Tatbestand:
Die 1959 geborene Klägerin war von 1993 bis 1999 in einem pyrotechnischen Betrieb als Maschinenarbeiterin tätig. Dabei hatte
die 1,59 m große und 55 kg schwere Klägerin eine Schutzkappensteckmaschine zu bedienen. Um die Maschine zu beschicken, musste
sie Magazine mit Treiberhülsen (insgesamt 17 - 19 kg schwer) bis über Kopfhöhe (1,70 m) anheben, in der dafür vorgesehenen
Haltevorrichtung positionieren und nach erfolgtem Steckvorgang wieder herunterholen. Diese Arbeitsvorgänge wiederholten sich
in einem Rhythmus von sechs Minuten, so dass zehn Hebevorgänge pro Stunde anfielen.
Im März 2001 meldete der Facharzt für Physiotherapie Dr. K den Verdacht einer BK bei der Beklagten. Ergänzend führte er im
Schreiben vom 29. Oktober 2001 aus, es stehe für ihn außer Zweifel, dass die schwere chronische Periarthritis humeroscapularis
calcarea als Folge der außergewöhnlichen Belastung aufgetreten sei. Es handele sich um eine chronische Verkalkung mit einhergehender
Bursitis subacromialis beiderseits, die durch sich ständig wiederholenden Druck auf die betroffenen Schleimbeutel hervorgerufen
worden sei. Diese Druckbelastung resultiere aus der Arbeit mit erhobenen Armen, wobei das Tuberculum majus humeri den Schleimbeutel
imprimiere und gegen das Acromion drücke. Es handele sich daher um eine BK nach Nr. 2105.
Die Beklagte zog eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes vom 03. Dezember 1998 bei, die die Angaben
der Klägerin zur Arbeitsbelastung im Wesentlichen bestätigte.
In der arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 27. Februar 2002 führte der Arzt für Arbeitsmedizin Dr. E aus, bei der BK nach
Nr. 2105 handele es sich um eine chronische Erkrankung der Schleimbeutel durch ständigen Druck. Bei der BK-typischen Expositionssituation
handele es sich um eine von außen kommende direkte Druckbelastung der Schleimbeutel. Nicht in Betracht komme eine Kompression
als Folge von gleichförmigen Bewegungs- und Hebeabläufen. Bei dem Arbeitsplatz der Klägerin handele es sich um einen ergonomisch
ungünstigen Arbeitsplatz, der in der Gefährdungsanalyse vom 03. Dezember 1998 in den Risikobereich 3 (wesentlich erhöhte Belastung,
körperliche Überbeanspruchung auch für normal belastbare Personen möglich, Gestaltungsmaßnahmen sind angezeigt) eingestuft
worden sei. Es sei demnach anzunehmen, dass die degenerativen Veränderungen in den beiden Schultergelenken vorwiegend eine
Folge der langjährigen Elevationsbewegungen unter Last seien. In der Liste der Berufskrankheiten finde sich allerdings für
das Krankheitsbild keine entsprechende Position, so dass eine BK 2105 nicht bejaht werden könne.
Die Gewerbeärztin U empfahl in ihrer Stellungnahme vom 04. Juli 2002 die Weiterführung des Verfahrens unter der BK Nr. 2101.
Der beigezogene Befund einer Röntgenuntersuchung beider Schultergelenke vom 22. Januar 2001 ergab im Vergleich zur Untersuchung
vom 08. Dezember bzw. 15. Dezember 1999 unverändert den Nachweis ausgeprägter periartikulärer Weichteilverkalkungen im Sinne
der Periarthritis calcarea humeroscapularis. Die Knochen- und Gelenkverhältnisse seien unauffällig.
Eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Schultergelenks rechts vom 01. August 2002 ergab folgenden Befund: "Nachweis einer
mäßig floriden Periarthritis humeroscapularis calcarea mit Kaliber- und Signalzunahme im protonendichtegewichteten Bild in
der kritischen Zone der Supraspinatussehne unterhalb des Acromion. In der Ansatzregion oberhalb des Tuberculum majus humeri
finden sich schollige Signalminderungen am ehesten Kalkplaques zuzuordnen. Auch nach dorsal zum Deltamuskel kleine kalkähnliche
Signalauslöschungen. Im humeroglenoidalen Gelenk kein Erguss; das Labrum glenoidale ist allseitig intakt. Die Bizepssehne
zeigt einen regelrechten Verlauf ohne Kriterien einer Rissbildung. Die Bursa subacromialis et subdeltoidea ist nicht wesentlich
liquide aufgeweitet. Das AC-Gelenk ist zart."
Die Beklagte holte ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. D vom 14. November 2002 ein. Dieser führte aus, im Bereich
der Schultergelenke fände sich ein Bewegungsschmerz bei Abduktion und Rotationsbewegungen rechts mehr als links. BK-bedingt
bestehe ein Rotatorensehnen-Syndrom der Supraspinatus-Sehnen beiderseits. Als nicht BK-bedingte Diagnose sei eine Periarthropathia
humeroscapularis calcarea beiderseits festzustellen. Zusammenfassend sei von einer einseitigen lang dauernden mechanischen
Beanspruchung, einer unzweckmäßigen Position bzw. Arbeitsergonomie, ungewohnter körperlicher Tätigkeit, Verschärfung des negativen
Einflusses durch die spezifische Konstitution der Versicherten, der Verschleppung der Erkrankung von einem Jahr durch Weiterarbeit
nach ersten Beschwerden aus Angst vor Arbeitsplatzverlust und dem Heben, Einführen und Überkopfarbeit mit überdurchschnittlichen
Gewichten für Frauen als Fakten auszugehen, die zur Entstehung der andauernden langjährigen Überlastung und Erkrankung der
Schultergelenke und zum Rotatorensehnen-Syndrom geführt hätten. Von medizinischer Seite liege bei der Versicherten im Schulter-Nacken-Bereich
ein komplexes Beschwerdebild vor. Es bestehe eine Periarthropathia humeroscapularis calcarea beidseits, ein Rotatorensehnen-Syndrom
der Supraspinatussehnen beidseits und ein cervikaler Bandscheibenprolaps C5/6 mediolateral ohne Wurzelzeichen. Die Periarthritis
humeroscapularis sei keine Berufserkrankung. Sie sei als Sammelbegriff für eine Reihe von Erkrankungen im Bereich der Schultergelenke
zu verstehen. Bei der Klägerin handele es sich um eine Sehnen- und Sehnenansatzerkrankung. Diese sei am ehesten unter die
BK Nr. 2101 einzuordnen, auch wenn die Lokalisation in dieser BK-Nr. nicht ausdrücklich genannt, aber auch nicht ausgeschlossen
sei. Denn letztlich handele es sich um eine durch Überlastung der Supraspinatussehne hervorgerufene Erkrankung. Diese sei
in diesem Ausnahmefall durch Verkettung von negativen Faktoren am Arbeitsplatz entstanden und analog zu einer Tendovaginitis
an der Hand zu werten und damit als BK anerkennungsfähig. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 15 v. H.
Mit Stellungnahme vom 18. Dezember 2002 empfahl die Gewerbeärztin Dr. F die Anerkennung einer BK nach Nr. 2101.
Der Beratende Arzt der Beklagten Dr. W führte in seiner Stellungnahme vom 29. Januar 2003 aus, eine BK nach Nr. 2101 müsse
abgelehnt werden. Er halte es für ein fragwürdiges Konstrukt, aus einer Periarthritis humeroscapularis bzw. einer Tendinitis
calcarea eine einfache Sehnenreizung zu machen und dann das Vorliegen einer BK Nr. 2101 zu bejahen.
Mit Bescheid vom 06. März 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach Nr. 2101 der Anlage zur
BKV ab. Zur Begründung führte sie aus, die vorliegende Periarthritis humeroscapularis calcarea könne nicht als BK nach Nr. 2101
gewertet werden, da insbesondere Lokalisation und Ausprägung der Erkrankung im Bereich der Supraspinatussehne gegen eine entsprechende
BK spreche. Der Gesetzgeber habe mit der BK Nr. 2101 Erkrankungen des Sehnen- und Muskelgewebes mit Beschwerden insbesondere
im Bereich der Unterarme und Hände erfasst, nicht aber andere im Bereich der Schulter oder Oberarme. Hierfür spreche auch,
dass das Krankheitsbild zu häufig auch bei nicht beruflich belasteten Personen anzutreffen sei.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte zunächst eine Stellungnahme des Dr. D vom 30. April 2003 ein. Dieser führte aus,
es liege das Bild einer Sehnenerkrankung der Arme vor. Wenn aber die Sehnen im Bereich des Oberarms nicht in die BK Nr. 2101
eingeschlossen seien, dann bestehe auch keine Berufserkrankung. Die Definition zur BK Nr. 2101 schließe seiner Auffassung
nach den Sammelbegriff der Periarthritis humeroscapularis aus, nicht aber Sehnenerkrankungen am Arm.
Die Beklagte holte ein Gutachten nach Aktenlage des Dr. E vom 18. August 2003 ein. Dieser führte aus, die Periarthritis humeroscapularis
sei kein einheitliches Krankheitsbild. Der Begriff sei erstmalig 1872 von Duplay eingeführt worden. Dieser habe hierunter
einen lokalisierten entzündlichen Prozess unterhalb der Schulterhöhe verstanden. Heute werde mit diesem Begriff ein völlig
diffuses Beschwerdebild des Schultergelenkes benannt, ohne dass die anatomischen Strukturen genau benannt werden könnten,
die ursächlich für die Beschwerden seien. Des Weiteren sei erstaunlich, dass von einer Periarthritis humeroscapularis calcarea
gesprochen werde. Im Allgemeinen werde dieses Krankheitsbild als Tendinitis oder Tendinose calcarea benannt, hiermit seien
Verkalkungen im Sehnenverlauf bezeichnet. Die Ursache dieser Sehnenverkalkungen, die nicht nur im Schultergelenkbereich nachzuweisen
seien, seien ungeklärt. Als Entstehungsursache würden mechanische (Verlauf der Sehne über Knochenstrukturen), vaskuläre (Gefäßursachen)
oder biomechanische Faktoren diskutiert. Sicher sei, dass ein verkalkendes Sehnenleiden (Tendinitis/Tendinose calcarea) keine
BK sei. Entscheidend für die Beurteilung sei jedoch, dass alleine Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes
sowie der Sehnenansätze oder Muskelansätze als BK anzusehen seien. Ein Sehnenscheidenleiden sei zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen
worden. Dies gelte sowohl für den Bereich der Schultergelenke als auch für die Ober- und Unterarme. Eine Erkrankung des Sehnengleitgewebes
sei ebenfalls nicht nachgewiesen. Eine Erkrankung der Sehnen- oder Muskelansätze habe genauso wenig nachgewiesen werden können.
Bei dem von Dr. D beschriebenen und als BK angesehenen Rotatorensehnen-Syndrom der Supraspinatussehnen handele es sich nicht
um eine Erkrankung der Sehnenansätze. Die Veränderungen fänden sich nicht am Sehnenansatz, sondern davor im Bereich einer
minder durchbluteten Stelle, im Bereich unterhalb der Schulterhöhe (Acromion), die im Falle der Klägerin möglicherweise die
Ursache für die Degeneration sei. Schaue man sich den kernspintomografischen Untersuchungsbefund vom 01. August 2002 an, so
werde auf eine Kaliber- und Signalzunahme in der kritischen Zone der Supraspinatussehne unterhalb der Schulterhöhe hingewiesen.
Dieses sei nun nicht der Ansatzbereich der Supraspinatussehne, sondern eindeutig davon entfernt, und zwar in dem Bereich,
in dem sich Degenerationen der Supraspinatussehne am häufigsten fänden. Es handele sich daher nicht um eine Erkrankung der
Sehnenansätze, wie z. B. bei einer Epikondylitis, wo sich entsprechende Veränderungen im Ansatzbereich am Knochen nachweisen
ließen. Die kritische Zone der Supraspinatussehne sei aber nicht der Ansatzbereich. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass
sich oberhalb der Ansatzregion des Tuberculum majus schollige Signalminderungen gefunden hätten, die Kalkdepots zugeordnet
worden seien. Diese Verkalkungen seien entsprechend seinen vorangegangenen Ausführungen nicht als BK anerkennungsfähig. Außerdem
seien diese Veränderungen ebenfalls nicht im Ansatzbereich der Sehne nachgewiesen.
Dieser Stellungnahme schloss sich auch die Gewerbeärztin Dr. F an (Schreiben vom 19. September 2003).
Dem Widerspruch blieb mit zurückweisendem Widerspruchsbescheid vom 09. Dezember 2003 der Erfolg versagt. Die Beklagte bezog
sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des Herrn Dr. E.
Hiergegen hat die Klägerin sich mit der Klage zum Sozialgericht Neuruppin gewandt. Unter anderem hat sie den Reha-Entlassungsbericht
der Reha-Klinik H der damaligen Landesversicherungsanstalt Brandenburg vom 14. Mai 2002 vorgelegt, der einen Sonografiebefund
beider Schultergelenke enthält. Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Traumatologie Dr. M vom
11. Oktober 2004 eingeholt. Dieser hat u. a. nach Durchführung einer Röntgenuntersuchung beider Schultergelenke ausgeführt,
bei der Klägerin bestehe ein Supraspinatussehnen-Syndrom beidseits und eine Periarthritis humeroscapularis calcarea. Entsprechend
dem Merkblatt zur BK Nr. 2101 handele es sich bei dieser BK um eine durch berufliche Belastungen verursachte Entzündung des
Sehnengleitgewebes, auch um die so genannten Periostosen - das seien Flüssigkeitsansammlungen in der Knochenhaut - an den
Sehnenansätzen. Durch Überbeanspruchung der Sehnen entstünden entzündliche Veränderungen mit Flüssigkeitsansammlungen im Bereich
des Übergangs der Sehnenfasern in die knöchernen Strukturen, in denen sie sich ähnlich wie das Wurzelwerk der Bäume im Erdboden
ausbreiteten und festhielten. Durch einen chronischen Zug auf die Sehnen komme es zur Überdehnung ihrer Fasern im Ansatzpunkt
im Knochengewebe. Dort in dieser Übergangszone breche sich bedingt durch den Gewebewechsel die Kraft. Dieser Dehnungsreiz
lasse eine geregelte Durchblutung als Voraussetzung einer ausreichenden Ernährung in diesem Gebiet nicht mehr zu. Es komme
zum Zellzerfall mit Flüssigkeitsaustritt in die Umgebung. Die Knochenhaut im Sehnenansatzgebiet schwelle durch den Flüssigkeitsaustritt
an. Die empfindlichen Nerven der Knochenhaut würden gereizt. Als Endstadium dieser chronischen Überdehnung trete nun letztendlich
der Riss der Sehnenfasern im Übergang zum Knochen auf. Im Falle der Klägerin verhalte es sich dagegen so, dass der MRT-Befund
eine bindegewebige Degeneration und Kaliberzunahme der Supraspinatussehne, die den Hauptteil der Rotatorenmanschette bilde,
nachweise, die hier im subacromialen Bereich liege. Daraus folge, dass die Supraspinatussehne nicht in ihrem knöchernen Ansatz
im Oberarm, sondern im freien Verlauf unterhalb des Schulterdaches geschädigt sei. Würde es sich um einen rein äußeren Überlastungsschaden
der Supraspinatussehne handeln, müsste dieser Schaden am Ort der unmittelbaren Kraftübertragung im knöchernen Ansatz der Supraspinatussehne
am Oberarmkopf zu finden sein. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. Februar
2005 führte Dr. M nach Einwänden der Klägerin aus, als Ursache der Gesundheitsstörung komme nicht die berufliche Überbelastung,
sondern die Enge des subacromialen Raumes durch Schleimbeutelentzündung in Betracht. Weiter ergänzend führte er unter dem
01. Juli 2005 aus, dass auch die Entzündung nicht durch die berufliche schwere Hebetätigkeit hervorgerufen sei, da der entzündete
Schleimbeutel sich unterhalb des Schulterdaches befinde und durch die Hebevorgänge nicht zusätzlich komprimiert werde.
Mit Urteil vom 18. Juli 2006 hat das Sozialgericht Neuruppin die Beklagte verurteilt, die Erkrankung der Klägerin (Periarthritis
humeroscapularis calcarea) als BK nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur
BKV anzuerkennen. Im vorliegenden Fall handele es sich um eine Erkrankung des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- und Muskelansätze,
welche die BK Nr. 2101 zur
BKV zur Überzeugung der Kammer miterfasse. Den Ausführungen des Sachverständigen Dr. M könne nicht gefolgt werden. So wie er
es in seinen Stellungnahmen ausgeführt habe, lägen die Dinge zur Überzeugung der Kammer nicht. Vielmehr sei die Kaliberzunahme
des Muskels im subacromialen Bereich nicht getrennt von einem Sehnenansatzleiden zu betrachten. Beide Gesundheitsstörungen
könnten nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, weil sie hier infolge der gleichförmigen und lang andauernden Belastung
entstanden seien.
Gegen dieses ihr am 25. Oktober 2006 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung vom 17. November 2006.
Sie macht geltend, das Sozialgericht habe trotz der vorliegenden sachverständigen Äußerungen verkannt, dass die Schädigung
der Supraspinatussehne sich nicht an dem Ort fände, der in der BK Nr. 2101 versichert sei, nämlich am Sehnenansatz. Die Verdickung
der Sehne im subacromialen Bereich sei ein Krankheitsbild, das im Rahmen der BK Nr. 2101 nicht versichert sei. Da es bereits
an dem typischen Krankheitsbild der BK Nr. 2101, das nach den Regeln des Vollbeweises festzustellen sei, fehle, könne eine
BK nach Nr. 2101 nicht festgestellt werden. Darüber hinaus habe Dr. K in seiner Arbeitsplatzexposition vom 26. Juli 2007 ausgeführt,
dass die von der Klägerin behaupteten Lasten zwar plausibel gehoben worden seien, dass aber auch die Bewegungsabläufe, die
hierfür nötig gewesen seien, grundsätzlich nicht geeignet seien, eine BK nach Nr. 2101 hervorzurufen. Es fehle an einem so
genannten repetitiven Bewegungsablauf. Außerdem seien die Ausführungen des Dr. E in seinen Stellungnahmen vom 21. April und
04. Juli 2008 zu berücksichtigen, der an Vergleichspersonen Hebeversuche durchgeführt und auf Datenträger fixiert habe. Danach
ergebe sich, dass die Klägerin die behaupteten Lasten gar nicht gehoben haben könne.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 18. Juli 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf das ihrer Auffassung nach wie vor plausible Gutachten des Dr. D. Unzweifelhaft sei sie gerade auch wegen
ihrer Konstitution durch die ausgeführte Tätigkeit erheblich überbelastet worden. Es könne daher nicht in Zweifel gezogen
werden, dass die nun vorliegenden Schäden in beiden Schultergelenken auf diese Überlastung zurückzuführen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsausführungen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der
Beklagte und auf die Gerichtsakte Bezug genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, eine Periarthritis
humeroscapularis calcarea als BK Nr. 2101 anzuerkennen. Vielmehr erwiesen sich die angefochtenen Bescheide der Beklagten als
rechtmäßig, so dass das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen war.
Berufskrankheiten sind nach §
9 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Siebtes Buch (
SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die
Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehören nach Nr. 2101 auch Erkrankungen
der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten
gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein
können.
Die Feststellung einer BK setzt voraus, dass zum einen die arbeitstechnischen Voraussetzungen in Form einer ausreichenden
Belastungsexposition gegeben sind und dass zum anderen das typische Krankheitsbild dieser BK vorliegt und dieses im Sinne
der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist. Danach müssen
die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und
Ausmaß im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den
ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht.
Danach war das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin mit dem Ausspruch, eine Periarthritis humeroscapularis calcarea als BK
im Sinne der Nr. 2101 anzuerkennen, schon deshalb aufzuheben, weil diese wegen heute besserer Diagnosemöglichkeiten unüblich
gewordene Krankheitsbezeichnung ein komplexes Beschwerdebild des Schultergelenkes beschreibt und nicht nur eine andere Bezeichnung
für eine Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- und Muskelansätze ist. Allein diese sind
aber im Rahmen der BK Nr. 2101 versichert. Seit es mit Hilfe der MRT oder des Ultraschalls gelungen ist, nicht nur die knöchernen
Strukturen der Schulter hinsichtlich der funktionalen oder krankhaften Veränderungen zu erkennen, wird nicht mehr von einer
Periarthritis humeroscapularis, sondern von einer Erkrankung der Rotatorenmanschette, von einem Impingement (Enge) oder von
einem Subacromialsyndrom gesprochen (vgl. Elster in: Zbl. Arbeitsmed. 53 - 2003 -, S. 536 - 544, hier S. 542). Für die verallgemeinernde
Diagnose Periarthritis humeroscapularis, die alle Strukturen der Schultern betreffen kann, ist jedenfalls dann kein Raum,
wenn es wie hier im Rahmen der BK Nr. 2101 nur um die Schädigung ganz bestimmter Strukturen der Schultern gehen kann, die
auch nur als BK versichert sind. Die Periarthritis humeroscapularis beschreibt aber ein weit darüber hinausgehendes Krankheitsbild,
dessen Teil aber durchaus auch eine Erkrankung der Sehnenscheiden, des Sehnengleitgewebes, der Sehnen- oder der Muskelansätze
sein kann. Nur insoweit ist auch das Amtliche Merkblatt zur BK Nr. 2101 zu verstehen, welches ausführt, dass eine Periarthritis
humeroscapularis im Allgemeinen nicht auf berufliche Einflüsse zurückgeführt werden kann. Dies erlaubt nicht den Umkehrschluss,
im besonderen Einzelfall könnten alle Krankheitserscheinungen, die in der medizinischen Fachwelt mit Periarthritis humeroscapularis
beschrieben worden sind oder noch werden, aber mit einer Erkrankung der Sehnenscheiden, des Sehnengleitgewebes oder der Sehnen-
oder Muskelansätze nichts zu tun haben, als BK im Sinne der Nr. 2101 angesehen werden. Schon deshalb war das Urteil des Sozialgerichts
aufzuheben (vgl. ebenso zu einem als Periarthritis humeroscapularis beschriebenen Krankheitsbild der Veränderung einer Rotatorenmanschette
im rechten Schultergelenk: Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. November 2005, Az.: L 17 U 6/05, zitiert nach juris, und zum Fall einer Tendinitis calcarea Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18.
April 2002, Az.: L 6 U 364/97, zitiert nach juris).
Bei der Klägerin liegt darüber hinaus kein Krankheitsbild vor, das von der BK Nr. 2101 erfasst wird. Als BK versichert sind
nach dem eindeutigen Wortlaut dieser BK-Nr. nur Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen-
oder Muskelansätze. Ein solches Krankheitsbild liegt entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht vor, denn nach den überzeugenden
Ausführungen des Dr. E und des Dr. M findet sich bei der Klägerin gerade keine Erkrankung des Ansatzes der Supraspinatussehne.
Das vom Sozialgericht in den Vordergrund seiner Begründung gestellte Supraspinatussyndrom ist gerade kein Krankheitsbild,
das im Rahmen der BK 2101 versichert ist. Darüber hinaus ist auch weder ein medizinischer noch ein juristischer Grund für
die unbegründet gebliebene Behauptung des Sozialgerichts ersichtlich, Schädigungen von Sehnen oder Sehnenansatz, hervorgerufen
durch Überbelastung, seien einheitlich zu betrachten, so dass im Ergebnis auch eine Sehnenschädigung unter die BK Nr. 2101
falle. Eine Erkrankung der Supraspinatussehne kommt demnach nur dann als BK Nr. 2101 in Betracht, wenn der Sehnenansatz betroffen
ist. Eine Schädigung der Supraspinatussehne an beliebiger Stelle ist gerade nicht als BK Nr. 2101 versichert.
Dr. E und Dr. M haben überzeugend herausgearbeitet, dass die Schädigung der Supraspinatussehne hier durch den MRT-Befund vom
01. August 2002 eindeutig und nachgewiesen im subacromialen Bereich liege und damit gerade nicht im knöchernen Ansatz der
Sehne im Oberarm. Der Senat hat keine Bedenken, dass sowohl Dr. E als auch Dr. M anhand der vorliegenden Befunde zu Recht
festgestellt haben, dass eine Schädigung am Sehnenansatz nicht vorliegt. Denn beide sind Fachärzte und somit ohne weiteres
in der Lage, den MRT-Bericht vom 01./05. August 2002 richtig zu lesen, seinen Inhalt korrekt zu erfassen und zu würdigen.
Darüber hinaus lagen auch Röntgenaufnahmen der Schultergelenke sowie der Sonografiebefund aus der Reha-Maßnahme vom 02. bis
24. April 2002 vor. In keiner dieser Unterlagen konnte der Sachverständige Dr. M einen Anhalt dafür finden, dass die Supraspinatussehne
der Klägerin im Ansatz geschädigt ist. Damit steht fest, dass es bereits an einem Krankheitsbild fehlt, das im Rahmen der
BK Nr. 2101 versichert ist und nach den Regeln des Vollbeweises festzustellen ist.
Dem widerspricht jedenfalls im Ergebnis auch nicht das Gutachten des Dr. D. Dieser hatte ausgeführt, dass eine Periarthritis
humeroscapularis calcarea im Sehnenansatzgebiet festzustellen, aber nicht als Berufserkrankung anzusehen sei. Dies stimmt
zwanglos mit den Ausführungen des Dr. E überein, der dargelegt hatte, dass die Ursache der Entstehung von Kalkplaques in der
Wissenschaft noch ungeklärt sei. Weiter hat Dr. de N ausgeführt, es sei "insbesondere an der Supraspinatussehne eine bindegewebige
Degeneration und Verdickung" beschrieben, die als Folgezustand haltungsbedingter Druckerhöhung zu würdigen sei. Einige Absätze
weiter schreibt er dann, dass dieser Befund am ehesten unter BK Nr. 2101 einzuordnen sei, auch wenn die Lokalisation in dieser
BK-Nr. nicht ausdrücklich genannt, aber auch nicht ausgeschlossen sei und die Erkrankung schließlich durch Überlastung der
Sehne hervorgerufen worden sei.
Damit zeigt sich zum einen, dass Dr. d ganz offenbar davon ausgegangen ist, dass ein beruflich verursachter Schaden auch unter
eine BK-Nr. subsumiert werden müsse, auch wenn diese nicht recht passe, was die Ausführung "am ehesten" belegt. Dem ist rechtlich
jedoch nicht so. Eine beruflich verursachte Erkrankung ist erst dann eine BK, wenn der Verordnungsgeber das Krankheitsbild
in der
BKV als BK anerkannt hat. Dafür sind neben der konkreten Verursachung der Erkrankung durch berufliche Einwirkungen im Einzelfall
weitere Voraussetzungen notwendig (vgl. §
9 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Eine Erkrankung der Supraspinatussehne an beliebiger Stelle ist in der
BKV gerade nicht als BK anerkannt.
Zum anderen belegen die Ausführungen des Dr. d einen weiteren Irrtum, wenn er in seiner Stellungnahme vom 30. April 2003 ausführt,
dass Sehnenerkrankungen im Rahmen der BK Nr. 2101 versichert seien, und zwischen einer Lokalisation am Ober- und Unterarm
differenziert. Dabei entgeht ihm aber, dass Sehnenerkrankungen von der BK Nr. 2101 in dieser Allgemeinheit gerade nicht erfasst
sind, sondern nur Sehnenansatzerkrankungen. Dagegen ist es nach dem Wortlaut ohne Belang, ob die Erkrankung am Ober- oder
Unterarm aufgetreten ist. Damit steht im Ergebnis fest, dass auch Dr. D keine Sehnenansatzerkrankung der Supraspinatussehne
diagnostiziert hat, sondern allenfalls Kalkplaques in der Nähe des Sehnenansatzes, die er selbst als Periarthritis humeroscapularis
calcarea bezeichnet und nicht als BK-anerkennungsfähig gewürdigt hat.
Auf die von den Beteiligten im Verfahren diskutierten Fragen, welche Lasten die Klägerin tatsächlich bewegt und welche Ursache
die vorliegende Erkrankung hat, kommt es dagegen nicht an, so dass Ausführungen hierzu entbehrlich sind.
Da es bereits an einem versicherten Krankheitsbild im Sinne der BK Nr. 2101 fehlt, ein solches aber nach den Regeln des Vollbeweises
nachgewiesen sein muss, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bei der Klägerin keine BK Nr. 2101 anerkannt werden kann.
Das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 18. Juli 2006 war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG liegen nicht vor.