Gründe:
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf) wendet sich gegen ein Anhörungsschreiben des Beklagten und Beschwerdegegners (Bg)
vom 29.09.2010, mit dem der Bg die Bf zum beabsichtigten Erlass eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides bezüglich Arbeitslosengeld
II in Höhe von 156,00 Euro anhören wollte.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.02.2011 wies das Sozialgericht Regensburg die Klage als unzulässig ab. Bei dem Anhörungsschreiben
handle es sich um keinen angreifbaren Verwaltungsakt. In den Entscheidungsgründen wurde die Berufung nicht zugelassen mit
der Begründung, dass der Wert des Beschwerdegegenstands die maßgebende Grenze nicht erreiche.
Hiergegen hat die Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Es gehe darum, dass die Bf zu Unrecht beschuldigt
werde, falsche Angaben gegenüber dem Bg gemacht zu haben, was nicht der Wahrheit entspräche.
II. Auf die Beschwerde ist der Gerichtsbescheid des SG abzuändern und die Berufung zuzulassen.
Versagt ein Sozialgericht die Zulassung, obwohl die Berufung gar nicht der Zulassung bedarf, kann ein Beteiligter Berufung
oder auch Nichtzulassungsbeschwerde einlegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller,
SGG, 9. Aufl. 2008, §
144 Rz. 46a). Wenn - wie hier - Nichtzulassungsbeschwerde erhoben wird, hebt das Landessozialgericht die Entscheidung über die
Nichtzulassung auf mit der Folge, dass unter entsprechender Anwendung von §
145 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt wird (Leitherer aaO.).
So liegt der Fall hier. Das Sozialgericht hat die Berufung in den Entscheidungsgründen seines Gerichtsbescheids zu Unrecht
nicht zugelassen, da die Berufung gar nicht der Zulassung bedurfte.
Denn nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung nur, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung
oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Das streitgegenständliche Anhörungsschreiben
betrifft jedoch weder eine Geld- oder Sachleistung, noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt. Das Anhörungsschreiben
stellt lediglich ein Verwaltungshandeln im Vorfeld des Verwaltungsaktes dar, der dann auf eine Geldleistung, nämlich auf die
Rückforderung von 156,00 Euro, gerichtet sein wird. Nachdem §
144 SGG wegen des grundrechtlich geschützten Rechts auf Gewährung von effektiven Rechtsschutz eng auszulegen ist, hat das BSG auch
stets entschieden, dass Berufungsbeschränkung des § 144 nicht greift, wenn es sich um einen vorgreiflichen Verwaltungsakt
im Hinblick auf einen späteren Verwaltungsakt handelt, der dann erst eine Geldleistung betrifft (vgl. BSGE 82, 112).
Demgemäß hat das BSG auch entschieden, dass §
144 SGG zu keiner Berufungseinschränkung führt, wenn es in sozialgerichtlichen Verfahren lediglich um eine Handlung der Verwaltung
geht (BSG Urteil vom 14.12.1988, Az.: 9/4 b RV 55/86, bezüglich der Übersendung von Kopien gemäß § 25 SGB X). Auch bei der Anhörung durch die Verwaltung im Vorfeld eines Verwaltungsaktes handelt es sich um ein solches Verwaltungshandeln.
Bezüglich eines solchen Verwaltungshandeln besteht kein Grund, die Instanzenbeschränkung des §
144 SGG zum Nachteil eines Betroffenen eng so auszulegen, dass sich diese auch auf ein Streit um ein grundlegendes Bürgerrecht gegenüber
der Verwaltung erstreckt (BSG aaO.); denn in einem ordnungsgemäßen sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren soll die Behörde
so handeln, dass über die sozialrechtliche Leistung in einem rechtsstaatlichen Verfahren entschieden wird. Maßnahmen, die
es dem Betroffenen ermöglichen, sein Recht auf Gehör sachgemäß zur Geltung zu bringen (vgl BSG aaO. zu § 24 SGB X), sind daher grundsätzlich nicht von der Berufungseinschränkung erfasst. Das Anhörungsschreiben, mit denen Bürgern ihr Recht
auf Gehör gewährt wird, ist eine solche Maßnahme. Zu Unrecht hat das SG bei der Nichtzulassung der Berufung daher auf den Beschwerdewert abgestellt, der der erst noch zu erlassende Aufhebungs-
und Rückforderungsbescheid haben sollte.
Im Ergebnis war der Gerichtsbescheid des SG insoweit aufzuheben, als dort die Zulassung der Berufung versagt wurde, mit der Folge, dass unter analoger Anwendung von
§
145 Abs.
5 SGG das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt wird und es der Einlegung einer Berufung durch die Bf nicht mehr
bedarf, worauf gemäß §
145 Abs.
5 Satz 2
SGG hingewiesen wird.
Der Kostenentscheidung bedarf es nicht, nachdem diese im Berufungsverfahren zu treffen ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.