Tatbestand:
Herr H. A. ist am 23.03.2004 bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt. Bei der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2) und
zu 3) handelt es sich um die Witwe sowie die leiblichen Kinder des Verstorbenen. Sie begehren die Anerkennung des tödlichen
Verkehrsunfalls vom 23.03.2004 als Arbeitsunfall und Hinterbliebenenleistungen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung
(
SGB VII). Streitig ist zwischen den Parteien, ob der Verstorbene im Todeszeitpunkt in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hat
oder wie ein Unternehmer tätig gewesen ist.
Der 1959 geborene H. A. ist im Todeszeitpunkt 23.03.2004 alleiniger Geschäftsführer der Firma "G. GmbH" in Burglengenfeld
gewesen (künftig "G."). Entsprechend § 2 Abs. 1 der Satzung vom 14.04.2003 sind Gegenstand des Unternehmens Dienstleistungen
im Messebereich und Handel mit allen im Messebereich benötigten Waren gewesen. Der Verstorbene ist durch Beschluss der Gesellschafterversammlung
vom 14.03.2003 seit dem 01.04.2003 zum allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt worden. Nach dem Anstellungsvertrag
vom 14.04.2003 hat er die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertreten und die Geschäfte alleinverantwortlich geführt.
Die Firma "G." ist mit einem Stammkapital von 25.000,00 Euro gegründet worden (§ 3 der Satzung). Dieses Stammkapital ist in
vollem Umfang von der Firma "E ..." geleistet worden. Dabei handelt es sich um ein Logistik- und Transportunternehmen mit
Sitz in L./Peru. Dieses peruanische Unternehmen ist damit alleinige Gesellschafterin der Firma "G." gewesen. Der am 23.03.2004
tödlich verunfallte H. A. war weder Gesellschafter, noch hat er eine Einlage erbracht.
Als Generalbevollmächtigter für die Firma "E ..." ist stets der Unternehmensberater P. W. aufgetreten, wohnhaft in P ... Bevor
die durch den Generalbevollmächtigten verkörperte "Gesellschafterversammlung" der Firma "G." am 14.04.2003 unter anderem den
Verstorbenen zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt hat, ist P. W. bis zur Entbindung am selben Tag seinerseits
alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Firma "G." gewesen. Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des Verbots
des Selbstkontrahierens im Sinne von §
181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) befreit worden.
Am Tag der notariell beurkundeten Gesellschafterversammlung hat der Verstorbene in seiner Funktion als Geschäftsführer der
Firma "G." einen Anstellungsvertrag mit sich selbst (als Geschäftsführer) unterzeichnet. Nach dessen § 1 oblag ihm die gerichtliche
und außergerichtliche Vertretung, die Führung der Gesellschaft und die verantwortliche Leitung des gesamten Geschäftsbetriebes.
§ 2 zufolge stand ihm ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.000,00 Euro zu. Zusätzlich bestand ein Anspruch bezahlten
Urlaub von 30 Tagen sowie auf Ersatz von Reisekosten und sonstigen Aufwendungen, die im Interesse der Firma "G." notwendig
angefallen sind. Der Geschäftsführer war nach § 3 alleingeschäftsführungs- und alleinvertretungsberechtigt. Er unterlag nur
den Weisungen, den Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafter (der Firma "E ...") sowie der Satzung. Nebentätigkeiten sind
nach § 4 des Anstellungsvertrages in jedem Umfang und ohne Zustimmung der Gesellschafter erlaubt gewesen. Die Kündigungsfrist
hat sich für beide Vertragspartner auf drei Monate belaufen. Nach der von der Gesellschafterversammlung vom 20.02.2003 beschlossenen
Geschäftsordnung der Firma "G." behielt sich die Gesellschafterversammlung vor, über alle Maßnahmen zu beschließen, die in
ungewöhnlichem Ausmaß in den Vermögensstand, die Organisation oder den Charakter der Gesellschaft eingreifen. Ansonst kamen
die Überwachung der Geschäftsführung und die Erteilung von Weisungen in Frage. Der Zustimmung der Gesellschafterversammlung
bedurften in diesem Zusammenhang Festlegungen oder Änderungen der grundsätzlichen Geschäftspolitik, des Investitions- und
Finanzierungsrahmenplans für die nächsten drei Geschäftsjahre, die Veräußerung oder Verlegung des Unternehmens oder seiner
Teile, der Erwerbs anderer Unternehmen etc ...
Am 22.03.2004 erhielt die Firma "G." von der Firma "A. GmbH" in A. einen Speditionsauftrag; demzufolge sollte einen Volvo-Ventilblock
im Warenwert von rund 13.650,00 Euro von A. im Landkreis F. nach G. in Schweden transportiert werden. Mangels eigenem Fahrzeug
der Firma "G." stellte der Auftraggeber ein firmeneigenes Fahrzeug (VW-Cady) zur Verfügung. Damit ist der Verstorbene am 23.03.2004
gegen 3.00 Uhr nachts auf der Autobahn A 7 bei Bad B. tödlich verunglückt.
Der Unfall ist der Beklagten am 01.04.2004 gemeldet worden. Der vorstehend genannte Generalbevollmächtigte W. (W.) wies bereits
zu diesem Zeitpunkt telefonisch darauf hin, er rechne mit einer Insolvenz der Firma "G.". Die weiteren Ermittlungen der Beklagten
haben ergeben, dass nach den Lohnunterlagen des Steuerberaters R. die Firma "G." an den Verstorbenen im Zeitraum April 2003
bis März 2004 insgesamt ein Bruttoentgelt in Höhe von 5.900,00 Euro ausgezahlt hat (durchschnittlich knapp 500,00 Euro pro
Monat). Dies entspricht den Angaben des Steuerberaters vom 05.11.2003 gegenüber der Krankenkasse des Verstorbenen, dass der
monatliche Bruttoverdienst 500,00 Euro und die wöchentliche Arbeitszeit durchschnittlich 8 Stunden betragen habe. Hierzu hat
W. der Beklagten mit Schreiben vom 25.06.2004 mitgeteilt, dass der Verstorbene die ausstehenden Entgeltansprüche der Firma
"G." als Darlehen zur Verfügung gestellt habe, um die Liquidität der Firma zu erhalten, was auch in seinem eigenen Interesse
gelegen sei. Der Verstorbene habe selbständig über die Darlehensaufnahme und Darlehensrückführung entscheiden können. Er sei
alleinvertretungsberechtigt gewesen und habe seine Tätigkeit im Wesentlich frei bestimmen und gestalten können (vgl. Fragebogen
vom 03.04.2004).
Im Folgenden hat es die Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden vom 17.08.2004 abgelehnt, aus Anlass des tödlichen
Verkehrsunfalls des H. A. Leistungen zu erbringen. Der Verstorbene sei zum Unfallzeitpunkt in seiner Funktion als Geschäftsführer
der Firma "G." wie ein Unternehmer selbständig tätig gewesen. Von der Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung gegen die
Folgen von Arbeitsunfällen habe der Verstorbene keinen Gebrauch gemacht.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ist ermittelt worden, dass die Ehegattin des Verstorbenen (die Klägerin zu 1) im Jahr
2003 vollständig und im Jahr 2004 bis zu dem Todestag ihres Mannes als Aushilfe im Unternehmen tätig gewesen ist. Während
die Bevollmächtigten der Kläger nochmals auf die schriftlichen Vereinbarungen (Satzung der Gesellschaft, Anstellungsvertrag)
hingewiesen haben, hat die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 17.08.2004 mit Widerspruchsbescheiden vom 23.03.2005
zurückgewiesen. Die tatsächliche Handhabung der Geschäftsführung des Unternehmens durch den Verstorbenen habe gezeigt, dass
er "Kopf und Seele" des Betriebes und ein tatsächliches Einwirken der ausländischen Gesellschafterin nicht gegeben gewesen
sei.
Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht Landshut die Akten der Beklagten einschließlich deren
Beitragsakte beigezogen. In der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2007 ist der Generalbevollmächtigte W. als Zeuge einvernommen
worden. Dieser hat erklärt, er sei bei der Firma "E ..." als bevollmächtigter Vertreter tätig. Er glaube, dass die Firma "G."
von der Firma "E ..." gegründet worden sei. Jedenfalls sei sie zu 100 v.H. Gesellschafterin der Firma "G." gewesen. Der Verstorbene
sei nach der Gründung dieser GmbH von ihm als Geschäftsführer bestellt worden. Da Herr A. damals beschäftigungslos gewesen
sei, habe er ihm die Stelle als Geschäftsführer angeboten. Entsprechend dem Geschäftsfeld der Firma "G." seien Exporttätigkeiten
in Europa im Messeservice durchgeführt worden. Die Angaben im Arbeitsvertrag, wonach der Verstorbene ein monatliches Bruttogehalt
von 2.000,00 Euro haben sollte, würden nach seiner Erinnerung stimmen. Aufgrund von Liquiditätsengpässen der Firma "G." habe
Herr A. seines Wissens Anteile seines Lohnes in der Firma belassen. Auch insoweit sei Herr A. von dem Verbot des Selbstkontrahierens
befreit gewesen. Herr A. habe dieses Vorgehen mit ihm besprochen. Herr A. sei nicht Gesellschafter gewesen, sondern alleinvertretungsberechtigter
Geschäftsführer. Er hätte von ihm (P. W.) nach einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss jederzeit entlassen werden können.
Ihm sei jedoch nur wichtig gewesen, dass der "Laden" läuft, wie sei ihm gleichgültig gewesen. Die Firma "G." sei seines Wissens
von Amts wegen gelöscht worden. Wo die entsprechenden Geschäftsunterlagen sich befänden, entziehe sich seiner Kenntnis. Er
habe wiederholt mit Herrn A. telefoniert. Dieser habe z.B. einmal die Zustimmung zum Kauf eines Lkw´s einholen wollen, was
er ihm aber verweigert habe. Auch die Einstellung von Personal, insbesondere fester Angestellten, sei mit Herrn A. besprochen
und abgelehnt worden. Hinsichtlich Aushilfen habe er Herrn A. nur Ratschläge und keine Weisungen erteilt. Aushilfen könnten
nicht benannt werden. Herr A. habe seines Wissens ein Büro in seinem eigenen Haus gehabt. Er sei ein austauschbarer Geschäftsführer
einer der von ihm vertretenen Firmen gewesen. Solange die Firma "G." nicht laufe bzw. nicht so gut laufe, könne nicht das
gesamte Gehalt gewährt werden, weil die Firma "E ..." nicht bereit gewesen sei, der Firma "G." zusätzliche Darlehen zu gewähren.
Nach seiner Überzeugung habe Herr A. in Wesentlichen von den Spesen gelebt.
Das Sozialgericht Landshut hat die Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 17.08.2004 in Gestalt der Widerspruchsbescheide
vom 23.03.2005 mit Urteil vom 17.03.2009 abgewiesen. Das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse habe dem einer unternehmerischen
Tätigkeit entsprochen. Der Vollbeweis für eine abhängige Beschäftigung habe nicht erbracht werden können. Dementsprechend
habe sich der Verkehrsunfall vom 23.03.2004 auch nicht im Rahmen einer versicherten Tätigkeit ereignet.
Die hiergegen gerichtete Berufung vom 16.04.2009 ging am selben Tag beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) ein. Von Seiten
des Senats wurden die Unterlagen der Beklagten sowie die erstinstanzlichen Streitakten beigezogen.
Die Bevollmächtigten der Kläger hoben mit Berufungsbegründung vom 30.10.2009 hervor, dass der Verstorbene entsprechend dem
Anstellungsvertrag vom 14.04.2003 bei der Firma "G." als Geschäftsführer in abhängiger Beschäftigung angestellt gewesen sei.
Er habe die Weisungen der Gesellschafter zu beachten gehabt. Dies ergebe sich auch aus der Aussage des Zeugen P. W. vom 13.12.2007
zur Frage der Einstellung von Personal, insbesondere fester Angestellten, sowie zur Beschaffung eines Lkw´s, was abgelehnt
worden sei. Es sei auch praxisüblich, dass der Verstorbene als alleiniger Geschäftsführer von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit gewesen sei. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass für den Verstorbenen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
bezahlt worden seien. Das Gesamtbild spräche für eine abhängige Beschäftigung. Im Übrigen sei die Beklagte beweisbelastet
und nicht die Kläger.
In der mündliche Verhandlung vom 15.03.2011 weist der Berichterstatter darauf hin, dass eine eigene Internetrecherche unmittelbar
vor der mündlichen Verhandlung ergeben hat, dass die Firma "G. GmbH" nicht mehr auffindbar sei, sehe man von einem Hinweis
in einer Werbeagentur ab, die noch die frühere Anschrift in R. nenne. Der Vertreter der Beklagten verweist auf die ihm vorliegende
Kreditreformauskunft vom 02.01.2008, die die Löschung von Amts wegen bestätige.
Der Bevollmächtigte der Kläger stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.03.2009 aufzuheben. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 17.08.2004
in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23.03.2005 verurteilt, den Klägern Hinterbliebenenrentenleistungen aus der gesetzlichen
Unfallversicherung in Folge des tödlichen Verkehrsunfalls von H. A. vom 23.03.2004 zu gewähren.
Der Bevollmächtigte der Beklagten stellt den Antrag,
die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.03.2009 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß §
202 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) i.V.m. §
540 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) sowie entsprechend §
136 Abs.
2 SGG auf die Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist gemäß §§
143,
144 und
151 SGG zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Landshut hat die Klage gegen die Bescheide vom 17.08.2004 in Gestalt der
Widerspruchsbescheide vom 23.03.2005 mit Urteil vom 17.03.2009 zutreffend abgewiesen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in ständiger Rechtsprechung mit Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R (SozR 4-2700 § 2 Nr. 5, NZS 2600, 257 bis 259 u.a.) bekräftigt, dass §
7 Abs.
1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (
SGB IV) der Beurteilungsmaßstab für die Abgrenzung einer selbständigen von einer abhängigen Beschäftigung ist.
Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung
des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Unternehmen ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem
Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige
Tätigkeit vornehmlich gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko, das Tätigwerden auf eigene Rechnung, das Vorhandensein
einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im
Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon
ab, welche der Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen
ab, geben letztere den Ausschlag (BSG aaO. m.w.N.).
Die Gesellschafterversammlung hat unter den 14.04.2003 die Firma "G." von P. nach Burglengenfeld verlegt und H. A. zum neuen
Geschäftsführer der Gesellschaft (im Innenverhältnis mit Wirkung ab 01.04.2003) bestellt. Alleiniger Gesellschafter der Firma
"G." ist die Firma "E ..." mit Sitz in L./Peru gewesen. Diese ist bei der oben angegebenen Gesellschafterversammlung vom 14.04.2003
durch den Generalbevollmächtigten W. vertreten gewesen. Das Stammkapital hat 25.000,00 Euro betragen. Der Anstellungsvertrag
vom 14.04.2003 sieht in § 3 vor, dass der Verstorbene als Geschäftsführer alleingeschäftsführungs- und alleinvertretungsberechtigt
gewesen ist. Er hat nur den Weisungen, den Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafter und der Satzung der Gesellschaft unterlegen.
Der Geschäftsführer ist jedoch von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit gewesen, wovon er bereits unter dem 14.04.2003 bei Abschluss des Anstellungsvertrages zwischen der Firma "G." und
ihm selbst Gebrauch gemacht hat, hat er sich gleichsam selbst eingestellt. Damit liegt ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen
einer selbständigen Tätigkeit bereits ab deren Beginn vor.
Der Umstand, dass der Verstorbene als Geschäftsführer auf die Auszahlung des monatlichen Bruttogehalts in Höhe von 2.000,00
Euro verzichtet und nur 500,00 Euro erhalten hat (die Differenz soll der Firma "G." darlehensweise zur Verfügung gestellt
worden sein), spricht ebenfalls für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit. Denn die tatsächlichen Bezüge in Höhe von
monatlich 500,00 Euro sind zweifelsfrei nicht ausreichend gewesen, den eigenen Lebensunterhalt und den der Familie sicherzustellen.
Der (darlehensweise) Verzicht auf ca. 3/4 des monatlichen Gehalts beinhaltet, dass der Verstorbene vielmehr bereit gewesen
ist, sein wirtschaftliches Schicksal mit dem der Firma "G." zu verknüpfen. Er hat somit de facto ein erhebliches unternehmerisches
Risiko getragen beziehungsweise sich wie ein Selbständiger verhalten. - Die Vermutung des W., der Verstorbene habe von den
Spesen gelebt, erscheint dem Senat abwegig. Denn Spesen stehen regelmäßig entsprechende Ausgaben gegenüber, können also nicht
zum Unterhalt des Verstorbenen und seiner Familie nennenswert beigetragen haben.
Dem steht nicht entgegen, dass Sozialabgaben auch zur Deutschen Rentenversicherung für den Zeitraum 01.03.2003 bis 23.03.2004
in Höhe von 4.855,00 Euro entrichtet sowie weitere 480,00 Euro nachentrichtet worden sind. (Dies bestätigt die Auskünfte des
Steuerberaters R. vom 05.11.2003, wonach die Arbeitszeit des Verstorbenen von April bis Oktober 2003 wöchentlich nur etwa
acht Stunden umfasst hat und das ausbezahlte steuerliche Bruttoentgelt vom 01.03.2003 bis 29.02.2004 nur 5.900,00 Euro betragen
hat, also knapp 500,00 Euro monatlich.) Denn es kommt häufiger vor, dass zumindest in der Anfangszeit einer unternehmerischen
oder unternehmerähnlichen Tätigkeit noch der Schutz der sozialen Sicherungssysteme gesucht wird, wenn noch keine ausreichenden
Erträge erwirtschaftet werden. Hierdurch hat der Verstorbene auch die Absicherung seiner Familienangehörigen sicherstellen
wollen.
Weiterhin fällt auf, dass neben dem Geschäftsführer keine festen Mitarbeiter beschäftigt worden sind. Als einzige zeitweise
Aushilfe ist lediglich die Ehegattin des Verstorbenen (die Klägerin zu 1) aktenkundig. Auch hat sich das Büro der Firma "G."
im Wohnhaus des Verstorbenen befunden. Das Vorhandensein einer externen Betriebsstätte ist nicht ersichtlich. Diese Umstände
verstärken das Bild einer selbständigen Tätigkeit unter Mithilfe der Ehegattin.
Der Verstorbene ist als Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt gewesen. Nach Auskunft des W. vom 21.05.2004 ist er alleiniger
Geschäftsführer der Firma "G." gewesen und hat in dieser Funktion seinen eigenen Anstellungsvertrag als Geschäftsführer der
Gesellschaft unterschrieben (= Bestätigung der schriftlichen Vereinbarung vom 14.04.2003). Dazu sei weder er (W.) als Vertreter
der Gesellschafter noch die Gesellschafter der "E ..." berechtigt gewesen. Nach Abschluss des Gesellschaftervertrags hätten
die Gesellschafter auch grundsätzlich nicht mehr in die Handlungen der Gesellschaft eingreifen dürfen; diese hätten allein
dem von den Gesellschaftern berufenem Geschäftsführer oblegen. Die Handlungsfreiheit in seiner Funktion als Geschäftsführer
habe sich auf den durch die Gesellschafter vorgegebenen Rahmen bezogen. - Insoweit enthalten § 8 der Satzung der Firma "G."
sowie die in den BG-Akten enthaltene Geschäftsordnung der Firma einerseits ausschließlich Einschränkungen hinsichtlich von
der Geschäftsführung beabsichtigter Maßnahmen, die in ungewöhnlichem Ausmaß in den Vermögensstand, die Organisation oder den
Charakter der Gesellschaft eingreifen und insbesondere infolge ihrer langen Laufzeit oder des ihnen anhaftenden großen Risikos
von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft sind. In diesen Fällen behielt sich die Gesellschafterversammlung eine eigene
Beschlussfassung vor. Andererseits bedarf die Geschäftsführung bei gravierenden Maßnahmen wie Änderung der Geschäftspolitik,
des Investitions- und Finanzierungsrahmenplans für die nächstens drei Jahre, der (Teil-)Veräußerung des Internehmens etc.
der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Im Übrigen finden sich weder in der Satzung der Firma "G." vom 14.04.2003 noch
in der Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der "E ...", vertreten W., vom selben Tag wesentliche Beschränkungen
der gewöhnlichen Geschäftsführungstätigkeit zu Lasten des Verstorbenen. Er ist somit als Geschäftsführer der Firma "G." nicht
nur auf dem Papier (vergleiche ergänzend die Befreiung von dem Verbot des Selbstkontrahierens im Sinne von §
181 BGB), sondern auch tatsächlich wie ein Selbständiger frei gewesen.
Die Hinweise, "wir kaufen keine Lkw´s, sondern wir mieten sie" oder "solange die Firma nicht läuft bzw. nicht so gut läuft,
kann nicht das gesamte Gehalt gezahlt werden, weil die Firma "E ..." nicht bereit ist, zusätzliche Darlehen der Firma "G."
zu gewähren", werden durch die weiteren Bekundungen des W. relativiert "mir war nur wichtig, dass der Laden läuft - wie war
mir gleichgültig". Letzteres entspricht den schriftlichen zeitnahen Angaben des W. im Fragebogen vom 03.04.2004, nach welchen
der Verstorbene "seine Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen und gestalten" konnte.
Im Rahmen seiner Auskunft vom 25.06.2004 hat W. befragt zu dem Themenkomplex "Darlehensgewährung" nochmals bekräftigt, dass
der Verstorbene laut dem Gesellschaftsvertrag auch insoweit nicht verpflichtet gewesen ist, Mitteilung zu machen. Es seien
keine schriftlichen Verträge gemacht worden. Es sei sehr wohl nachvollziehbar, dass die Gesellschaft privat Darlehen aufnehme,
wenn keine Bankmittel zu bekommen seien. Der Verstorbene habe über die Darlehensaufnahme und die Darlehensrückzahlung alleine
entscheiden können. Der Gesellschafterin sei es nicht erlaubt gewesen, dem Geschäftsführer in die Führung der Geschäfte "dreinzureden",
weshalb eine sogenannte Gesellschaftsbescheinigung nicht rechtens gewesen wäre ...
Sowohl nach den Aussagen des W. als auch der der Beklagten vorliegenden Kreditreformauskunft vom 02.01.2008 ist die Firma
"G." zwischenzeitlich von Amts wegen gelöscht worden. Der Zeuge W. hat bereits im Rahmen seines Telefonats vom 01.04.2004,
also kurz nach dem verkehrsunfallbedingten Ableben des Verstorbenen mit einer Insolvenz der Firma "G." gerechnet. Auch dies
stellt einen weiteren Gesichtspunkt dafür dar, dass der Verstorbene "Kopf und Seele" des Betriebes war und auch ein tatsächliches
Einwirken der Firma "E ..." mit Sitz in L./Peru nicht bestanden hat.
Auch den Angaben des Steuerberaters vom 05.11.2003 gegenüber der Krankenkasse des Verstorbenen ist zu entnehmen, dass dieser
hinsichtlich der Einteilung seiner Arbeitszeit frei gewesen ist. Dies korrespondiert mit dem Anstellungsvertrag vom 14.04.2003,
der insoweit keinerlei Regelungen enthält.
Somit sprechen die weit überwiegenden Gesichtspunkte dafür, dass der Verstorbene hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort
seiner Tätigkeiten nicht weisungsgebunden war. Nachdem der Verstorbene als Geschäftsführer nach § 4 des Anstellungsvertrages
vom 14.04.2003 auch berechtigt gewesen ist, Nebentätigkeiten, ehrenamtlich oder gegen Vergütung in jeden Umfang ohne Zustimmung
der Gesellschaft auszuüben, rundet sich das Gesamtbild dahingehend ab, dass der Verstorbene wie ein Selbständiger tätig gewesen
ist.
Der Senat hat hierbei nicht eine "Beweislastentscheidung" getroffen, sondern die tatsächlichen Verhältnisse in ihrer Gesamtheit
gewürdigt (BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R aaO. m.w.N.).
Nach alledem war die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.03.2009 zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).