Zulässigkeit der Übermittlung elektronischer Dokumente im sozialgerichtlichen Verfahren; Notwendigkeit einer zulassenden Rechtsverordnung
Gründe:
I. Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ob der Antragsgegner vorläufig verpflichtet ist, unter anderem
die Kosten einer neuen Heizungsanlage zu übernehmen.
Die 1957 geborene Antragstellerin bewohnt ein Eigenheim, dessen Heizungsanlage nach ihren Angaben seit Winter 2007 funktionsunfähig
ist. In diesem Zusammenhang hat die Antragstellerin zahlreiche Eilverfahren veranlasst, in denen sie erfolglos die Kosten
der Reparatur der Heizung, der Erneuerung der Heizung, den Ersatz eines Frostschadens, die laufenden Heizungskosten und eine
Nachzahlung einer Strom-Schlussabrechnung begehrte (BayLSG, L 16 AS 128/10 B ER, L 16 AS 191/10 B ER, L 16 AS 192/10 B ER, L 16 AS 193/10 B ER, L 16 AS 194/10 B ER, L 16 AS 195/10 B ER).
Am 05.01.2011 gingen beim Sozialgericht Landshut ein E-Mail und als E-Mail-Anhang ein handschriftliches Schreiben (JPG-Datei)
ohne Unterschrift ein, in denen die Kosten für Eintritte und Fahrten in ein Bad, die Kosten für die Erneuerung der Heizung,
die Erstattung der Kosten einer Reparatur der Heizung, die Erstattung der Kosten eines Schneeschadens, die Übernahme von Krankheitskosten
und die Kosten für einen Frostschaden vom Dezember 2009 begehrt wurden.
Mit Beschluss vom 18.01.2011 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Teilweise stehe
den Anträgen die Rechtskraft der früheren Entscheidungen entgegen. Im Übrigen seien für die einzelnen Ansprüche weder ein
Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Wegen den Kosten für eine neue Heizungsanlage fehle
es auch an der Erfüllung der Mitwirkungspflichten. Im übrigen sei die Beheizung des Hauses durch vom Antragsgegner bezahlten
Heizstrom sichergestellt. Dieser Beschluss wurde der Antragstellerin am 21.01.2011 per PZU zugestellt.
Am 17.02.2011 ist beim Bayerischen Landessozialgericht ein E-Mail eingegangen, das sich gegen den Beschluss vom 18.01.2011
richtet. Wegen finanzieller Schwierigkeiten könne das E-Mail nicht ausgedruckt werden. Die nachgesandte Unterschrift solle
diesem Aktenzeichen zugeordnet werden. Die Unterlagen würden krankheitsbedingt wohl erst Anfang nächster Woche nachgesandt
werden können. Beigefügt war ein Angebot eines Handwerksbetriebs für eine neue Heizungsanlage zum Preis von 28.532,30 Euro.
Das Gericht wies die Beteiligten auf die unzureichende Form hin. Am 23.02.2011 ging beim Sozialgericht Landshut eine schriftliche
Bestätigung zum E-Mail vom 17.02.2011 mit handschriftlicher Unterschrift ein.
II. Die Beschwerde ist bereits als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist in der erforderlichen
Schriftform eingegangen ist.
Nach §
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der
Frist beim Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt wird.
Die Zusendung eines E-Mails genügt der vorgeschriebenen Schriftform nicht.
Nach §
65a Abs.
1 Satz 1
SGG können dem Gericht elektronische Dokumente übermittelt werden, soweit dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch
Rechtsverordnung zugelassen worden ist. Es gibt in Bayern keine derartige Rechtsverordnung. Daher können keine verfahrenserheblichen
Schriftsätze durch E-Mail eingereicht werden (Breitkreuz/Fichte,
Sozialgerichtsgesetz, 2009, §
65a Rn. 4). Dies gilt sowohl für die Beschwerde als auch für den erstinstanzlichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Auch
der erstinstanzliche Eilantrag ist in elektronischer Form nur unter den Voraussetzungen von §
65a SGG möglich (Meyer-Ladewig,
Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, §
86b Rn. 8b).
Die Beschwerde per E-Mail ist aus einem weiteren Grund unwirksam. Ein E-Mail, das einem unterzeichneten Schriftstück gleichstehen
soll, müsste nach §
65a Abs.
1 Satz 3 und 4
SGG mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein oder in einem anderen zugelassenen sicheren Verfahren übermittelt
worden sein. Eine Beschwerde muss nach §
173 Satz 1
SGG schriftlich eingelegt werden. Dies bedeutet, dass ein eigenhändig unterschriebener Schriftsatz vorgelegt werden muss (vgl.
§
126 Abs.
1 BGB und Meyer-Ladewig,
Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, §
173 Rn. 3). Eine Vorschrift, die das Unterschriftserfordernis relativiert (so §
92 Abs.
1 Satz 3
SGG bei der Klage: "Die Klage soll ... unterzeichnet sein), gibt es bei der Beschwerde nicht,. Das E-Mail vom 17.02.2011 hatte
aber keine qualifizierte Signatur.
Die Rechtsmittelbelehrung im Beschluss vom 18.01.2011 war korrekt, so dass sie Monatsfrist nicht nach §
66 Abs.
2 SGG verlängert wurde. Die Monatsfrist ist am Montag, den 21.02.2011, abgelaufen. Zu diesem Zeitpunkt lag nur das E-Mail vom 17.02.2011
vor. Die nachgereichte Unterschrift ist erst nach Fristablauf am Mittwoch, den 23.02.2011 beim Sozialgericht Landshut eingegangen.
Die Begründung, es sei kein Geld vorhanden, das E-Mail vom 17.02.2011 auszudrucken, rechtfertigt nicht eine Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand nach §
67 SGG. Die Beschwerde hätte auch mit einem handschriftlichen Schreiben eingelegt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.