aufgaben ergeben sich aus der Satzung. Am 12.02.2007 führte die Beklagte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung
nach §
28 p
SGB IV durch für den Prüfzeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2006. Laut Mitteilung der Steuerberaterin des Klägers erhielt der Beigeladene
zu 2.) im Jahr 6.003,29 Euro, im Jahr 2004 8.502,09 Euro, im Jahr 2005 6.592,57 Euro und im Jahr 2006 9.054,68 Euro Entgelt.
Reisekosten wurde nicht gezahlt.
Mit Bescheid vom 14.06.2007 stellte die Beklagte fest, dass der erste Vorsitzende laut satzungsgemäßer Bestimmung zur Geschäftsführung
verpflichtet sei und damit laufende Geschäfte zu führen habe und insoweit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege
mit der Folge von Sozialversicherungspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung. Hier errechne sich eine Nachforderung
von 2.269,51 Euro.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, dass der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbandes keine abhängige
Beschäftigung ausübe. Die Tätigkeit für den Ärztlichen Kreisverband werde von dem Vorsitzenden an ca. zwei Tagen im Monat
für einige Stunden ausgeführt. Soweit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege, sei dies nach den Vorschriften für
die kurzfristige Beschäftigung sozialversicherungsfrei. Die Tätigkeit werde an weniger als 50 Arbeitstagen im Kalenderjahr
ausgeübt und erfolge nicht berufsmäßig. Es liege auch kein Rahmenarbeitsvertrag vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2007 zurück und führte aus, dass gemäß § 5 Abs. 1 der
Satzung der Vorstand und die Mitgliederversammlung die Organe des Vereins bilden. Der Vorstand bestehe aus dem ersten und
zweiten vorsitzenden Vorstandsmitglied sowie einer bestimmten Anzahl von beisitzenden Vorstandsmitgliedern. Der Vorstand erledige
die laufenden Angelegenheiten des Kreisverbandes, wobei das erste vorsitzende Vorstandsmitglied die Geschäftsstelle zu leiten
habe und den Kreisverband nach Außen vertrete (§ 5 Abs. 3 der Satzung), wobei ihm ein Anspruch auf Aufwand- und Reisekostenentschädigung
entstehe (§ 9 Abs. 1 der Satzung). Die Beklagte nahm Bezug auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.01.2006 (B 12 KR 12/05 R). Danach stünden grundsätzlich ehrenamtliche Tätige in einem Beschäftigungsverhältnis, da sie neben den Repräsentationsaufgaben
in der Regel auch Verwaltungsaufgaben nicht nur untergeordneter Art zu vollziehen hätten. Qualitative oder quantitative Bewertungen
der Verwaltungsaufgaben würden nicht gemacht werden, denn wie das BSG ausführt, fehle hierfür ein geeigneter Maßstab. Ebenfalls
könne eine kurzfristige und damit sozialversicherungsfreie Beschäftigung nicht angenommen werden. Versicherungsfrei sei, wer
eine kurzfristige Beschäftigung ausübe. Eine kurzfristige Beschäftigung liege seit dem 01.04.2003 vor, wenn die Beschäftigung
innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihren Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder
im Voraus vertraglich begrenzt sei. Die Beschäftigung des Vorsitzenden sei weder vertraglich noch durch Satzung auf weniger
als 50 Arbeitstage begrenzt. Eine Begrenzung in der Praxis sei auch gar nicht möglich. Vielmehr stehe es im Ermessen des ersten
Vorsitzenden, in welchem Umfang er die durch die Satzung auferlegten Pflichten ausübe. Eine Begrenzung auf die für eine kurzfristige
Beschäftigung geltenden zeitlichen Grenzen sei nach der Eigenart der Beschäftigung nicht möglich, da der Aufwand sich nach
den zu leistenden Geschäften und nicht nach versicherungsrechtlichen Erfordernissen zu richten habe.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Er hat vorgetragen, dass es sich bei der Tätigkeit des
Vorsitzenden des Ärztlichen Kreisverbandes um kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handle. Hilfsweise hat er vorgetragen,
dass wegen des Rechtsgedankens aus §
27 Abs.
3 Ziffer 4
SGB III eine Versicherungspflicht nicht bestehe. Er hat weiter eine Tätigkeitsbeschreibung des 1. Vorsitzenden vorgelegt, woraus
ein jährlicher Einsatz von 28 Tagen hervorgeht, von denen 11 mit nur ca. 3-4 Stunden belegt sind.
Das Sozialgericht Landshut hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbandes
ein Ehrenamt ausübe, das nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich ein Beschäftigungsverhältnis darstelle,
da neben den Repräsentationsaufgaben auch Verwaltungsaufgaben nicht nur untergeordneter Natur wahrgenommen werden. Zwar sei
der Vorsitzende bezüglich der Arbeitszeit relativ unabhängig, gleichwohl sei der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbandes
an die Beschlüsse der Mitgliederversammlung gebunden und habe diese auszuführen. Eine Weisungsfreiheit, wie sie bei selbständiger
Tätigkeit vorliege, bestünde daher nicht. Es liege auch keine kurzfristige Beschäftigung vor, da die Tätigkeit ihrer Natur
nach nicht auf zwei Monate bzw. 50 Tage begrenzt sei und auch nicht vertraglich im Voraus auf 50 Tage festgelegt werden könne.
Eine Versicherungsfreiheit nach §
27 Abs.
3 Nr.
4 SGB III könne ebenfalls nicht festgestellt werden, da versicherungsfrei nach dieser Bestimmung lediglich Personen in einer Beschäftigung
als ehrenamtliche Bürgermeister und ehrenamtliche Beigeordnete sind. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift sei nicht möglich,
weil die Versicherungsfreiheit explizit nur auf die genannten Personengruppen beschränkt sei.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt mit der Begründung, dass das erstinstanzliche Urteil sich mit den Ausführungen
der Klagebegründung vom 04.03.2008 und dem Schriftsatz vom 27.06.2008 nicht auseinandergesetzt habe. Die Beklagte habe die
tatsächlichen Verhältnisse nicht ermittelt. Die Tätigkeit des ersten Vorsitzenden des Klägers sei auch nicht dem allgemeinen
Erwerbsleben zugänglich. Es handle sich nicht um eine zweckgerichtete Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht. Eine Beitragspflicht
sei im Übrigen aus dem Rechtsgedanken des §
27 Abs.
3 SGB III ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt,
Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.09.2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 14.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 26.09.2007 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass die Tätigkeit des 1. Vorsitzenden des Klägers kein versicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis ist, hilfsweise festzustellen, dass die Tätigkeit des 1. Vorsitzenden des Klägers nicht versicherungspflichtig
nach dem
SGB III ist,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass das Sozialgericht Landshut zu Recht von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen
zu 2) ausgegangen sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Akte des Sozialgerichts Landshut, die Akte der Beklagten sowie
auf die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts.
Entscheidungsgründe:
Der Beigeladene zu 2.) ist in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nach §
24 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) versicherungspflichtig.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 14.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2007, mit
dem die Beklagte bezüglich des Beigeladenen zu 2.) eine Nachforderung von 2.269,51 Euro geltend machte für Beiträge zur gesetzlichen
Arbeitslosenversicherung. Diese Entscheidung ist rechtmäßig, wie auch das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend
festgestellt hat.
Nach §
24 Abs.
1 SGB III stehen Personen in einem Versicherungspflichtverhältnis, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig
sind. Bei der Tätigkeit des ersten Vorsitzenden des Klägers handelt es sich um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis
nach §
7 SGB IV.
Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung
sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Wie die Satzung des Klägers zweifellos dokumentiert, ist der Beigeladene zu 2.) als erster Vorsitzender zur Geschäftsführung
verpflichtet, er hat im streitigen Zeitraum die laufenden Geschäfte dementsprechend geführt. Hierzu gehörten insbesondere
die in § 1 der Satzung festgelegten Aufgaben. Danach ist der Kläger als Kreisverband Teil der Berufsvertretung der Ärzte Bayerns
mit der Aufgabe, innerhalb seines Bereichs die beruflichen Belange der Ärzte wahrzunehmen, die ärztliche Fortbildung zu fördern
und bei der Überwachung der Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten und in der öffentlichen Gesundheitspflege mitzuwirken.
Er ist auch verpflichtet, Anfragen der zuständigen Behörden und des Ärztlichen Bezirksverbands Niederbayern in Angelegenheiten
des Meldewesens und der Berufsaufsicht zeitgerecht zu beantworten und auf deren Verlangen Gutachten zu erstellen oder Stellungnahmen
abzugeben. Dabei steht der Kläger unter der Aufsicht der Bayerischen Landeärztekammer und der Regierung von Oberbayern. Die
Beschlüsse der Vollversammlung und des Vorstands der Bayerischen Landesärztekammer sind für den Kreisverband bindend. Zur
Erfüllung dieser Aufgaben hat der Beigeladene zu 2.) den Kläger nach außen und vor Gerichten sowie im Vorstand des ärztlichen
Bezirksverbandes vertreten. Aus den Aufgaben des Beigeladen zu 2.) und seiner Stellung innerhalb der Organisation der des
Klägers folgt, dass er im steitigen Prüfzeitraum nicht weisungsunabhängigwar, denn er war an die Beschlüsse der Mitgliederversammlung
und des Vorstandes der Bayerischen Landesärztekammer gebunden und hatte diese auszuführen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene
zu 2.) satzungs- und aufgabenwidrig im streitigen Zeitraum gehandelt hätte, sind nicht erkennbar. Deshalb war der Beigeladene
zu 2.) bei dem Kläger nicht selbständig tätig i.S.v. §
7 SGB IV.
Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich um ein Ehrenamt handelt. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.01.2006
(B 12 KR 12/05 R Rdnr. 18, zitiert nach juris) stehen ehrenamtliche Tätige grundsätzlich in einem Beschäftigungsverhältnis, da sie neben den
Repräsentationsaufgaben in der Regel auch Verwaltungsaufgaben nicht nur untergeordneter Art zu vollziehen haben. Qualitative
oder quantitative Bewertungen der Verwaltungsaufgaben sind nicht vorzunehmen, denn wie das BSG ausführt, fehlen hierfür geeignete
Maßstäbe.
Dabei stand dem Beigeladenen zu 2,) auch ein Anspruch auf Aufwand- und Reisekostenentschädigung zu (§ 9 Abs. 1 der Satzung).
Er erhielt im Jahr 6.003,29 Euro, im Jahr 2004 8.502,09 Euro, im Jahr 2005 6.592,57 Euro und im Jahr 2006 9.054,68 Euro Entgelt.
Reisekosten wurde nicht gezahlt.
Geltend gemacht wurde von der Klägerseite zu Unrecht, dass die Tätigkeit an weniger als 50 Arbeitstagen im Kalenderjahr ausgeübt
werde und nicht berufsmäßig erfolge. Es seien daher die Vorschriften für die kurzfristige Beschäftigung anzuwenden. Denn nach
§
8 Abs.
1 Nr.
2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) liegt eine geringfügige Beschäftigung nur vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei
Monate oder 50 Arbeitstage nach ihren Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn,
dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt. Nach §
27 Abs.
2 SGB III ist in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei, wer eine geringfügige Beschäftigung ausübt (Geringfügigkeits-Richtlinie
Abschnitt B Ziffer 1).Insoweit ist dem Regelungszusammenhang des §
8 Abs.
1 SGB IV zu entnehmen, dass es zunächst darauf ankommt, ob eine Beschäftigung regelmäßig (dann gilt §
8 Abs.
1 Ziff. 1
SGB IV) oder nur gelegentlich (dann gilt §
8 Abs.
1 Ziff. 2
SGB IV) ausgeübt wird. Der Gesetzeswortlaut lässt diese grundlegende Unterscheidung zwar nur undeutlich erkennen, weil sich das
Wort "regelmäßig" in Nummer 1 ausschließlich auf das Arbeitsentgelt zu beziehen scheint und weil §
8 SGB IV (im Gegensatz zur früheren, bis zum 30.06.1977 geltenden Fassung in § 168
RVO) den Begriff "gelegentlich" nicht mehr verwendet. Die Unterscheidung ergibt sich aber aus dem Sinn der Vorschrift. Wenn die
Nummer 1 neben regelmäßigen auch gelegentliche Beschäftigungen erfassen würde, müsste beispielsweise eine auf zwei Monate
befristete Tätigkeit, mit der die Entgeltgrenze überschritten wird, als versicherungspflichtig beurteilt werden, ohne dass
es auf das Merkmal "berufsmäßig" ankäme. Dieses nur in Nummer
2 des §
8 Abs.
1 SGB IV enthaltene Merkmal würde so leerlaufen. Es ist daher immer zunächst zu entscheiden, ob eine regelmäßige oder nur eine gelegentliche
Beschäftigung gegeben ist (BSG, Urteil vom 11.05.1993, 12 RK 23/91, USK 9353).
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 2. für den Kläger nicht nur gelegentlich erfolgt,
sondern regelmäßig. Denn die Tätigkeit des ersten Vorsitzenden ist entsprechend der Amtsperiode in § 5 Abs. 2 der Satzung
des Klägers auf fünf Jahre ausgelegt. Während dieser Zeit hatte der Beigeladene zu 2.) satzungsgemäß (§ 5 Abs. 3) die laufenden
Geschäfte geführt, deren Umfang sich aus den für jedermann öffentlich unter www.aekv-landshut.de einsehbaren Geschäftsberichten
der jeweiligen Jahre ergibt. Weil der Beigeladene zu 2.) im Jahr 2003 6.003,29 Euro, im Jahr 2004 8.502,09 Euro, im Jahr 2005
6.592,57 Euro und im Jahr 2006 9.054,68 Euro Entgelt erhalten hat, als Gegenleistung für seine Tätigkeit und damit Arbeitsentgelt
i.S.d. §
14 SGB IV, ist die Entgeltgrenze von 400 Euro pro Monat überschritten. Geringfügigkeit nach §
8 SGB IV besteht damit nicht.
Gemäß §
5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) besteht für den Beigeladen zu 2.) Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung. Es besteht auch Freiheit
in der Rentenversicherung, da eine berufsständische Versorgung nachgewiesen ist. Versicherungspflichtig bleibt der Beigeladene
zu 2.) daher allein in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nach §
24 SGB III. Ein Befreiungstatbestand ist nicht gegeben. Eine analoge Anwendung der Regelung für ehrenamtliche Bürgermeister in §
28 Abs.
3 Nr.
4 SGB III kommt nicht in Betracht, da die Tätigkeit des Beigeladenen zu 2.) mit der eines ehrenamtlichen Bürgermeisters nicht vergleichbar
ist.
Die Berufung ist daher nicht erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197 a SGG.
Die Höhe des Streitwerts folgt aus §
197a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 2 Gerichtskostengesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§
160 Abs.
2 SGG).