Arbeitslosengeld; Arbeitslosengeld II; Erfüllungswirkung; Erstattungsanspruch; Unterkunftskosten; Wohngeld
Tatbestand
Streitig ist die Verrechnung einer Nachzahlung von Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 7.407,60 € mit Erstattungsansprüchen
des Beigeladenen für den Zeitraum vom 09.07.2013 bis 07.05.2014.
Der Kläger, der über eine abgeschlossene Ausbildung als Kaufmann im Groß- und Außenhandel verfügt, bezog u.a. im Zeitraum
vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beigeladenen. Im Rahmen der Leistungsbewilligung wurden dabei Unterkunftskosten iHv 220 € monatlich zzgl. 50 € kalte
Nebenkosten berücksichtigt (Bescheide vom 08.01.2013, 03.07.2013 und 07.01.2014).
Am 11.05.2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Nachzahlung von Alg für die Zeit vom 05.07.2013 bis 31.07.2014.
Einen zunächst erteilten Ablehnungsbescheid vom 19.05.2015 hob die Beklagte im Rahmen eines dagegen durchgeführten Widerspruchsverfahrens
mit Bescheid vom 23.07.2015 wieder auf. Mit weiterem Bescheid vom 23.07.2015 wurde die Gewährung von Alg erneut abgelehnt.
Es fehle an einer persönlichen Arbeitslosmeldung, weshalb ab 05.07.2013 kein Alg gezahlt werden könne. Im Rahmen des dagegen
geführten Widerspruchverfahrens stellte die Beklagte unter dem 28.09.2015 in einem Aktenvermerk fest, der Kläger habe beim
Reha-Berater am 09.09.2014 persönlich vorgesprochen, wobei u.a. auch die Arbeitslosigkeit thematisiert worden sei. Dies sei
als Nachholung der persönlichen Arbeitslosmeldung zu werten. Der Beigeladene habe den Kläger auch nicht auf das Erfordernis
der persönlichen Arbeitslosmeldung hingewiesen. Am 09.07.2013 habe der Kläger erstmals persönlich nach Absolvierung der Umschulung
beim Beigeladenen vorgesprochen. Mit Bescheid vom 28.09.2015 wurde sodann der Bescheid vom 23.07.2015 aufgehoben. Alg könne
ab dem 09.07.2013 gewährt werden. Es sei noch ein möglicher Erstattungsanspruch des Beigeladenen zu klären. Anschließend erhalte
der Kläger einen abschließenden Bewilligungsbescheid.
Nachdem der Beigeladene für gezahltes Alg II in der Zeit vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 einen Erstattungsanspruch in Höhe von
7.407,60 € geltend gemacht hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22.10.2015 mit, ein anderer Leistungsträger
habe für den Zeitraum vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 einen Erstattungsanspruch, der in Höhe von 7.407,60 € erfüllt werde. In
dieser Höhe gelte der Anspruch auf Alg als erfüllt (§ 107 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X). In diesem Umfang bestehe kein Anspruch auf Alg. Weiter wurde dem Kläger mit "Änderungsbescheid" vom 22.10.2015 Alg für
die Zeit vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 in Höhe von 28,67 € täglich (Leistungsentgelt 47,93 € täglich) bewilligt. Es wurde
gleichzeitig darauf hingewiesen, ein Betrag in Höhe von 1.220,40 € werde an den Kläger und im Übrigen ein Betrag von 7.407,60
€ an den Beigeladenen gezahlt. Gegen die Bescheide vom 22.10.2015 legte der Kläger Widerspruch ein. Es sei im Rahmen der Erstattung
die Vorschrift des § 40 Abs. 4 SGB II nicht beachtet worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.05.2016 wies die Beklagte den Widerspruch hinsichtlich des Erstattungsanspruchs
eines anderen Leistungsträgers zurück. Der Beigeladene habe Alg II für die Zeit vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 im Umfang von
7.407,60 € gezahlt. Damit habe dieser einen Erstattungsanspruch in der Höhe der erbrachten Leistungen, da in diesem Zeitraum
die Leistungsverpflichtung des Beigeladenen aufgrund der Leistungsgewährung der Beklagten nachrangig sei. Für diesen Fall
bestimme § 107 Abs. 1 SGB X, dass der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte durch die Leistung des Erstattungsberechtigten in diesem Umfang als erfüllt
gelte. Die Regelung des § 40 Abs. 4 SGB II sei nicht anzuwenden. Dieser finde im Zusammenhang mit den Regelungen der §§ 102 ff SGB X keine Anwendung, sondern nur im Bereich einer Erstattungspflicht nach § 50 SGB X i.V.m. § 45 oder § 48 SGB X.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Es solle der Bewilligungsbescheid korrigiert werden und 7.407,60 € ebenfalls an ihn ausgezahlt werden. Es sei Leistungsentgelt
in Höhe von 47,93 € zu beachten. Der Bescheid der Beklagten sei wegen der fehlenden Unterschrift unwirksam. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.07.2016 abgewiesen. Die Höhe des Alg sei nicht Gegenstand des Verfahrens, sondern
alleine der zu befriedigende Erstattungsanspruch des Beigeladenen. Ein Bescheid sei nach § 33 SGB X nicht zu unterschreiben. Es bestehe ein Erstattungsanspruch des Beigeladenen nach § 104 SGB X, da die Beklagte vorrangig leistungspflichtig gewesen sei. Dies habe sich erst im Nachhinein herausgestellt. Die Aufwendungen
seien daher nach § 103 SGB X zu erstatten. Die Vorschrift des § 40 SGB II gelte nicht, da der Erstattungsanspruch auf § 103 SGB X und nicht auf § 50 SGB X beruhe.
Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er begehre die Rückerstattung des Erstattungsanspruchs
nach § 40 Abs. 4 SGB II. Es werde ein Betrag von 7.407,60 € geltend gemacht, mindestens aber ein Verrechnungsbetrag von 70% des Restbetrages nach
§ 43 Satz 3 SGB II in Höhe von 5.185,32 €. Auf die Entscheidung des Sozialgerichts Koblenz vom 05.04.2007 - S 11 AS 635/06 - werde verwiesen. Zudem werde eine detaillierte Aufrechnungserklärung gefordert.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 15.07.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 22.10.2015 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, in Abänderung des Änderungsbescheides
vom 22.10.2015 weitere 7.407,60 € an den Kläger auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Würde nachträglich festgestellt, dass ein anderer Leistungsträger zuständig gewesen wäre, so seien die erbrachten Leistungen
so anzusehen, als habe sie der richtige Sozialleistungsträger erbracht. Die Vorschrift des § 107 SGB X unterstelle, dass der Beigeladene Alg für die Beklagte ausgezahlt habe. Der Anspruch sei insofern erfüllt worden.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten und dem Beigeladenen vorgelegten Verwaltungsakten sowie die
Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) und teilweise begründet. Der Gerichtsbescheid vom 15.07.2016 ist teilweise aufzuheben. Das SG hat die Klage insoweit zu Unrecht abgewiesen, als die Beklagte zu verpflichten ist, dem Kläger weiteres Alg in Höhe von 1.507,12
€ zu zahlen. Soweit in den Bescheiden vom 22.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2016 davon ausgegangen
wird, der Anspruch auf Zahlung von Alg sei auch in Höhe dieses Betrages als erfüllt anzusehen, und eine weitere Zahlung von
Alg verweigert wurde, sind die Bescheide rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Im Übrigen hat aber das
SG die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand ist vorliegend der Bescheid vom 22.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2016, mit
dem die Beklagte dem Kläger mitgeteilt hat, dass für die Zeit vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 im Hinblick auf einen Erstattungsanspruch
des Beigeladenen der Anspruch auf Zahlung von Alg für die Zeit vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 in Höhe von 7.407,60 € als erfüllt
gelte. Der "Änderungsbescheid" vom 22.10.2015, in dem dies im Rahmen der leistungsrechtlichen Umsetzung berücksichtigt worden
ist, ist ebenfalls Streitgegenstand, da er mit dem Bescheid vom 22.10.2015 eine Einheit bildet (so zum vergleichbaren Fall
der leistungsrechtlichen Umsetzung eines Sperrzeitbescheides: BSG, Urteil vom 05.08.1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84, 225; Urteil vom 12.05.2012 - B 11 AL 6/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 23). Demgemäß ist im Rahmen der vom Kläger erhobenen und statthaften Anfechtungs- und Leistungsklage
ein Anspruch auf Zahlung von Alg in Höhe von weiteren 7.407,60 €, nicht aber die Höhe des bewilligten Alg, zu prüfen. Hierüber
hat bereits der Widerspruchsbescheid vom 04.05.2016 keine Entscheidung getroffen und auch das SG hat darauf verwiesen, dass dies nicht Streitgegenstand sei. Es handelt sich um eine von der Höhe des bewilligten Alg getrennte
Regelung.
Der Bescheid vom 22.10.2015 ist nicht bereits formell rechtswidrig. Zwar sieht § 33 Abs. 3 SGB X die Notwendigkeit einer Unterschrift vor. Vorliegend war diese aber nach § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB X im Hinblick auf den Erlass mittels automatischer Einrichtungen entbehrlich bzw es bestand jedenfalls kein Zweifel daran,
dass die Entscheidung ohne Unterschrift als endgültige gewollt gewesen war (vgl dazu auch BayLSG, Urteil vom 18.09.2014 -
L 11 AS 734/13; Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl, § 40 Rn 12).
Dem Kläger steht ein weiterer Anspruch auf Auszahlung von Alg in Höhe von weiteren 1.507,12 € gegen die Beklagte zu. Die Beklagte
hat dem Kläger mit "Änderungsbescheid" vom 22.10.2015 Alg in Höhe von 28,76 € täglich für die Zeit vom 09.07.2013 bis 07.05.2014
bewilligt und einen Betrag von 1.220,40 € an ihn ausgezahlt. Im Hinblick auf den geltend gemachten Erstattungsanspruch wurden
weitere 7.407,60 € an den Beigeladenen ausgezahlt. Da aber im Umfang von lediglich 5.900,48 € Erfüllung des Alg-Anspruchs
im Hinblick auf das vom Beigeladenen gezahlte Alg II in der Zeit vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 eingetreten ist, hat die Beklagte
noch weitere 1.507,12 € an den Kläger auszuzahlen.
Nach § 107 Abs. 1 SGB X gilt ein Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch
besteht. Da dem Beigeladenen im Hinblick auf das von ihm in der Zeit vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 erbrachte Alg II gegen
die Beklagte ein Erstattungsanspruch im Umfang von 5.900,48 € zusteht, gilt der Anspruch des Klägers aus dem "Änderungsbescheid"
vom 22.10.2015 insoweit als erfüllt. Dies ergibt sich aus § 104 Abs. 1 SGB X. Danach ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte,
soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis
erlang hat, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen
des § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines
anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (§ 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistungen des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers
hätte erbringen müssen, besteht kein Erstattungsanspruch (§ 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Der Beigeladene hat als nachrangig verpflichteter Leistungsträger vorliegend Sozialleistungen in Form des Alg II erbracht.
Für den Zeitraum vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 wurden Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 7.407,60 € bewilligt und an den Kläger geleistet. Bei dem Beigeladenen handelt es sich auch um einen nachrangig
verpflichteten Leistungsträger. Maßgeblich hierfür ist das jeweils geltende materielle Recht, wobei zunächst von Bedeutung
ist, dass die Leistungen des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers mit Rechtsgrund und somit rechtmäßig erbracht worden
sein müssen. Daneben muss die Zuständigkeit und Verpflichtung des nachrangigen Leistungsträgers schon im Zeitpunkt der Leistungsgewährung
- dies im Gegensatz zu den Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs des § 103 Abs. 1 SGB X - subsidiär originär, d.h. der Höhe nach von der Leistungsverpflichtung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers abhängig
sein mit der Folge, dass der nachrangig Verpflichtete durch die Leistung des vorrangig verpflichteten Trägers nicht endgültig
von seiner Leistungspflicht befreit wird, sondern diese evtl. wieder oder in größerem Umfang entsteht, wenn sich bei unveränderter
Leistung des vorrangigen Trägers der Bedarf des Berechtigten erhöht (vgl. dazu im Einzelnen BSG, Urteil vom 22.05.1985 - 1 RA 33/34 - SozR 1300 § 104 Nr. 7 mwN).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Hätte die Beklagte seinerzeit rechtzeitig den Anspruch des Klägers auf Alg
erfüllt, so hätte dieser keinen Anspruch auf Alg II gegen den Beigeladenen gehabt. Ein Leistungsanspruch auf Alg II setzt
nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 SGB II eine Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten voraus. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht
ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von Anderen,
insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Mit dem als Einkommen iSv § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigenden Alg hätte der Kläger seinen grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarf decken können, so dass mangels
Hilfebedürftigkeit kein Anspruch auf Alg II bestanden hätte. Da aber während des Leistungszeitraums tatsächlich kein Einkommen
in Form des Alg zur Verfügung gestanden hat - dies wurde erst nachträglich letztlich mit dem "Änderungsbescheid" vom 22.10.2015
bewilligt - erfolgte die Gewährung von Alg II in rechtmäßiger Weise. Im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II können nur solche Mittel berücksichtigt werden, die tatsächlich zur Verfügung stehen und nicht lediglich fiktive Ansprüche
gegen andere Sozialleistungsträger. Im Zeitraum der Leistungsbewilligung hatte der Beigeladene auch keine Kenntnis von den
- seinerzeit auch noch nicht erbrachten - Leistungen der Beklagten.
Da die Leistungsbewilligung durch den Beigeladenen rechtmäßig war und sich dies mangels tatsächlich zur Verfügung stehender
Mittel in der Vergangenheit auch nicht geändert hat, ist der Anspruch auf Alg II nicht nachträglich entfallen im Sinne des
§ 103 Abs. 1 SGB X, so dass nach dieser Vorschrift kein Erstattungsanspruch bestehen würde.
Im Hinblick auf den damit bestehenden Erstattungsanspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte ist im Umfang der erbrachten
Leistungen an den Kläger durch den Beigeladenen gleichzeitig die Erfüllungswirkung des § 107 Abs. 1 SGB X bezüglich des Anspruchs auf Alg gegen die Beklagte eingetreten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erfüllungswirkung
nicht in vollständiger Höhe des dem Kläger gezahlten Alg II eingetreten ist, sondern lediglich im Umfang von 5.900,48 €. Für
die Anwendung des § 107 SGB X können die erbrachten Unterkunftsleistungen nach § 22 SGB II nur insoweit mit nachträglich zuerkannten vorrangigen Sozialleistungen wie dem Alg verrechnet werden, wie bei rechtzeitiger
Gewährung dieser vorrangigen Leistungen keine entsprechenden Unterkunftsleistungen, und zwar nicht in Form der in den Leistungen
nach § 22 SGB II der Sache nach inkludierten Wohngeldleistungen, zu erbringen gewesen wären (vgl. dazu LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom
29.04.2015 - L 2 R 237/13). Dies folgt letztlich daraus, dass nach der im Zeitpunkt der Leistungsgewährung geltenden Rechtslage ein Anspruch auf Wohngeld
für den Kläger als Empfänger von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) ausgeschlossen war. Da dem Kläger mangels tatsächlich verfügbarer Mittel im Leistungszeitraum zu Recht Alg II bewilligt
worden ist, mithin die Bewilligungsbescheide auch nicht aufzuheben sind, verbleibt es bei der nachträglichen Bewilligung des
Alg weiterhin beim Ausschluss von Wohngeldleistungen. Für die vorliegende Fallkonstellation im Zusammenhang mit einem Erstattungsanspruch
nach § 104 SGB X sieht nunmehr § 8 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 WoGG vor, dass der Ausschluss für solche Zeiträume als nicht erfolgt gilt. Die neue Regelung in § 8 WoGG ist allerdings erst zum 01.01.2016 durch das Gesetz zur Reform des Wohngeldrechts und zur Änderung des Wohnraumförderungsgesetzes vom 02.10.2015 (BGBl I 1610) eingeführt worden.
Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Personen, bei denen das zunächst gewährte Alg II später vollständig zurückgefordert
wird, sie aber, hätten sie nicht Alg II bezogen, einen Anspruch nach dem WoGG gehabt hätten, hat § 40 Abs. 4 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.05.2011 (BGBl I 850) vorgesehen, dass abweichend von § 50 SGB X 56% der bei der Berechnung des Alg II berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft nicht zu erstatten sind (§ 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Zwar handelt es sich vorliegend nicht um einen Fall einer Erstattung von Leistungen durch den Leistungsbezieher nach §
50 SGB X, so dass eine direkte Anwendung des § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II ausscheidet, jedoch ist eine entsprechende Anwendung der Vorschrift angezeigt. Der Sinn und Zweck der Vorschrift liegt in
der Überlegung, dass der Ausschluss von Leistungen nach dem WoGG bei einem Bezug von Alg II darauf beruhte, dass Unterkunftskosten nur noch von der einen oder der anderen Stelle bewilligt
werden sollte. Vor diesem Hintergrund sollte § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II (aF) durch den teilweisen prozentualen Ausschluss der Erstattungspflicht gewährleisten, dass Empfänger von Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht schlechter stünden, als wenn sie Wohngeld erhalten hätten, weil dieses nicht der Rückforderung unterliegt (BT-Drs 15/1516
S. 63). So wäre auch vorliegend neben dem Bezug von Alg seinerzeit ein Wohngeldanspruch für den Kläger nicht ausgeschlossen
gewesen. Anders als für den Fall, dass eine Erstattung des Alg II nach einer endgültigen Festsetzung von Leistungen zu erfolgen
hat (vgl dazu BSG, Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 169/11 R - SozR 4-4200 § 40 Nr. 5), kann vorliegend - wie oben ausgeführt - aufgrund der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung
nach dem SGB II auch nach der nunmehr erfolgten Bewilligung des Alg für die Vergangenheit keine Lösung über einen Antrag auf rückwirkende
Bewilligung von Wohngeld über § 25 Abs. 3 WoGG erfolgen. Würde man damit eine vollständige Erfüllungswirkung im Rahmen des § 107 SGB X annehmen, würde der Kläger dafür "bestraft" werden, dass die Beklagte den materiell-rechtlich zustehenden Anspruch auf Alg
zunächst verkannt hat und eine Leistungsbewilligung erst verspätet vorgenommen hat (vgl dazu eingehend LSG Niedersachsen-Bremen,
Urteil vom 29.04.2015 - L 2 R 237/13).
Ausweislich der Bewilligungsbescheide hat der Beigeladene bei seiner Leistungserbringung in der Zeit vom 19.07.2013 bis 07.05.2014
einen Bedarf für Unterkunft in Höhe von monatlich 270 € (220 € Miete zuzüglich 50 € kalte Nebenkosten) berücksichtigt. Ein
Anteil von 56% hieraus ergibt 151,20 € monatlich. Für die Zeit vom 09.07.2013 bis 07.05.2014 berechnet sich ein Betrag von
insgesamt 1.507,12 € (23 Tage * 151,20 € / 31 Tage + 151,20 € * 9 Monate + 7 Tage * 151,20 € / 31 Tage). In diesem Umfang
ist demnach jeweils keine Erfüllungswirkung nach § 107 Abs. 1 SGB X eingetreten. Alg in dieser Höhe ist deshalb dem Kläger noch zu zahlen.
Die Auszahlung weiterer Leistungen kann der Kläger nicht verlangen. Soweit er auf ein Urteil des Sozialgericht Koblenz (vom
05.04.2007 - S 11 AS 635/06) verweist, ist dies schon deshalb nicht einschlägig, da es dort um ein Aufrechnung eines Leistungsträgers im Rahmen des §
43 SGB II mit einem Erstattungsanspruch gegen den Leistungsempfänger geht. Vorliegend erfolgt aber keine Aufrechnung, sondern es ist
im Hinblick auf das gezahlte Alg II nach § 107 SGB X teilweise eine Erfüllungswirkung in Bezug auf den Anspruch auf Alg eingetreten.
Die Berufung war demnach insoweit erfolgreich, als die Beklagte zu einer weiteren Zahlung von Alg in Höhe von 1.507,12 € zu
verurteilen war. Im Übrigen waren die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Eine grundlegende Bedeutung für weitere Fälle, in denen Alg nachträglich bewilligt wird und
der Arbeitslose zwischenzeitlich Alg II bezogen hat, so dass ein Erstattungsanspruch des Leistungsträgers nach dem SGB II in Betracht kommt, ist zwar nicht auszuschließen, allerdings ist durch die Änderung von § 8 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 WoGG eine entsprechende Problemstellung, wie sie oben streitgegenständlich war, nicht mehr zu klären.