Unzulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde
Fristgerechter Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem SG
Gründe
I.
Die Klägerin, die beim Beklagten im laufenden Bezug von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) steht, begehrt die Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin (SG) vom 05. Januar 2022.
Die 1968 geborene Klägerin, die mit ihren unter 25-jährigen (eine Ausbildung absolvierenden) Söhnen N (bis zum Auszug am 29.
September 2015) und C in einem Haushalt lebte, beantragte mit am 21. April 2015 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben
vom 19. April 2015 die Weiterbewilligung von Leistungen für die Zeit ab dem 01. Juni 2015. Mit Bescheid vom 28. Mai 2015 bewilligte
ihr der Beklagte den Regelbedarf sowie die anteiligen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung. Als Einkommen berücksichtigte
der Beklagte einen Betrag von monatlich 31,57 € (überschießendes Kindergeld des Sohnes N). Als Grund für die nur vorläufige
Bewilligung der Leistungen gab der Beklagte an, dass für die endgültige Bewilligung noch eine weitere Klärung des übersteigenden
Kindergeldbetrages des Sohnes N erfolgen müsse.
Den gegen den Bescheid vom 28. Mai 2015 eingelegten und am 04. Juni 2015 bei dem Beklagten eingegangenen Widerspruch, der
mit der Begründung erhoben wurde, der Beklagte habe einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II für erforderliche Hygiene- und Pflegeprodukte aufgrund der Neurodermitis der Klägerin in Höhe von 57,10 € monatlich nicht
berücksichtigt, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2015 als unzulässig zurück, da er im angefochtenen
vorläufigen Bewilligungsbescheid keine Entscheidung über den (separat gestellten) Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs für
Hygiene- und Pflegeprodukte getroffen habe.
Mit Änderungsbescheiden vom 19. Oktober 2015 und vom 27. November 2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin zuletzt vorläufige
Leistungen in Höhe von 603,89 € für Juni und August 2015, 608,57 € für September 2015, 714,28 € für Oktober 2015 und 787,81
€ für November 2015. Dabei berücksichtigte er ein überschießendes Kindergeld nur noch für die Monate Juni bis August 2015
in Höhe von 31,57 € monatlich und im September 2015 in Höhe von 29,52 € monatlich. Wiederum führte er aus, dass eine abschließende
Entscheidung bisher nicht möglich sei, da das anzurechnende (überschießende) Kindergeld nicht abschließend festgestellt werden
könne und der Zufluss des mit Bescheid vom 15. September 2015 bewilligten Wohngeldes ab Oktober 2015 ungeklärt sei.
Mit ihrer am 02. August 2015 beim SG erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Bewilligung des Mehrbedarfs für Hygiene- und Pflegeprodukte sowie die Nichtberücksichtigung
überschießenden Kindergeldes weiterverfolgt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Anspruch auf Bewilligung eines
Mehrbedarfs in Höhe von 57,10 € monatlich zu. Darüber hinaus sei überschießendes Kindergeld nicht zu berücksichtigen, weil
dafür zum einen keine Rechtsgrundlage existiere und zum anderen der tatsächliche Bedarf ihres Sohnes bei der Ermittlung des
überschießenden Betrages hätte Berücksichtigung finden müssen. Insbesondere hätte der Regelbedarf für Alleinstehende in die
Berechnung einfließen müssen.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2016 hat der Beklagte den Antrag der
Klägerin auf Bewilligung eines Mehrbedarfs für Hygiene- und Pflegeprodukte für die Monate Juni bis einschließlich November
2015 versagt, weil die Klägerin trotz Aufforderung vom 06. August 2015 keine Nachweise über die Höhe der angefallenen Kosten
vorgelegt habe.
Hiergegen hat die Klägerin ebenfalls mit Schriftsatz vom 28. Januar 2016 (klageerweiternd) Klage erhoben, mit dem Begehren,
ihr einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II zu bewilligen.
Mit der Klägerin am 01. Dezember 2021 zugestelltem Schreiben vom 25. November 2021 hat das SG sie dazu angehört, dass beabsichtigt sei, über die Klage gemäß §
105 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Klägerin hat mit am 09. Dezember 2021 eingegangenem
Schreiben vom 08. Dezember 2021 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Mit Gerichtsbescheid vom 05. Januar 2022 hat das SG den Versagungsbescheid vom 14. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2016 aufgehoben und
die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreits sei aufgrund der fristgerechten und sachdienlichen Klageerweiterung zum einen der Versagungsbescheid
vom 14. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2016, mit dem die Bewilligung eines Mehrbedarfs
für die Monate Juni bis einschließlich November 2015 versagt worden sei. Statthafte Klageart gegen diesen Versagungsbescheid
sei allein die Anfechtungsklage, da eine materielle Prüfung durch den Leistungsträger nicht stattgefunden habe. Prüfungsmaßstab
sei danach allein, ob der Beklagte hier mangels Mitwirkung die Leistung zu Recht versagt habe, mithin die Voraussetzungen
des §
66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) vorgelegen hätten. Dies sei jedoch nicht der Fall. Nachdem der Beklagte die Versagungsentscheidung maßgeblich darauf gestützt
habe, dass die Klägerin keine ärztliche Bescheinigung über das Weiterbestehen des Mehrbedarfs vorgelegt habe sowie keinen
Nachweis über die geltend gemachten Kosten eingereicht habe, es aber eines entsprechenden Nachweises nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) nicht bedürfe und dem Beklagten zudem eine ärztliche Bescheinigung darüber vorgelegen habe, dass es sich um eine chronische
Erkrankung handele, sei die Versagung rechtswidrig ergangen, sodass sie aufzuheben gewesen sei.
Zum anderen sei Gegenstand des Rechtsstreits der (vorläufige) Bewilligungsbescheid vom 28. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29. Juli 2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. Oktober 2015 und vom 27. November 2015, mit denen der Beklagte
der Klägerin Leistungen für die Monate Juni bis einschließlich November 2015 vorläufig bewilligt habe, wobei die Leistungen
(mangels Erlass eines Festsetzungsbescheides) nunmehr als abschließend festgesetzt gälten. Mit diesen Bescheiden habe der
Beklagte nicht über den Mehrbedarf entschieden, sodass es an einer anfechtbaren Verwaltungsentscheidung des Beklagten bzw.
an einer gerichtlich überprüfbaren materiellen Entscheidung über den geltend gemachten Mehrbedarf fehle. Im Übrigen sei die
Höhe der bewilligten Leistungen nicht zu beanstanden. Dies gelte insbesondere für die Anrechnung des überschießenden Kindergeldes
nach § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II.
Dem Gerichtsbescheid beigefügt war eine Rechtsmittelbelehrung über eine zulässige Berufung.
Gegen den ihr am 08. Januar 2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. Januar 2022 Berufung vor dem Landessozialgericht
(LSG) Berlin-Brandenburg eingelegt und unter anderem beantragt, „die Sache zur mündlichen Verhandlung an das Sozialgericht
Berlin zurückzuverweisen“. Bereits mit Schreiben vom 08. Dezember 2021 habe sie die mündliche Verhandlung beantragt. Diesem
Antrag sei das SG nicht nachgekommen, sodass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sei. Dieser Antrag auf Durchführung der mündlichen
Verhandlung wirke fort.
Zugleich hat die Klägerin am 15. Januar 2022 Beschwerde wegen Nichtzulassung der Berufung eingelegt und diese entsprechend
zu ihrem Berufungsvorbringen begründet.
Mit Schreiben vom 10. Februar 2022 hat der Berichterstatter die Klägerin unter anderem darauf hingewiesen, dass der für die
Zulässigkeit der Berufung maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750 € gemäß §
144 Abs.
1 Nr.
1 SGG vorliegend nicht erreicht sei. Zudem hat er um Klarstellung gebeten, ob vorliegend Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt oder
Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellt werden solle. Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde und der Rechtsbehelf des Antrags auf Durchführung der
mündlichen Verhandlung vor dem SG könnten nur wahlweise eingelegt werden.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 14. Februar 2022 mitgeteilt, sie habe bereits vor Erlass des Gerichtsbescheides mit Schreiben
vom 08. Dezember 2022 Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Dieser Antrag entfalte nach wie vor Wirkung.
Im Übrigen habe das SG die Berufung zugelassen, woran die Berufungsinstanz gebunden sei. Überdies verstoße die für die Zulässigkeit der Berufung
maßgebliche Grenze des Wertes des Beschwerdegegenstandes von 750 € gegen die grundgesetzlichen Vorgaben des Rechtsstaatsprinzips,
des Gleichheitssatzes und des Sozialstaatsziels, so dass sich jedenfalls hieraus ein Grund für die Zulassung der Berufung
ergäbe.
Der Berichterstatter hat am 17. Mai 2021 einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten dieses Termins wird
auf das in den Gerichtsakten befindliche Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2022 hat die Klägerin den folgenden Antrag formuliert:
„Ich stelle Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht und bitte um Weiterleitung dieses Antrags zusammen mit
den Akten an das Sozialgericht Berlin“. Weiterhin hat sie mitgeteilt, dass sie sowohl ihre Nichtzulassungsbeschwerde als auch
ihre Berufung fortführe. Bereits vor Erlass des Gerichtsbescheides gestellte Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung
vor dem SG würden nicht zurückgenommen. Unzutreffend sei die Auffassung des Gerichts, wonach ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen
Verhandlung erst nach Erlass des Gerichtsbescheides gestellt werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
und der Verwaltungsakten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung ist bereits unzulässig.
Die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß §
145 SGG ist vorliegend zwar grundsätzlich statthaft, da die Berufung aufgrund eines nicht den Betrag von 750 € übersteigenden Wertes
des Beschwerdegegenstandes von 466,83 € der Zulassung bedurfte (§ 145 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG). Streitig im vorliegenden Verfahren ist zum einen die Gewährung eines Mehrbedarfs in Höhe von 57,10 € monatlich im Zeitraum
von Juni 2015 bis einschließlich November 2015, also ein Teilbetrag von 342,60 € (6 x 57,10 €). Zum anderen ist streitig die
bei der Klägerin erfolgte Berücksichtigung von überschießendem Einkommen aus Kindergeld ihres Sohnes N, die in den Monaten
Juni bis August 2015 in Höhe von jeweils 31,57 € und im Monat September 2015 in Höhe von 29,52 € erfolgt ist. Es geht insoweit
also um einen Teilbetrag von 124,23 € (3 x 31,57 € + 29,52 €). Damit beläuft sich der Wert des Beschwerdegegenstandes im vorliegenden
Verfahren auf insgesamt 466,83 € (342,60 € + 124,23 €), mithin auf nicht mehr als 750 €. Es besteht vorliegend auch weder
eine Ausnahme von der Zulassungsbedürftigkeit der Berufung gemäß §
144 Abs.
1 Satz 2
SGG noch eine den Senat bindende Zulassung der Berufung durch das SG (§
144 Abs.
3 SGG).
Der Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde steht nicht bereits entgegen, dass sich die Statthaftigkeit der Berufung bereits
aus der unzutreffenden, von einer Zulässigkeit der Berufung ausgehenden Rechtsmittelbelehrung des SG ableiten ließe, da diese gemäß §
105 Abs.
2 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
66 Abs.
2 SGG lediglich Rechtsfolgen für die Beschwerdefrist hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG Kommentar, 13. Auflage 2020, §
66 Rn. 12a).
Entgegen der Annahme der Klägerin ergibt sich ein Grund für die Zulassung der Berufung nicht bereits daraus, dass die für
die Zulässigkeit der Berufung maßgebliche Grenze des Wertes der Beschwerdegegenstandes gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG gegen Vorgaben des Verfassungsrechts verstoßen würde. Zwar sichert das
Grundgesetz (
GG) vor dem Hintergrund von Art.
19 Abs.
4 wie auch in dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch das Offenstehen des Rechtsweges. Diese Garantie einer gerichtlichen
Rechtsschutzmöglichkeit gegen behauptete Rechtsverletzungen eröffnet jedoch keinen unbegrenzten Rechtsweg, insbesondere ist
ein Instanzenzug von Verfassung wegen nicht garantiert. Auch die Verfassung verlangt nicht, das in der Entscheidung niedergelegte
Ergebnis der gerichtlichen Überprüfung selbst daraufhin zu kontrollieren, ob dadurch die für den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren
Rechtsnormen nunmehr vom Gericht verletzt wurden. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtssystem trägt durch institutionelle
Vorkehrungen und entsprechende Verfahrensvorgaben (Art.
97 Abs.
1 GG, Art.
101 Abs.
1 Satz 2
GG und Art.
103 Abs.
1 GG) hinreichend dafür Sorge, dass die richterliche Entscheidung willkürfrei und aufgrund einer unvoreingenommenen rechtlichen
Würdigung ergeht. Eine weitere Instanz ist dafür nicht geboten. Vielmehr darf der Gesetzgeber den Rechtsbehelf auf die Prüfung
des nach Art.
103 Abs.
1 GG verfassungsrechtlich Gebotenen beschränken. Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben trägt das
SGG zum einen schon dadurch Rechnung, dass die Nichtzulassung der Berufung mit der Beschwerde angefochten werden kann. Zum anderen
eröffnet die als Folge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 (Az. 1 PBvU 1/02, Juris) normierte Anhörungsrüge in §
178a SGG die Möglichkeit der richterlichen Selbstkontrolle. Über dies hinaus bewirkt auch Art. 6 EMRK keinen weitergehenden Schutz (Roos/Wahrendorf,
SGG Kommentar, 1. Aufl. 2014, §
144 Rn. 6 ff., 10, m. w. N.).
Der Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde steht hier jedoch entgegen, dass die Klägerin einen zulässigen, insbesondere
fristgerechten Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellt hat.
Der mit Schriftsatz der Klägerin vom 22. Mai 2022 gestellte Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung erfolgte im
Hinblick auf die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung im Gerichtsbescheid vom 05. Januar 2022 noch innerhalb der maßgeblichen
Jahresfrist des §
105 Abs.
2 Satz 1 und
2 SGG in Verbindung mit §
66 Abs.
1,
2 Satz 1
SGG und damit fristgerecht (vgl. BSG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 – B 14 AS 7/19 B -, Rn. 3, Juris; Keller, in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 13. Auflage 2020, §
158 Rn. 6). Der Senat geht davon aus, dass der mit beim LSG eingegangenem Schriftsatz vom 22. Mai 2022 gestellte Antrag der Klägerin
„Ich stelle Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht und bitte um Weiterleitung dieses Antrags zusammen mit
den Akten an das Sozialgericht Berlin“ einem bei dem SG gestellten Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gleichsteht und damit zulässig ist. Als Rechtsbehelf ohne Devolutiveffekt
kann der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zulässigerweise nur vor dem SG gestellt werden (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 11. August 2016 – L 8 P 4/15 -, Rn. 29 f., Bayerisches LSG, Beschluss vom 13. Juli 2020 – L 18 SO 139/20 NZB -, Rn. 17; beide in Juris).
In Anbetracht dieses zulässigen, insbesondere noch fristgerecht gestellten Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung
kommt es bereits nicht darauf an, ob der vor Erlass des Gerichtsbescheides vom 05. Januar 2022 und bereits im Hinblick auf
das Anhörungsschreiben vom 25. November 2021 gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom 08. Dezember
2021 (ebenfalls) als zulässige Rechtsbehelfseinlegung verstanden werden kann. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass dies
nach dem Sinnzusammenhang des §
105 Abs.
2 Satz 2
SGG ganz eindeutig nicht der Fall ist. Ist ein Gerichtsbescheid noch gar nicht in der Welt, so fehlt es für einen Rechtsbehelf
nicht nur an einer Beschwer, sondern bereits an dem Objekt, auf das der Rechtsbehelf sich beziehen könnte. Infolge des zulässigen
Antrags auf Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 2022 gilt der Gerichtsbescheid vom 05. Januar 2022 nach §
105 Abs.
3 SGG als nicht ergangen. Für die Zulassung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung bleibt somit kein Raum. Wird sowohl ein
Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt (§
105 Abs.
2 Satz 3
SGG). Der Vorrang der mündlichen Verhandlung gilt nicht nur, wenn von mehreren Beteiligten einer Nichtzulassungsbeschwerde oder
Berufung einlegt und der andere mündliche Verhandlung beantragt, sondern auch dann, wenn ein Beteiligter sowohl Nichtzulassungsbeschwerde
einlegt als auch mündliche Verhandlung beantragt oder wenn Zweifel darüber bestehen, welcher der beiden Rechtsbehelfe bzw.
Rechtsmittel eingelegt worden ist. Das Rechtsmittel ist dann als unzulässig zu verwerfen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss
vom 21. März 2022 – L 7 AS 1526/21 NZB -, Rn. 16, Juris m. w. N., vgl. auch Schmidt, in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 13. Auflage. 2020, §
105 Rn. 17).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).