Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in der Zeit von 03.04.2017 bis 30.06.2018 in ihrer Tätigkeit für die
Beigeladenen zu 1) und 2) als Physiotherapeutin versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie
nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Die 1988 geborene Klägerin ist ausgebildete Physiotherapeutin. Sie besaß im streitigen Zeitraum keine Zulassung zur Leistungserbringung
zulasten der gesetzlichen Krankenkassen. Bis 31.03.2017 übte sie ihren Beruf als Vollzeitangestellte der Klinik H. aus, daneben
war sie ab November 2012 auf geringfügiger Basis auch in der Praxis ihres Vaters, des Beigeladenen zu 1), tätig. Nachdem sie
das Arbeitsverhältnis mit der Klinik H. zum 31.3.2017 gekündigt hatte, schloss sie jeweils am 01.04.2017 mit den Beigeladenen
zu 1) und 2) (im Weiteren: Beigeladene) Verträge über eine freie Tätigkeit zur Erbringung sämtlicher physiotherapeutischer
Maßnahmen in den zur Leistungsabrechnung im System der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Physiotherapiepraxen
der Beigeladenen. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung nahm die Klägerin ihre Tätigkeit für die Beigeladenen jeweils
zum 03.04.2017 auf.
Bereits am 30.03.2017 hatte die Klägerin Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status ihrer Tätigkeit
gestellt. Die jeweils übermittelten gleichlautenden Verträge mit den Beigeladenen über eine "freie Mitarbeit" enthielten unter
anderem Regelungen, wonach die Klägerin in ihrer Tätigkeit keinerlei Weisungen des Auftraggebers unterlag, Freiheit bei der
Gestaltung der Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Dauer bestand und sie das Recht hatte, Aufträge abzulehnen. Bei notwendigen
Abstimmung mit dem Auftraggeber waren diese bei der Arbeitsplanung zu berücksichtigen. Sofern Arbeitsaufträge fachlich und
zeitlich gebunden waren, waren diese Vorgaben einzuhalten (jeweils § 2 der Verträge). Die vereinbarten Leistungen waren von
der Klägerin grundsätzlich persönlich zu erbringen, eine Weitergabe an Dritte war nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Auftraggebers
möglich. Die Ausübung der Tätigkeit sollte in den eigenen Räumen des freien Mitarbeiters erfolgen, sofern Absprachen mit dem
Auftraggeber notwendig waren, stellte dieser entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung (§ 3). Neben der gegenseitigen Pflicht,
Änderungen bei der Auftragsrealisierung unverzüglich mitzuteilen, verpflichtete sich die Klägerin zusätzlich, an notwendigen
Aus- und Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen, Verschwiegenheit über alle im Rahmen der Auftragsbearbeitung bekannt gewordenen
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu bewahren, den Auftraggeber von allen Haftungen freizustellen und verursachte Mängel
kostenlos nachzuarbeiten. Eine Tätigkeit für weitere Auftraggeber war nur möglich, soweit es sich nicht um Mitbewerber des
Auftraggebers handelte, respektive soweit dieser ausdrücklich schriftlich zugestimmt hatte (§§ 4, 5, 6, 7,10). Es wurde eine
monatliche Abrechnung der Leistungen vereinbart, ohne dass in den Verträgen selbst die Höhe der Vergütung geregelt war. Zudem
verpflichtete sich die Klägerin, Statusfeststellungsverfahren einzuleiten und im Falle der Feststellung von Sozialversicherungspflicht
dem Eintritt der Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe der Entscheidung zuzustimmen.
Im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Anhörungen gaben die Beteiligten übereinstimmend an, dass die Klägerin jeweils
in den Praxen der Beigeladenen tätig wurde und dort neben Büro- und Reinigungskräften auch weitere Physiotherapeuten - z.T.
auf geringfügiger Basis - fest angestellt waren. Sie trugen weiter vor, es habe völlige Freiheit in Bezug auf die Gestaltung
der Arbeitszeit bestanden. Die Klägerin habe rd. 60 % der von ihr behandelten Patienten durch eigene Werbung und Mund-zu-Mund-Propaganda
selbst akquiriert. Der Erstkontakt wie auch die erste Terminvergabe sei z.T. auch über die Praxis erfolgt, die Folgetermine
habe alleine die Klägerin vereinbart. Sie habe aus den vorhandenen Räumen (jeweils 6 Behandlungsräume und ein Gruppentherapieraum)
- je nach Verfügbarkeit - frei wählen können, für die Inanspruchnahme der Arbeitsmittel (Liegen und sonstige Betriebsmittel,
z.B. Strom, Wasser, Massagelotion, Desinfektionsmittel, Fango, Laken und Handtücher) hätten die Beigeladenen bei der Abrechnung
30 % der Gebührensätze einbehalten. Für Hausbesuche habe die Klägerin eine mobile Behandlungsliege vorgehalten. Die Abrechnung
sei aus rechtlichen Gründen über die jeweiligen Praxen erfolgt. Eine gegenseitige Vertretung im Krankheitsfalle habe nicht
stattgefunden, die Klägerin habe ihre Patienten in Koordination mit der Bürokraft abmelden müssen. Einheitliche Arbeitskleidung
sei nicht gestellt worden, eine Zusammenarbeit mit eigenen Mitarbeitern habe nicht stattgefunden. Der Beigeladene zu 1) teilte
ergänzend mit, dass die Klägerin bei ihrer geringfügigen Tätigkeit vor dem 03.04.2017 voll in die Praxisabläufe integriert
gewesen sei, die Termine über die Praxis koordiniert und eingeteilt worden seien und die Klägerin dementsprechend Zeitvorgaben
gehabt habe.
Die Abrechnung sämtlicher von der Klägerin in den Räumlichkeiten der Beigeladenen erbrachter Leistungen wurde - ausweislich
der vorgelegten Rechnungen - sowohl mit den privatversicherten Patienten wie auch mit den gesetzlichen Krankenkassen ausschließlich
von den Beigeladenen vorgenommen, welche auch die Behandlungsverträge mit den Privatpatienten abschlossen. Hausbesuche für
gesetzlich Versicherte stellte die Klägerin ausschließlich dem Beigeladenen zu 1) in Rechnung. Die mit den Krankenkassen vereinbarten
Fahrtkostenpauschalen wurden hierbei in vollem Umfang an die Klägerin weitergegeben. Von den übrigen Gebührensätzen behielten
die Beigeladenen absprachegemäß jeweils 30 % für die bereitgestellten Räumlichkeiten und Arbeitsmittel ein, 70% wurden an
die Klägerin ausgekehrt. Die gesetzlichen Zuzahlungen wurden von der Klägerin entgegengenommen und an die Beigeladenen weitergeleitet.
Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 29.12.2017 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.04.2018
fest, dass die Tätigkeiten der Klägerin als Physiotherapeutin für die Beigeladenen ab dem 03.04.2017 im Rahmen abhängiger
Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt worden seien und jeweils Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Für eine abhängige Beschäftigung würde sprechen:
* Tätigkeit für die Praxis des jeweiligen Beigeladenen
* Ausübung im Namen der Beigeladenen,
* es handele sich um Patienten der Beigeladenen,
* Erstkontakt/Erstterminierung grundsätzlich über die Praxis/Bürokraft der Beigeladenen
* keine eigene Abrechnung, sondern ausschließlich über die Beigeladenen als Vertragspartner der Krankenkassen
* keine Beteiligung an den anfallenden Kosten
* Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen
* Tätigkeiten in den Räumlichkeiten der Beigeladenen
* notwendige Arbeitsmittel würden zur Verfügung gestellt
* Leistungen würden ausschließlich persönlich erbracht,
* Keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der klärungsrelevanten Tätigkeit zur vorherigen abhängigen Beschäftigung bei
den Beigeladenen.
Für eine selbständige Tätigkeit würde hingegen sprechen:
* Tätigkeit werde weisungsfrei und eigenverantwortlich ausgeübt
* keine Verpflichtung zur Übernahme von Urlaubs- und Krankheitsvertretung
* kein Tragen einheitlicher Arbeitskleidung, es sei auch keine gestellt worden
* es lägen keine Ausschließlichkeitsvereinbarungen vor.
Nach Würdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
überwiegen. Eine direkte Kostenbeteiligung sei nicht gegeben. Die Klägerin sei ohne eigenes Unternehmensrisiko in den jeweiligen
Praxisbetrieb eingegliedert gewesen. Therapeuten, die ihre Leistungen in einer fremden, zur Leistungserbringung nach §
124 SGB V zugelassenen Praxis erbringen würden, seien in der Regel abhängig beschäftigt. Diese Auffassung würde sich aus dem aktuellen
Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. März 2016 (B 12 KR 20/14 R) ableiten lassen.Die Beigeladenen erhielten jeweils gleichlautende Bescheide.
Die Klägerin erhob gegen diese Entscheidungen am 04.05. (S 9 BA 29/18) und am 07.05.2018 (S 9 BA 38/18) jeweils Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG). Die für Selbständigkeit sprechenden Merkmale würden überwiegen. Feste Arbeitszeiten seien nicht vereinbart und Vertretungsregelungen
nicht getroffen worden. Eine Bindung an Öffnungszeiten oder eine Anwesenheitspflicht habe nicht bestanden. Terminvereinbarungen
und Verlegungen habe alleine die Klägerin organisiert. Ein festes Arbeitsentgelt sei nicht vereinbart worden. Die Klägerin
sei selbst werbend am Markt aufgetreten, insbesondere durch Visitenkarten. Eine Integration in die Arbeitsabläufe der jeweiligen
Praxis habe nicht bestanden. Auch wenn die Klägerin noch zum Teil auf den Internetseiten der Beigeladenen geführt werde, sei
für die Patienten offensichtlich gewesen, dass sie nicht zum Praxisteam gehöre; sie habe ihre eigene Kleidung getragen. Die
Klägerin teilte weiter mit, sie habe nach dem 03.04.2017 keine eigenen Investitionen für ihre Leistungen als freie Mitarbeiterin
getätigt. Auch habe sie bereits am 28.02.2018 die jeweiligen Verträge zum 30.06.2018 gekündigt. Seit November 2018 habe sie
eine eigene Zulassung sowie eine eigene Praxis.
Mit Gerichtsbescheiden vom 21. und 28. Mai 2019 hob das SG die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten auf und stellte fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Physiotherapeutin
für die Beigeladenen in der streitigen Zeit nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe. Die Klägerin sei nicht in
persönlicher Abhängigkeit bei den Beigeladenen tätig geworden. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sprächen auch die Umstände
für eine selbständige Tätigkeit. Insbesondere bedinge nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24.03.2016,
B 12 KR 20/14 R) das Zulassungserfordernis für Heilmittelerbringer der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zwingend den Status als abhängig
Beschäftigte. Die Klägerin sei in Ausübung ihrer Tätigkeit frei gewesen und weder an Arbeitszeiten, noch an Anwesenheit gebunden
gewesen. Ein festes Entgelt sei nicht vereinbart worden. Eine Einbindung in die betriebliche Organisation habe nicht stattgefunden.
Der Erstkontakt mit den Patienten sei über die Klägerin erfolgt. Sie habe deren Handynummer gehabt. 60 % der Patienten habe
die Klägerin selbst akquiriert. Sie sei nicht als Mitarbeiterin der Beigeladenen aufgetreten, habe eigene Visitenkarten gehabt
und in der Praxis nicht das Erscheinungsbild der übrigen Beschäftigten geteilt. Zwar sei sie in den Räumlichkeiten der Beigeladenen
tätig geworden, dies sei jedoch Folge der gesetzlichen Regelung, die die Zulassung zur Erbringung von Leistungen der physikalischen
Therapie an bestimmte Räumlichkeiten binde; ein Weisungsrecht sei damit nicht verbunden gewesen. Auch die Abrechnung sowohl
der gesetzlich Versicherten wie auch der Privatpatienten über die Beigeladenen habe nicht zu einer Eingliederung der Klägerin
in dem Betrieb geführt. Abwicklungsstörungen hätten von der Klägerin selbst abgewickelt werden müssen. Die Klägerin habe eigene
Aufwendungen für einen Pkw, ein Mobiltelefon sowie eine mobile Behandlungsliege getätigt und sei mit 30 % der Abrechnungssumme
an den Kosten der Praxis beteiligt gewesen. Im Übrigen sei das Fehlen von unternehmerischen Risiken nicht schlechthin entscheidend,
sondern nur ein Aspekt der Gesamtbetrachtung.
Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte jeweils am 25.06.2019 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht ein. Der Senat
hat die Verfahren in der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2020 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß §
113 Abs.
1 SGG verbunden.
Zur Begründung wird vorgetragen, das SG sei in der Gesamtabwägung rechtsfehlerhaft vom Nichtvorliegen abhängiger Beschäftigung ausgegangen. Die zwischen den Beteiligten
geschlossenen Verträge über "freie Mitarbeit" spiegelten lediglich die gewünschte Rechtsfolge wider; dies hätte aber keine
Bedeutung im Rahmen der versicherungsrechtlichen Beurteilung. Maßgeblich sei hingegen, dass alleine die Beigeladenen als Leistungserbringer
auf Grundlage der Rahmenempfehlungen nach §
125 Abs.
1 SGB V die von der Klägerin erbrachten Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen hätten abrechnen können. Nur sie hätten
die organisatorischen und personellen Voraussetzungen gewährleistet. Innerhalb dieser, einem intensiven Qualitätsmanagement
unterliegenden Strukturen der Beigeladenen sei die Klägerin jeweils tätig geworden und habe auch tätig werden müssen. Dem
stehe auch die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.03.2016) nicht entgegen, wonach das Zulassungserfordernis kein zwingendes Kriterium sei. Auch das BSG gewichte die fehlende Zulassung im Rahmen der Gesamtabwägung. Hinsichtlich der Einbindung und der Arbeitsabläufe seien keine
rechtlich bedeutsamen Unterschiede im Vergleich zu festangestellten Beschäftigten erkennbar. Insbesondere habe die Klägerin
kein eigenes Unternehmensrisiko getragen, da Räume und Betriebsmittel gestellt worden seien und durch den prozentualen Honorarabzug
eine Kostenbeteiligung nur bei tatsächlichem Tätigwerden angefallen sei. Im Übrigen komme bei Erbringung festgelegter Leistungen
auf ärztliche Anordnung einem insoweit fehlenden Weisungsrecht keine maßgebliche Bedeutung zu.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
die Gerichtsbescheide des SG Bayreuth vom 21. Mai 2019 und vom 28. Mai 2019 aufzuheben und die Klagen gegen die Bescheide
der Beklagten vom 29.12.2017 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.04.2018 abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufungen der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben sich dem Antrag der Klägerin angeschlossen.Wie auch die Klägerin halten sie das Urteil des SG für zutreffend. Die Beklagte lege die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24.03.2016 fehlerhaft aus. Für eine selbständige
Tätigkeit sprechende Umstände würden von der Beklagten nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere sei maßgeblich, dass
die Patientin ganz überwiegend durch die Klägerin selbst akquiriert worden seien und nunmehr von der Klägerin in ihrer eigenen
Praxis auch weiter behandelt würden. Unbeschadet der ärztlichen Verordnung sei die Klägerin im Rahmen der Therapiewahl frei
gewesen und habe keinerlei Weisungen unterlegen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten
der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässigen Berufungen sind begründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtmäßig. Die Klägerin
war in ihren identischen Tätigkeiten für die Beigeladenen zu 1) und 2) als Physiotherapeutin abhängig beschäftigt und deshalb
in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung,
der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V, §
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI, §
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB XI und §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB III). Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs.
1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einer Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dieses Weisungsrecht kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung BSG, vgl. Urteil vom 16.08.2017, B 12 KR 14/16 R; Urteil vom 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, jeweils m.w.N.). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen
Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer
Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d. h. den
Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG a. a. O.).
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen
schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente
Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der
Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses
zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere
Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R).
Hinsichtlich der Tätigkeit eines freien, nicht zugelassenen Physiotherapeuten in einer fremden Praxis hat das BSG mit Urteil vom 24.03.2016 (B 12 KR 20/14 R) ausgeführt, dass die maßgebenden Regelungen des Leistungserbringungsrechts zwar keine zwingende, übergeordnete oder determinierende
Wirkung besitzen, die sogenannten regulatorischen Vorgaben aber bei der Gewichtung der Indizien zur Statusbeurteilung gleichwohl
zu berücksichtigen sind. In aktuellen Urteilen misst das BSG diesem Umstand nunmehr eine deutlich maßgeblichere Bedeutung zu. So hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts im Fall einer
freien Tätigkeit auf Honorarbasis für zugelassene Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen ein Regel-Ausnahmeverhältnis statuiert,
wonach die Einbindung in die regulatorischen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Einrichtung im Regelfall die Eingliederung
in die Organisations- und Weisungsstruktur des Leistungserbringers bedingt und von einer selbstständigen Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen
Sinne nur noch ausnahmsweise bei Bestehen gewichtiger Indizien ausgegangen werden kann (BSG, Urteil vom 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, BSG, Urteil vom 07.06.2019, B 12 R 6/18 R).
Der erkennende Senat hält den vom BSG in den genannten Urteilen aufgestellten Grundsatz auch im vorliegenden Fall für maßgeblich. Zwar bestand hier keine der Inanspruchnahme
eines Arztes oder einer Pflegekraft für die Behandlung und Pflege von Patienten einer stationären Einrichtung entsprechende
organisatorische Einbindung der Klägerin in die Praxis der Beigeladenen. Denn sie konnte unstreitig die Termine - je nach
Verfügbarkeit von Therapieräumen - frei bestimmen, war nicht in den zeitlichen Ablauf der Therapiepraxen eingebunden und musste
auch keine Vertretungen wahrnehmen. Nach den eigenen Angaben der Klägerin hat sie auch im Umfang von rund 60 % ihre Patienten
selbst akquiriert und damit nur zu rund 40 % von den Beigeladenen zugewiesene Patienten behandelt. Der Senat misst jedoch
im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des BSG dem Umstand, dass die Klägerin in der streitigen Zeit keine eigene Zulassung zur Erbringung von Leistungen zulasten der gesetzlichen
Krankenkassen besaß und daneben auch die Erfassung und Abrechnung von Privatpatienten tatsächlich wie rechtlich ausschließlich
über die Büroorganisation der Beigeladenen erfolgte, maßgebliche Bedeutung zu. Hierbei ist die Berechtigung zur Abrechnung
nach dem
SGB V keine bloße Formalie, sondern eine von einer Vielzahl regulatorischer Vorgaben - entsprechend den Rahmenempfehlungen zwischen
den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenverbänden der Heilmittelerbringer nach §
125 Abs.
1 SGB V - abhängige Berechtigung zur Teilnahme an einer qualitativ hochwertigen, wirtschaftlichen und wirksamen Versorgung mit Heilmitteln.
Die Leistungserbringer gewährleisten, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln eine gewissenhafte Umsetzung der Rahmenempfehlungen
zu sorgen. Dementsprechend haben sich auch die Beigeladenen nach § 4 Abs. 2 der Rahmenempfehlungen verpflichtet, Leistungen
ausschließlich persönlich oder durch gemäß den Gemeinsamen Empfehlungen nach §
124 Abs.
4 SGB V berufsrechtlich qualifizierte Mitarbeiter durchzuführen. Im Rahmen dieser Verpflichtung waren auch von der Klägerin als gewillkürte
"freie Mitarbeiterin" sämtliche Vorgaben der Rahmenempfehlungen im Hinblick auf die Einhaltung der maßgeblichen Datenschutzbestimmungen
(§ 7), der Bestimmungen zu Fortbildung und Qualitätssicherung (§ 8), der personellen Voraussetzungen (§11) sowie der jeweiligen
Therapievorgaben insbesondere auch zur Prozessqualität (§ 13) einzuhalten. Insbesondere war nach der Leistungsbeschreibung
Physiotherapie (Anlage 1A der Rahmenempfehlung) im streitigen Zeitraum neben der Behandlung als solches auch das Aufstellen
eines individuellen Behandlungsplans, die Erstellung einer Verlaufsdokumentation sowie ggf. eine Abstimmung mit dem verordnenden
Arzt obligatorisch. Hätte sich die Klägerin nicht an diese Vorgaben gehalten, so hätte dies einen den Beigeladenen zurechenbaren
Verstoß gegen die organisatorischen Vorgaben der gemeinsamen Rahmenempfehlung (vgl. § 10) zur Folge gehabt, welcher Sanktionen
bis hin zum Zulassungsentzug hätte auslösen können. Im Gegenzug war die Klägerin für die Ausübung ihrer Tätigkeit und die
Möglichkeit, als "freie Mitarbeiterin" ohne eigene Zulassung zulasten der gesetzlichen Krankenkassen abrechnen zu können,
auf die Eingliederung in dieses Regelungsgefüge - wie es von den Beigeladenen vorgegeben wurde und gegenüber den Krankenkassen
verpflichtend einzuhalten war - angewiesen. Die Klägerin hat sich insoweit zur Überzeugung des Senates den Strukturen der
zugelassenen Leistungserbringer unterworfen und war damit maßgeblich in die betriebliche Organisation der Beigeladenen funktionsgerecht
dienend eingegliedert. Sie hatte in dem Dreiecksverhältnis "Patient - Leistungserbringer - gesetzliche Krankenkasse" keine
eigenständige rechtliche Stellung, sondern war - wie auch die abhängig Beschäftigten der Beigeladenen - ausschließlich im
Rahmen der für eine Abrechnung maßgeblichen regulatorischen Vorgaben für die Beigeladenen tätig.
Gewichtige anderweitige Indizien, welche ausnahmsweise eine selbstständige Tätigkeit nahelegen würden, vermag der Senat nicht
zu erkennen. Es kann offenbleiben, ob hiervon bei einer ausschließlichen Patientenakquise durch die Klägerin auszugehen wäre,
da eine solche im vorliegenden Fall nicht gegeben war. Nach den eigenen Angaben der Klägerin hat sie etwas mehr als die Hälfte
aller Patienten selbst akquiriert. Auch diese Patienten wurden aber ausschließlich über die Beigeladenen abgerechnet. Insoweit
unterlag die Klägerin ebenso uneingeschränkt den dargestellten Therapie-, Dokumentations- und Datenschutzbestimmungen wie
sie für die von den Beigeladenen vermittelten Patienten galten. Dass im Weiteren alle Folgetermine von der Klägerin eigenverantwortlich
vereinbart wurden, hat auch das BSG in der Entscheidung vom 24.02.2016 (a.a.O.) als nicht maßgeblich erachtet. Ebensowenig vermag die - ohnehin nur nach Vorgabe
der ärztlichen Verordnung - bestehende Weisungsfreiheit bei der Therapieentscheidung eine andere Betrachtung zu rechtfertigen.
Allen ärztlichen und therapeutischen Berufen ist eine gewisse Wahlfreiheit bei der Therapieentscheidung immanent. Würde diese
Eigenverantwortlichkeit als alleine maßgeblich erachtet, könnte beispielsweise der Arztberuf - was ernsthaft auch niemand
reklamiert - niemals im Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beispielsweise als Oberarzt oder auch Chefarzt
in einem Krankenhaus wahrgenommen werden.
Im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung fallen weitere, für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände ins Gewicht.
So hat die Klägerin Infrastruktur und die Behandlungsräume der Praxen genutzt. Hierbei wurde ihr kein räumlich abgegrenzter
Behandlungsbereich beispielsweise gegen Mietzahlungen zur freien Verfügung exklusiv zugewiesen, sie war vielmehr im Rahmen
der Praxisorganisation an die jeweilige Verfügbarkeit gebunden. Da sie ihre Tätigkeit im Weiteren auch mit den zur Verfügung
gestellten Betriebsmitteln der Beigeladenen ausgeübt hat, bestand insoweit kein Unterschied zu den abhängig Beschäftigten.
Auch die Vergütung der Klägerin lässt keine Rückschlüsse auf selbständiges unternehmerisches Handel zu. Die Abrechnung mit
den Beigeladenen erfolgte ausschließlich nach den erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der mit den gesetzlichen und
privaten Krankenkassen vereinbarten Vergütungssätze abzüglich einer festen prozentualen Pauschale. Allein die Tatsache, dass
30 % des von der Klägerin erzielten Umsatzes bei den Beigeladenen verblieben sind, begründet kein maßgebliches Unternehmerrisiko.
Die Klägerin hat eine sichere Vergütung für ihre pro Patient eingesetzte Arbeitskraft erhalten, laufende Kosten fielen nicht
an. Sie trug auch sonst kein über den Einsatz ihrer Arbeitskraft hinausgehendes unternehmerisches Risiko. Ihrer Tätigkeit
lag keine betriebswirtschaftliche Kalkulation im Sinne einer Kosten-Nutzen-Rechnung unter Berücksichtigung eigener finanzieller
Aufwendungen zugrunde; Wagniskapital wurde nicht eingesetzt. Die bereits zuvor angeschaffte mobile Behandlungsliege wie auch
die Nutzung eines eigenen PKWs für Hausbesuche sowie eines eigenen Telefons stellen keine maßgeblichen Investitionen dar,
da die mobile Behandlungsliege - deren Kosten sich im unteren dreistelligen Bereich bewegen - zeitlich und sachlich unabhängig
von den im Streit stehenden Beschäftigungen angeschafft worden war und Mobiltelefone und PKWs regelmäßig auch von Arbeitnehmern
vorgehalten werden; im Übrigen wurden die von den Krankenkassen für Hausbesuche erstatteten Fahrtkostenpauschalen von den
Beigeladenen vollumfänglich an die Klägerin durchgereicht.
Festzustellen bleibt damit, dass die Klägerin innerhalb der betrieblich vorgegebenen Ordnung - verglichen mit angestellten
Physiotherapeuten - keine über die therapeutische Freiheit hinausgehenden Freiräume hinsichtlich Gestaltung und Umfang ihrer
Arbeitsleistung innerhalb der einzelnen Therapien hatte. Bei Vertragsgestaltungen wie der vorliegenden ist für die Frage der
Versicherungspflicht insoweit auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung des jeweiligen Einzelauftrags bestehen
(vgl. BSG, Urteil vom 24.03.2016, a.a.O.). Dem Umstand, dass Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld nicht vereinbart
waren, kommt ebenfalls kein entscheidendes Gewicht zu, denn es ist typisch, dass bei Vertragsgestaltungen, bei denen von selbständiger
Tätigkeit ausgegangen wird, solche den Arbeitnehmer schützenden Rechte nicht vereinbart werden. Allein die Belastung des Beschäftigten
mit solchen zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit (so auch BSG, Urteil vom 25.01.2001, B 12 KR 17/00 R). Zuletzt folgt auch aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft
nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R; Hessisches LSG, Urteil vom 05.03.2020, L 1 BA 14/18).
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung überwiegen damit die Merkmale abhängiger Beschäftigungen deutlich, so dass die mit
den jeweils angefochtenen Bescheiden erfolgte Feststellung von Versicherungspflicht durch die Beklagte rechtmäßig erfolgte.
Auf die Berufungen der Beklagten waren demgemäß die angegriffenen Entscheidungen des SG aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
1, Abs.
2 SGG liegen nicht vor.