Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Er beantragte am 24. Oktober 2002 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er sei zuletzt von 1990 bis
April 2002 selbstständiger Handelsvertreter gewesen. Auf Veranlassung des Arbeitsamtes war der Kläger im Juli 2002 ärztlich
untersucht worden. Die Ärztin hielt hierzu fest, der Kläger sei täglich nur 1 bis 2 Stunden für leichte Arbeiten erwerbsfähig,
er leide an Verschleißerscheinungen der HWS und LWS mit anhaltenden Schmerzen und einer Abnutzung des linken Kniegelenkes,
mit einer Besserung sei nicht zu rechnen.
Auf Veranlassung der Beklagten erstellte der Facharzt für Orthopädie Dr. W am 29. November 2002 ein Gutachten, in welchem
er zu der Einschätzung gelangte, eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe nicht. In qualitativer Hinsicht
sollte das Heben und Tragen über 10 Kg vermieden werden. Es sollte ein Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen erfolgen. Es sollten
einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten im Knien, bzw. Hockstellungen, Überkopfarbeiten oder statische Zwangshaltungen
vermieden werden.
Mit Bescheid vom 6. Januar 2003 lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf die Begutachtung den klägerischen Antrag ab. Auf
den Widerspruch des Klägers holte sie Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte ein und ließ durch die Nervenärztin
Dr. L ein weiteres Gutachten erstellen, in welchem diese eine ambulante Psychotherapie empfahl und zu der Einschätzung gelangte,
der Kläger sei vollschichtig leistungsfähig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der
Kläger sei unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und in seinem bisherigen Beruf als Handelsvertreter
in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Mit seiner am 28. Oktober 2003 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht hat Befundberichte
der den Kläger behandelnden Ärzte und ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychotherapie
Dr. P eingeholt. Im Gutachten vom 26. August 2005 ist diese zu der Einschätzung gelangt, der Kläger simuliere und aggraviere
eindeutig. Er könne leichte körperliche Arbeiten mindestens acht Stunden täglich verrichten. Das Sozialgericht hat weiterhin
ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H eingeholt. In seinem Gutachten vom 12. März 2008 ist dieser zu der Einschätzung
gelangt, der Kläger könne körperlich leichte Arbeiten im Rahmen einer vollen täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden ausführen.
Dem Gutachten der Sachverständigen Dr. P folge er insofern nicht, als er eine bewusste Simulation ausschließe. Die geltend
gemachte chronische Schmerzstörung könne er nicht bestätigen.
Auf Antrag des Klägers nach §
109 SGG hat das Sozialgericht den Facharzt für Orthopädie Dr. K mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten
vom 10. März 2009 ist der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, der Kläger verfüge über ein Leistungsvermögen für die
volle übliche tägliche Arbeitszeit von mindestens acht Stunden für körperlich leichte Arbeiten. Auf den Einwand des Klägers,
der Sachverständige solle zu einer möglichen Personenverwechslung befragt, hilfsweise zur mündlichen Verhandlung geladen werden,
hat das Sozialgericht mitgeteilt, der Sachverständige sei verstorben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2009 hat der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 6. Januar
2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente
wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung
bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Oktober 2002 zu gewähren. Hilfsweise hierzu hat er beantragt, die Sachverständige Dr. P zu
deren Gutachten anzuhören, hilfsweise nach §
109 SGG den Facharzt für Orthopädie Dr. H gutachterlich zu hören.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert
und könne im Übrigen zumutbar auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden. Hierzu hat es sich auf die eingeholten Gutachten
gestützt und ausgeführt, einer Anhörung der Sachverständigen Dr. P habe es nicht bedurft, da es in seinem Ermessen stehe,
die Sachverständige zu laden oder den Sachverhalt durch Einholung weiterer Gutachten näher zu klären. Letzteres sei hier erfolgt.
Die vom Kläger unter Vorlage einer Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H vorgebrachten Einwände
halte es durch die weiter eingeholten Gutachten für widerlegt. Auch der Einholung eines weiteren Gutachtens nach §
109 SGG habe es nicht bedurft, denn der Anspruch sei hier durch die Einholung des Gutachtens von Dr. K verbraucht. Dass er nicht
mehr gehört werden könne, ändere an der Verwertbarkeit seines Gutachtens nichts.
Mit der am 4. Dezember 2009 eingelegten Berufung gegen das ihm am 16. November 2009 zugestellte Urteil bringt der Kläger vor,
das Sozialgericht habe sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Weder habe es die Ladung der Sachverständigen Dr. P ablehnen
noch den Hilfsantrag nach §
109 SGG übergehen dürfen. Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2009 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen,
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
10. Oktober 2003 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung eine Rente wegen vollständiger, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung,
ggf. wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren,
weiter hilfsweise ein fachorthopädisches Sachverständigen-Gutachten von Amts wegen einzuholen,
weiter hilfsweise von Amts wegen die Gutachterin Frau Dr. P in einem Termin zu ihrem Gutachten vom 1. August 2005 anzuhören,
weiter hilfsweise gemäß §
109 SGG den Facharzt für Orthopädie Dr. Hgutachtlich zu hören.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Inhalt der Streitakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der
Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die vorrangig beantragte Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht war nicht
auszusprechen, weil der Rechtsstreit in der Sache selbst entscheidungsreif war. Zuletzt hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
1 und
2 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (
SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung,
wenn sie 1. voll oder teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei
Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die
allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Dass der Kläger die sog. versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Pflichtbeiträge und
Wartezeit) erfüllt, steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
Nicht erwerbsgemindert ist gem. §
43 Abs.
3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.
So liegt es hier. Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§
128 Abs.
1 Satz 1
SGG) davon überzeugt, dass der Kläger gesundheitlich in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer körperlich
leichten Arbeit erwerbstätig zu sein.
Sowohl der von der Beklagten beauftragte Facharzt für Orthopädie D. W, wie auch der durch das Sozialgericht beauftragte Facharzt
für Orthopädie Dr. H sind nach eingehenden Untersuchungen des Klägers zu der Einschätzung gelangt, der Kläger sei vollschichtig
erwerbsfähig. Diese nach Ansicht des Senates überzeugend begründete Einschätzung ist durch das auf Antrag des Klägers nach
§
109 SGG eingeholte Gutachten des Facharztes für Orthopädie K im Übrigen vollumfänglich bestätigt worden. Zwar beschreibt der Sachverständige
Dr. Hartmann in seinem Gutachten vom 12. März 2008 deutliche Bewegungseinschränkungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule.
Er legt jedoch zugleich ausführlich und überzeugend dar, dass der Kläger außerhalb der jeweils konkreten Untersuchungssituation
Bewegungsmöglichkeiten der Wirbelsäule gezeigt hat, die sodann bei der konkret erbetenen Demonstration unter Hinweis auf auftretende
Schmerzen nicht mehr möglich gewesen sein sollen. Gleiches hat er in Bezug auf die Hüftgelenke festgestellt und konkret ausgeführt:
"[...] dreht der Kläger sich behände auf die Seite und führt sehr viel stärkere Bewegungen aus, als dies während der Untersuchungsbedingungen
passiert." Im Übrigen habe sich eine nahezu uneingeschränkte Gestikulation, freie Beweglichkeit des Achsenorgans außerhalb
der Untersuchungsbedingungen und bei der Einnahme von entlastenden Haltungen gezeigt. Mithin können die erst bei der jeweiligen
konkreten Untersuchung ermittelten Beweglichkeitsradien nicht als zutreffende Beschreibung der tatsächlichen Bewegungseinschränkung
angesehen werden. Auch wenn der Sachverständige eine bewusste Simulation ausschließt, bestätigen seine Feststellungen die
Einschätzung des im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Dr. W, wonach lediglich eine endgradige schmerzhafte Funktionseinschränkung
der Hals- und Lendenwirbelsäule vorliege und der daraus sich ergebende Leidensdruck durch den Kläger verstärkt werde. Auch
die Sachverständige Dr. P beschreibt in ihrem Gutachten, dass der Kläger einerseits bei der Überprüfung der oberen Extremitäten
über erhebliche Schmerzen und Kraftminderung geklagt habe, er andererseits aber bei der nachfolgenden Reflexprüfung offenbar
von ihm unbemerkt die Arme für den sog. Jendrassik-Handgriff hätte einsetzen können, bei dem die Arme waagerecht vor dem Körper
gehalten und Zugkräfte auf die ineinander verschränkten Finger beider Hände ausgeübt werden.
Der Senat hatte keine Veranlassung zur Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens von Amts wegen, denn die sich aus
den vorhandenen Gutachten ergebende Erkenntnislage ist ausreichend für die Vornahme einer abschließenden Beurteilung. Eine
Mangelhaftigkeit des vom Sachverständigen Dr. H erstellten Gutachtens oder eine seither eingetretene Veränderung der Sachlage
sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Soweit der Kläger beantragt hat, es möge von Amts wegen ein weiteres orthopädisches
Gutachten eingeholt werden, handelt es sich bereits nicht um einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag nach §
160 Abs.
2 Nr.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), denn der Kläger hat kein konkretes Beweisthema bezeichnet, so dass der Beweisantrag letztlich darauf abzielt, erst aus
der Beweisaufnahme die Grundlage für weiteren Sachvortrag zu gewinnen (vgl. BSG, Beschluss vom 19. November 2009, B 13 R 303/09 B, Juris, Randnrn. 11f.).
Soweit der Kläger beantragt hat, gem. §
109 SGG den Facharzt für Orthopädie Dr. H gutachtlich zu hören, war dem nicht zu entsprechen, denn bereits das Sozialgericht hat
dem Antrag nach §
109 SGG durch Einholung des Gutachtens des Dr. K entsprochen und es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass seit der Erstellung
jenes Gutachtens eine neue Sachlage eingetreten wäre (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 1991, 5 RJ 32/90, Juris, Randnr. 16). Ohne Erfolg beruft sich der Kläger insoweit darauf, dass der Sachverständige nicht mehr - wie von ihm
beantragt - hätte befragt werden können, also seines Erachtens die Beweisaufnahme nicht hat abgeschlossen werden können. Es
kann dahinstehen, ob die nach §
109 SGG vorgenommene Beweisaufnahme ebenso wie jene nach §
106 SGG zur Wahrung des Grundrechts auf rechtliches Gehör stets erfordert, den Sachverständigen auf Antrag zur mündlichen Verhandlung
und Fortsetzung der Beweisaufnahme zu laden oder ihm vorgebrachte Einwände zur schriftlichen Stellungnahme vorzulegen. Nach
§§
116 Satz 2,
118 Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §§
397,
402,
411 Abs.
4 Zivilprozessordnung (
ZPO) steht einem Beteiligten das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der
Sache für sachdienlich erachtet. Eine bestimmte Form ist für die Befragung nicht vorgesehen, sie kann also mündlich oder schriftlich
erfolgen. Allerdings müssen die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret bezeichnet werden (vgl. BSG, Beschluss
vom 19. November 2009, B 13 R 247/09 B, Juris, Randnrn. 10f.). Fehlt es daran, so bedarf es einer mündlichen oder schriftlichen Anhörung des Sachverständigen
nicht. So liegt es hier. Der klägerische Einwand, der Sachverständige müsse sich bei der Gutachtenabfassung in seiner Person
geirrt haben, denn er habe ihm während der Untersuchung mitgeteilt, er halte ihn für erwerbsunfähig, hat keinen erläuterungsbedürftigen
Punkt des erstellten Gutachtens bezeichnet. Weder hat der Kläger konkret dazu vorgetragen, dass die im Gutachten enthaltenen
Schilderungen der durchgeführten Untersuchungen unzutreffend seien, noch ist er den dabei gewonnenen Untersuchungsergebnissen
inhaltlich substanziiert entgegengetreten.
Auch eine zur Erwerbsminderung führende Erkrankung des Klägers auf neurologischem bzw. psychiatrischem Fachgebiet ist nach
Überzeugung des Senats nicht gegeben. Der Senat folgt insofern dem Gutachten des Sachverständigen Dr. P, wonach beim Kläger
zwar eine somatoforme Schmerzstörung vorliegt, diese aber von einem neurotischen Rentenbegehren beeinflusst wird und bei zumutbarer
Willensanstrengung zu überwinden wäre und eine vollschichtige Erwerbsfähigkeit gegeben sei. Soweit der Kläger dem unter Bezugnahme
auf eine Stellungnahme des Dr. H entgegengetreten ist, überzeugt dies nicht. Insbesondere belegen die ausführlichen Darstellungen
der Sachverständigen Dr. P und Dr. H, in Bezug auf konkret beobachtete, vom Kläger aber bei Aufforderung unter Hinweis auf
die Schmerzhaftigkeit als unmöglich bezeichnete Bewegungen, dass eine Willenssteuerung möglich und auch zumutbar ist. Soweit
der Kläger beantragt hat, die Sachverständige Dr. P in einer mündlichen Verhandlung zu hören, sah sich der Senat nicht veranlasst,
dem nachzukommen, da es an der Bezeichnung eines konkreten Beweisthemas ebenso fehlt wie in seinem Antrag auf Einholung eines
weiteren orthopädischen Gutachtens.
Ist demnach davon auszugehen, dass der Kläger in quantitativer Hinsicht erwerbsfähig ist, ergibt sich eine Erwerbsminderung
auch nicht aus qualitativen Einschränkungen. Die ihm nach übereinstimmender Auffassung sämtlicher Sachverständigen mögliche
körperlich leichte Tätigkeit erfährt keine so außergewöhnlichen weiteren Einschränkungen, dass er nicht unter den üblichen
Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein kann.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gem.
§
240 SGB VI. Insoweit wird gem. §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und auf die zutreffende erstinstanzliche Entscheidung Bezug
genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gem. §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.