Finanzierung von Pflegeeinrichtungen in der sozialen Pflegeversicherung; Zulässigkeit der gesonderten Berechnung und Umlage
betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen auf die Heimbewohner
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Zustimmung des Beklagten zur gesonderten Berechnung von Abschreibungen auf Gebäude und Anlagegüter,
welche mit Zuwendungen und Spenden Dritter finanziert wurden, zulasten der Bewohner einer stationären Pflegeeinrichtung des
Klägers streitig.
Der Kläger, ein zum Diakonischen Werk Bayern gehörender regionaler Verbund, betreibt unter anderem die vollstationäre Pflegeeinrichtung
"E. W. " in A-Stadt. Es besteht ein Versorgungsvertrag nach §
72 SGB XI mit dem Landesverband der Pflegekassen in Bayern. Das W. wurde vom Beklagten öffentlich gefördert im Sinne von §
9 SGB XI. Die Abschreibungen für die hiervon getätigten Investitionen liefen im streitgegenständlichen Zeitraum fort. In der Zeit
von 1980 bis 2005 investierte der Kläger neben den öffentlichen Fördermitteln weitere Zuwendungen Dritter (Zuwendungen des
Deutschen Hilfswerks, einer gemeinnützigen Stiftung bürgerlichen Rechts sowie private Spenden) im Umfang von insgesamt 937.947,72
EUR in den Erhalt respektive Ausbau von betriebsnotwendigen Gebäuden des Pflegestifts sowie in die Anschaffung sonstiger Anlagegüter.
Hiervon war im streitgegenständlichen Zeitraum unter Anrechnung verbrauchter Investitionen ein Betrag von 843.409,86 EUR abschreibungsfähig.
Der Antrag des Klägers auf Zustimmung zur gesonderten Berechnung betriebsnotwendiger Investitionskosten nach §
82 Abs.
3 S. 3
SGB XI für den Zeitraum von 01.09.2010 bis 31.08.2014 ging am 04.11.2009 beim Beklagten ein. Der zunächst mit 9,52 EUR bzw. 9,74
EUR pro Tag und Pflegeplatz bezifferte Investitionsaufwand wurde unter dem Datum vom 04.03.2010 nun i.H.v. 8,09 EUR geltend
gemacht.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25.08.2010 stimmte der Beklagte einer Berechnung lediglich in Höhe von 7,57 EUR zu.
Im Wesentlichen maßgeblich hierfür war der Umstand, dass unter Berufung auf die Vorschrift des § 74 Abs. 1 S. 1 der bayerischen
Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze - AVSG - der geltend gemachten Investitionsaufwand nicht nur unter Berücksichtigung
der staatlichen Förderungen sondern auch unter Abzug der abschreibungsfähigen Zuwendungen Dritter berechnet wurde. Mit dem
hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger die Unvereinbarkeit dieser Vorschrift mit Bundesrecht, mit dem
Grundgesetz wie auch der bayerischen Verfassung geltend. Sämtliche Zuwendungen Dritter seien als umlagefähige Aufwendungen in die Berechnung
einzustellen. Der zu genehmigende Betrag wurde nunmehr mit 9,18 EUR angegeben.
Mit Bescheid vom 07.06.2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Bundesgesetzgeber habe den Landesregierungen
Kontroll- und Beanstandungsfunktion übertragen. Um das Kostenrisiko für den Pflegebedürftigen zu verringern müsse eine Doppelfinanzierung
des Heimträgers ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund sei die Refinanzierung über Zuwendungen Dritter analog einer staatlichen
Förderung zu behandeln. Ein Verstoß des § 74 Abs. 1 S. 1 AVSG gegen Bundes- oder gar Verfassungsrecht liege nicht vor.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 14.07.2011 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG). § 74 Abs. 1 S. 1 AVSG könne nur so verstanden werden, dass Zuwendungen aus dem öffentlich-rechtlichen Rechtskreis wie öffentliche Förderungen
zu behandeln seien, private Zuwendungen jedoch nicht in Abzug gebracht werden könnten. Anderenfalls wäre die entsprechende
Vorschrift nichtig, da sie weder mit Bundesrecht noch mit den Grundrechten auf Eigentum, Berufsfreiheit und Gleichbehandlung
vereinbar wäre.
Nachdem das Bundessozialgericht mit Urteil vom 08.09.2011 Erbbauzinsen als umlagefähige, betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen
angesehen hatte, stellte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 05.03.2012 die umlagefähigen Investitionsaufwendungen nunmehr
mit 7,68 EUR pro Tag und Platz fest.
Mit Antrag vom 10.03.2012 leitete der Kläger ein Verfahren nach Art. 98 S. 4 BV (sog. Popularklage) beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit, respektive Nichtigkeit des § 74 Abs. 1 S. 1 AVSG ein. Mit Beschluss vom 20.03.2012 setzte das SG das Klageverfahren wegen Vorgreiflichkeit aus. Mit Entscheidung vom 19.04.2013 (Vf. 3-VII-12) wies der BayVerfGH den Antrag als unbegründet ab. Die angegriffene Vorschrift verstoße nicht gegen die bayerische Verfassung, insbesondere sei
das Rechtsstaatsprinzip nicht verletzt, da ein offensichtlicher Widerspruch zu bundesrechtlichen Regelungen nicht bestehe.
Mit Beschluss vom 11.02.2014 wurde das Verfahren vom SG wieder aufgenommen. Nach außergerichtlicher Abstimmung stellten die Beteiligten die Berechnungsgrundlagen mit Schriftsätzen
vom 13.03 und 15.05.2014 unter Bezugnahme auf einen Besprechungsvermerk vom 14.02.2014 unstreitig. Diesem, in der Beklagtenakte
enthaltenen Vermerk ist zu entnehmen, dass sich bei Abzug der noch abschreibungsfähigen Zuwendungen Dritter nach § 74 Abs.
1 S. 1 AVSG ein Umlagebetrag von 7,68 EUR, bei Nichtberücksichtigung von 9,28 EUR pro Tag und Pflegeplatz errechnet.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 09.07.2014 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Die hier maßgebliche Vorschrift des § 74 Abs. 1 S. 1 AVSG umfasse ihrem Wortlaut nach sowohl öffentliche Förderungen wie auch privatrechtliche Zuwendungen Dritter.
Der Begründung der gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 33 AVPflegeVG sei zu entnehmen, dass eine gesonderte Berechnung
und Umlage auf die Pflegebedürftigen nur dann erfolgen dürfe, wenn keine andere Refinanzierungsmöglichkeit bestehe. Zur insofern
bezweckten Vermeidung einer Doppelfinanzierung des Heimträgers würden damit alle Zuwendungen Dritter erfasst. Ein Verstoß
gegen höherrangiges Recht liege hierin nicht. Bezüglich der Bayerischen Verfassung sei die Entscheidung des BayVerfGH bindend. Die bundesgesetzliche Regelung des §
82 Abs.
3 SGB VI stehe ebenfalls nicht entgegen, da diese dem Landesrecht einen weiten Spielraum zur Konkretisierung des Zustimmungserfordernisses
lasse. Letztlich liege auch ein Verstoß gegen die Art.
3,12, und 14
GG nicht vor. Eine mögliche Ungleichbehandlung gegenüber nicht öffentlich geförderten Einrichtungen finde ihren rechtfertigenden
Grund gerade in dem privilegierenden Umstand der Förderung. Ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung liege nicht vor,
da der Kläger nicht auf eine Vergütung unterhalb der Gestehungskosten verwiesen werde. Ein Eingriff in das Eigentum liege
mit der Versagung einer Doppelfinanzierung schon begrifflich nicht vor; auf die Substanz der Spenden werde gerade kein Zugriff
genommen.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 19.08.2014 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht
ein. Die Vorschrift des § 74 Abs. 1 S. 1 AVSG setzte sich zunächst in Widerspruch zu der bundesrechtlichen Regelung des §
82 Abs.
3 S. 1
SGB XI, welcher seinem Wortlaut nach lediglich die durch öffentliche Förderung erlangten Zuwendungen von der Umlage ausschließe.
Zuwendungen privatrechtlicher Stiftungen wie auch private Spenden könnten nicht als öffentliche Förderung angesehen werden.
Zudem fehle es an einer entsprechenden Rechtsetzungskompetenz der Länder. Der Bundesgesetzgeber habe im Rahmen der konkurrierenden
Gesetzgebung von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht. Die Ermächtigungsgrundlagen der §
9 S. 2 und §
82 Abs.
3 S. 3
SGB XI könnten nicht herangezogen werden, da sich diese lediglich auf im Landesrecht vorgesehene - mithin öffentlich-rechtliche
- Förderungen bezögen. Die ergänzende bzw. analoge Auslegung dieser Vorschriften durch das Erstgericht wie auch durch den
BayVerfGH sei im Hinblick auf dem klaren Wortlaut der bundesgesetzlichen Regelungen nicht möglich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
bestehe hinsichtlich "Art, Höhe und Laufzeit sowie die Verteilung der gesondert berechenbaren Aufwendungen auf die Pflegebedürftigen"
kein Raum für abweichende landesrechtliche Regelungen. Dies verböte sich auch bei betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise.
Zuwendungen Dritter seien ein Zweitinstrument zur Finanzierung einer Einrichtung, nicht aber zur Refinanzierung von Ersatzinvestitionen.
Zweck der Zuwendungen sei die Errichtung und der auf Dauer angelegte Betrieb des W. s gewesen, diese seien mithin zur Stärkung
des Eigenkapitals erfolgt. Würde man sie nicht wie Eigenkapital behandeln, sondern öffentlichen Förderungen gleichstellen,
käme die Zuwendung nicht der Einrichtung, sondern den aufgenommenen Pflegebedürftigen bzw. den Sozialhilfeträgern zugute.
Die wirtschaftliche Entlastung von Einzelpersonen widerspräche jedoch dem Zweck der Zuwendungen. Aufgrund fehlender Rechtssetzungskompetenz
seien auch die - im Sinne der Notwendigkeit einer Refinanzierungsmöglichkeit für den mit dem Betrieb verbundenen Güterverbrauch
zu verstehenden - Grundrechte auf Eigentum und Berufsfreiheit tangiert. Auch werde der Kläger im Gegensatz zu nicht öffentlich
geförderten Einrichtungen benachteiligt, da für diese die gesonderte Berechnung lediglich anzeigepflichtig sei. Allein der
Umstand der öffentlichen Förderung stelle hierbei kein sachgerechtes Differenzierungskriterium dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 09.07.2014 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 25.08.2010
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2011 sowie des Änderungsbescheides vom 05.03.2012 zu verurteilen, der gesonderten
Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen für die vollstationäre Pflege in der Einrichtung "E. W. " in A-Stadt
in Höhe von durchschnittlich bis zu 9,28 EUR pro Tag und Platz mit Wirkung vom 01.09.2010 bis einschließlich 31.08.2014 zuzustimmen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte des Beklagten, die Akte des SG sowie die Akte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist das Begehren des Klägers, anstelle der mit den angegriffenen Bescheiden zugebilligten Umlagebeträge
in Höhe von zuletzt Euro 7,68 EUR pro Tag und Platz die Verpflichtung des Beklagten zu einer Zustimmung in Höhe von 9,29 EUR
zu erreichen. Statthafte Klageart ist bei dieser Konstellation die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, einer
Beiladung der Heimbewohner wie auch der ggf. eintrittspflichtigen Sozialhilfeträger bedarf es nicht (Bundessozialgericht -
BSG, Urteile vom 08.09.2011, u.a. B 3 P 6/10 R). Angegriffen ist vorliegend auch der Änderungsbescheid vom 05.03.2012. Dieser während des erstinstanzlichen Verfahrens erlassene
Bescheid ändert die bisherige Zustimmung der Höhe nach. Er ist nach §
96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Auch wenn von Seiten des Klägers ausweislich des im Urteils des SG enthaltenen Klageantrags die Aufhebung dieses Bescheides nicht ausdrücklich beantragt wurde, so hat das SG gleichwohl über diesen Bescheid mitentschieden. Der Tatbestand der angegriffenen Entscheidung erwähnt ausdrücklich diesen
Änderungsbescheid sowie auf die dort enthaltene Summe von 7,68 EUR.
Die Berufung des Klägers erweist sich in der Sache als unbegründet. Der Senat teilt die Einschätzung des SG wie auch des BayVerfGH, wonach der Beklagte berechtigt war, die umlagefähigen Aufwendungen unter Abzug der zu Investitionszwecken verwendeten Zuwendungen
Dritter zu ermitteln und dementsprechend einer gesonderten Berechnung nur in Höhe von 7,68 EUR zuzustimmen. Rechtsgrundlage
der Entscheidung sind die §§
9,
82 Abs.
3 SGB XI (geändert durch das Pflege-Qualitätssicherungsgesetz -PQsG- vom 09.09.2001) i.V.m. Art. 78 Abs. 2, Art. 79 Nr. 2 des bayerischen
Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) vom 8. Dezember 2006 (GVBl S. 942), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.
Dezember 2012 (GVBl. S. 714) und Art. 74 Abs. 1 S. 1 der Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze (AVSG) vom 2. Dezember
2008 (bereinigte Fassung GVBl. S. 982) zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. Juli 2012 (GVBl. S. 396).
Nach §
9 Sätze 1 und 2, 1. HS
SGB XI sind die Länder verantwortlich für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen
pflegerischen Versorgungsstruktur, wobei das Nähere zur Planung und zur Förderung der Pflegeeinrichtungen durch Landesrecht
bestimmt wird. Nach §
82 Abs.
1 SGB XI erhalten zugelassene Pflegeheime und Pflegedienste nach Maßgabe des achten Kapitels des
SGB XI eine leistungsgerechte Vergütung für die allgemeinen Pflegeleistungen (Pflegevergütung) sowie bei stationärer Pflege ein
angemessenes Entgelt für Unterkunft und Verpflegung. Die Pflegevergütung ist von den Pflegebedürftigen oder deren Kostenträgern
zu tragen. Sie umfasst bei stationärer Pflege auch die soziale Betreuung und, soweit kein Anspruch auf Krankenpflege nach
§
37 des
Fünften Buches besteht, die medizinische Behandlungspflege. Für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege hat der Pflegebedürftige
selbst aufzukommen. Nach §
82 Abs.
2 Nr.
1 SGB XI dürfen in der Pflegevergütung und in den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung keine Aufwendungen berücksichtigt werden
für Maßnahmen einschließlich Kapitalkosten, die dazu bestimmt sind, die für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen
Gebäude und sonstige abschreibungsfähige Anlagegüter herzustellen, anzuschaffen, wiederzubeschaffen, zu ergänzen, instandzuhalten
oder instandzusetzen; ausgenommen sind die zum Verbrauch bestimmten Güter, die der Pflegevergütung nach Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 zuzuordnen sind. Nach §
82 Abs.
3 Satz 1
SGB XI kann die Pflegeeinrichtung, soweit betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nach Abs. 2 Nr. 1 oder Aufwendungen für Miete,
Pacht, Erbbauzins, Nutzung oder Mitbenutzung von Gebäuden oder sonstige abschreibungsfähige Anlagegüter nach Abs. 2 Nr. 3
durch öffentliche Förderung gemäß § 9 nicht vollständig gedeckt sind, diesen Teil der Aufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert
berechnen. Nach §
82 Abs.
3 Satz 1
SGB XI bedarf die gesonderte Berechnung der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde; das Nähere hierzu, insbesondere auch zu Art,
Höhe und Laufzeit sowie die Verteilung der gesondert berechenbaren Aufwendungen auf die Pflegebedürftigen einschließlich der
Berücksichtigung pauschalierter Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen sowie der zugrunde zu legenden Belegungsquote,
wird durch Landesrecht bestimmt.
In Ausführung dieser Bestimmungen hat der bayerische Landesgesetzgeber in Art. 78 Abs. 2 AGSG die Zuständigkeit für die Zustimmung
auf die Bezirksregierungen übertragen. In Art. 79 Abs. 2 AGSG wird die Staatsregierung weiter ermächtigt, das nähere zur gesonderten
Berechnung nicht gedeckter betriebsnotwendiger Aufwendungen insbesondere zu deren Art, Höhe und Laufzeit sowie zur Verteilung
auf die Pflegebedürftigen durch Rechtsverordnung zu regeln. In Ausführung dieser Ermächtigung hat die Staatsregierung in der
Vorschrift des § 74 Abs. 1 S. 1 AVSG bestimmt, dass eine gesonderte Berechnung der in §
82 Abs.
3 S.1
SGB XI genannten Aufwendungen nur insoweit erfolgen kann, als diese Aufwendungen betriebsnotwendig sind und durch Zuweisungen und
Zuschüsse der öffentlichen Hand (öffentliche Förderung) oder Zuwendungen Dritter nicht vollständig gedeckt sind.
Unter Berücksichtigung dieser Prämissen ist zunächst festzustellen, dass die Beteiligten vorliegend zu Recht davon ausgegangen
sind, dass die gesonderte Berechnung der Zustimmung des Beklagten bedarf. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der
Kläger in der Vergangenheit öffentliche Fördermittel erhalten hat, welche im hier maßgeblichen Umlagezeitraum noch nicht vollständig
abgeschrieben waren. Damit findet die Vorschrift des §
82 Abs.
4 SGB XI, wonach bei nicht landesrechtlich geförderten Einrichtungen die Zustimmung durch ein bloßes Mitteilungserfordernis ersetzt
wird, für den Kläger keine Anwendung.
Der Senat vermag jedoch im Weiteren die Rechtsauffassung des Klägers nicht zu teilen. Die hier anzuwendende Vorschrift des
§ 74 Abs. 1 S. 1 AVSG setzt sich nicht in Widerspruch zu höherrangigem Landes-, Bundes- oder Verfassungsrecht. Der Senat sieht
keine Veranlassung, die ihm angesichts der erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Rahmen einer inzidenten
Prüfung landesrechtlicher Verordnungen zustehende Verwerfungs- bzw. Nichtanwendungskompetenz auszuüben.
Hierbei wird zunächst auf die Ausführungen des SG in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen. Zutreffend hat dieses festgestellt, dass mit dem Begriff der "Zuwendungen
Dritter" in § 74 Abs. 1 S. 1 AVSG unabhängig von der Rechtsform des Zuwendenden auch die vorliegend im Raume stehenden privatrechtlichen
Zuwendungen erfasst werden und ein Verstoß gegen Bundesrecht wie auch gegen Grundrechte nicht ersichtlich ist. Das Vorbringen
der Berufung ist demgegenüber nicht geeignet, eine andere Beurteilung des Sach- und Rechtslage herbeizuführen. Nicht stichhaltig
ist zunächst die Ansicht, die vom Beklagten vorgenommene Berücksichtigung scheide bereits aufgrund der Zweckbestimmung der
Zuwendungen aus, nicht die Pflegebedürftigen zu entlasten, sondern die Errichtung und den dauerhaften Betrieb des W. s zu
sichern. Gerade weil diese Zuwendungen entsprechend ihrer Zweckbestimmung zur Finanzierung betriebsnotwendiger Investitionen
verwendet wurden, ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte diese privaten Zuwendungen Dritter wie öffentliche Förderungen
bei der gesonderten Berechnung berücksichtigt hat.
Der Senat folgt insoweit dem BayVerfGH, welcher in seiner Entscheidung vom 19.04.2013 (Vf. 3-VII-12) ausführt, es spräche viel dafür, dass der Landesgesetzgeber
über den Wortlaut des §
82 Abs.
3 S.1
SGB XI hinaus die Umlage betriebsnotwendiger Investitionskosten auf die Pflegebedürftigen auch dann ausschließen darf, wenn die
Pflegeeinrichtungen abschreibungsfähige Anlagegüter mit unentgeltlichen Zuwendungen Dritter finanzieren. Dies rechtfertige
sich aus dem mit der Umlage verfolgten Ausgleichszweck. Einer solchen Refinanzierungsmöglichkeit bedarf es nach Auffassung
des BayVerfGH nur, soweit die vom Einrichtungsträger beschafften Anlagegüter durch ihren Gebrauch einen Wertverlust erleiden und dem Träger
deshalb ein auch handelsrechtlich beachtlicher Aufwand entsteht, der ohne Umlagemöglichkeiten von Einrichtungsträger selbst
getragen werden müsste. An einer solchen Belastung fehle es jedoch, wenn die Anlagegüter mit öffentlichen oder privaten Mitteln
finanziert werden, die dem Einrichtungsträger unentgeltlich für den Betrieb der Pflegeeinrichtung zur Verfügung gestellt worden
sind. Bei betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise spiele es keine Rolle, ob Abschreibungen für betriebsnotwendige Anlagegüter
mit zweckgebundenen Zuwendungen privater oder mit öffentlichen Fördermitteln finanziert werden.
Es kann offen bleiben kann, ob der Senat an diese Ausführungen bereits nach der Vorschrift des Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VfGHG) gebunden ist. Zwar ist Prüfungsmaßstab im Rahmen einer Popularklage nach Art. 98 S. 4 BV ausschließlich das Landesverfassungsrecht. Dies wird auch vom BayVerfGH in der Entscheidung vom 19.04.2013 nicht anders gesehen. Gleichwohl prüft dieser im Rahmen einer möglichen Verletzung des
Rechtsstaatsprinzips nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 BV auch einen Verstoß der angegriffenen landesrechtlichen Norm gegen Bundesrecht.
Verfassungswidrigkeit liegt bei offensichtlich zu Tage tretenden und inhaltlich schwer wiegenden Eingriffen in die Rechtsordnung
vor. Solche Eingriffe vermochte der BayVerfGH gerade nicht festzustellen. Art. 29 Abs. 1 VfGHG dürfte auch die insoweit vorgenommenen einfachrechtlichen Abwägungen umfassen, da sich die Bindungswirkung nicht nur auf
den Entscheidungsausspruch sondern auch auf die tragenden Entscheidungsgründe erstreckt (Meder, die Verfassung des Freistaates
Bayern, 5. Auflage 2014, Rn. 14 zu Art. 60 BV). Letztlich ist dies jedoch nicht ausschlaggebend, da sich der Senat den Erwägungen das BayVerfGH auch aus eigener Überzeugung anschließt.
Dem so gewonnenen Ergebnis steht - entgegen der Auffassung des Klägers - auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) nicht entgegen. Dieses hat sich mehrfach mit dem Regelungszusammenhang der §§
9,
82 SGB XI in Verbindung mit landesrechtlichen Ausführungsvorschriften befasst. Prämisse aller Entscheidungen des BSG war hierbei regelmäßig, dass der Bundesgesetzgeber aufgrund seiner vorrangigen Zuständigkeit gemäß Art.
74 Abs.
1 Nr.
12 GG hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Vergütungsbeziehungen zwischen Einrichtungen und Heimbewohnern durch §
82 SGB XI abschließen selbst entschieden habe, so dass für eine konkurrierende Landesgesetzgebung keine Befugnis mehr bestehe. Im Rahmen
der landesrechtlichen Befugnis zur näheren Ausgestaltung der Umlage nach §
82 Abs.
3 S. 3 Halbsatz 2
SGB XI bestehe insbesondere im Hinblick auf "Art, Höhe und Laufzeit sowie die Verteilung der gesondert berechenbaren Aufwendungen
auf die Pflegebedürftigen" kein Raum für abweichende Regelungen. Das Zustimmungsverfahren könne sich deshalb nur auf die Frage
erstrecken, ob die von dem Träger der Pflegeeinrichtungen geltend gemachten Investitionsaufwendungen betriebsnotwendig im
Sinne der bundesrechtlichen Anforderungen sind, ob die nach Landesrecht festzulegenden näheren Anforderungen an ihre Umlage
eingehalten und ob die umzulegenden Beträge nicht bereits durch öffentliche Fördergelder abgedeckt sind. Nicht zur Disposition
stehe dagegen die bundesrechtlich begründete Befugnis des Betreibers, seine durch öffentliche Förderung nicht gedeckten Investitionsaufwendungen
durch anteilige Umlage auf die Heimbewohner zu refinanzieren (vgl. BSG, Urteile vom 08.09.2011, u.a. B 3 P 2/11 R; BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 3 P 3/07 R).
Diese ständige Rechtsprechung schließt nach Auffassung des Senates gleichwohl eine Berücksichtigung privater Zuwendungen bei
der gesonderten Berechnung nicht aus. Die im Streit stehende Vorschrift des § 74 Abs. 1S.1 AVSG stellt sich insoweit nicht
als Regelung über "Art, Höhe, Laufzeit oder Verteilung" der gesondert berechenbaren Aufwendungen als solche - wie beispielsweise
die in der angezogenen Entscheidung vom 08.09.2011 streitgegenständliche Berücksichtigung fiktiver Zinsen auf das Betriebskapital
- dar, sondern trifft in dem hier maßgeblichen Regelungsgehalt eine grundsätzliche Bestimmung über die Zuordnung von Zuwendungen
und ist mithin als - auch nach Ansicht des BSG dem Landesrecht überlassene - Regelung über die näheren Anforderungen an die Umlage anzusehen. In dem so verstandenen Sinne
ist die Vorschrift des § 74 Abs. 1 S. 1 AVSG bereits von der Ermächtigungsgrundlage des §
82 Abs.
3 S. 3 Halbsatz 2
SGB XI gedeckt. Sie kann daneben auch auf §
9 Abs.
2 Halbsatz 1
SGB XI gestützt werden, wonach das Nähere zur Planung und zur Förderung der Pflegeeinrichtungen durch Landesrecht bestimmt wird.
Dass sich der Regelungsgehalt des §
9 SGB XI hierbei vorrangig auf die Verantwortlichkeit der Länder für die pflegerische Versorgungsstruktur und mithin auf öffentliche
Förderung bzw. "im Landesrecht vorgesehene" finanzielle Unterstützungen bezieht, steht nach Auffassung des Senats der Annahme
einer umfassender verstandenen Regelungsbefugnis der Länder - beispielsweise auch im Rahmen der hier letztlich streitigen
Frage der Zuordnung finanzieller Zuwendungen unabhängig von ihrem öffentlich-rechtlichen Charakter zu den Eigenmitteln - nicht
entgegen. Das BSG hat (in einem Verfahren, in welchem die Zulassung einer Pflegeeinrichtung streitig war) zur Zuständigkeit des Landesgesetzgebers
nach §
9 SGB XI klargestellt, dass es gerade auch Ziel der Landesgesetzgebung sein darf, durch Regelungen zur finanziellen Förderung von
Einrichtungen zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen (Urteil vom 28.06.2001, B 3 P 9/00 R, Rn. 34, zitiert nach [...]).
Die hier vertretene Auffassung wird auch durch die Entscheidung vom 10.03.2011 (B 3 P 3/10 R) gestützt. Dort hat das BSG festgestellt, dass im Rahmen der Berechnung von betriebsnotwendigen Investitionsfolgeaufwendungen nicht zweckgebundene Finanzhilfen
aus Konzessionsabgaben nach dem niedersächsischen Gesetz über das Lotterie- und Wettwesen, welche zur Errichtung oder Modernisierung
von Pflegeeinrichtungen verwendet wurden, als Eigenkapital bei den Abschreibungen auf Gebäude und Inventar in Ansatz gebracht
werden können. Das BSG hat sich in dieser Entscheidung u.a. mit einer Vorschrift des niedersächsischen Landesrechtes (§ 9 Abs. 3 NPflegeG) auseinandergesetzt,
in welcher unter anderem Zuwendungen aus mittelbarer staatlicher Förderung (Förderung durch öffentlich-rechtliche Körperschaften
oder Anstalten oder durch staatlich geförderte Stiftungen) ausdrücklich von einer Zuordnung zum Eigenkapital der Pflegeeinrichtung
ausgenommen werden. Dabei hat das BSG jedoch nicht die Rechtmäßigkeit dieser Regelung als solche - auch nicht im Hinblick auf den Umfang der bundesgesetzlichen
Ermächtigung oder mögliche Grundrechtsverstöße - in Zweifel gezogen, sondern alleine aufgrund der - zulässigerweise eigenständig
vorgenommenen - Normauslegung festgestellt, dass die Vorschrift des § 9 Abs. 3 NPflegeG ihrem Wortlaut nach ausschließlich
Zuwendungen erfasst, die zielgerichtet zur Förderung von Pflegeeinrichtungen erfolgen. Alleine aus diesem Grund mussten nach
Ansicht des BSG die Finanzhilfen aus Konzessionsabgaben, welche lediglich allgemein für "Wohlfahrtspflegerische Aufgaben" ausgeschüttet worden
waren und ihrer Entstehungsgeschichte nach gerade als Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden sollten, unbeschadet der
Vorschrift des § 9 Abs. 3 NPflegeG den - umlagefähigen - Eigenmitteln zugerechnet werden. Aus der Tatsache, dass das BSG im Rahmen dieser Entscheidung eine landesrechtliche Regelung, welche bestimmte Zuwendungen dem Eigenkapital zuordnet oder
eine solche Zuordnung gerade ausschließt (und damit eine Regelung zur Berücksichtigung der Zuwendung im Rahmen der gesonderten
Berechnung nach §
83 Abs.
3 SGB VI vornimmt), rechtlich nicht grundsätzlich in Frage gestellt hat, folgert der erkennenden Senat, dass auch der vom Beklagten
in § 74 Abs. 1 S. 1 AVSG vorgenommene Ausschluss von Zuwendungen Dritter im Rahmen der gesonderten Berechnung - nicht zuletzt
auch unter dem Aspekt der steuerlichen Begünstigung von Spenden an frei gemeinnützige Träger der Wohlfahrtspflege - die vom
Bundesgesetzgeber verpflichtend vorgegebenen Grenzen nicht überschreitet.
Soweit vom Kläger mit der Berufung erneut die Verletzung der Artikel
14,12 und 3 Abs.
1 GG geltend gemacht wird, vermag der Senat diesem Vortrag neue Aspekte gegenüber den bereits in erster Instanz geltend gemachten
Grundrechtsverletzungen nicht zu entnehmen. Diesbezüglich wird auf die Entscheidungsgründe des SG in dem angegriffenen Urteil Bezug genommen und gemäß §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung abgesehen. Zudem schließt sich der Senat ausdrücklich den Ausführungen des BayVerfGH in der Entscheidung vom 19.04.2013 an, in welcher eine Verletzung der durch die Bayerische Verfassung im Wesentlichen inhaltsgleich
garantierten Grundrechte auf Eigentum, Berufsfreiheit und Gleichbehandlung nicht festgestellt wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,193
SGG.
Die Zulassung der Revision stützt sich auf §
160 Abs.
2 S.1
SGG. Der Senat misst der Frage, in welchem Umfang auch durch Zuwendungen nicht öffentlicher Art geförderter Investitionsaufwand
von der gesonderten Berechnung nach §
82 Abs.
3 SGB XI ausgenommen werden kann, grundsätzliche Bedeutung bei.