Sozialversicherungsbeitragspflicht einer Krankenhausärztin
Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung
Höhe der Vergütung als Indiz für die Abgrenzung
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin bei dem von der Beigeladenen zu 1) betriebenen Krankenhaus in der Zeit vom 10. September 2012
bis zum 21. September 2012 sowie vom 22. Oktober 2012 bis zum 24. Oktober 2012 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis
stand.
Die 1974 geborene Klägerin ist Ärztin und befand sich 2012 in der Weiterbildung zur Fachärztin für Innere Medizin. Die Beigeladene
zu 1) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladene"), die unter anderem das Krankenhaus B betreibt, und sie schlossen unter Vermittlung
der Agentur H am 20. August 2012 einen Vertrag, in dem sich die Klägerin verpflichtete, im Zeitpunkt vom 10. September 2012
bis zum 21. September 2012 eine Vertretung als "Ärztin der Inneren Medizin" am Krankenhaus in B. zu übernehmen. Am 24. September
2012 schlossen sie einen gleichlautenden Vertrag für die Zeit vom 22. Oktober 2012 bis zum 24. Oktober 2012. Auf die Kopie
der Verträge im Verwaltungsvorgang wird ergänzend verwiesen. Die Klägerin war in diesen Zeiträumen im Krankenhaus B. tätig.
Sie stellte der Beigeladenen 167 Stunden Bereitschaftsdienst für den ersten Zeitraum bzw. 32 Stunden Bereitschaftsdienst für
den zweiten Zeitraum in Rechnung.
Am 15. Oktober 2012 beantragten die Klägerin und die Beigeladene bei der Beklagten ein Statusfeststellungsverfahren. Die Beigeladene
führte im Antrag aus, die Ärztin übe ihre Tätigkeit freiberuflich aus. Sie sei dem Auftraggeber und dem Leitenden Abteilungsarzt
weder zeitlich, örtlich noch inhaltlich weisungsunterworfen. Insbesondere sei sie in ihrer Verantwortung in Diagnostik und
Therapie unabhängig, nur dem Gesetz sowie den berufsrechtlichen Bestimmungen verpflichtet. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
finde nicht statt. Sie nehme nicht an Dienstbesprechungen, Teamsitzungen oder Schulungsmaßnahmen teil und werde nicht in die
Dienstpläne eingebunden. Eine Zusammenarbeit mit den sonstigen Mitarbeitern des Krankenhauses sei nur bei Übernahme und Übergabe
vor und nach dem Bereitschaftsdienst erfolgt. Das fachliche Letztentscheidungsrecht habe die Chefärztin gehabt. Bei Verhinderung,
die der Verwaltung angezeigt worden wäre, wäre eine Ersatzkraft durch die Klinik beschafft worden. Ärztliche Anordnungen erfolgten
gegebenenfalls bei Übernahme des Bereitschaftsdienstes bzw. durch den fachärztlichen Hintergrunddienst. Eine Kontrolle der
Arbeiten sei durch die Facharztvisite erfolgt.
Die Beklagte stellte nach vorangegangener Anhörung mit Bescheid vom 29. Januar 2013 gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen
fest, dass die Tätigkeit der Klägerin als Ärztin bei der Beigeladenen in den genannten Zeiträumen im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Es bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung. Diese beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. In der Krankenversicherung bestehe keine
Versicherungspflicht. Zur Begründung führte sie aus, es komme bei Ärzten entscheidend darauf an, inwieweit sie in eine fremde
Arbeitsorganisation eingegliedert seien. Werde ein Arzt im Rahmen der Arbeitsorganisation tätig, erfülle sich damit die funktionsgerecht
dienende Teilhabe am Arbeitsprozess dieser Arbeitsorganisation. In diesem Sinne sei die Klägerin in die Arbeitsorganisation
der Klinik der Beigeladenen eingebunden gewesen. Auch sei ein Unternehmerrisiko nicht zu erkennen.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Zur Begründung trug sie unter anderem vor, bei einem Honorararzt sei außer der Bindung an
die Einrichtung und die organisatorische Struktur des Auftraggebers keine weitere Konkretisierung durch Arbeitgeberweisungen
nötig.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2013 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 29. August 2013 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Sie meint, nicht in die Organisation
der Beigeladenen eingebunden gewesen zu sein. Die Terminkoordination sei nach Bedarf und in Absprache mit der Beigeladenen
erfolgt. Sie - die Klägerin - sei in der Terminwahrnehmung völlig frei gewesen und habe wählen können, ob sie die Aufträge
annehme oder ablehne. Während der Bereitschaftsdienste sei sie ganz auf sich gestellt gewesen. Sie sei zu den Patienten gerufen
worden und habe entschieden, was zu tun gewesen sei und habe gegebenenfalls die Krankenschwestern instruiert. Sie sei auf
der Abteilung für Innere Medizin tätig gewesen. Bei Problemen in anderen Abteilungen sei sie hinzugerufen worden, z. B. bei
Herzproblemen. Im Bereitschaftsdienst werde mehr nach Bedarf behandelt. Untersuchungen und Visiten fänden tagsüber statt.
Der Hintergrunddienst sei bei spezifischen Interventionen gerufen worden. Dass ihr als Honorarärztin Einrichtungen und Mitarbeiter
zur Verfügung gestellt worden seien, spreche nicht für eine abhängige Tätigkeit, da sich diese Eingebundenheit in die Arbeitsorganisation
der Klinik aus der Eigenart der ärztlichen Tätigkeit und damit aus der Natur der Sache ergebe. Andernfalls seien auch Belegärzte
oder klassisch niedergelassene Ärzte örtlich weisungsgebunden. Ihre Therapiefreiheit sei mit den genannten Verträgen nicht
eingeschränkt worden. Dass nach ihnen eine Rechnungstellung durch die Klägerin zu erfolgen gehabt habe und keine Ansprüche
auf Sonderzahlungen, Entgeltfortzahlungen und Urlaubsgeld bestanden hätten, seien deutliche Hinweise auf eine selbständige
Tätigkeit.
Die Beigeladene hat ergänzend vorgebracht, eine Weisungsbefugnis des fachärztlichen Hintergrunddienstes habe nicht bestanden.
Die jeweiligen Übergaben zum und nach dem Bereitschaftsdienst hätten ausschließlich der Informationsweiterleitung gedient.
Die Klägerin sei auch nicht als Mitarbeiterin des Krankenhauses aufgetreten und habe kein Namensschild getragen. Die festangestellten
Assistenzärzte hätten 2012 einen Stundensatz von nur 30 bis 32 EUR brutto erhalten.
Das SG hat mit Urteil vom 9. Februar 2016 (Zustellung 31. März 2016) den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2013 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2013 aufgehoben, soweit die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach
dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt wurde. Es hat festgestellt, dass die Klägerin im Rahmen der Tätigkeit für die
Beigeladene in der Zeit vom 10. September 2012 bis zum 21. September 2012 sowie in der Zeit vom 22. Oktober 2012 bis zum 24.
Oktober 2012 nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Klägerin sie im Rahmen der von ihr übernommenen Aufträge keinem Weisungsrecht unterlegen. Die einschlägigen
Vereinbarungen enthielten hierzu keine Bestimmungen. Letztlich gebe der Wille der Vertragsparteien den Ausschlag für die Annahme
einer Selbständigkeit. Alle übrigen Umstände führten weder zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit noch zur Annahme einer
abhängigen Beschäftigung. Die notwendige Eingliederung in die Betriebsordnung des Krankenhauses folge hier aus der Natur der
Sache und habe deshalb keine entscheidende Bedeutung für die Frage, ob die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit oder als
Selbständiger verrichtet werde (Bezugnahme auf Urteil des hiesigen Senates vom 16. Januar 2015 - L 1 KR 474/12 WA). Die Bindung an einen Arbeitsort und die dort vorhandenen Mittel und Einrichtungen besagten noch nichts über eine persönliche
Abhängigkeit, wenn dieser Arbeitsort für die Tätigkeit typisch sei. Soweit gefordert werde, dass die die Zuordnung der Tätigkeit
zum Typus der Selbständigkeit voraussetze, dass sich ihre Ausgestaltung erkennbar von der einer abhängigen Beschäftigung unterscheide,
wenn für dieselbe Tätigkeit sowohl selbständige als auch abhängig Beschäftigte eingesetzt würden, sei diese Voraussetzung
ebenfalls erfüllt. Neben dem Fehlen von Pflichten außerhalb der Patientenversorgung wie Teambesprechung und anderes habe sich
die Tätigkeit der Klägerin jedenfalls hinsichtlich der Höhe der Vergütung von der Tätigkeit der festangestellten Ärzte unterschieden.
Während die festangestellten Assistenzärzte der Beigeladenen 30 bis 32 EUR pro Stunden erhalten haben, habe die Klägerin ein
Stundenentgelt in Höhe von 63 EUR brutto bei freier Kost und Logis erhalten. Der Bedarf und die Nachfrage nach Honorarärzten
seien groß, nicht zuletzt beim Auftreten kurzfristiger Personallücken. Die Honorarärzte entschieden sich nicht zuletzt wegen
der damit verbundenen Flexibilität bewusst für diese Art der Tätigkeit.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 19. April 2016.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Februar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Bezugnahme auf zwei neuere Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine entschieden werden, §§
155 Abs.
3,
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Alle Beteiligten haben sich mit einer solchen Vorgehensweise einverstanden erklärt.
Die Berufung hat Erfolg. Das SG hat den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli
2013 zu Unrecht aufgehoben. Diese sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Damit fehlt auch die
Grundlage für die Feststellung des Gegenteiles.
Die Klägerin stand vom 10. September 2012 bis zum 21. September 2012 sowie vom 22. Oktober 2012 bis zum 24. Oktober 2012 bei
der Beigeladenen in einem Beschäftigungsverhältnis. Aus diesem Beschäftigungsverhältnis ergab sich Versicherungspflicht in
der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist §
7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu
entscheiden. Die Beklagte ist in dem angefochtenen Bescheid zutreffend von Versicherungspflicht nach §
1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) sowie nach §
25 Abs.
1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) ausgegangen. Nach diesen Vorschriften unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht.
Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in §
7 Abs.
1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine
Beschäftigung sind nach §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine
Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere
bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige
Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über
die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige
Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des
Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - und Urteil vom 12. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -). Auch für Ärzte im Krankenhaus gilt nichts anderes.
Auszugehen für die Einordnung der Tätigkeit der Klägerin als Vertretung für Ärzte der inneren Medizin im Krankenhaus als selbständige
Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden. Maßgebend
sind hier die beiden Verträge vom 20. August 2012 und vom 24. September 2012.
Bereit nach dem jeweiligen Vertrag war die Tätigkeit nicht ganz eindeutig als selbständige vereinbart. Zwar lautete die Überschrift
jeweils "Freie Vereinbarung/Vertrag". Gegenstand sollte jedoch eine "Vertretung für Ärzte in der Inneren Medizin" am Krankenhaus
B. sein. Unter Nummer 1 der jeweiligen Vereinbarungen heißt es jeweils in Absatz 2:
"Bei dieser Vertretung ist die Ärztin freiberuflich tätig. Die Honorarvertreterin verpflichtet sich, die ihr übertragenen
Aufgaben gewissenhaft persönlich wahrzunehmen, mit der leitenden Ärztin der Abteilung und dem übrigen Personal der Abteilung,
sowie den sonstigen Mitarbeitern der Klinik zusammenzuarbeiten und über alle ihr bei ihrer Vertragserfüllung bekannt werdenden
Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren."
Bereits nach der vertraglichen Vereinbarung sollte die Tätigkeit zwar "freiberuflich" erfolgen. Allerdings wurde die Klägerin
zur Zusammenarbeit verpflichtet, wie dies für die Eingliederung in den Arbeitsbetrieb eines Krankenhauses typisch ist.
Zudem muss die von den Beteiligten gewollte Einordnung auch vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn das
Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen.
Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen nicht allein der Willen der Parteien, sondern (auch)
die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen
Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris-Rdnr. 17; Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rdnr. 17). Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört auch die aus vertraglichen Positionen herrührende
Rechtsmacht, solange sie nicht wirksam abbedungen ist. Nach diesen Maßstäben ist hier von einer abhängigen Beschäftigung der
Klägerin auszugehen.
Für die Beantwortung der Frage, ob vorliegend eine abhängige Beschäftigung anzunehmen ist, kommt es dabei nicht darauf an,
ob der Gesetzgeber an anderer Stelle, nämlich in § 2 Krankenhausentgeltgesetz, davon ausgegangen ist, dass im Krankenhaus auch eine Tätigkeit von nicht angestellten Ärzten möglich sein muss (vgl. näher
Urteil des Senats vom 18. Januar 2018 - L 1 KR 441/15 - juris-Rdnr. 21, juris). Aus der Möglichkeit, nicht angestellte Ärzte einzusetzen, folgt noch nicht, dass ein Krankenhaus
über die Zuordnung einer ärztlichen Tätigkeit zum Typus der abhängigen Beschäftigung beliebig entscheiden könnte ohne an die
überkommenen Abgrenzungsmerkmale gebunden zu sein. Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht hier wie ausgeführt,
dass die Klägerin schon nach den Regelungen des Honorarvertrags nicht völlig frei von der Verpflichtung war, inhaltliche Vorgaben
zu beachten, die ihr in Bezug auf ihre Tätigkeit von der Beigeladenen gemacht wurden. Zwar entspricht es dem ärztlichen Beruf,
die anfallende Arbeit weitgehend in eigener Verantwortung zu erledigen. Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, ob und
in welchem Ausmaß der Klägerin tatsächlich Weisungen in Bezug auf ihre Tätigkeit durch die Beigeladene erteilt worden sind,
wovon gerade bei den geleisteten Nachtdiensten regelmäßig nicht auszugehen gewesen ist. Ausreichend ist nämlich die rechtliche
Möglichkeit dazu. Für diese ist aber auf die bereits erwähnte Nr. 1 Absatz 2 der Verträge zu verweisen, wonach u. a. mit dem
leitenden Arzt der Abteilung (des Krankenhauses der Beigeladenen) zusammenzuarbeiten war. Hätte sich während der Nächte des
Vertretungsdienstes die Notwendigkeit gezeigt, die Chefärztin der Abteilung oder einen leitenden Arzt des sogenannten Hintergrunddienstes
herbeizuholen, hätte dieser entschieden. Bereits diese vertraglich vereinbarte Bindung zur "Zusammenarbeit" unterscheidet
den vorliegenden Fall von den vom LSG Baden-Württemberg entschiedenen (Urteil vom 19. April 2016 - L 11 R 2428/15 sowie vom 23. Mai 2017 - L 11 R 771/15). Die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit einem anderen Arzt in dessen Funktion als leitender Arzt kann nur bedeuten, dass
die Klägerin sich bei der Zusammenarbeit gegebenenfalls an dessen Vorstellungen zu orientieren hatte. Alles andere wäre unvereinbar
mit der überkommenen Vorstellung eines Krankenhauses als hierarchisch geordnete Einrichtung; in der die Chef- und Oberärzte
Weisungsbefugnisse gegenüber den anderen Ärzten haben (Urt. vom 18. Januar 2018, a. a. O. Rdnr. 22 unter Bezugnahme auf Hessisches
LSG v. 8. Juli 2016 - L 8 KR 297/15). Für die Vorstellung, dass in Abweichung davon zu Gunsten der Klägerin ein gleichberechtigtes Miteinander vereinbart worden
wäre, gibt es keine Anhaltspunkte in den Verträgen. Insoweit bestand die Entscheidungsfreiheit der Klägerin nur solange, wie
sie ihr von den leitenden Ärzten der Beigeladenen zugestanden wurde. Die Klägerin hätte also auch Einzelweisungen ausgesetzt
werden können, ohne dass ihre Honorarverträge dadurch verletzt worden wäre. Dem Vorbringen der Klägerin ist zudem nicht zu
entnehmen, dass die Befugnisse anders als bei den angestellten Ärzten der Beigeladenen ausgeübt worden wären. Dass die Klägerin
bei ihrer Tätigkeit tatsächlich weitgehende verantwortliche Entscheidungsfreiheiten hatte, steht der Annahme einer abhängigen
Beschäftigung nicht entgegen. Bei der Leistung von Diensten höherer Art liegt eine Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit funktionsgerecht
dienende Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess bleibt (Urteil des BSG vom 9. Dezember 1981 - 12 RK 4/81). Mehr als eine solche dienende Teilhabe ist der Klägerin aber nicht eingeräumt worden. Sie hatte zwar fachlich über die
medizinischen Notwendigkeiten zu entscheiden, soweit die Aufgabe reichte, die ihr von der Beigeladenen übertragen worden war,
um deren betrieblichen Zwecke zu erfüllen. In Bezug auf die sonstigen Umstände ihrer Tätigkeit hatte sie aber wenig eigene
Gestaltungsmöglichkeiten und war in die von der Beigeladenen geschaffenen räumlichen, sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen
eingebunden. Die Klägerin musste sich, wenn sie einen Einsatz übernommen hatte, in das Dienstplansystem der Beigeladenen einordnen.
Sie war zwar grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung darüber, für die Beigeladene tätig zu werden. Entschied sie sich aber
für die Übernahme einer angebotenen Tätigkeit, hatte sie ihre Arbeit im Rahmen der organisatorischen Vorgaben und Strukturen
zu bewältigen. Die Klägerin war nur frei in der Entscheidung, ob sie einen angebotenen Vertretungsdienst annehmen wollte oder
nicht. Nach Übernahme hatte sie aber keine entscheidenden Einflussmöglichkeiten auf die organisatorische Ausgestaltung der
Tätigkeit mehr.
Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht weiter, dass die Klägerin kein Unternehmerrisiko trug. Eigenes Kapital
oder eigene Arbeitsmittel hat sie nicht eingesetzt, sondern auf die Sachmittel der Beigeladenen zurückgegriffen. Die Klägerin
setzte ihre Arbeitskraft auch nicht mit der Gefahr ein, keine Vergütung zu erhalten. Die pro Stunde und ohne Rücksicht auf
den Erfolg der Tätigkeit gewährte Honorierung verhinderte das. Für die Patienten ist die Klägerin als für das Krankenhaus
tätig aufgetreten.
Die Höhe der Vergütungsstundensätze im Unterschied zu den festangestellten Assistenzärzten ist hier zuletzt auch kein entscheidendes
Kriterium. Die Höhe der Vergütung ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. vom. 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R) nur ein Indiz und nicht das entscheidende Kriterium. Der Unterschied wird zudem dadurch relativiert, dass zu dem angegeben
Vergleichslohn für Arbeitnehmer noch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung hinzuzurechnen sind und Klägerin nur kurzfristig
zur Abdeckung eines vorübergehenden Bedarfs beschäftigt wurde. Hier hat die Klägerin zudem nachts gearbeitet. Bei nur kurzfristig
benötigten qualifizierten Arbeitskräften ist die Zahlung eines höheren Arbeitslohns zudem auch ein Ausgleich dafür, dass sich
kurzfristig auf Abruf zur Verfügung zu stellen, was die Möglichkeit beschäftigungsloser Zeiten einschließt (so bereits Beschluss
des Senats vom 26. April 2018 - L 1 KR 526/16 -, juris-Rdnr. 25). Die starke Verhandlungsposition der als Springer arbeitenden Ärzte ist primär dem Umstand geschuldet,
dass die Krankenhäuser auf sie dringend angewiesen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.