Vergütung von Rechtsanwälten im sozialgerichtlichen Verfahren; Anspruch auf eine Erledigungsgesprächsgebühr
Gründe
I.
Das Beschwerdeverfahren betrifft die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung nach §§ 45 ff. RVG.
Der Beschwerdeführer vertrat die damalige Klägerin in einem sozialhilferechtlichen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg
(S 15 SO 129/10). Dieser war Prozesskostenhilfe bewilligt und der Beschwerdeführer beigeordnet worden. Streitig war die Höhe
des Regelsatzes für die Klägerin, im Detail, ob diese als Haushaltsvorstand anzusehen war. Die beklagte Leistungsträgerin
führte während des Verfahrens einen Besichtigungstermin in der Wohnung der Klägerin durch, an dem der Beschwerdeführer nicht
teilnahm. Daraufhin unterbreitete die Beklagte einen Vorschlag zur gütlichen Einigung. Der Beschwerdeführer erklärte sich
mit dem Einigungsvorschlag grundsätzlich einverstanden; lediglich bezüglich der Tragung der außergerichtlichen Kosten bestanden
zunächst noch Divergenzen, die jedoch kurz darauf ausgeräumt wurden. Der Vergleichsschluss erfolgte am 06.04.2011.
Als Vergütung nach §§ 45 ff. RVG setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, anders als der Beschwerdeführer beantragt hatte, keine Terminsgebühr fest.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hatte der Beschwerdeführer vorgetragen, ihm stehe eine Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs.
3 Alt. 3 VV RVG zu, weil am 25.02.2011 Gespräche mit dem Gericht sowie der Vertreterin der Beklagten stattgefunden hätten. Die Vertreterin
der Beklagten bestätigte dies, wobei sie von einem kurzen Gespräch mit dem Beschwerdeführer und der Kammervorsitzenden sprach;
sie stellte jedoch in Frage, ob dieses Gespräch tatsächlich zur Erledigung des Rechtsstreits geführt habe. In seiner Entscheidung
vom 25.07.2011 begründete der Urkundsbeamte die Ablehnung einer Terminsgebühr damit, eine fiktive Terminsgebühr scheide aus,
weil kein Fall nach der Anmerkung zu Nr. 3106 VV RVG vorliege. Zudem habe kein Termin im Sinn von Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG stattgefunden. Eine Mitwirkung an einer Besprechung im Sinn von Vorbemerkung 3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG sei nicht feststellbar, da es bei dem behaupteten Telefonat nur noch um die Kostentragung gegangen und zudem nicht erwiesen
sei, dass das Gespräch zur Vermeidung einer Verhandlung bzw. zur Erledigung des Rechtsstreit geführt habe.
Gegen die Festsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und vorgetragen,
das Gespräch vom 25.02.2011 genüge durchaus, damit eine Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG entstehe. Die Kostenrichterin hat die Erinnerung mit Beschluss vom 19.03.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung
hat sie unter anderem ausgeführt, es sei nicht mit der notwendigen Sicherheit erwiesen, dass am 25.02.2011 tatsächlich ein
außergerichtlicher Einigungsversuch stattgefunden habe.
Dagegen richtet sich die am 27.03.2012 eingegangene Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer sein Ziel weiterverfolgt,
eine Terminsgebühr in Höhe von 200 EUR zuzüglich Umsatzsteuer zuerkannt zu erhalten.
Der Senat hat die Akte des Sozialgerichts S 15 SO 129/10 beigezogen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zuständig für die Entscheidung ist der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG).
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
Der Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren umfasst ausschließlich die beanspruchte Terminsgebühr für das Klageverfahren S
15 SO 129/10 (einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer).
Der Senat pflichtet dem Sozialgericht darin bei, dass dem Beschwerdeführer keine Terminsgebühr zusteht.
a) Eine so genannte fiktive Terminsgebühr nach der Anmerkung zu Nr. 3106 VV RVG ist nicht entstanden. Denn der außergerichtliche Vergleich darf insoweit nicht einem angenommenen Anerkenntnis gleichgesetzt
werden. Zur näheren Begründung wird vollumfänglich auf die Senatsbeschlüsse vom 22.11.2011 - L 15 SF 69/11 B E sowie vom 25.07.2012 - L 15 SF 145/10 B E verwiesen, wo auch verfassungsrechtliche Fragen erörtert worden sind (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 19.12.2006
- 1 BvR 2091/06).
b) Des Weiteren kann dem Beschwerdeführer keine so genannte Erledigungsgesprächsgebühr auf der Grundlage von Vorbemerkung
3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG zuerkannt werden. Ebenso wie die Kostenrichterin vermag sich der Senat keine hinreichende Überzeugung vom erforderlichen
"Einigungscharakter" des Telefonats vom 25.02.2011 zu verschaffen.
Legt man den Vortrag des Beschwerdeführers zugrunde, wären die rechtlichen Voraussetzungen für eine Erledigungsgesprächsgebühr
erfüllt. So ist es unmaßgeblich, ob das Telefonat kausal war für die letztlich erzielte Einigung. Auch bedarf es keiner bestimmten
Qualität oder Effizienz der Mitwirkung des Beschwerdeführers außer der, dass Einigungswille bestanden haben muss; ein besonderer
qualitativer Beitrag zur Einigung wird nicht vorausgesetzt. Auch ein sehr kurzes Gespräch ist geeignet, eine Terminsgebühr
auszulösen; die Kürze des Gesprächs kann und muss aber in der Gebührenhöhe Niederschlag finden. Zudem wäre kein Hindernis,
wenn es inhaltlich tatsächlich nur um die noch ausstehende Einigung zum Kostenpunkt gegangen wäre.
Der Senat vermag sich aber wie die Kostenrichterin keine hinreichende Überzeugung davon zu verschaffen, dass das Telefonat
tatsächlich auf die Erledigung des Verfahrens im Sinn von Vorbemerkung 3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG gerichtet war. Zur Begründung wird vollumfänglich auf die entsprechende Beweiswürdigung durch die Kostenrichterin verwiesen,
die sich der Senat zu Eigen macht. Ergänzend dazu ist zu bemerken, dass der Vortrag des Beschwerdeführers zwar Einiges für
sich hat, dass aber gleichwohl Ungereimtheiten bleiben, die dafür sorgen, dass das erforderliche Maß an Überzeugung nicht
erreicht wird. So wird im Schriftsatz der Beklagten vom 02.03.2011 zwar auf einen Schriftsatz der Klägerseite vom 03.02.2011
Bezug genommen, nicht aber auf das nur wenige Tage zuvor stattgefundene Telefonat; dies wäre umso mehr zu erwarten gewesen,
als die Beklagte in dem Schriftsatz vom 02.03.2011 gerade ein offenbar neues Angebot zur Tragung der außergerichtlichen Kosten
unterbreitet hat. Zwischen den damaligen Parteien gab es noch andere Streitigkeiten, so dass es nicht ausgeschlossen erscheint,
dass das Telefonat gar nicht den hier zugrunde liegenden Fall betraf. In der Gerichtsakte S 15 SO 129/10 befindet sich kein
Gesprächsvermerk zu einem Telefonat am 25.02.2011, obwohl nach Angabe des Beschwerdeführers auch mit dem Gericht telefoniert
worden ist. Vor allem erscheint es erstaunlich, dass der Beschwerdeführer selbst nicht im Stande ist, eine Gesprächsnotiz
vorzulegen; das gilt umso mehr, als für ihn am 25.02.2011 bereits deutlich absehbar war, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu keiner mündlichen Verhandlung kommen würde und das Telefonat deshalb für Entstehung einer Terminsgebühr entscheidend sein
könnte.
Letztlich hätte sich der Beschwerdeführer nicht darauf beschränken dürfen, seine Erinnerungsbegründung nahezu identisch auch
als Beschwerdebegründung einzureichen. Denn die Entscheidung der Kostenrichterin hat ihm deutlich vor Augen geführt, dass
das Vorliegen einer geeigneten Besprechung gerade nicht "unstrittig" ist, wie er selbst meint. Dass der Beschwerdeführer sich
nicht mit der Begründung der Kostenrichterin auseinandergesetzt hat, ist ein Indiz dafür, dass er nicht in der Lage ist, deren
Bedenken auszuräumen.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).