Veranlagung eines Fußballverein mit einer bezahlten Fußballmannschaft in der zweiten Amateurliga in eine Gefahrklasse in der
gesetzlichen Unfallversicherung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Veranlagung des Klägers in eine Gefahrklasse innerhalb des Gefahrtarifs der Beklagten.
Der Kläger ist ein Fußballverein, der eine bezahlte Fußballmannschaft in der zweiten Amateurliga (Bayernliga) des Deutschen
Fußballbundes (DFB) unterhält und deshalb seit 01.01.1984 in das Mitgliedsverzeichnis der Beklagten eingetragen ist.
Mit Bescheid vom 27.06.2007 veranlagte die Beklagte den Kläger nach dem ab 01.01.2007 gültigen Gefahrtarif in die Gefahrtarifstelle
32.2 (Unternehmensart Sportunternehmen - sonstige bezahlte Sportler) mit der Gefahrklasse 31,53 für das Haushaltsjahr 2007,
Gefahrklasse 36,06 für das Haushaltsjahr 2008, Gefahrklasse 40,54 für das Haushaltsjahr 2009 und Gefahrklasse 45,04 "ab" dem
Haushaltsjahr 2010. Der ab 01.01.2007 geltende Gefahrtarif der Beklagten sah als weitere Gefahrtarifstellen unter der Ziffer
32 (Unternehmensart Sportunternehmen) die Gefahrtarifstelle 32.1 (Unternehmensart bezahlte Sportler aus der Ersten oder Zweiten
Bundesliga oder den Fußballregionalligen), Gefahrklasse von 57,81 für das Haushaltsjahr 2007 sowie die Gefahrtarifstelle 32.3
(Unternehmensart übrige Versicherte), Gefahrklasse von 2,42 für das Haushaltsjahr 2007 vor.
Mit Bescheid vom 21.04.2009 erhob die Beklagte vom Kläger einen Beitrag für das Haushaltsjahr 2008 in Höhe von 11.367,42 Euro
auf der Grundlage des Entgeltnachweises sowie des Sporterhebungsbogens für das Haushaltsjahr 2008.
Mit weiterem Bescheid vom 24.06.2009 veranlagte die Beklagte den Kläger sodann nach dem ab 01.01.2009 neuen gültigen Gefahrtarif
erneut in die Gefahrtarifstelle 32.2 (Unternehmensart sonstige bezahlte Sportler) mit der Gefahrklasse 40,54 für das Jahr
2009 sowie ab 2010 mit der Gefahrklasse 45,04.
Mit Schreiben vom 29.06.2009 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er am Widerspruch vom 19.05.2009 gegen den Bescheid
vom 21.04.2009 festhalte, der Veranlagungsbescheid vom 27.06.2007 ihn nie per Post erreicht und er diesen erst nach telefonischer
Anfrage bei der Hauptverwaltung der Beklagten per Fax am 06.05.2008 erhalten habe.
Am 29.06.2009 legte der Kläger zudem Widerspruch gegen den Veranlagungsbescheid vom 24.06.2009 ein.
Mit Bescheid vom 21.04.2010 erhob die Beklagte vom Kläger einen Beitrag für das Haushaltjahr 2009 in Höhe von 13.856,66 Euro
auf der Basis des Veranlagungsbescheides vom 24.06.2009.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2010 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen den Beitragsbescheid vom 21.04.2009
(Haushaltsjahr 2008) sowie gegen den Bescheid vom 24.06.2009 (Veranlagung nach dem ab 01.01.2009 gültigen Gefahrtarif) zurück.
Am 22.06.2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg "gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.05.2010" erhoben.
Mit Bescheid vom 25.08.2010 veranlagte die Beklagte den Kläger für das Jahr 2010 nach dem ab 01.01.2010 gültigen Gefahrtarif
erneut in die Gefahrtarifstelle 32.2 (Unternehmensart sonstige bezahlte Sportler) mit der Gefahrklasse 45,04.
Beim SG hat der Kläger beantragt, die Bescheide vom 27.06.2007, 21.04.2009 und 24.06.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 26.05.2010 aufzuheben.
Mit Urteil vom 26.09.2011 hat das SG die Klage abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Die Bildung des Gefahrtarifs fuße entgegen der Behauptung des Erstgerichts nicht
auf gesichertem Zahlenmaterial. Die Bezugnahme des Urteils auf das SG Reutlingen stelle einen wesentlichen Mangel des Urteils
dar. Die dem Kläger zugeordnete Gefahrtarifstelle führe zu einer völlig unverhältnismäßigen Beitragsbelastung. Die solidarische
Haftung werde in ihr Gegenteil verkehrt, nämlich die Haftung von finanziell schwachen Mitgliedern einer Gruppe zur Querfinanzierung
einer finanziell starken Gruppe. Die gesamte Gefahrtarif- und Gewerbezweigbildung sei nicht mehr im Lot. Der Kläger habe deshalb
beantragt, ein Gutachten zu der Frage einzuholen, ob sich die in der Tarifstelle zusammengefassten Berufssportarten als wesentliche
Unfallverursacher und damit Hauptverantwortliche für das Auseinanderfallen des Grads der Unfallgefahr darstellen. Das vom
SG zitierte Urteil des SG Reutlingen könne schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es sich dort um einen Profi-Volleyballverein
gehandelt habe, wo die besondere Belastung aus der höheren Bezahlung der Sportler folge. Der Kläger zahle dagegen nur eine
geringfügige Vergütung. Es bestehe der dringende Verdacht, dass die Bildung des Gefahrtarifs versicherungsmathematischen Grundsätzen
widerspreche. Die Unterteilung in die oberen 3 Fußballigen und die sonstigen bezahlten Sportler führe zu einer deutlichen
Steigerung der Gefahrklasse für die sonstigen bezahlten Sportler. Der Kläger berichte von Sportvereinen, die in der 1. Liga
spielten und nur den 15. Teil des Beitrags des Klägers leisten müssten. In einem solchen Fall sei das Gericht verpflichtet
einzugreifen. Der Beklagten sei es nicht gelungen, der stetigen Erhöhung der Beitragslasten Einhalt zu gebieten. Ein Tarifsystem,
das Vereine wie den Kläger in die Insolvenz treibe, könne nicht solidarisch sein. Der Kläger sei ein in das Vereinsregister
eingetragener und gemeinnütziger Verein, der vollständig ehrenamtlich betrieben und geleitet werde. Zweck des Vereins seien
einzig der Sport und die Förderung der Jugend. Durch die Erhöhung der Gefahrklasse und die weiteren angekündigten Steigerungen
zum Jahr 2010 hin würden die Sportler des Klägers gleichgestellt mit Profisportlern anderer Sportarten wie z.B. Profibasketball,
Profieishockey, Profihandball. Die dort gezahlten Gehälter stünden in keinem Verhältnis zu den Zahlungen, die der Kläger an
seine Spieler zum Ausgleich der neben deren Beruf entstehenden Aufwendungen leiste (50,00 bis 400,00 Euro monatlich). Kein
Sportler des Klägers betreibe den Sport als Beruf, sondern ausschließlich als Amateur, der seinen Lebensunterhalt durch andere
Einnahmen sicherstelle. Durch die kürzlich erst abgeschlossene Renovierung bzw. Neuerstellung des Kunstrasenspielfeldes, das
zur Sicherstellung eines geregelten Trainings- und Spielbetriebes für die zwölf Jugend- und drei aktiven Mannschaften benötigt
werde, habe der Kläger hohe finanzielle Belastungen und Risiken eingehen müssen. Er sei derzeit abhängig von Zuschüssen der
Stadt und auch des Landessportverbandes, der ihn durchwegs als Amateurverein anerkenne, und sei deshalb nicht in der Lage,
die geforderte Summe aus dem laufenden Etat zu bewerkstelligen. Zur Sicherstellung der Versorgung von Profisportlern anderer
Sportarten sei der Antragsteller nun gezwungen, einen Kredit aufzunehmen, um die immens hohe Beitragsforderung, die beinahe
10 % des gesamten Jahresetats für den Spielbetrieb in der Ober- und Bezirksoberliga darstelle, begleichen zu können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26.09.2011 sowie den Bescheid vom 24.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 26.05.2010 und den Bescheid vom 25.08.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26.09.2011 zurückzuweisen.
Das BSG habe bereits entschieden, dass die Gefahrtarife der Beklagten auf versicherungsmathematischen Grundsätzen beruhen würden.
Die Grundlagen der Gefahrklassenberechnung seien ebenso dargetan worden wie die Unterscheidung "Profisport Fußball" und "bezahlter
Sport Fußball". Die Beklagte habe im Sport bereits Gefahrklassen gebildet, die nach unten vom errechneten Wert abweichen würden,
was zu einer Belastung aller anderen Mitgliedern führe. Aus dem Unfallverzeichnis der Beklagten ergebe sich, dass sich die
Entgelte und Versicherungssummen der Tarifstellen 32.1 bis 32.3 nur geringfügig unterscheiden würden, obgleich die Anzahl
der Unternehmen mit bezahlten Sportlern wesentlich geringer sei. Das liege an den teilweise hohen Gehältern. Die Unternehmen
mit niedriger bezahlten Sportlern würden aber von den anderen profitieren, da die Entschädigungsleistungen im Verhältnis zum
Einkommen, das die Basis für die Beiträge bilde, höher seien. Dies verkenne der Kläger vollständig. Die Gefahrklasse werde
ermittelt, indem die Entschädigungsleistungen für Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten den beitragspflichtigen
Arbeitsentgelten der abhängig Beschäftigten sowie den Versicherungssummen der freiwillig versicherten Unternehmer aus dem
Beobachtungszeitraum entgegengestellt werde - bezogen auf die jeweilige Unternehmensart/Gefahrtarifstelle. Zur Ermittlung
der gezahlten Leistungen führe die Beklagte ein Unfallverzeichnis, in dem die gezahlten Entschädigungsleistungen, aufgeteilt
nach Unternehmensarten, registriert würden. Die Arbeitsentgelte würden von den Unternehmern nachgewiesen. Im maßgebenden Beobachtungszeitraum
für den Gefahrtarif 2007 hätten in der Tarifstelle 32.2 Entschädigungsleistungen von 30.743.936,04 EUR Entgelt- und Versicherungssummen
in Höhe von 371.700.205,00 EUR gegenüber gestanden. Es habe sich eine rechnerische Gefahrenklasse von 82,71 ergeben. Diese
Gefahrklasse sei "gesetzt" und stufenweise erhöht worden. Der Anstieg der Gefahrenklasse hänge ausschließlich mit den sich
progressiv entwickelnden Kosten und den allenfalls konstant bleibenden Entgelten zusammen. Zudem sei bei Leistungen der Mindestarbeitsverdienst
(31.500,00 EUR im Jahre 2012) zu beachten. Dies wirke sich insbesondere bei niedrig bezahlten Spielern aus.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Gegenstand des Verfahrens sind nach dem in der Berufungsinstanz gestellten Antrag nur noch der Bescheid vom 24.06.2009 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2010 sowie der Kraft Gesetzes (§
96 SGG) zum Gegenstand gewordene Bescheid vom 25.08.2010, der den Bescheid vom 24.06.2009 teilweise ersetzt hat. Streitgegenstand
ist damit die Einstufung des Klägers in die Gefahrtarifstelle 32.2 und die Gefahrklassen 40,54 im Jahr 2009 und 45,04 im Jahr
2010. Der Kläger ist auch nicht durch die Bestandskraft des Bescheides vom 27.06.2007 daran gehindert, die Einstufung für
die Jahre 2009 und 2010 (erneut) anzugreifen, da sich die Bescheide vom 24.06.2009 und 25.08.2010 nicht als bloß wiederholende
Verfügungen dieses Bescheides vom 27.06.2007 darstellen, sondern den vorhergehenden Bescheid jeweils ersetzt haben. Dies ergibt
sich daraus, dass die Beklagte bedingt durch mehrere Fusionen mit anderen Unfallversicherungsträgern jeweils zum 01.01.2009
und zum 01.01.2010 einen neuen Gefahrtarif aufgestellt hat. Dieser enthält zwar in Bezug auf die Einstufung des Klägers identische
Regelungen, wurde aber von einem anderen Rechtssubjekt erlassen und bildete schon aus diesem Grund eine neue Rechtsgrundlage
für die Einstufung.
Die Einstufung des Klägers für die Jahre 2009 und 2010 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
In der gesetzlichen Unfallversicherung sind gemäß §
150 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) nur die Unternehmer beitragspflichtig. Die Beiträge der Unternehmer berechnen sich gemäß §
153 Abs.
1 SGB VII nach dem Finanzbedarf der Träger (Umlagesoll), den Arbeitsentgelten der Versicherten und den Gefahrklassen. Rechtsgrundlage
für die Veranlagung des Klägers durch die Beklagte ist §
159 Abs.
1 Satz 1
SGB VII. Der Unfallversicherungsträger setzt die Gefahrklassen in einem Gefahrtarif durch seine Vertreterversammlung als autonomes
Recht fest (§
157 Abs.
1 SGB VII, §
33 Abs.
1 Satz 1
SGB IV). Der Gefahrtarif ergeht als autonome Satzung (BSG vom 11.04.2013, B 2 U 8/12 R m.w.N.). In den Satzungsregelungen sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen (§
157 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Der Gefahrtarif ist nach Tarifstellen zu gliedern, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung
eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§
157 Abs.
2 Satz 1
SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§
157 Abs.
3 SGB VII).
Bei der Erfüllung der Rechtspflicht, einen Gefahrtarif festzusetzen und Gefahrklassen zu bilden, steht der Vertreterversammlung
als Organ der Beklagten ein autonom auszufüllendes Rechtsetzungsrecht zu. Den Unfallversicherungsträgern als ihre Angelegenheiten
selbst regelnde öffentlich-rechtliche Körperschaften ist hierbei ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit
sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung autonomes Recht setzen (BSG, Urteil vom 11.04.2013, B 2 U 8/12 R m.w.N.). Der Gefahrtarif der Beklagten kann nur inzident, dh. im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den Veranlagungsbescheid
überprüft werden. Der Veranlagungs- (und auch der Beitragsbescheid) stellen belastende Verwaltungsakte dar, die nur aufgrund
einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage erlassen werden dürfen. Die Rechtmäßigkeit der Bildung anderer als der
hier streitigen Gefahrtarifstellen im Gefahrtarif der Beklagten, denen das klagende Unternehmen nicht zuzuordnen ist oder
die es im Rahmen der Klage gegen den Veranlagungsbescheid nicht angefochten hat, hat dabei keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit
der für das Unternehmen einschlägigen und angegriffenen untergesetzlichen Normen (BSG vom 21.3.2006 - B 2 U 2/05 R). Der Gefahrtarif für 2009 und 2010 ist daher nur bezüglich der hier streitigen Gefahrtarifstelle 32.2 zu überprüfen.
Maßstab für die zu prüfende Rechtmäßigkeit der Tarifstelle 32.2 des Gefahrtarifs der Beklagten ist, ob das autonom gesetzte
Recht mit dem
SGB VII, insbesondere mit der Ermächtigungsgrundlage in §
157 SGB VII, sowie mit tragenden Grundsätzen des Unfallversicherungsrechts und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist (BSG vom 11.04.2013 , B 2 U 8/12 R m.w.N.). Dagegen steht den Gerichten die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung
trifft, nicht zu (BSG vom 28.11.2006, B 2 U 10/05 R). Die Abwägung zwischen mehreren, für die eine oder andere Regelung bei der Ausgestaltung des Gefahrtarifs sprechenden Gesichtspunkte
und die Entscheidung hierüber obliegt dem zur autonomen Rechtsetzung berufenen Organ des Unfallversicherungsträgers. Welche
und wie viele Tarifstellen der Gefahrtarif enthalten soll, kann der Unfallversicherungsträger im Rahmen dieser Regelungsbefugnis
bestimmen.
Dies zugrunde legend sind die Veranlagungsbescheide vom 24.06.2009 und vom 25.08.2010 mit der Veranlagung des Beklagten in
die Gefahrtarifstelle 32.2 nicht zu beanstanden. Die Bescheide erweisen sich als rechtmäßig. Insbesondere ist der Gefahrtarif
in Übereinstimmung mit den einfachgesetzlichen Vorgaben der §§
157,
158 SGB VII erlassen worden. Die Beklagte durfte dem Veranlagungsbescheid die Regelung der Gefahrtarifstelle 32.1 des Gefahrtarifs für
die Jahre 2009 und 2010 zugrunde legen, denn diese Satzungsregelung ist rechtmäßig. Der jeweilige Gefahrtarif der Beklagten
wurde durch deren Vertreterversammlung beschlossen und öffentlich bekannt gemacht (§
33 Abs
1 Satz 1, §
34 Abs
2 Satz 1
SGB IV). Die Gefahrklasse ist nach dem Verhältnis der gezahlten Leistungen an Versicherte in den Unternehmen zu den dort gezahlten
Arbeitsentgelten berechnet worden (§
157 Abs
3 SGB VII). Die Beklagte hat die herangezogenen Zahlen dargelegt, die die Ermittlung der Gefahrklasse belegen. Der Gefahrtarif 2007/2009/
2010 wurde durch das BVA als Aufsichtsbehörde am 18.12.2006 bzw. am 06.09.2007 und am 15.07.2010 genehmigt (§
158 SGB VII).
Auch die in einer Tarifstelle 32.2 zusammengefasste Veranlagung von Sportunternehmen (einschließlich Profisport und ausschließlich
der Fußball-Bundes- und Regionalligen, s. dazu Tarifstelle 32.1) und sonstigen bezahlten Sportlern ist rechtlich zulässig.
Maßstab für die Prüfung der Frage, ob eine gemeinsame Veranlagung in einer Gefahrtarifstelle rechtlich zulässig war, ist §
157 Abs
2 Satz 1
SGB VII. Danach sind im Gefahrtarif Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken und unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen
Risikoausgleichs zu bilden. Im Grundsatz ist anerkannt, dass nach §
157 Abs
2 SGB VII die Gefahrengemeinschaften entsprechend der Gliederung nach Gewerbezweigen durch einen gewerbezweigspezifischen Gefahrtarif
gebildet werden können (sog Gewerbezweigprinzip, dazu BSG vom 24.6.2003 - B 2 U 21/02 R; BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 32/03 R). Nach Maßgabe dieser Vorschrift ist es alternativ möglich, einen nach Tätigkeiten gegliederten Gefahrtarif festzusetzen
und darin Tätigkeiten mit annähernd gleichem Risiko zu Tarifstellen zusammenzufassen (BSG vom 24.6.2003, B 2 U 21/02 R).
Vorliegend hat die Beklagte in der hier streitigen Teilregelung einen nach Tätigkeiten gegliederten Gefahrtarif aufgestellt.
Ein solcher Gefahrtarif findet seine Rechtfertigung in der Gleichartigkeit der Versicherungsfallrisiken und der Präventionserfordernisse
in den Betrieben. Werden in einer Tarifstelle Unternehmen mit verschiedenen Tätigkeiten zusammengefasst, dürfen die Belastungsziffern
der einzelnen Unternehmen nicht auffällig (statistisch signifikant) von der durchschnittlichen Belastungsziffer der Tarifstelle
abweichen. Der Grad der noch unschädlichen Abweichung hängt auch von der Größe der einzelnen Gewerbezweige ab. Die Beklagte
war von diesen Maßstäben ausgehend berechtigt, Sportunternehmen bezüglich Sportler der Fußball-Bundes- und Regionalligen einerseits
(Gefahrtarifstelle 32.1) und Sportunternehmen (einschließlich Profisportvereinen außer der oben genannten Fußballligen) sowie
sonstige bezahlte Sportler andererseits (Gefahrtarifstelle 32.2) zu jeweils einer Gefahrtarifstelle zusammenzufassen. Sie
hat dabei die Vorgaben des §
157 Abs
2 Satz 1
SGB VII nicht verletzt.
Ein Gebot der getrennten Zuordnung zu Gefahrklassen besteht insbesondere nicht deshalb, weil der Gewerbezweig der Profisportler
ein vom Durchschnitt der Tarifstelle erheblich nach unten abweichendes Gefährdungsrisiko hat. Die Veranlagung nach Gefahrklassen
soll eine gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (BVerfG vom 4.3.1982, 1 BvR 34/82). Im maßgebenden Beobachtungszeitraum für den von 2007 bis 2010 geltenden Gefahrtarif haben in der Tarifstelle 32.2 Entschädigungsleistungen
von 30.743.936,04 EUR Entgelt- und Versicherungssummen in Höhe von 371.700.205,00 EUR gegenüber gestanden. Es hat sich damit
eine rechnerische Gefahrenklasse von 82,71 ergeben. Schon dadurch, dass diese Gefahrklasse von der Beklagten nicht sofort
(ab 2007) entsprechend erhöht, sondern "gesetzt" und stufenweise erhöht worden ist, hatte der Kläger einen Vorteil, der eine
nur theoretisch mögliche Benachteiligung wegen der Gestaltung der Gefahrtarifstelle 32.2 ausschließt. Hinzu kommt, dass bei
Leistungen der Mindestarbeitsverdienst (31.500,00 EUR im Jahre 2012) zu beachten ist, was sich insbesondere bei niedrig bezahlten
Spielern wie den Spielern des Klägers im Sinne eines für den Arbeitgeber (und die Versicherten) günstigen Verhältnisses von
Beitragshöhe und Entschädigungsleistung auswirkt. Möglichen hohen Leistungen an Spieler stehen verhältnismäßig niedrige Einkünfte
als Berechnungsgrundlage entgegen. Hierdurch werden allenfalls Profi-Vereine anderer Sportarten mit tendenziell höheren Spielgehältern
benachteiligt.
Die Bildung des Gefahrtarifs widerspricht auch keinen versicherungsmathematischen Grundsätzen. Die Beklagte hat vielmehr durch
Vorlage der Unfallverzeichnisse dargelegt, dass die Unfallzahlen im Bereich der in 32.2 eingestuften Fußball-Vereine in den
Jahren ab 2001 kontinuierlich bis 2007 (von 3435 auf 8627) angestiegen sind, während die Zahl der Unfälle im Bereich der Tarifstelle
32.1 (Profivereine der 1. bis 3. Fußballliga) nur weit weniger (von 4569 auf 6500) gestiegen ist. Auch der Anstieg in den
ebenfalls zu 32.2 zählenden Sportarten Volleyball, Basketball, Eishockey und Handball verlief geringer als beim sonstigen
bezahlten Fußball. Aufgrund der von der Beklagten vorgelegten Zahlen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Entschädigungsleistungen
vom Zeitintervall 2003-2005 zum Intervall 2005-2007 beim Fußball um ca. 44%, bei Basketball um 59%, beim Eishockey um 26%
und beim Handball um 30% gestiegen sind. Die Beklagte hat mit diesen Zahlen dargetan, dass der Anstieg der Gefahrenklasse
ausschließlich mit den sich progressiv entwickelnden Kosten und den allenfalls konstant bleibenden Entgelten zusammenhängt.
Die Unterschiede in den einzelnen Sportarten bewegen sich dabei in dem vom BSG gezogenen Rahmen (vgl. zum Rahmen BSG, Urteil vom 11.04.2013, B 2 U 8/12 R), innerhalb dem es im Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers liegt, verschiedene Tätigkeiten trotz unterschiedlicher Gefährdungsrisiken
in einem Gefahrtarif zusammenzufassen. Die vorstehenden Ausführungen zeigen sogar, dass der beim Kläger stattfindende bezahlte
Fußballsport unterhalb der oberen drei Ligen über dem Gefährdungsrisiko der sonstigen bezahlten Sportlerinnen und Sportler
lag. Dass eine Einstufung wie bei den oberen drei Fußballligen sich zu Ungunsten des Klägers auswirken würde, bedarf ohnehin
keinen weiteren Ausführungen.
§
157 SGB VII als Ermächtigungsgrundlage für den Gefahrtarif 2009 ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar, insbesondere liegt in dem
durch §
157 SGB VII eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers kein Verstoß gegen die aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art
20 Abs
3 GG abzuleitende Wesentlichkeitstheorie (BSG vom 24.6.2003, aaO). Die Satzungsregelung ist auch im Hinblick auf die Grundrechte der Unternehmer aus Art
2 Abs
1 GG nicht zu beanstanden und verletzt auch nicht den rechtsstaatlich gewährleisteten Vertrauensschutz (Art
2 Abs
1 GG i.V.m. Art
20 Abs
3 GG).
Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG ist nicht verletzt. Der Gefahrtarif 32.2 und die Bildung der Tarifklassen orientieren sich - wie sich aus dem Vorstehenden
ergibt - ausschließlich an sachgerechten Kriterien.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund (§
160 Abs
2 SGG) vorliegt.