Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Schiedsspruch der Beklagten zur leistungsgerechten Vergütung für allgemeine Pflegeleistungen
und zum angemessenen Entgelt für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege durch die Klägerin.
Die Klägerin betreibt eine Pflegeeinrichtung mit 160 Plätzen, davon 5 Kurzzeitpflegeplätze, als zugelassene Pflegeeinrichtung
(Versorgungsvertrag aus dem Jahr 1999). Mit Bescheid vom 4. September 2000 ordnete die Heimaufsicht im Einvernehmen mit den
Beigeladenen zu 1) bis 5) und 7) an, einen Mangel in der Personalausstattung zu beheben, indem die Anwesenheit einer bestimmten
Anzahl von Pflegekräften für bestimmte Tageszeiten in bestimmten Wohnbereichen vorgegeben wurde. Es wurde die sofortige Vollziehung
angeordnet. Der Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 10.
Januar 2001, 7 L 1392/00, abgelehnt. Der Widerspruchsbescheid vom 25. September 2002 verwies darauf, dass die Überwachung des Heimes am 27. März 2002
ergeben habe, dass eine ausreichende Qualität der Pflege nach dem anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse
noch immer nicht gewährleistet sei; um die festgestellten Mängel in der Pflege und Betreuung zu beheben, sei das mit dem Bescheid
vom 4. September 2000 geforderte Personal notwendig. Die Erforderlichkeit der von der Heimaufsicht festgelegten Personalzahlen
ergebe sich auch unter Berücksichtigung des gesamten Einrichtungskonzepts, weil die im Einrichtungskonzept beschriebenen Leistungen
der Pflege und Betreuung einschließlich der angebotenen Zusatzleistungen und sonstige Leistungen nur mit dem geforderten Personal
zu realisieren seien. Für die heimaufsichtsrechtliche Beurteilung komme es nicht auf die Pflegesatzvereinbarungen an. Eine
spätere Kontrolle durch die Heimaufsicht im Jahr 2003 hat lediglich zu einer Beanstandung hinsichtlich der Fachkraftquote
(48,08 % statt 50 %, ohne Pflegeleitung) geführt. Spätere Kontrollen haben keine Beanstandungen hinsichtlich der Quantität
des Personaleinsatzes gezeigt.
Im Kalenderjahr 2002 waren als Pflegevergütungen Pflegesätze von 33,49 EUR (Pflegestufe 1), 41,69 EUR (Pflegestufe 2), 58,55
EUR (Pflegestufe 3), 67,20 EUR (Stufe H.), und für Unterkunft und Verpflegung ein einheitlicher Satz von 14,73 EUR täglich
vereinbart. Grundlage dafür war die Vereinbarung über gemeinsame Grundsätze für die Vergütung vollstationärer Pflegeleistungen
nach dem 8. Kapitel des
SGB XI für das Land Brandenburg zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen im Land Brandenburg, dem Verband der privaten Krankenversicherung,
dem überörtlichen Sozialhilfeträger sowie der Vereinigung der Träger der stationären Pflegeeinrichtungen. Auf dieser Grundlage
wurden bis 2002 weitestgehend flächendeckend im gesamten Bundesland einheitliche Pflegesätze vereinbart, welche Differenzierungen
nur nach drei Größenklassen der Pflegeeinrichtungen und den Pflegestufen bei jährlichen Anpassungen der Beträge vorsahen.
Dies wurde auch für das Jahr 2003 mit über 70% der Pflegeeinrichtungen im Bundesland so praktiziert. Während der Pflegesatzverhandlungen
zwischen der Klägerin und den Beigeladenen für das Jahr 2003 von Oktober 2002 bis Dezember 2002 forderte die Klägerin Pflegesätze
in Höhe von 42,86 EUR (Pflegestufe 1), 53,61 EUR (Pflegestufe 2), 75,70 EUR (Pflegestufe 3), 87,04 EUR (Stufe H) und für Unterkunft
und Verpflegung einen einheitlichen Satz von 16,83 EUR täglich. Die Beigeladenen zu 1) bis 5) und 7) unterbreiteten mit Schreiben
vom 11. Dezember 2002 ein Gegenangebot mit Pflegesätzen von 34,72 EUR (Pflegestufe 1), 43,33 EUR (Pflegestufe 2), 61,00 EUR
(Pflegestufe 3), 70,08 EUR (Stufe H) und für Unterkunft und Verpflegung mit einem einheitlichen Satz von 14,91 EUR täglich.
Keines der Angebote wurde angenommen. Mit Schreiben vom 20. Januar 2003 unterbreitete die Klägerin ein neues Angebot mit Pflegesätzen
von 29,68 EUR (Pflegestufe null), 46,51 EUR (Pflegestufe 1), 58,96 EUR (Pflegestufe 2), 84,53 EUR (Pflegestufe 3), 97,66 EUR
(Stufe H) und für Unterkunft und Verpflegung mit einem einheitlichen Satz von 16,91 EUR täglich. Die Beigeladenen zu 1) bis
5) und 7) haben diesen Antrag als nicht gesetzeskonformen Antrag auf Nachverhandlungen oder erneute Pflegesatzverhandlungen
abgelehnt (Schreiben vom 7. Februar 2003).
Mit Schreiben vom 28. Februar 2003 hat die Klägerin die Schiedsstelle angerufen und die Festsetzung der Pflegesätze ab 1.
Januar 2003 entsprechend ihrem Angebot vom 20. Januar 2003 beantragt. Gleichzeitig kündigte sie die Begründung des Antrages
an. Die Klägerin reichte die Begründung (ohne Anlagen) per Fax am 22. Oktober 2003, mit Anlagen am 27. Oktober 2003 ein. Die
beantragte Vergütung ergebe sich aus einem internen Vergleich, weil ein externer Vergleich nicht in Betracht komme, da die
im Land Brandenburg vereinbarten Pflegesätze nicht als aussagefähige Marktpreise angesehen werden könnten. Es müssten die
konkrete Personalausstattung aufgrund der Anordnung der Heimaufsicht, bestimmte Sach- und Wartungskosten (insbesondere für
den Bereich Unterkunft und Verpflegung) und ein angemessener Unternehmerlohn berücksichtigt werden.
Die Beklagte setzte die Vergütungen für die vollstationären Pflegeleistungen für die Zeit vom 27. Oktober bis 31. Dezember
2003 mit Schiedsspruch vom 4. Februar 2004 entsprechend dem Angebot der Beigeladenen vom 11. Dezember 2002 fest. Maßgeblich
für die Höhe der leistungsgerechten Vergütungen seien die Marktpreise, wie sie sich durch einen externen Vergleich ergeben
würden. Die Beklagte sei von den Pflegesätzen für vergleichbar große Pflegeeinrichtungen ohne Besonderheiten ausgegangen,
weil keine überzeugenden Gründe dafür vorgelegen hätten, von einem externen Vergleich abzusehen. Eine Ausnahmesituation bestehe
bei der Klägerin nicht. Die Klägerin gehe mit ihrem Antrag weit über die in Brandenburg vereinbarten Pflegevergütungen mit
vergleichbaren Pflegeeinrichtungen hinaus, ohne dass nachvollziehbar eine vergütungsrelevante Leistungssteigerung durch die
Klägerin dargelegt worden sei. Die von der Beklagten herangezogenen Pflegesätze seien keine den Pflegeeinrichtungen aufoktroyierten.
Vielmehr handele es sich um Marktpreise im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Dabei sei sich die Beklagte
bewusst, dass der nach §
70 Abs
1 und
2 SGB XI zu beachtende Grundsatz der Beitragsstabilität den Verhandlungsspielraum der Beigeladenen einschränke. Die Klägerin könne
sich nicht auf die von der Heimaufsicht geforderte Personalausstattung berufen, weil der im externen Vergleich zugrunde gelegte
Orientierungsrahmen eine entsprechende Personalausstattung mit besonders günstigen Fachkräfteanteilen (von 60%) berücksichtige
und die festgesetzten Pflegesätze die Klägerin in die Lage versetzen würden, ihren Verpflichtungen nachzukommen und auch ein
Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln. Es falle in das Direktionsrecht der Klägerin, selbst zu bestimmen,
wie das Personal eingesetzt werden solle. Unter Berücksichtigung der Pflegestufenverteilung bei der Antragstellerin ergebe
sich für die Beklagte ein nachvollziehbarer Personaleinsatz von 52,79 Vollzeitkräften einschließlich 2,0 Kräften für den medizintechnischen
Dienst. Auf der Basis der von der Beklagten vorgenommenen Festsetzung hätten 70% aller Pflegeeinrichtungen mit 78% aller vollstationären
Plätze das Vergütungsangebot der Beigeladenen angenommen. Das gelte auch für das im Angebot der Beigeladenen berücksichtigte
Sachkostenbudgets. Im Hinblick auf den vollständigen Eingang der Antragsbegründung am 27. Oktober 2003 habe die Schiedsstelle
die Laufzeit der festgesetzten Pflegesätze rückwirkend erst ab diesem Zeitpunkt bestimmen können. Der Antrag vom Februar 2003
habe nicht im Kern die gemäß § 7 PflSchV erforderlichen Angaben und die entsprechende Begründung enthalten.
Die dagegen beim Sozialgericht Hamburg erhobene Klage wurde an das Sozialgericht Neuruppin verwiesen. Dieses hat die Klage
mit Urteil vom 10. Mai 2007 abgewiesen. Die Klägerin habe mit den Vergütungssätzen aus dem Jahr 2002 weiter gewirtschaftet,
was deutlich mache, dass bereits diese geringeren Pflegesätze eine entsprechende Bewirtschaftung ermöglicht hätten. Die Berücksichtigung
der Gestehungskosten sei durch das Gesetz ausgeschlossen worden, was auch die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt
habe. Maßgeblich sei ein externer Vergleich. Mit der Vorlage der externen Vergleichsliste im Schiedsstellenverfahren durch
die Beigeladenen sei die Beklagte den Erfordernissen zur Ermittlung des Marktpreises durch einen externen Vergleich hinreichend
nachgekommen. Der Einwand der Klägerin, dass der externe Vergleich aufgrund der vereinheitlichten Pflegesätze keine Aussagekraft
habe, greife nicht, weil es nicht darauf ankomme, wie die Preise im Einzelnen entstanden seien. Die durch die Beklagte festgesetzten
Vergütungssätze würden die Obergrenze der Preise innerhalb der vergleichbaren Einrichtungen im Land Brandenburg darstellen.
Die Anordnung der Heimaufsicht gegenüber der Klägerin stelle keine besonders zu berücksichtigende Abweichung dar, weil die
Vorgaben des Heimgesetzes auf jede der im externen Vergleich benannten Einrichtungen zutreffen würden. Der streitgegenständliche
Zeitraum im Jahr 2003 sei durch die Anordnung der Heimaufsicht nicht betroffen. Die Abwägungen der Beklagten in ihrer Entscheidung
seien ermessensgerecht und auch umfangreich dargestellt worden. Auch hinsichtlich der Sachkosten müsse sich die Klägerin an
den Vorgaben aus dem externen Vergleich messen lassen. Dies gelte auch für die Kostenposition Unternehmerlohn. Nicht zu berücksichtigen
seien Wartungskosten, weil diese Bestandteil des Investitionsbetrages und nicht Gegenstand der Pflegevergütung seien. Auch
die Entscheidung über den Laufzeitbeginn sei von der Beklagten ermessensfehlerfrei getroffen worden.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren mit der Berufung weiter. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten sei nicht ausreichend
begründet worden. Das Sozialgericht habe die besonderen Konsequenzen der heimaufsichtlichen Anordnung verkannt und das Einvernehmen
der Beigeladenen nicht hinreichend gewürdigt. Gerade die Personalausstattung stelle ein klassisches Differenzierungskriterium
im Rahmen des externen Vergleichs dar. Maßgeblich für die Rückwirkung des Schiedsspruchs sei der Zugang des Schiedsstellenantrags
bei der Schiedsstelle. Jede andere Auslegung würde gegen den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes verstößt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 10. Mai 2007 und den Schiedsspruch der Beklagten vom 4. Februar 2004 aufzuheben
und die Beklagte zu verpflichten, für die Zeit ab dem 28. Februar 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu
zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Die Beigeladenen zu 1) bis 5) und 7) machen für den Fall, dass die heimaufsichtliche Anordnung zu Mehrkosten i.S.d. §
117 Abs
6 SGB XI geführt haben sollte, den Einwand der Verwirkung geltend.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge
der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat im Sinne der Aufhebung der Entscheidungen des Sozialgerichts und der Beklagten und der Verpflichtung der
Beklagten zur Neuentscheidung Erfolg. Dies gilt jedoch nicht für das Begehren, die Pflegesätze und die Entgelte für Unterkunft
und Verpflegung auch mit Wirkung für die Zeiträume vom 28. Februar bis zum 21. Oktober 2003 festzusetzen.
1. Die Berufung ist wie auch die Klage zulässig. Die kombinierte Anfechtungsklage und Verpflichtungsklage ist statthaft (§
54 Abs
1 Satz 1
SGG). Im Hinblick auf den der Beklagten eingeräumten und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Entscheidungsspielraum (BSG,
Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 41) macht die Klägerin zulässig neben der Anfechtung der Entscheidung der Beklagten einen Anspruch auf erneute Entscheidung
der Beklagten geltend.
2. Der angefochtene Schiedsspruch ist rechtswidrig und der Schiedsantrag der Klägerin für die Zeiträume ab 22. Oktober 2003
neu zu bescheiden. Hierbei wird die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten sein. Der Senat folgt dabei für Zeiträume
ab 1. Januar 2002 der mit den Urteilen des 3. Senats des BSG vom 29. Januar 2009 geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung
(vgl. etwa Urteil B 3 P 7/08 R). Dies hat der Senat bereits mit seinem Urteil vom 1. April 2009, Az.: L 27 P 7/08 (das noch Zeiträume vor 2002 betraf) angedeutet.
Der Senat hat ausschließlich zu überprüfen, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des
rechtlichen Gehörs erfolgt ist, ob zwingendes Gesetzesrecht beachtet und ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten
worden ist (BSG, aaO. RdNr 42). Dies ist zur Überzeugung des Senats bei der hier angefochtenen Entscheidung der Beklagten
nicht der Fall. Die Schiedsstelle hat in wesentlicher Hinsicht die Maßstäbe für die Preisbildung der Pflegesätze verkannt.
Sie hat insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Pflegesätze einzelfallbezogen für die jeweilige Pflegeeinrichtung und
nicht nach einheitlichen Werten für ein größeres Einzugsgebiet oder gar für ein Flächenland festzusetzen sind. Sie hat dabei
den konkreten Personalbedarf, der sich hier durch die vorläufig maßgebliche und die Beteiligten im Jahre 2003 bindende heimaufsichtliche
Anordnung bestimmte, rechtswidrig nicht berücksichtigt. Sie hat weiterhin nicht berücksichtigt, dass es ihre Aufgabe war,
Pflegesätze ausgehend vom Antrag der Klägerin im Rahmen des unter Beachtung der Interessen aller Beteiligten, auch der Heimbewohner,
wirtschaftlich Angemessenen festzulegen, die auch einen angemessenen "Unternehmerlohn" einschließen. Die Beklagte hat deshalb
in wesentlicher Hinsicht den ihr eingeräumten Beurteilungs- und Ermessensspielraum unzutreffend ausgefüllt. Sie hat auch über
den Zeitpunkt des Inkrafttretens ihrer Entscheidung neu zu befinden, soweit nicht Geltungszeiträume vor dem 22. Oktober 2003
betroffen sind.
a) Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung in formeller Hinsicht sind §
76 SGB XI iVm §
85 Abs
5 Satz 1 und §
87 Satz 3 Halbsatz 1
SGB XI (BSG, Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 9). Danach setzt die Schiedsstelle mit der Mehrheit ihrer Mitglieder (§
76 Abs
3 Satz 4
SGB XI) die Pflegesätze bzw die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung auf Antrag einer Vertragspartei unverzüglich fest, wenn
eine Vereinbarung darüber innerhalb von sechs Wochen nach schriftlicher Aufforderung zur Verhandlung nicht zustande gekommen
ist.
Im vorliegenden Fall ist die Beklagte als Schiedsstelle zu der von ihr getroffenen Entscheidung berufen gewesen und für die
erneute Entscheidung berufen. Vergütungsverhandlungen der Klägerin mit den Beigeladenen waren bei Antragstellung durch die
Klägerin endgültig gescheitert. Insofern kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin zulässig eine zweite Verhandlungsrunde
zu beginnen bestrebt war, denn auch diese war an der Ablehnung der Beigeladenen gescheitert. Selbstverständlich ist es bei
einem als vertraglich konzipierten Vergütungssystem möglich, auch nach Scheitern von Verhandlungen vor Anruf der Schiedsstelle
erneut ein den Antragsteller bindendes Vertragsangebot zu unterbreiten, das auch wirksam angenommen werden darf. Dies folgt
auch aus §
85 Abs
7 SGB XI, der selbst nach Abschluss eines Schiedsstellenverfahrens bei unvorhersehbaren wesentlichen Änderungen Neuverhandlungen verpflichtend
vorschreibt. Im vorliegenden Fall sprach für einen zweiten Versuch schon der Umstand, dass ernsthafte Verhandlungen beim ersten
Anlauf nicht unternommen worden waren, sondern einfach Angebote ausgetauscht wurden. Auch wenn die Beklagte zur Neuentscheidung
verpflichtet ist, sind die anderen Beteiligten nicht gehindert, bis zur Entscheidung der Beklagten eine gemeinsame vertragliche
Lösung zu finden, die den Schiedsstellenspruch entbehrlich macht.
b) Materielle Grundlage der angefochtenen Entscheidung sind §
84 Abs
2 Satz 1 und
4 SGB XI iVm §
82 Abs
1 und
2 sowie §
85 Abs
3 SGB XI - jeweils in der bis Dezember 2004 gültigen Fassung. Dem Grundkonzept nach ist das Vergütungsrecht für Pflegeeinrichtungen
seit Einführung des
SGB XI maßgeblich von der Erwartung bestimmt, durch eine Wettbewerbsorientierung Anreize für möglichst kostengünstige Leistungen
setzen zu können (BSG, Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 11). Grundlage hierfür ist die mit dem Ersten
SGB XI-Änderungsgesetz vom 14.6.1996 (BGBl I 830) eingefügte Regelung des §
85 Abs
2 Satz 2
SGB XI, wonach für jedes zugelassene Pflegeheim die Vergütung gesondert festzulegen ist. Hierdurch soll anstelle einer für alle
Einrichtungen einheitlichen Preisgestaltung eine im Preiswettbewerb ausdifferenzierte Preisbildung befördert werden (vgl BT-Drucks
13/3696 S 16 zu §
85). Als flankierende Maßnahme hat der Gesetzgeber die Pflegekassen durch das Erste
SGB XI-Änderungsgesetz schließlich zusätzlich verpflichtet, den Versicherten bei Inanspruchnahme von Pflegeleistungen eine Leistungs-
und Preisvergleichsliste zur Verfügung zu stellen (vgl §
72 Abs
5 SGB XI idF des Ersten
SGB XI-Änderungsgesetzes seit dem 1.1.2002 geregelt in §
7 Abs
3 SGB XI idF des Pflege-Qualitätssicherungsgesetzes - PQsG - vom 09.09.2001, BGBl I 2320; zu den Motiven vgl BT-Drucks 13/3696 S 15).
Auch das zielte auf die Verstärkung des Wettbewerbs unter den Einrichtungen (BSG, Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 11). Von diesem Wettbewerbskonzept ist auch das Vergütungsregime des
SGB XI für die stationäre Pflege maßgeblich geprägt (BSG, Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 12).
Diese Grundsätze zur Vergütung von stationären Pflegeleistungen hat der Gesetzgeber in der Folgezeit noch mehrfach modifiziert.
Im ersten Schritt hat er zunächst durch das PQsG mit Wirkung zum 1.1.2002 als § 80a
SGB XI das Instrument der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung (LQV) eingefügt, die nunmehr gemäß §
84 Abs
5 SGB XI idF des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes - PflegeWEG - vom 28.5.2008 (BGBl I 874) Bestandteil der Pflegesatzvereinbarung
selbst geworden ist. Maßgebend war für den Gesetzgeber die Einschätzung, dass sich die Kostenträger entgegen der gesetzlichen
Intention häufig an einem "Durchschnittswertemodell" orientierten und auf Vergütungen zu durchschnittlichen Vergütungssätzen
hinwirkten. Dies laufe dem Anspruch der Heime auf eine leistungsgerechte Vergütung zuwider und sei zudem Kosten treibend.
Deshalb sei ein Vergleich mit solchen Einrichtungen geboten, die in ihren individuellen Leistungen konkret vergleichbar seien
- ua als Grundlage dafür würden separate LQV benötigt (vgl BT-Drucks 14/5395 S 20).
Die mit den Urteilen vom 14.12.2000 (BSGE 87, 199 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1) begründete Rechtsprechung führt das BSG nur noch teilweise fort. Insbesondere hält es daran fest,
dass ausschließlich auf Gestehungskosten gestützte Vergütungsansprüche im geltenden Recht keine Grundlage finden (BSG, Urteil
vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 18) und dass die Pflegevergütung auf einem marktorientierten Versorgungskonzept beruhen muss (BSG ebd RdNr 19). Das
BSG hält aber nicht daran fest, dass die Höhe der Gestehungskosten für die zu vereinbarende Vergütung grundsätzlich bedeutungslos
sei und es regelmäßig nur auf die "Feststellung von Marktpreisen" ankommt (so noch die Urteile vom 14.12.2000, vgl BSGE 87,
199, 203 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 6). Dem stehen die Regelungen des §
85 Abs
3 Sätze 2 bis 4
SGB XI für das Pflegesatzverfahren entgegen (BSG, Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 20). Dabei geht der 3. BSG-Senat nunmehr insbesondere von der Einschätzung des Gesetzgebers des PQsG zum 1.1.2002 aus,
dass das bisherige Vergütungsregime in der Praxis der stationären Pflege nicht zu der erwarteten wettbewerbsorientierten Ausdifferenzierung
geführt, sondern nur kostentreibend gewirkt und eine unerwünschte Vereinheitlichung der Pflegesätze befördert hat (BSG, Urteil
vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 21).
Grundsätzlich sind nach dieser neuen Rechtsprechung Pflegesatzverhandlungen und evtl nachfolgende Schiedsstellenverfahren
nach einem zweigliedrigen Prüfungsmuster durchzuführen: Grundlage der Verhandlung über Pflegesätze und Entgelte ist zunächst
die Abschätzung der voraussichtlichen Kosten der in der Einrichtung erbrachten Leistungen nach §
85 Abs
3 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3
SGB XI (Prognose). Daran schließt sich in einem zweiten Schritt die Prüfung der Leistungsgerechtigkeit nach §
84 Abs
2 Satz 1 und
4 SGB XI an. Maßgebend hierfür sind die Kostenansätze vergleichbarer Leistungen in anderen Einrichtungen (externer Vergleich). Im
Ergebnis sind Pflegesätze und Entgelte dann leistungsgerecht iS von §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI, wenn erstens die voraussichtlichen Gestehungskosten der Einrichtung nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden und sie
zweitens in einer angemessenen und nachprüfbaren Relation zu den Sätzen anderer Einrichtungen für vergleichbare Leistungen
stehen (BSG ebd RdNr 22).
c) Zunächst ist - im ersten Prüfungsschritt - die Plausibilität der einzelnen Kostenansätze festzustellen. Die Vergütungsforderung
einer Einrichtung ist nicht ausreichend belegt, wenn sie nicht auf einer plausiblen und nachvollziehbaren Darlegung der voraussichtlichen
Gestehungskosten beruht. Trotz ihrer Wettbewerbsorientierung sollen sich die Pflegesätze und Entgelte nicht nur an der marktüblichen
Vergütung für solche Leistungen orientieren, sondern auch an den voraussichtlichen Gestehungskosten. Eine Vergütung für stationäre
Pflegeleistungen ist deshalb im Grundsatz erst dann leistungsgerecht, wenn sie die Kosten einer Einrichtung hinsichtlich der
voraussichtlichen Gestehungskosten unter Zuschlag einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos und eines etwaigen
zusätzlichen persönlichen Arbeitseinsatzes sowie einer angemessenen Verzinsung ihres Eigenkapitals deckt (BSG, Urteil vom
29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 24).
Die voraussichtlichen Gestehungskosten müssen plausibel und nachvollziehbar sein, also die Kostenstruktur des Pflegeheims
erkennen und eine Beurteilung seiner Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit im Einzelfall zulassen (§
85 Abs
3 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3
SGB XI). Deshalb hat das Pflegeheim zunächst geeignete Nachweise beizubringen; die Vorlage einer reinen Kostenkalkulation ohne weitere
Angaben reicht in aller Regel nicht aus. Nicht von vornherein als unplausibel ausgeschlossen ist auch die Erhöhung von Kostenansätzen,
die in den Vorjahren aufgrund fehlerhafter Kalkulation oder sogar bewusst - etwa um Marktsegmente zu erobern - zu niedrig
angesetzt worden sind; im letzteren Fall besteht allerdings eine besonders substantiierte Begründungspflicht des Pflegeheims
(BSG, Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 25); hier sind insbesondere die Interessen der Heimbewohner und deren schutzwürdiges Vertrauen in die bisherigen Pflegesätze
und die darauf aufbauende Erwartung nur angemessener Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Dass der Gesetzgeber die erforderliche
Vergewisserung gemäß §
85 Abs
3 Satz 2 bis
4 SGB XI an die nachvollziehbare Darlegung der voraussichtlichen Gestehungskosten der Einrichtung geknüpft hat, ist nicht zu beanstanden.
Im Gegenteil liegt eine solche Vorgehensweise nahe, weil die Pflegesatzvereinbarungen gemäß §
85 Abs
2 Satz 2
SGB XI einrichtungsindividuell auszuhandeln sind und das Vergütungsregime des
SGB XI damit - im Interesse von Heimbewohnern, Kostenträgern und Einrichtungen gleichermaßen - auf möglichst ausdifferenzierte und
den Einrichtungsbesonderheiten Rechnung tragende Vergütungen zielt. (BSG, Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 27)
Im vorliegenden Fall haben weder die Beigeladenen noch die Beklagte ein Bestreben erkennen lassen, einrichtungsindividuelle
Pflegesätze verhandeln bzw festsetzen zu wollen. Die vorgelegten detaillierten Kalkulationen mit gutachterlicher Untersetzung
wurden weitestgehend ignoriert.
Insbesondere wurde unberücksichtigt gelassen, dass mit der heimaufsichtlichen Anordnung ein einrichtungsspezifischer Personalbestand
vorzuhalten und einzusetzen und deshalb auch zu vergüten war. Die heimaufsichtliche Anordnung war vorläufig vollstreckbar,
das gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit gerichtete Rechtsschutzbegehren blieb erfolglos. Die Anordnung war
nicht befristet oder in sonstiger Weise erledigt und entfaltete daher auch angesichts unveränderter tatsächlicher Umstände
(Anzahl der Plätze und deren Struktur hinsichtlich der Pflegestufen) für das Jahr 2003 unveränderte Geltung. Damit war für
alle Beteiligten, so auch für den erkennenden Senat, bindend der Personalbedarf in seinem Minimum vorgegeben. Dieser überschritt
deutlich die von den Beigeladenen, der Beklagten und dem Sozialgericht als angemessen angesehenen Personalzahlen. Die Beigeladenen
und die Beklagte hielten übereinstimmend 52,79 Vollzeitkräfte im Bereich der Pflege einschließlich zweier Vollzeitkräfte für
den medizinischen Dienst für sachgerecht. Nach der heimaufsichtlichen Anordnung entsteht jedoch allein für den Bereich der
unmittelbar in den Wohnbereichen pflegenden Mitarbeiter ein Bedarf von mindestens 56,95 Vollzeitkräften, denn nach der heimaufsichtlichen
Anordnung entsteht ein kalendertäglicher Personalbedarf von mindestens 258 Anwesenheitsstunden (94.170 Anwesenheitsstunden
insgesamt bei 1.653,8 Arbeitsstunden pro Mitarbeiter jährlich, wobei 54,3 Abwesenheitstage pro Mitarbeiter wegen Urlaub, Fortbildung,
Krankheit und Feiertagen entsprechend der Anlage 2 zur Vereinbarung vom 19.10.1998 berücksichtigt sind). Der von der Klägerin
angesetzte kalendertägliche Aufwand mit 33 Mitarbeitern (täglich anwesende Arbeitnehmer mit Vollzeitarbeitsverträgen) erscheint
angemessen (aus 258 Anwesenheitsstunden errechnet sich ein kalendertäglicher Personalbedarf von mindestens 32,25 "Köpfen"
mit Vollzeitarbeitsverträgen). Ergänzt um zwei medizinische Vollzeitkräfte ergibt sich eine Abweichung vom Ansatz der Beigeladenen
und der Beklagten von etwa 12 Prozent. Inwieweit die heimaufsichtliche Vorgabe dem heimaufsichtrechtlichen Standard entspricht
oder darüber (u.U. rechtswidrig) hinausgeht, ist angesichts ihrer Bindung unbeachtlich. Immerhin war er ausdrücklich auch
mit den Besonderheiten der Klägerin begründet (siehe Widerspruchsbescheid der Heimaufsicht). Das entsprechende Personal war
jedenfalls 2003 von der Klägerin auch tatsächlich vorgehalten worden, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Bei der
einrichtungsspezifischen Pflegesatzfestlegung konnte der so vorgegebene Personalbedarf daher angesichts einer erheblichen
Abweichung von der Personalkalkulation der Beigeladenen nicht unberücksichtigt bleiben. Allerdings sind die tatsächlich für
die konkrete Einrichtung der Klägerin zu erwartenden Personalkosten anzusetzen.
Die seitens der Klägerin geltend gemachten Wartungskosten sind im Pflegesatz nicht zu berücksichtigen, weil sie im Rahmen
des Investitionsbetrages zu vergüten sind und nicht zur Pflegevergütung im Sinne des §
84 Abs
1 iVm §
82 Abs
2 Nr
1 SGB XI zählen. Danach dürfen in der Pflegevergütung und in den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung keine Aufwendungen berücksichtigt
werden für Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, die für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen Gebäude und sonstigen
abschreibungsfähigen Anlagegüter herzustellen, anzuschaffen, wiederzubeschaffen, zu ergänzen, instandzuhalten oder instandzusetzen.
Dass es an entsprechenden anderweitigen, anspruchsbegründenden Regelungen gefehlt haben mag, ist unbeachtlich. Insofern ist
die Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden. Sofern von der Klägerin anderweitige Wartungskosten geltend gemacht
werden sollten, wäre dies im weiteren Verfahren vor der Schiedstelle zu substantiieren.
d) Auch nachvollziehbare prognostische Gestehungskosten rechtfertigen den geltend gemachten Vergütungsanspruch nur, soweit
er - im zweiten Prüfungsschritt - dem Vergütungsvergleich mit anderen Einrichtungen standhält und sich insoweit als leistungsgerecht
iS von §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI erweist. Das folgt aus §
84 Abs
2 Satz 4 und Satz 7
SGB XI, wonach die Pflegesätze wirtschaftlicher Betriebsführung entsprechen müssen und hierbei die Pflegesätze derjenigen Einrichtungen
angemessen berücksichtigt werden können, die im Wesentlichen gleichartig sind; diese Grundsätze galten auch schon in dem hier
streitbefangenen Zeitraum des Jahres 2003 (BSG, Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 28). Obergrenze der Vergütungsforderung ist - auch bei nachvollziehbar prognostischen Gestehungskosten - das Maß des
auch im Vergleich mit der Vergütung anderer Einrichtungen wirtschaftlich Angemessenen. Das folgt insbesondere aus §
84 Abs
2 Satz 4 und 7
SGB XI, mit dem der Gesetzgeber die Pflegevergütung in Abkehr vom Selbstkostendeckungsprinzip am Leitbild der Leistungsgerechtigkeit
(§
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI) ausgerichtet hat. Leistungsgerecht sind die Pflegesätze danach, soweit sie es einem Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung
ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen (§
84 Abs
2 Satz 4
SGB XI). Insoweit sind Pflegesätze und Entgelte einerseits an den individuellen Besonderheiten des Pflegeheims auszurichten, als
es um "seinen Versorgungsauftrag" geht; Bezugspunkt hierfür ist der einrichtungsindividuelle Versorgungsauftrag, wie er sich
aus dem Versorgungsvertrag und weiteren Vereinbarungen - insbesondere den LQV nach §
84 Abs
5 SGB XI - im Einzelfall ergibt. Maßstab der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung ist andererseits nicht der im Einzelfall, sondern
der dazu allgemein erforderliche Betriebsaufwand. Augenfälliger Ausdruck dessen ist zunächst, dass die Pflegesätze nach §
84 Abs
2 Satz 4
SGB XI "einem" Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung die Erfüllung seines Versorgungsvertrages ermöglichen müssen. Zum
Maßstab erhoben ist daher der generalisierte Vergütungsbedarf eines idealtypischen und wirtschaftlich operierenden Pflegeheimes
(BSG ebd. RdNr 29).
Methode der Wahl zur Beurteilung der Leistungsgerechtigkeit einer Vergütungsforderung für stationäre Pflegeleistungen ist
weiterhin, wie vom BSG Senat bereits mit den Urteilen vom 14.12.2000 entschieden (BSGE 87, 199, 203 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 6 f), der externe Vergleich mit anderen Einrichtungen; allerdings nach dem modifizierten
Prüfungsansatz des 3. BSG-Senats nunmehr mit anderer Grundlage und Zielrichtung (BSG, Urteil vom 29.01.2009, B 3 P 7/08 R, RdNr 30). Überdies bestimmt das Ergebnis des externen Vergleichs die angemessene Pflegevergütung nicht abschließend. Eine
solche rechtlich verbindliche Wirkung kann dem externen Vergleich im Rahmen der modifizierten Rechtsprechung des BSG zur leistungsgerechten
Pflegevergütung nicht mehr zukommen (BSG ebd RdNr 31). Leistungsgerecht ist eine Pflegevergütung dann, wenn sie sich im Hinblick
auf die Vergütung anderer Einrichtungen nicht als unwirtschaftlich erweist. Die Pflegesätze anderer Einrichtungen können demzufolge
nur eine Vergleichsgröße im Rahmen der Angemessenheitskontrolle nach §
84 Abs
2 Satz 4 und 7
SGB XI darstellen, nicht aber eine unmittelbar verbindliche Bemessungsgröße für Pflegesatz und Entgelt sein. Insoweit ist der externe
Vergleich kein Ersatz für die von den Pflegesatzparteien und ggf der Schiedsstelle vorzunehmende Bewertung der Pflegesatzforderung
auf ihre wirtschaftliche Angemessenheit, sondern eine Grundlage dieser Bewertung.
Einerseits zielt das Vergütungsrecht des
SGB XI mit dem Maßstab der wirtschaftlichen Betriebsführung auf eine möglichst kostengünstige und Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfende
Versorgung. Das entspricht auch den Interessen von Heimbewohnern und Kostenträgern (BSG ebd. RdNr 35). Deshalb ist ein höherer
Pflegesatz bei vergleichbarer Pflegeleistung stets der Rechtfertigung bedürftig und nach §
84 Abs
2 Satz 4
SGB XI nur dann leistungsgerecht iS von §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI, wenn sich der von der Vergütung abgedeckte Aufwand der Einrichtung im Rahmen des wirtschaftlich Angemessenen hält. Andererseits
ist es den Heimträgern innerhalb dieses Rahmens auch nicht verwehrt, ihre Pflegeleistungen zu höheren Pflegesätzen anzubieten
(BSG ebd). Zudem sind zuletzt in das
SGB XI eingefügte Regelungen von dem Bestreben getragen, eine Vergütungsspirale nach unten zu Lasten der Pflegequalität und auf
Kosten einer unter das ortsübliche Maß abgesunkenen Arbeitsvergütung zu vermeiden (vgl §§
72 Abs
3 Satz 1 Nr
2,
84 Abs
2 Satz 7
SGB XI und hierzu BT-Drucks 16/7439 S 67 zu Nr 40 Buchstabe c) aa sowie S 71 zu Nr 50 Buchstabe a) bb; BSG aaO. RdNr 35). Entscheidend
kommt es jeweils in der Gesamtbewertung darauf an, ob der von der Einrichtung geforderte Vergütungssatz im Vergleich mit günstigeren
Pflegesätzen und Entgelten anderer Einrichtungen im Hinblick auf die Leistungen der Einrichtung und die Gründe für ihren höheren
Kostenaufwand (dennoch) als insgesamt angemessen und deshalb leistungsgerecht iS von §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI anzusehen ist (BSG ebd RdNr
36).
Im vorliegenden Fall haben sich die Beigeladenen und die Beklagte ausschließlich auf einen externen Vergleich gestützt und
eine weitergehende Bewertung, ob der Ansatz für die Pflegekosten auch unter Berücksichtigung der Interessen der Heimbewohner
und der Beitragssatzstabilität noch wirtschaftlich angemessen war, unterlassen. Sie haben damit den ihnen eingeräumten Beurteilungs-
und Ermessenspielraum verkannt. Sofern geringfügige Abweichungen von den "Listenpflegesätzen" (im Cent-Bereich) im von der
Schiedsstelle übernommenen Angebot der Beigeladenen bestehen, lassen sich dafür plausible Gründe der Entscheidung der Beklagten
nicht entnehmen. Der von der Beklagten vorgenommene Rückgriff auf die Pflegesätze, die mit anderen Einrichtungen vereinbart
waren, konnte im vorliegenden Fall für den anzustellenden bewertenden Vergleich nur sehr eingeschränkte Aussagekraft haben.
Dies folgt zum einen daraus, dass eine dem (jedenfalls seit 2002) erklärten gesetzgeberischen Willen zuwiderlaufende Praxis
einheitlicher Pflegesätze für ein ganzes Bundesland fortgesetzt und Maßstab der Beurteilung werden sollte. Zweitens war eine
hinreichende Vergleichbarkeit wegen der kalkulatorischen Grundlagen im Hinblick auf den wesentlichen Kostenfaktor der Personalkosten
für den konkreten Fall ausschlossen.
Die einheitlichen Kostensätze beruhten auf einem bestimmten Personalschlüssel, der für den konkreten Fall wegen der heimaufsichtlichen
Anordnung keine Kalkulationsgrundlage sein konnte (s o). Da die Beigeladenen die weitestgehend einheitlichen Pflegesätze mit
einer bestimmten kalkulatorischen Begründung im Bundesland durchzusetzen versuchten, kann ein von dieser kalkulatorischen
Grundlage abstrahierender Vergleich, der sich allein an die tatsächlichen Pflegesätze vergleichbarer Einrichtungen hält, nicht
sachgerecht sein. Unter diesen Umständen konnte zwar ein Vergleich erfolgen. Dieser hätte aber die Differenzen stärker in
den Blick nehmen müssen. Eine eigenständige Bewertung, inwieweit die Pflegesatzbeträge der Klägerin noch wirtschaftlich angemessen
waren, ist nicht erfolgt und wird von der Beklagten nunmehr nachzuholen sein. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG erscheint
dem Senat ausgeschlossen, die einheitlichen Kostensätze mit den anderen Einrichtungen im Jahr 2003 als Obergrenze anzusehen,
wovon noch das Sozialgericht unzutreffend ausgegangen ist. Weil es auf die wirtschaftliche Angemessenheit ankommt, kann dem
Umstand bei ex-post-Betrachtung, dass die Klägerin seit 2003 mit den bisherigen Pflegesätzen wirtschaftlich überlebt habe,
keine entscheidende Bedeutung zukommen.
Bei dieser erforderlichen Neubewertung ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin gewinnorientiert arbeitendes Unternehmen
ist und wirtschaftlich angemessene Pflegesätze in solchen Fällen Anteile für das Unternehmerrisiko und angemessene Verzinsung
des Eigenkapitals enthalten sollen. Diesen Anteil wollten die Beklagte und die Beigeladenen ausdrücklich durch das formelle
Vorgehen unter Berufung auf den externen Vergleich nicht zum Gegenstand der Festsetzung machen. Insofern haben sie ihren Beurteilungs-
und Ermessensspielraum verkannt. Da es bisher Marktpreise, wie sie sich der Gesetzgeber vorgestellt hat, wegen der einheitlichen
Pflegesätze nicht gab, können die Gewinnerwartungen aus den bisherigen einheitlichen Pflegesätzen nur geringen Aussagewert
haben. Entscheidend ist, dass die vereinbarten Pflegesätze noch wirtschaftlich angemessen sind, auch im Vergleich mit anderen
Einrichtungen. Insoweit kann angesichts der besonderen Situation in Brandenburg mit kaum existentem Preiswettbewerb durchaus
auch der Vergleich mit entsprechenden Ansätzen im (näheren) Bundesgebiet erfolgen. Maßstab können aber auch die gesetzlich
pauschalierten Gewinnerwartungen (vergleiche die gesetzlichen Sätze für Verzugszinsen) oder andere Zinswerte sein. Bindende
Vorgaben kann der Senat angesichts der Aufgaben und Kompetenzen, die der Schiedsstelle durch den Gesetzgeber beigemessen werden,
nicht machen.
Ggf hat die Beklagte bei ihrer neuen Entscheidung zu beachten, dass die Schiedsstellen eine umfassende Aufklärungspflicht
haben und Aufklärungsermittlungen auf beiden Seiten durchführen dürfen (BSG ebd RdNr 41). Die Beklagte hat nach Anfrage und
ggf auf deren Antrag den Verband der privaten Krankenversicherung zu beteiligen (§ 85 Abs 2 Satz 3SGB XI).
e) Auf Verwirkung eines Anspruchs auf Vergütung von Mehrkosten nach §
117 Abs
6 SGB XI können sich die Beigeladenen nicht berufen, weil die Klägerin keinen entsprechenden Vertrauenstatbestand gesetzt hat. Dies
folgt zum Einen daraus, dass die Klägerin gegen die heimaufsichtliche Anordnung den Rechtsweg beschritten hat, woraus kein
Vertrauen der Beigeladenen resultieren kann, dass bei Misserfolg der Rechtsverteidigung keine Kosten ihnen gegenüber geltend
gemacht werden würden. Angesichts der heimaufsichtlichen Beanstandungen noch im Jahre 2002 und der weitgehenden Mängelfreiheit
seit dem Jahre 2003 im Personalbereich kann erst für die Zeiträume nach der letzten Beanstandung angenommen werden, dass die
Anordnung vollumfänglich erfüllt wurde und erst sodann entsprechende Mehrkosten überhaupt anfielen. Die Klägerin hat dann
jedoch diese Kosten zeitnah geltend gemacht. Ein Vertrauenstatbestand konnte sich bei den Beigeladenen daher nicht bilden.
3. Die Beklagte wird hinsichtlich des Inkrafttretens ihrer Entscheidung das ihr nach §
85 Abs
6 SGB XI eingeräumte Ermessen erneut zu betätigen und ihre Entscheidung zu begründen haben. Die Berufung war zurückzuweisen, soweit
die Klägerin das Inkrafttreten der Festsetzungen der Beklagten für Zeiträume vor dem 22. Oktober 2003 begehrt.
Die Beklagte hat bei ihrer Entscheidung die Interessen der Beteiligten abzuwägen. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Eintritt
der Wirksamkeit des Schiedsspruches kann die Vorlage der Begründung am 22. Oktober 2003 sein. Zu diesem Zeitpunkt waren mit
der als Fax ohne Anlagen eingereichten Begründung sämtliche von der Beklagten in ihrer Entscheidung geforderten Angaben nach
§ 7 PflSchV geäußert. Dass erst später auch die bereits benannten Anlagen mit der Originalbegründung der Schiedsstelle vorgelegt
wurden, erscheint unerheblich, weil diese Vervollständigung in sehr engem zeitlichem Zusammenhang erfolgte und die wesentlichen
Aspekte der Antragsbegründung bereits mit dem Fax vorgebracht waren. Warum der 22. Oktober 2003 nicht maßgeblich wurde, hat
die Beklagte in ihrer Entscheidung pflichtwidrig nicht hinreichend deutlich gemacht.
Auf den Zeitpunkt der Antragstellung kann sich die Klägerin dagegen nicht berufen, weil sie selbst es versäumt hat, die nach
§ 7 Abs 2 PflSchV erforderliche Antragsbegründung frühzeitig vorzulegen. Insofern kann sie nichts aus dem rechtsstaatlichen
Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung zu ihren Gunsten ableiten, weil bis zur Vorlage der Begründung die Verfahrensverzögerung
durch ihr eigenes Verhalten bewirkt wurde. Hypothetische Kausalverläufe sind insofern unbeachtlich. Auch wenn den Beigeladenen
der bisherige Streitstand und die Forderungen der Klägerin bekannt gewesen sein mögen, so war dies bei der Beklagten bis zur
Antragsbegründung nicht der Fall. Die durch § 7 Abs 2 PflSchV vorgegebenen Anforderungen erscheinen auch nicht unangemessen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 SGG iVm §
154 Abs
1 und
2 VwGO. Sie berücksichtigt den anteiligen Erfolg der Rechtsverfolgung. Maßgeblich war der streitgegenständliche Zeitraum vom 28.
Februar bis 31. Dezember 2003. Insoweit lässt der Umstand, dass das Neubescheidungsbegehren der Klägerin für den Zeitraum
ab 22. Oktober bis 31. Dezember 2003 weitgehend Erfolg hatte, keine wesentlich andere Gewichtung zu, weil insofern die Erfolglosigkeit
der anderen Zeiträume nicht unwesentlich ist. Die geänderte Rechtsprechung des BSG lässt zugunsten der Beklagten keine andere
Entscheidung zu, weil Maßstab der Entscheidung der Beklagten die geänderten Gesetzesgrundlagen hätten sein müssen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür nach §
160 Abs
2 SGG nicht vorliegt.