Tatbestand:
Der 1940 geborene Kläger machte am 4. August 2004 eine Schwerhörigkeit als Folge des Lärms im Rahmen seiner landwirtschaftlichen
Tätigkeit geltend. Außerdem klagte er über einen Tinnitus. Erste Angaben einer Hörminderung erfolgten im April 1999 bei dem
Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. S ...
Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten stellte im Rahmen der Messungen vom 17. Januar und 13. Juni 2005 einen Beurteilungspegel
von 90,51 dB bei landwirtschaftlichen Arbeiten von Dezember bis März, von 95,0 dB von April bis November fest.
Der Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. K. führte im Gutachten vom 10. Oktober 2005 aus, das Sprachaudiogramm zeige keinen Hörverlust,
das Tonaudiogramm einen Hörverlust rechts um 15 %, links um 20 %. Der Tinnitus, der nur zeitweise auftrete und nicht im Hochtonbereich
liege, könne nicht auf den Lärm zurückgeführt werden. Die MdE werde mit unter 10 v.H. bewertet. Die Gewerbeärztin Dr. H. stimmte
am 24. Oktober 2005 diesen Ausführungen zu.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 10. November 2005 eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zu
Berufskrankheitenverordnung an, nämlich eine beidseitige, nicht jedoch linksbetonte Lärmschwerhörigkeit des Innenohrs im Hochtonbereich. Nicht Folge
der Berufskrankheit sei der zeitweilig auftretende Tinnitus links. Die Gewährung einer Rente wurde abgelehnt.
Auf den Widerspruch des Klägers zog die Beklagte Berichte der behandelnden Ärzte sowie ärztliche Stellungnahmen im Rahmen
des Schwerbehindertenverfahrens bei. Der Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. G. erklärte am 31. August 2007, das Gutachten des Dr. K.
sei schlüssig und überzeugend. Eine möglicherweise eingetretene Verschlechterung könne nicht auf die früheren Lärmarbeiten
zurückgeführt werden, da der Kläger seit dem 1. Mai 2005 den Hof an seinen Sohn verpachtet habe und nur noch aushilfsweise
in der Landwirtschaft tätig sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2007 zurück.
Mit der Klage vom 31. Oktober 2007 verwies der Kläger darauf, dass der Grad der Behinderung (GdB) im Schwerbehindertenverfahren
wegen Schwerhörigkeit und Tinnitus mit 20 bewertet worden sei. Auch nach dem 1. Mai 2005 arbeite er im landwirtschaftlichen
Betrieb und in seinem Fuhrbetrieb weiter.
Das Sozialgericht zog Berichte der behandelnden Ärzte bei und ernannte den Hals-Nasen-Ohrenarzt Prof. Dr. Dr. T. zum ärztlichen
Sachverständigen.
Im Gutachten vom 18. August 2008 führte Prof. Dr. Dr. T. aus, der Kläger gebe an, das früher sporadisch auftretende Ohrgeräusch
höre er jetzt fast immer. Die Hörprüfungen hätten für beide Ohren einen prozentualen Hörverlust von jeweils 50 % ergeben.
Trotz Aufgabe der Tätigkeit sei es offenbar zu einer rapide eingetretenen Verschlechterung nach Fortfall der Lärmtätigkeit
gekommen. Die durch die Lärmarbeit verursachte Hörminderung sei mit 5 v.H., jedenfalls unter 10 v.H. einzuschätzen.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 18. Dezember 2008 erklärte der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten, es fänden
sich auch im Hinblick auf die Fortsetzung der Tätigkeit keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich einer erhöhten Lärmbelastung.
Selbst bei einer Erhöhung der Arbeitszeit ergebe sich kein nennenswert höherer Beurteilungspegel.
Der auf Antrag des Klägers gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. G. führte im Gutachten vom 30. März 2009 aus, die Hörprüfung
habe rechts und links einen Hörverlust von 10 % ergeben. Deswegen und vor allem aufgrund des sehr störenden Tinnitus, der
keinem Frequenzbereich zuzuordnen sei, sei die MdE mit 10 v.H. einzuschätzen.
Die Beklagte übersandte eine Stellungnahme des Dr. K. vom 27. April 2009: Während der Kläger bei der audiometrischen Untersuchung
am 14. August 2008 eine Schwerhörigkeit angebe, die beiderseits 50 % betrage, habe die Hörprüfung am 30. März 2009 nur einen
prozentualen Hörverlust von beiderseits 10 % ergeben. Somit könnten die Angaben des Klägers bei der vorangegangenen Untersuchung
nicht korrekt gewesen sein, da eine so starke Verbesserung des Hörvermögens nicht möglich sei. Die MdE für den berufsbedingten
Hörverlust sei mit weniger als 10 v.H. zu bewerten. Der Tinnitus, der sowohl nach den Untersuchungen des Dr. G. als auch des
Dr. K. nicht die Kriterien einer Lärmgenese erfülle, sei als lärmunabhängig zu werten.
Der vom Sozialgericht zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Hals-Nasen-Ohrenarzt Prof. Dr. B. führte im Gutachten vom 12.
August 2009 aus, beim Kläger bestehe eine beginnende Schwerhörigkeit mit einem prozentualen Hörverlust von beiderseits 0 %
nach dem Sprachaudiogramm, 10 % im Rahmen des gewichteten Gesamtwortverstehens. Nach dem Königsteiner Merkblatt ergebe sich
rechts ein prozentualer Hörverlust von 0 %, links von 15 %. Die Ohrgeräusche hätten sich bei den audiometrischen Untersuchungen
keiner Frequenz zuordnen lassen, während lärmbedingte Ohrgeräusche frequenzstabil seien. Sie lägen stets im Bereich des geschädigten
Frequenzbereichs, des Hochtonbereichs. Im Übrigen habe der Kläger auf Befragen keine psychovegetativen Beeinträchtigungen
durch die Ohrgeräusche angegeben. Die lärmbedingte MdE sei auf unter 10 v.H. einzuschätzen.
Das Sozialgericht Landshut wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. Dezember 2009 ab und stützte sich dabei im Wesentlichen
auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B ... Die MdE bestimme sich nach dem Ausmaß des prozentualen Hörverlustes,
der in erster Linie aus dem Sprachaudiogramm zu ermitteln sei. Im Falle des Klägers habe sich beiderseits ein prozentualer
Hörverlust von 0 % ergeben, bei dem gewichteten Gesamtwortverstehen ein Hörverlust von beiderseits 10 %. Unter Berücksichtigung
des Königsteiner Merkblatts sei eine MdE um 0 v.H. festzustellen. Eine höhere MdE-Bewer-tung sei auch unter Berücksichtigung
der geltend gemachten Ohrgeräusche nicht zu rechtfertigen, denn die Ohrgeräusche hätten sich nicht objektivieren lassen.
Hiergegen richtet sich die Berufung vom 23. Dezember 2009, zu deren Begründung der Kläger ausgeführt hat, dass das Gutachten
des Prof. Dr. B. unrichtig sei. Er hat auf das Gutachten des Dr. G. verwiesen.
Der Kläger stellt sinngemäß den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 3. Dezember 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, in Abänderung
des Bescheides vom 10. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2007 den Tinnitus links als Folge
der Berufskrankheit Lärmschwerhörigkeit festzustellen und Stützrente nach einer MdE um 10 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten
Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Schwerhörigkeit des Klägers ist nur zu einem geringen Teil auf die unstreitig vorliegenden Lärmeinwirkungen während seiner
Berufstätigkeit zurückzuführen. Dies haben sämtliche ärztlichen Sachverständigen übereinstimmend erläutert. Auch der Sachverständige
Dr. G., der auf Antrag des Klägers gemäß §
109 SGG gehört wurde, hat eine mit wenigstens 10 v.H. zu bewertende Lärmschwerhörigkeit nicht festgestellt. Sein Vorschlag einer
MdE um 10 v.H. beruht nach seinen Ausführungen vor allem auf der Berücksichtigung eines störenden Tinnitus. Diese Beurteilung
kann aber insofern nicht überzeugen, als ein lärmbedingter Tinnitus nach medizinischer Erkenntnis immer schwellennah verdeckbar
ist und im Hochtonbereich, das heißt im Bereich der hörgeschädigten Frequenzen, liegt. Demgemäß lässt sich im Tonaudiogramm
stets - mit Ausnahme beim Knalltrauma, das vorliegend nicht gegeben ist - eine Senkenbildung im Hochtonbereich erkennen (Schönberger/Merthens/Valentin,
Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 351). Da die Ohrgeräusche von Dr. G. am Untersuchungstag keinem Frequenzbereich
zuzuordnen waren, erfüllen sie somit nicht die Kriterien einer Lärmgenese. Auch Prof. Dr. B. hat bestätigt, dass sich die
Ohrgeräusche bei der audiometrischen Untersuchung durch Vergleichsmessung keiner Frequenz zuordnen ließen, also nicht frequenzstabil
waren und sich auch nicht im Hochtonbereich feststellen ließen. Dies spricht eindeutig gegen eine Lärmgenese des Tinnitus.
Im Übrigen hat der Kläger gegenüber Prof. Dr. B. keine wesentlichen psychovegetativen Störungen als Folge des Tinnitus angegeben.