Vergütung von Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren; Berücksichtigung von Stundensätzen für durchgeführte Untersuchungsmaßnahmen
Gründe:
I. In dem am Sozialgericht München anhängig gewesenen Rechtsstreit des H.
I. gegen Freistaat Bayern mit Az.: S 25 SB 981/03 ist die Antragstellerin und hiesige Beschwerdeführerin mit Beweisanordnung vom 14.06.2004 gemäß §
109 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zur ärztlichen Sachverständigen bestellt worden. Für das neurologisch-psychiatrische und psychodynamische Gutachten vom
20.03.2005 hat die Beschwerdeführerin mit Kostennote vom 20.03.2005 insgesamt 1.822,62 EUR geltend gemacht, die sich wie folgt
aufschlüsseln:
Neurologische Untersuchung 800
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13,46 EUR
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psychiatrische Untersuchung 801
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17,26 EUR
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Biographische Anamnese 680
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53,62 EUR
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EEG 827
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41,76 EUR
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ENLG der Arme, linker Arm 838
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48,32 EUR
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ENLG der Arme, rechter Arm 838
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48,32 EUR
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SEP der Arme 828
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41,76 EUR
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ENLG der Beine, linkes Bein 838
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48,32 EUR
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ENLG der Beine, rechtes Bein 838
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48,32 EUR
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SEP der Beine 828
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41,76 EUR
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Hamilton-Depressionstest 855
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42,08 EUR
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SDS-Test 855
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42,08 EUR
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SASS-Test 855
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42,08 EUR
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Schmerzfragebogen Deutsche Schmerzliga 855
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42,08 EUR
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Aktenstudium 2,5 Stunden a 50,00 EUR
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125,00 EUR
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Erstellung des Gutachtens 11 Stunden a 50,00 EUR
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550,00 EUR
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Diktat und Korrektur 6,5 Stunden a 50,00 EUR
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325,00 EUR
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16 % Umsatzsteuer aus 1.571,22 EUR
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251,40 EUR
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Die Kostenbeamtin des Sozialgerichts München hat den Entschädigungsantrag vom 20.03.2005 über 1.822,62 EUR mit Nachricht vom
05.04.2005 auf 1.371,79 EUR gekürzt. Es errechne sich folgende Entschädigung:
Aktenstudium
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2,58 Stunden
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Untersuchung
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4,50 Stunden
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Abfassung des Gutachtens
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13,00 Stunden
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Diktat und Durchsicht
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9,50 Stunden
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29,58 Stunden
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aufgerundet:
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30 Stunden a 36,00 EUR =
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1.080,00 EUR
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sonstige diagnostische Verrichtungen
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102,58 EUR
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- 827 35,26 EUR
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- 828 35,26 EUR
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- 838 32,06 EUR
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1.182,58 EUR
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16 % Umsatzsteuer
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189,21 EUR
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1.371,79 EUR
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Zur Begründung hat die Kostenbeamtin des Sozialgerichts München im Wesentlichen ausgeführt, dass entsprechend dem Beweisthema
"Schwerbehindertenrecht" ein Stundensatz von 36,00 EUR zu gewähren sei. Bei insgesamt 155 Blatt Akteninhalt seien für das
Aktenstudium 2,58 Stunden anzusetzen. Der Zeitaufwand für die Untersuchung betrage geschätzt 4,50 Stunden und könne nicht
einzeln abgerechnet werden. Für die Abfassung des Gutachtens seien bei 13 Seiten Beurteilung insgesamt 13 Stunden festzusetzen.
Für Diktat und Durchsicht seien 9,50 Stunden angemessen. Im Übrigen sei im vorliegenden Fall von der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auszugehen. Gemäß § 5 ZSEG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 GOÄ könnten nur die einfachen Beträge der Gebührenordnung in Rechnung gestellt werden. Die diagnostischen Verrichtungen nach
den Nrn.828 und 838 der GOÄ könnten auch bei unterschiedlichen Ansatzorten bzw. bei Durchführung an verschiedenen Muskeln jeweils nur einmal berechnet
werden (vgl. Brück, Kommentar zur GOÄ, Ziffer 1 zu 828 bzw. Ziffer 1 zu 838).
Das Sozialgericht München hat mit Beschluss vom 04.08.2009 - S 25 SB 981/03 - die Entschädigung der Sachverständigen für das am 20.03.2005 erstattete Gutachten auf 1.371,79 EUR festgesetzt. Das Kürzungsschreiben
vom 05.04.2005 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei zu Recht ein Stundensatz für ein Gutachten über den Grad
der Behinderung (GdB) in Höhe von 36,00 EUR festgesetzt worden. Der Gutachtensauftrag sei mit Beweisanordnung vom 14.06.2004
erteilt worden. Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) sei erst zum 01.07.2004 in Kraft getreten. Nach § 24
Satz 1 JVEG seien die Vergütung und die Entschädigung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der Auftrag an den Sachverständigen
vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden sei. Im Übrigen werde auf die zutreffenden Gründe des Kürzungsschreibens
vom 05.04.2005 Bezug genommen.
Der hiergegen gerichtete "Einspruch" ist am 17.08.2009 bei dem Sozialgericht München eingegangen. Dieses hat den Vorgang mit
den zugehörigen Streitakten dem 15. Senat des Bayerischen Landessozialgerichts (BayLSG) als Kostensenat zur Entscheidung vorgelegt.
Trotz Ankündigung von Seiten der Beschwerdeführerin und entsprechendem Hinweis des BayLSG vom 09.10.2009 ist die Beschwerde
nicht begründet worden.
II. Die gemäß § 16 Abs.2 ZSEG zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Gemäß §§ 24, 25 JVEG sind vorliegend noch die Vorschriften des ZSEG anzuwenden, weil die Beschwerdeführerin mit Beweisanordnung des Sozialgerichts München vom 14.06.2004 gemäß §
109 SGG zur ärztlichen Sachverständigen bestellt worden ist, also vor dem Inkrafttreten des ZSEG am 01.07.2004.
An Stelle der GOÄ-Ziffern 800, 801, 860, 827 und viermal 855 sind zutreffend 4,50 Stunden für die durchgeführten Untersuchungsmaßnahmen angesetzt
worden. Dies gilt sowohl für die neurologische als auch psychiatrische Untersuchung samt biographischer Anamnese. Denn gemäß
§ 3 Abs.2 ZSEG bemisst sich die Entschädigung der Sachverständigen insoweit nach Stundensätzen. Bei den durchgeführten Tests, die viermal
mit der Ziffer 855 in Ansatz gebracht worden sind, handelt es sich außerdem nicht um besondere Verrichtungen, die in der Anlage
zu § 5 Abs.1 ZSEG bezeichnet sind.
Die Beschwerdeführerin hat für Aktenstudium, Erstellung des Gutachtens sowie Diktat und Korrektur zwar nur 19 Stunden geltend
gemacht, berücksichtigungsfähig sind aber insgesamt 30 Stunden (vgl. das zutreffende Kürzungsschreiben der Kostenbeamtin des
Sozialgerichts München vom 05.04.2005).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist nicht ein Stundensatz von 50,00 EUR angemessen, sondern ein Stundensatz
von 36,00 EUR. Denn § 3 Abs.2 ZSEG sieht einen Entschädigungsrahmen für jede Stunde der erforderlichen Zeit von 25,00 bis 52,00 EUR vor. Bei Gutachten nach
dem Schwerbehindertengesetz (nunmehr:
SGB IX) handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Kostensenats zu § 3 Abs.2 ZSEG um Gutachten von minderer Schwere. Es ist daher gerechtfertigt, einen Stundensatz von 36,00 EUR geringfügig unter dem Mittelwert
von 38,50 EUR anzusetzen. Insgesamt ergibt sich daher eine Entschädigung von 1.080,00 EUR zuzüglich der berücksichtigungsfähigen
diagnostischen Verrichtungen in Höhe von 102,58 EUR =
1.182,58 EUR netto.
Auch insoweit hat die Kostenbeamtin des Sozialgerichts München mit Kürzungsschreiben vom 05.04.2005 völlig zutreffend darauf
hingewiesen, dass gemäß § 5 ZSEG i.V.m. § 11 Abs.1 GOÄ nur die einfachen Beträge der Gebührenordnung in Rechnung gestellt werden dürfen. Die diagnostischen Verrichtungen nach den
Nrn.828 und 838 der GOÄ können auch bei unterschiedlichen Ansatzorten bzw. bei Durchführung an verschiedenen Muskeln jeweils nur einmal berechnet
werden (Brück, Kommentar zur GOÄ, Ziffer 1 zu 828 bzw. Ziffer 1 zu 838; www.praxis-wiesbaden.de Gebührenordnung für Ärzte in Euro vom 01.01.2002).
Einschließlich 16 % Umsatzsteuer aus 1.182,58 EUR = 189,21 EUR sind daher der Beschwerdeführerin zutreffend 1.371.79 EUR für
das Gutachten vom 20.03.2005 bewilligt worden.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 16 Abs.5 ZSEG). Sie ist gemäß §
177 SGG endgültig.