Sozialversicherungspflicht einer Fleischereifachverkäuferin im Betrieb des Ehemanns
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01. Januar 2005 Arbeitslosengeld (Alg)
zu zahlen, insbesondere ist strittig, ob die Klägerin in der Metzgerei ihres Ehemanns versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die 1957 geborene Klägerin war nach ihren Angaben vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 2004 als Fleischerei - Fachverkäuferin
mit dem Verkauf von Wurst und Fleischwaren, der Einteilung und Überwachung des Verkaufspersonals und Bürotätigkeiten bei der
Firma K. W., Fleischereifachgeschäft in B-Stadt versicherungspflichtig beschäftigt. Pächter der Firma ist der Ehemann der
Klägerin, G. A ... Ihr Arbeitsverhältnis wurde am 17. Juni 2004 zum 31. Dezember 2004 gekündigt. Auch wurde das Gewerbe zum
31. Dezember 2004 abgemeldet.
Am 28. Oktober 2004 meldete sich die Klägerin arbeitslos und stellte am 2. November 2004 Antrag auf Zahlung von Alg. Im Feststellungsbogen
zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen wurde angegeben, die Klägerin
habe als Verkäuferin von Montag bis Samstag 40 Stunden wöchentlich gearbeitet. Sie sei als Fleischerei - Fachverkäuferin mit
dem Verkauf von Wurst und Fleischwaren, der Einteilung und Überwachung des Verkaufspersonals und Bürotätigkeiten beschäftigt
gewesen. Die Tätigkeit sei aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt worden. Sie sei in den Betrieb wie eine
fremde Arbeitskraft eingegliedert gewesen und ohne ihre Mitarbeit hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen.
Es wurde angegeben, sie sei an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit nicht gebunden gewesen und das
Weisungsrecht sei tatsächlich nicht ausgeübt worden. Sie habe ihre Tätigkeit frei bestimmen können. Sie habe bei der Betriebsführung
mitgewirkt. Die Arbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt gewesen. Es seien ein Urlaubsanspruch und eine
gesetzliche Kündigungsfrist vereinbart gewesen. Bei Arbeitsunfähigkeit sei das Arbeitsentgelt für 6 Wochen fortgezahlt worden.
Das Arbeitsentgelt habe dem ortsüblichen Lohn entsprochen und sei regelmäßig gezahlt worden. Es sei auf ein privates Bankkonto
mit Verfügungsrecht der Klägerin überwiesen worden. Vom Arbeitsentgelt sei Lohnsteuer entrichtet worden und es sei auch als
Betriebsausgabe gebucht worden. Die Klägerin sei am Betrieb nicht beteiligt gewesen, sie habe aber dem Betrieb ein Darlehen
in Höhe von 113.047,26 EUR (Stand am 31. Dezember 2003) gegeben.
Mit Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1990 zwischen der Metzgerei W. und der Klägerin war die Klägerin ab dem 1. Januar 1990 als
Verkaufsleiterin angestellt worden. Sie war zuständig für die Leitung des Verkaufs im Ladenlokal, Personalangelegenheiten
und die Vorbereitung der Buchhaltung. Vereinbart waren ein laufendes Monatsgehalt, vermögenswirksame Leistungen, ein 13. Monatsgehalt,
eine betriebliche Altersversorgung und eine Tantieme vom Jahresgewinn in Höhe von 20 %. Für den Arbeitsvertrag war die gesetzliche
Kündigungsfrist für Angestellte vereinbart. In der Krankenversicherung war sie versichert bei der Innungskrankenkasse Bayern
(Bestätigung vom 28. Oktober 2004).
Mit Bescheid vom 25.Januar 2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Arbeitslosengeld ab. Die Klägerin habe in
der Rahmenfrist von 3 Jahren vor dem 1. Januar 2005 nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Sie sei nicht an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit gebunden gewesen, habe die Tätigkeit frei bestimmen
und gestalten können, habe an der Führung des Betriebs mitgewirkt und ihre Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander
zum Betriebsinhaber geprägt gewesen. Darüber hinaus habe sie ein Darlehen in Höhe von 113.047,26 EUR an den Betriebsinhaber
gegeben.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie wies darauf hin, in den letzten drei Jahren vor dem 01.01.2005 sei sie jedenfalls
mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Die Beschäftigung in der Metzgerei ihres Ehegatten
sei für sie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gewesen. Im Übrigen seien diesbezüglich auch über Jahre hinweg Sozialversicherungsbeiträge
entrichtet worden. Schließlich sei sie auch den Weisungen des Betriebsinhabers unterworfen gewesen. Hieran ändere nichts,
dass sie als Verkaufsleiterin entsprechende Befugnisse bei ihrer Tätigkeit hatte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe die Anwartschaftszeit
als Voraussetzung für den Anspruch auf Alg ab dem 01.01.2005 nicht erfüllt. Die innerhalb der Rahmenfrist ausgeübte Tätigkeit
bei ihrem Ehegatten sei nicht versicherungspflichtig. Dies gehe insbesondere aus dem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen
Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen hervor, in dem die Klägerin und ihr Ehegatte u. a. angegeben
haben, dass die Klägerin nicht weisungsgebunden war, ihre Tätigkeit frei bestimmen und gestalten konnte und an der Führung
des Betriebes beteiligt war. Zudem habe sie ihrem Ehegatten als Betriebsinhaber ein Darlehen in Höhe von ca. 113.000.EUR gegeben.
Mit der dagegen erhobenen Klage beim Sozialgericht Regensburg (SG) vom 14. Februar 2005 hat die Klägerin weiter vorgetragen, sie sei über den gesamten Zeitraum ihrer Beschäftigung in der
Metzgerei ihres Ehegatten versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die Angaben in dem Fragebogen zur versicherungspflichtigen
Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses bei Angehörigen seien vom Steuerberater der Klägerin versehentlich falsch gemacht
worden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.05.2006 hat das SG Beweis erhoben durch die Einvernahme des Steuerberaters der Klägerin, des Zeugen S. sowie der Zeugin L., einer Mitarbeiterin
des Zeugen S ... Darüber hinaus wurde auch der Ehegatte der Klägerin als Zeuge einvernommen.
Der Zeuge S. hat bei seiner Einvernahme angegeben, der Feststellungsbogen so wie er von seiner Mitarbeiterin Frau L. ausgefüllt
worden sei, entspreche nicht den Gegebenheiten. Es müsse von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der
Klägerin ausgegangen werden. Der Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung sei von seiner Mitarbeiterin,
Frau L., ausgefüllt worden und entspreche in den wesentlichen Punkten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Hätte er den
Feststellungsbogen, so wie er ausgefüllt wurde, nochmals erhalten, hätte er ihn jedenfalls entsprechend korrigieren müssen.
Im Übrigen sei im Hinblick auf das von der Klägerin an ihren Ehegatten ausgereichte Darlehen davon auszugehen, dass diesbezüglich
ein Darlehensvertrag vorliege, in dem auch die Rückzahlungsmodalitäten geregelt seien.
Die Zeugin L. hat angegeben, sie habe den Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung ausgefüllt. Vor dem
Auslauf dieses Feststellungsbogens habe sie keine Rücksprache mehr mit dem Zeugen S. genommen, so dass letztendlich eventuell
fehlerhaft ausgefüllte Fragen von diesem nicht mehr korrigiert werden konnten.
Der Zeuge A., der Ehegatte der Klägerin, hat angegeben, er sei ausschließlich für den Gesamtbetrieb der Metzgerei verantwortlich
gewesen. Ein Mitbestimmungsrecht habe es für seine Frau nicht gegeben. Zur Darlehensgewährung sei darauf hinzuweisen, dass
aufgrund der ständig steigenden Hygienevorschriften sein damaliger Betrieb modernisiert werden musste und dies mit einem erheblichen
Finanzaufwand verbunden gewesen sei. Da seine Frau, die Klägerin, ausreichend Bargeld zur Verfügung hatte, habe er sich dieses
darlehensweise geliehen. Diesbezüglich sei aber eine schriftliche Abmachung über die Rückführung des Darlehens getroffen worden.
Im Übrigen sei er auch der alleinige Pächter der Betriebsstätte gewesen.
Das SG hat mit Beschluss vom 22. Mai 2006 die Vereinigte Innungskrankenkasse und die Deutsche Rentenversicherung Bund zu dem Verfahren
beigeladen. Des Weiteren hat es die Steuerunterlagen des Ehegatten der Klägerin bezüglich der von ihm betriebenen Metzgerei
beigezogen und zwar den Prüfbericht des Finanzamts B-Stadt vom 18. Mai 2001 für die Jahre 1997 bis 1999, die Jahresabschlüsse
für die Jahre 2002,2003 und 2004, den Jahresabschluss 1998, die Steuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004, einen Mietvertrag
vom 11. November 2002, eine Mitteilung der früheren Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz (LVA) zur Betriebsprüfung
vom 6. Oktober 1999, einen Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vom Finanzamt B-Stadt mit Datum vom
29. August 2005, die Mitteilung der LVA über die Betriebsprüfung vom 7. Mai 2003 und einen Darlehensvertrag vom 4. April 1995.
Im Bescheid des Rentenversicherungsträgers über die Betriebsprüfung nach §
28 p Abs.
1 SGB IV vom 6. Oktober 1999, der den Prüfzeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998 erfasste, war eine Nachforderung in
Höhe von 27.192,83 DM festgestellt worden. Es wurde in dem Bescheid hingewiesen, dass Tantiemen Vergütungen sind, die sich
nach der Höhe des Umsatzes oder des Gewinns eines Arbeitnehmers richten. Würden sie an Arbeitnehmer bezahlt, so seien sie
Arbeitslohn. Tantiemen an Arbeitnehmer, die laufend bezahlt würden, gehörten zum laufenden Arbeitslohn. Einmalige Tantiemen
(zum Beispiel eine jährlich nach Aufstellung der Bilanz zahlbare Gewinnbeteiligung) seien als sonstige Bezüge zu versteuern.
Beitragsrechtlich seien solche Tantiemen als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt beitragspflichtig. Eine Arbeitnehmerin im Betrieb
erhalte Tantiemenzahlungen, die nicht bei der Beitragsberechnung berücksichtigt worden seien. Bei der Arbeitnehmerin handelt
es sich um die Klägerin. Daraus folge, dass unter Berücksichtigung der anteiligen jährlichen Beitragsbemessungsgrenzen Beiträge
in allen Zweigen der Sozialversicherung nachzuberechnen seien. In der Anlage beigefügt war die Berechnung der Beiträge in
der die für die Klägerin nicht verbeitragten Tantiemenzahlungen zur Feststellung der jeweiligen Beiträge zu den verschiedenen
Zweigen der Sozialversicherung aufgeführt waren.
Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, aus den Jahresabschlüssen gehe hervor, dass die Darlehenshingabe der Klägerin an den
Ehemann beziehungsweise an dessen Betrieb bis zum 31. Dezember 2003 kontinuierlich angestiegen sei und die Summe der Darlehen
die Hälfte des Betriebsvermögens erreicht habe. Eine Tilgung sei nicht ersichtlich. Es fehle an dem typischen Interessengegensatz
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Da die Klägerin erhebliche Summen in den Betrieb eingebracht habe, sei das Unternehmerrisiko
auf sie übergegangen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 18. April 2006 hat die Beklagte erklärt, außer der fehlenden Anwartschaftszeit bestünden keine Hinderungsgründe für die
Bewilligung von Alg. Die Klägerin hat erklärt, sie sei seit dem 28. Oktober 2004 dauerhaft arbeitslos und sei über den gesamten
Zeitraum der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Die Beigeladene zu 1 hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin über
den gesamten Beschäftigungszeitraum als versicherungspflichtig beschäftigt geführt worden sei.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 18. April 2007 verurteilt, der Klägerin ab dem 1. Januar 2005 Alg zu bewilligen. Die Klägerin
habe ab dem 1. Januar 2005 dem Grunde nach einen Anspruch auf Alg. Es sei von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis
der Klägerin für die Zeit bis zum 31. Dezember 2004 auszugehen. Dass die Klägerin ihrem Ehemann ein Darlehen gewährt habe,
spreche nicht zwingend gegen die Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. In dem schriftlichen
Darlehensvertrag sei die Rückführung des Darlehens unabhängig vom Unternehmergewinn geregelt gewesen. Insgesamt sei daher
von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bis zum 31.12.2004 auszugehen. Nachdem die übrigen Voraussetzungen
für den Anspruch auf Alg zwischen den Beteiligten ohnehin nicht umstritten seien und nach Auffassung des Gerichts vorliegen,
sei der Klägerin ab dem 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld zuzusprechen gewesen.
Mit der dagegen eingelegten Berufung vom 27. Juni 2007 macht die Beklagte geltend, das SG habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin und ihr Ehemann den Feststellungsbogen unterschrieben haben. Die Angaben könnten
nicht mit dem Argument aus der Welt geschafft werden, der Feststellungsbogen sei dem Steuerberater nicht mehr vorgelegt worden.
Auch habe das SG nicht geprüft, welcher Güterstand bei den Eheleuten vorlag genauso wenig wie die Höhe des Darlehens, das im Jahr 1995 noch
40.000,000 DM und im Jahr 2003 dann 113.740, 26 EUR betragen habe. Die Regelung unter Nr. 4 des Darlehensvertrages vom 04.04.1995,
wonach zur Sicherung des gegebenen Darlehens alle laufenden betrieblichen Forderungen bis zur Tilgung des Darlehens abgetreten
worden sind, schließe ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aus. Zudem sei vom SG die Zahlung einer Tantieme, die gesonderte Ausweisung des Ehegattengehalts in den Steuerunterlagen sowie eine Abweichung
zwischen den Daten zum Ehegattengehalt in den betrieblichen Jahresabschlüssen und den Einkommenssteuerbescheiden nicht berücksichtigt
worden.
Zudem vermutet die Beklagte, insbesondere in den sonstigen betrieblichen Aufwendungen seien auch Kosten der Klägerin enthalten.
Die Wertung des Gesamtbildes ergebe eindeutig, dass das unternehmerische Risiko der Klägerin überwiege.
In der Berufungserwiderung vom 27.09.2007 hält der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem entgegen, maßgebend seien die tatsächlichen
Verhältnisse. Die Zeugenaussagen hätten bestätigt, dass im gesamten Zeitraum für die Klägerin Sozialversicherungsbeiträge
bezahlt wurden. Die Zeugin L. habe ausgesagt, eine Kontrolle des Feststellungsbogens sei weder durch den Steuerberater noch
durch die Klägerin erfolgt. Der Ehemann habe ausdrücklich erklärt, er sei ausschließlich für den Gesamtbetrieb verantwortlich
gewesen, ein Mitbestimmungsrecht der Klägerin habe es nicht gegeben. Das Unternehmerrisiko habe alleine der Ehemann der Klägerin
getragen. Es habe sich insoweit um einen rein privaten Darlehensvertrag gehandelt.
Die Beigeladene zu 1 führt aus (Schreiben vom 19. Februar 2008), das Urteil des SG sei inhaltlich nicht zu beanstanden. Aufgrund der Darstellungen in der mündlichen Verhandlung sowie der geschilderten Umstände
in der Urteilsniederschrift gehe deutlich hervor, dass die Klägerin im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung im Unternehmen
Ihres Ehegatten der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung unterlegen ist.
Auf Anfrage bestätigt die Beigeladene zu 1 mit Schreiben vom 27. November 2008, dass die Klägerin vom 1. Januar 1990 bis zum
31. Dezember 2004 und vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Oktober 2008 nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V versichert war. Vom 1. Januar 2005 bis zum 31. November 2007 wurde Klägerin als freiwilliges Mitglied geführt. Die Beigeladene
zu 2 bestätigte unter anderem Pflichtbeitragszeiten vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 2004.
Auf Anfrage des Gerichts teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann bestehe
der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft und dies sei auch bis Ende 2004 der Fall. Ein Ehevertrag sei nicht abgeschlossen
worden. Vorgelegt wurde der Darlehensvertrag vom 4. April 1995, in dem die Klägerin der Firma Metzgerei W. ein Darlehen in
Höhe von 40.000 DM gab. Das Darlehen war zinsfrei vereinbart mit einer monatlichen Tilgung von 1000 DM. Als Sicherheit wurden
laufende betriebliche Forderungen bis zur Tilgung des Darlehens abgetreten. Als Kündigungsfrist waren 6 Monate vereinbart.
Die Beklagte beantragt
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18. April 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat ab dem 01.01.2005 dem Grunde nach Anspruch auf Alg.
Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.
Februar 2005, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin ab dem 01.Januar 2005 Alg zu zahlen.
Nach §
117 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch III (
SGB III) in der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung durch das Harz - III - Gesetz vom 23. 12. 2003 (Bundesgesetzblatt I 2848)
haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg entweder bei Arbeitslosigkeit oder bei beruflicher Weiterbildung. Gemäß §
118 Abs.
1 SGB III in der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, die
1. arbeitslos sind, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die
Anwartschaftszeit hat nach §
123 S. 1
SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Nach §
124 Abs.
1 SGB III beträgt die Rahmenfrist grundsätzlich 2 Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für
den Anspruch auf Alg. Nach §
434 j Abs.
3 SGB III ist jedoch §
124 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Alg bis zum 31.
Januar 2006 entstanden ist. Insoweit ist §
124 SGB III in der vom 1. Januar 2004 geltenden Fassung nicht anzuwenden. Damit beträgt im vorliegenden Fall die Rahmenfrist noch 3 Jahre
und umfasst den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2004, weil die Klägerin ab dem 1. Januar 2005 sämtliche Voraussetzungen
für den Anspruch auf Alg erfüllt.
Innerhalb dieser Rahmenfrist war die Klägerin mindestens 12 Monate, d.h. vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 2004 durchgehend
versicherungspflichtig beschäftigt.
Nach §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Beschäftigungsverhältnis. Die Abgrenzung zwischen abhängiger
Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Tätigkeit. Liegen nach den Umständen des
Einzelfalles sowohl Merkmale der Abhängigkeit als auch der Selbständigkeit vor, kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen
(z.B. Bundessozialgericht vom 29.01.1981, BSGE 51,164). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die
Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (so z.B. BSG, Urteil vom 18. Dezember
2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 20 S 78).
Für den Grad der persönlichen Abhängigkeit sind folgende Merkmale kennzeichnend: Eine enge Weisungsgebundenheit durch Eingliederung
in ein hierarchisches System, insbesondere durch Unterstellung unter ein durch andere ausgeübtes Befehls- und Kontrollsystem,
ein fremdbestimmter Aufgabenkreis verbunden mit der Pflicht, andere, auch nicht unmittelbar zum Aufgabenkreis gehörende Aufgaben
zu übernehmen, die Bindung an einen bestimmten Arbeitsplatz oder an eine den Arbeitsplatz bestimmende Tätigkeit, die Bindung
an geregelte Arbeitszeiten verbunden mit der Pflicht, regelmäßig zu erscheinen, Unterbrechungen z.B. Urlaub genehmigen zu
lassen und Verhinderungen anzuzeigen und die Verpflichtung, Arbeitszeit und Arbeitskraft nicht beliebig anderweitig zu verwerten.
Die selbständige Tätigkeit demgegenüber wird geprägt durch freie Verfügung über die Arbeitskraft verbunden mit der Befugnis,
übernommene Verrichtungen selbst zu erledigen oder durch Dritte erledigen zu lassen, eine weitgehend frei gestaltete Tätigkeit
und beliebige Arbeitszeit sowie ein frei gewählter Arbeitsplatz, soweit die zu erbringende Leistung dies zulässt, die uneingeschränkte
Befugnis, gleichzeitig für andere Auftraggeber tätig zu sein, und das eigene wirtschaftliche Risiko für den Erfolg der Arbeit,
als eigentlich entscheidendes Merkmal (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.01.2003, Az.: L 4 KR 111/00, zitiert nach juris).
Die Klägerin war in einem hohen Maß der persönlichen Abhängigkeit in dem Metzgereibetrieb ihres Ehegatten tätig. Sie hatte
weder eine Verfügungsmöglichkeit über ihre eigene Arbeitskraft noch konnte sie ihre Tätigkeit frei gestalten, genauso wenig
wie ihre Arbeitszeit. Sie war in den Ablauf des Metzgereibetriebes eingebunden und hatte die von ihr übernommenen Verpflichtungen
zu erfüllen.
Dies steht für den Senat fest aufgrund der vorgelegten Unterlagen aus den Akten der Beklagten, dem Ergebnis der durchgeführten
Beweisaufnahme durch das SG und den Aussagen der vernommenen Zeugen S., L. und A ...
Danach ergibt sich folgendes Tätigkeitsbild: Die Klägerin war 40 Stunden wöchentlich als Fleischereifachverkäuferin mit dem
Verkauf von Wurst und Fleischwaren tätig. Sie hatte das Verkaufspersonal einzuteilen und zu überwachen. Zudem hatte sie Büroarbeiten
zu verrichten. Für den Gesamtbetrieb der Metzgerei verantwortlich war ihr Ehegatte. Für den Gesamtbetrieb hatte sie kein Mitbestimmungsrecht.
Im täglichen Arbeitsablauf übernahm die Klägerin die Verkaufsleitung. Ihr Ehemann war in der Produktion tätig und konnte sich
um den Verkauf daher nicht kümmern. Er hatte aber die Gesamtverantwortung für den Betrieb, auch war er der alleinige Pächter
der Betriebsstätte.
Zwar spricht die Tatsache, dass im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilungen eines Beschäftigungsverhältnisses
zwischen Angehörigen angegeben wurde, die Klägerin sei an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführungen der Arbeit
nicht gebunden gewesen und er habe das Weisungsrecht auch tatsächlich nicht ausgeübt, sie habe ihre Tätigkeit frei bestimmen
können, habe bei der Betriebsführung mitgewirkt und ihre Arbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt gewesen,
für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen der Klägerin
und der Klarstellung durch die Zeugen S., L. und A. ist aber zu beachten, dass die Klägerin im Arbeitsvertrag vom 2. Januar
1990 als Verkaufsleiterin angestellt worden ist. Dies beinhaltete die Leitung des Verkaufs im Ladenlokal, die Übernahme von
Personalangelegenheiten die Verkäuferinnen betreffend und auch die Vorbereitung der Buchhaltung. Mit dieser Aufgabenstellung
entspricht es nach Ansicht des Senats der Lebenserfahrung, dass Arbeitnehmer mit diesen Befugnissen davon ausgehen, dass sie
im Rahmen ihrer Aufgabenkreises an Anweisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit nicht gebunden sind insbesondere
deswegen, weil die Funktion ohne Probleme ausgeführt wird und der Betriebsinhaber sein Weisungsrecht nicht ausüben muss. Im
Rahmen ihres eingeschränkten Aufgabenkreises konnte die Klägerin ihre Tätigkeit frei bestimmen und hat natürlich, was ihren
Bereich betrifft, faktisch die Führung der Verkaufsgeschäfte übernommen, insbesondere auch deswegen, weil ihr Ehemann in der
Produktion beschäftigt war. Zum anderen haben der Zeuge S. und die Zeugin L. für den Senat glaubhaft ausgesagt, dass die Zeugin
L. den Feststellungsbogen ausgefüllt hat und keine Rücksprache mehr mit dem Zeugen S. als Steuerberater genommen hat. Sie
haben damit das Missverständnis geklärt. Zudem hat auch der Ehegatte der Klägerin als Pächter der Betriebsstätte glaubhaft
erklärt, er habe die Gesamtverantwortung für den Betrieb getragen. Ein Mitbestimmungsrecht habe seine Frau nicht gehabt.
Hinsichtlich des von der Klägerin ausgegebenen Darlehens war hinsichtlich des Haftungsrisikos für den Senat entscheidend,
dass nach den vertraglichen Bestimmungen eine Vereinbarung getroffen war, dass zur Sicherheit laufende betriebliche Forderungen
abgetreten wurden und das Darlehen unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden konnte. Natürlich war das Darlehen
in seinem Bestand, da der Ehemann der Klägerin der Inhaber der Metzgerei war, für die Klägerin faktisch vom Erfolg der Metzgerei
abhängig. Die Beklagte verkennt aber den Unterschied zu denjenigen von der Rechtsprechung entschiedenen Fallkonstellationen,
in denen eine beschäftigte Ehegattin selbst Darlehnschuldnerin für ein Betriebsdarlehn war und damit auch für Betriebsschulden
haftete. Aufgrund der vertraglichen Bedingungen hat die Klägerin jedoch vorliegend kein Haftungsrisiko der Gestalt übernommen,
dass sie für Schulden der Metzgerei hätte haften oder ein besonderes Risiko hätte übernehmen müssen.
Zudem sind diese Elemente bei einer Gesamtwertung geringer zu gewichten als die gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden
Gesichtspunkte. Zwischen der Klägerin und der Metzgerei wurde ein Arbeitsvertrag abgeschlossen. In diesem Arbeitsvertrag übernahm
die Klägerin die Verpflichtung einer Verkaufsleiterin und es wurden die Rechte und Pflichten arbeitsvertraglich festgelegt.
Nach den Steuerunterlagen wurden die Bezüge der Klägerin als Ehegattenunterhalt ausgewiesen und als Betriebsausgaben berücksichtigt.
Dies wurde auch von der Finanzverwaltung anerkannt. Zudem wurden für die Klägerin Sozialversicherungsbeiträge abgeführt, insbesondere
auch für die ihr nach dem Arbeitsvertrag zustehenden Tantiemen. Der Argumentation der Beklagten, die Tatsache, dass der Klägerin
im Arbeitsvertrag als weitere Vergütung eine Tantieme vom Jahresgewinn vor Steuern in Höhe von 20 % zugesprochen worden ist,
schließe die Annahme eines versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses aus, kann der Senat nicht folgen. Dies ergibt sich
aus der Tatsache, dass im Prüfbescheid des Rentenversicherungsträgers vom 6. Oktober 1999, der den Zeitraum vom 1. Januar
1995 bis 31. Dezember 1998 erfasste, hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht der Tantieme für die Klägerin eine Nachforderung
in Höhe von 27.192,83 DM festgestellt wurde. Diese wurde anerkannt und die entsprechenden Beiträge wurden nachentrichtet.
Zudem hatte die Klägerin einen vertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch. Für sie galten die gesetzlichen Kündigungsfristen
für einen Arbeitsvertrag. Es war eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vereinbart: Die Klägerin hatte einen Anspruch auf
Fortzahlung des Arbeitsentgelts für 6 Wochen bei Arbeitsunfähigkeit. Auch liegt kein Güterstand der Gütergemeinschaft vor,
sondern - wie der Bevollmächtigte mitgeteilt hat - der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Aus der Tatsache,
dass in den steuerlichen Jahresabschlüssen das "Ehegattengehalt" nicht unter den üblichen Löhnen erfasst, aber als Betriebsausgabe
angesetzt wurde, kann nicht auf eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin geschlossen werden. Unter Bezug auf die Tantiemenzahlung
ist auch verständlich, dass es Diskrepanzen geben konnte zwischen den Angaben in den betrieblichen Jahresabschlüssen und den
entsprechenden Einkommensteuerbescheiden. Dass im Rahmen von sonstigen betrieblichen Aufwendungen bei Ehegatten die Möglichkeit
besteht, dass auch Kosten des Ehegatten bei denen des Betriebsinhabers enthalten sein können, ist kein Argument, hieraus fehlende
Versicherungspflicht zu schließen.
Die Klägerin stand damit während ihrer Tätigkeit in der Metzgerei ihres Ehemannes vom 01. Januar 1990 bis zum 31.Dezember
2004 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Da die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld zwischen den Beteiligten ohnehin nicht umstritten waren
und nach Auffassung des Senats im Übrigen auch vorliegen, war der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.01.2005 zuzusprechen.
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in §
160 Abs.
2 Ziffer 1 und 2
SGG genannten Gründe vorliegt. Die Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung, noch weicht die Entscheidung des Senats
von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
ab.