Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Abrechenbarkeit von Leistungen.
Die Klägerin, die bis Februar 1999 die Firmenbezeichnung "GMstraße GmbH" führte, verfügte seit 1984 über eine auf § 6
Heimgesetz gestützte Erlaubnis zum Betrieb eines Krankenheimes mit 115 Plätzen für psychisch-chronisch Kranke auf dem Grundstück Mstraße
im Berliner Stadtteil C.
In Berlin existierten - bundesweit einmalig - bis Mitte der 90er Jahre sogenannte Krankenheime, darunter das GMstraße, zur
Behandlung chronisch kranker pflegebedürftiger Menschen. Im Zusammenhang mit der Einführung der sozialen Pflegeversicherung
zum 01. Januar 1995 wurden diese Krankenheime in Pflegeheime umgewandelt mit der Folge, dass die ärztliche Betreuung der Bewohner
dem ambulanten Versorgungssektor zuzuordnen war. Da die Bewohner nicht nur pflegerischer Leistungen bedurften, sondern auch
in nicht unerheblichem Umfang ärztlicher Betreuung, erhielten zahlreiche Pflegeheime, darunter auch das o.G., eine Institutsermächtigung
nach § 31 Abs. 1 Zulassungsverordnung Ärzte (Ärzte-ZV) zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung.
In diesem Zusammenhang wurde zwischen den Krankenkassenverbänden (AOK Berlin, BKKLandesverband Ost, IKK-Landesverband Brandenburg
und Berlin), der Beklagten, der Berliner Krankenhausgesellschaft sowie dem Verband der Privatkrankenanstalten Berlin-Brandenburg
e.V. die Rahmenvereinbarung vom 26. März 1998 "zur medizinischen Versorgung in den ehemaligen Krankenhäusern/Abteilungen für
chronisch Kranke und Krankenheime, die zum 01.07.1996 in vollstationäre Pflegeeinrichtungen umgewandelt wurden" abgeschlossen.
Inhalt dieser Rahmenvereinbarung sind u. a. folgende Regelungen:
1. Gegenstand der Rahmenvereinbarung
(1) Die Unterzeichner dieser Rahmenvereinbarung bekunden hiermit ihre Ansicht, das nachfolgend beschriebene Konzept zur medizinischen
Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen zu unterstützen und die Umsetzung aktiv zu begleiten.
[...]
2. Zielsetzung und Grundsätze
(1) Mit dem Ziel, eine qualitätsgesicherte Versorgung der chronisch erkrankten multimorbiden und psychisch erkrankten Patienten
in stationären Pflegeeinrichtungen zu ermöglichen, werden zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit mit dieser Rahmenvereinbarung
ambulante und stationäre Leistungsbereiche gemeinsam gestaltet und effizient verzahnt. [...]
(2) Die ärztliche Behandlung (medizinische Grundversorgung) in den stationären Pflegeeinrichtungen (Anlage 1; ehemalige Krankenheime
und Krankenhäuser/Abteilungen für Chronischkranke) erfolgt durch angestellte Ärzte oder durch niedergelassene Ärzte. Für Vertragsärzte,
die die Grundversorgung wahrnehmen, ist dies zeitnah in einer gesonderten Vereinbarung zwischen Krankenkassenverbänden und
der KV Berlin nach Ziffer 1, Absatz 3 zu regeln. Die medizinisch-therapeutische Versorgung erfolgt insbesondere durch in den
Pflegeeinrichtungen angestellte Therapeuten.
(3) Für die Vergütung der Leistungen wird eine fiktive Platzpauschale ermittelt, die die ärztliche und therapeutische Betreuung,
die Versorgung mit medizinischem Bedarf und Arzneimitteln sowie die Krankenhausbehandlung und Fahrkosten umfaßt. [...]
3. Institutsermächtigungen
Zur Umsetzung dieser Vereinbarung ist die positive Entscheidung des Zulassungsausschusses für Ärzte über die von den Trägern
der Einrichtung gestellten Anträge auf Erteilung einer Institutsermächtigung erforderlich. Die Kassenärztliche Vereinigung
Berlin und die Krankenkassenverbände empfehlen dem Zulassungsausschuss, den Anträgen der Träger ehemaliger Krankenheime und
Krankenhäuser/Abteilungen für Chronischkranke (Anlage 2/gegliedert nach Trägern), auf Ermächtigungen für die ärztlich geleiteten
Abteilungen (Institutsermächtigung) für die Dauer der Teilnahme der Pflegeeinrichtungen an dieser Vereinbarung stattzugeben.
[...]
5. Finanzierungsregelungen
(1) Für die ärztliche Behandlung (medizinische Grundversorgung) ihrer Versicherten in den Pflegeeinrichtungen zahlen die Krankenkassen
einen Betrag in Höhe von 1 600,00 DM/p.a./Pflegeplatz außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung. Weitere Einzelheiten zum
Abrechnungsverfahren werden zwischen den vertragsschließenden Parteien kurzfristig ergänzend vereinbart.
(2) Für die medizinisch-therapeutische Versorgung ihrer Versicherten in den Pflegeeinrichtungen zahlen die Krankenkassen einen
Betrag in Höhe von 773,00 DM/p.a./Pflegeplatz. Weitere Einzelheiten zum Abrechnungsverfahren werden zwischen den vertragsschließenden
Parteien kurzfristig ergänzend vereinbart.
(3) Die Krankenkassen zahlen für die Versorgung ihrer Versicherten für die in der Anlage 3 ausgewiesenen Artikel des medizinischen
Bedarfes (Artikelliste) einen Betrag entsprechend der Rechnungslegung und unter Berücksichtigung der anteiligen Patientenbelegung
je beteiligter Krankenkasse. Weitere Einzelheiten zum Abrechnungsverfahren sind zwischen den Krankenkassenverbänden und den
Pflegeeinrichtungen gesondert zu vereinbaren.
(4) Die Abrechnung von Krankenhausbehandlung, Arzneimittelversorgung und Krankentransporte erfolgt zwischen dem jeweiligen
Leistungserbringer und dem Kostenträger. Weitere Einzelheiten zum Abrechnungsverfahren können zwischen den Krankenkassenverbänden
und den Pflegeeinrichtungen gesondert vereinbart werden.
Diese Rahmenvereinbarung wird durch weitgehend inhaltsgleiche Folgevereinbarungen, u.a. vom 22. Mai 2003 und 19. Juli 2005,
bis heute fortgeführt.
Seit 1998 umfasste das nunmehr unter der Bezeichnung "PMstraße" geführte Pflegeheim entsprechend dem Versorgungsvertrag nach
§
72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI) nur noch 66 Plätze, nachdem die Klägerin seit dieser Zeit im gleichen Gebäude unter der Bezeichnung "Pro Seniore Sozialtherapeutisches
Wohnprojekt" eine vollstationäre Behinderteneinrichtung mit 46 Bewohnerplätzen führt. In dieser Einrichtung soll chronisch-psychisch
erkrankten jungen Menschen Hilfe mit dem Ziel gewährt werden, sie wieder in den Alltag einzugliedern. Zur Vergütung der darin
erbrachten Leistungen existieren Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Land Berlin auf sozialhilferechtlicher Grundlage.
Die der Klägerin für die Zeit bis März 2000 erteilten Bescheide des Zulassungsausschusses ermächtigten die "ärztlich geleitete
Abteilung im GMstraße" zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und berechtigten sie "zur allgemeinmedizinischen
und psychiatrischen Grundversorgung der 115 Bewohner der Pflegeeinrichtung, die der gesetzlichen Pflege- und Krankenversicherung
angehören".
Mit seinem Beschluss vom 30. November 1999 ermächtigte der Zulassungsausschuss die ärztlich geleitete Abteilung im PMstraße
für die Zeit vom 01. April 2000 bis zum 31. März 2002 nur noch zur allgemeinmedizinischen und psychiatrischen Grundversorgung
der 66 Bewohner der Pflegeeinrichtung, lehnte dies jedoch für die 46 Plätze des psychosozialen Wohnprojekts ab. Gegen die
Teilablehnung erhob die Klägerin Widerspruch, weil sich durch den Wechsel der Kostenträgerschaft in einem Teilbereich des
Krankenheims Mstraße die Bewohnerstruktur des Hauses und des Versorgungsauftrages in keiner Weise verändert habe. Nach ersten
Begutachtungen durch den Sozialpsychiatrischen Dienst habe sich für einen Teil der Bewohner die Möglichkeit eröffnet, Eingliederungshilfe
nach sozialhilferechtlichen Vorschriften zu erhalten. Um eine adäquate Betreuung der Bewohner in der Gesamteinrichtung weiterhin
sicherstellen zu können, sei zum 01. September 1998 für 46 Plätze der Kostenträgerwechsel erfolgt. Gleichwohl hätten zur optimierten
Betreuung aller ihr anvertrauten Chronisch-Psychisch-Kranken immer wieder Bewohner - je nach Ausprägungsgrad und Entwicklungsstadium
ihrer Krankheit/Behinderung - vom
SGB XI-Bereich in den BSHG-Bereich und umgekehrt verlegt werden müssen. Die aus dem Beschluss des Zulassungsausschusses resultierende Beendigung der
ärztlichen Betreuung für einen Teil der Bewohner sei aufgrund deren Krankheits- und Behinderungsbild nicht gerechtfertigt,
weil es sich um 46 sogenannte "nichtwartezimmerfähige" Patienten handele, die aufgrund der Schwere ihrer psychischen Erkrankung
und der daraus folgenden mangelhaften Compliance, fehlender Krankheitseinsicht und Frustrationstoleranz in der üblichen Nervenpraxis
nicht ausreichend versorgt werden könnten. Mit der eingeschränkten Ermächtigung für nur noch 66 Bewohner sei es nicht mehr
möglich, zwei Arztstellen im Krankenheim Mstraße aufrecht zu erhalten, so dass die qualifizierte und kostengünstige Betreuung
von 112 hilfebedürftigen Menschen infrage gestellt sei.
Daraufhin berichtigte der Zulassungsausschuss seinen vorangegangen Beschluss "wegen einer offenbaren Unrichtigkeit" und ermächtigte
das PMstraße zur allgemeinmedizinischen und psychiatrischen Grundversorgung von 112 Bewohnern der Pflegeeinrichtung (Beschluss
vom 15. März 2000). Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss aus, er habe das Widerspruchsschreiben zur Kenntnis genommen
und nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die im Tenor niedergelegte Berichtigung beschlossen.
In der Folgezeit ermächtigte der Zulassungsausschuss die ärztlich geleitete Abteilung im P Mstraße für die Zeit vom 01. April
2002 bis zum 31. März 2006 zur internistischen und allgemeinmedizinischen Grundversorgung der 112 Bewohner der Pflegeeinrichtung
(Beschluss vom 11. Februar 2002) sowie für die Zeit vom 01. April 2006 bis zum 31. März 2010 zur allgemeinmedizinischen und
psychiatrischen Grundversorgung von 111 Bewohnern der Pflegeeinrichtung (Beschluss vom 30. Januar 2006).
Für die Quartale IV/05 bis IV/08 lehnte die Beklagte im Zusammenhang mit der jeweiligen Honorarabrechnung die Abrechnung einer
variierenden Anzahl von Behandlungsausweisen (unter Beifügung jeweiliger Listen mit Patientennamen) ab, weil entweder diese
mit den zuständigen Kostenträgern (Quartale IV/05 und I/06) abzurechnen oder Bewohner des psychosozialen Wohnprojekts in der
Mstraße betroffen seien, auf die sich die jeweilige Ermächtigung nicht erstrecke:
Quartal
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Bescheid der Beklagten vom
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Umfang der nicht anerkannten Abrechnungsfälle
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IV/2005
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14.02.2006
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31 Fälle
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I/2006
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19.06.2006
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28 Fälle
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II/2006
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07.09.2006
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45 Fälle
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III/2006
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16.11.2006
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42 Fälle
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IV/2006
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19.02.2007
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45 Fälle
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I/2007
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01.06.2007
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47 Fälle
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II/2007
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17.08.2007
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45 Fälle
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III/2007
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22.10.2007
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47 Fälle
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IV/2007
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18.02.2008
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48 Fälle
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I/2008
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24.04.2008
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42 Fälle
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II/2008
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06.08.2008
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34 Fälle
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III/2008
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29.01.2009
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40 Fälle
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IV/2008
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14.04.2009
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42 Fälle
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Die hiergegen gerichteten Widersprüche wies die Beklagte mit den Widerspruchsbescheiden vom 19. Februar 2008 (bezüglich der
Quartale IV/05 bis III/07) bzw. 26. Mai 2009 (bezüglich der Quartale IV/07 bis IV/08) zurück.
Bereits am 18. Januar 2008 hatte die Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Ziel erhoben, die Beklagte zur Bescheidung ihrer Widersprüche
bezüglich der Quartale IV/05 bis II/07 zu verpflichten. Während des sozialgerichtlichen Verfahrens änderte die Klägerin ihre
zunächst nur wegen Untätigkeit geführte Klage und erweiterte sie später hinsichtlich der Quartale IV/07 bis IV/08.
Mit Urteil vom 27. Juni 2011 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der o. g. Bescheide antragsgemäß,
der Klägerin "die in den genannten Zeiträumen bei den Teilnehmern des psychosozialen Wohnprojekts, welche der gesetzlichen
Pflege- und Krankenversicherung angehörten, erbrachten und abgeänderten Leistungen zu vergüten." Zur Begründung führte das
Sozialgericht u. a. aus: Die Klage sei entgegen der Ansicht der Beklagten zulässig, auch soweit sie zunächst als Untätigkeitsklage
erhoben und später als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage weitergeführt worden sei. Wegen der jeweils im Tenor der Beschlüsse
des Zulassungsausschusses vom 11. Februar 2002 und 30. Januar 2006 genannten Anzahl der zu versorgenden Personen habe die
Kammer keine Zweifel, dass hierunter auch die Versicherten fallen sollten, die am psychosozialen Wohnprojekt teilnähmen. Insoweit
sei auch zu beachten, dass der zunächst auf nur 66 zu versorgende Personen der Pflegeeinrichtung gerichtete Beschluss des
Zulassungsausschusses vom 30. November 1999 von diesem auf den Widerspruch der Klägerin hin auf (sämtliche) 112 Bewohner der
Pflegeeinrichtung erstreckt worden sei. Unerheblich sei, dass der Zulassungsausschuss die Ermächtigung in einem Umfang erteilt
habe, der ursprünglich möglicherweise nicht vorgesehen gewesen sei und den weder die Beklagte noch die Beigeladenen gewollt
hätten. Da die Beklagte aufgrund eines Schreibens der Klägerin Kenntnis von der Ausgliederung einer Abteilung der Pflegeeinrichtung
in eine Einrichtung der Eingliederungshilfe für psychisch behinderte Menschen gehabt habe, hätte sie auch rechtzeitig gegen
die o. g. Ermächtigungsbeschlüsse des Zulassungsausschusses vorgehen können.
Gegen dieses ihr am 25. August 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 06. September 2011, die
sie wie folgt begründet: Das Sozialgericht habe die von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze zur Auslegung
von Verwaltungsakten weitgehend unbeachtet gelassen und nicht hinreichend berücksichtigt, dass es sich bei den von den Zulassungsgremien
erlassenen Verwaltungsakten um solche mit Drittwirkung handele, weil sie die Krankenkassen, ihre Verbände und die Kassenärztliche
Vereinigung rechtlich bänden. Im vorliegenden Fall habe sich der Zulassungsausschuss objektiv mehrdeutig verhalten. Der Beschluss
des Zulassungsausschusses vom 15. März 2000, auf den die Klägerin ihren Anspruch letztlich stütze, sei offensichtlich rechtswidrig,
weil der vorangegangene Beschluss des Zulassungsausschusses vom 30. November 1999 keine offenbare Unrichtigkeit enthalte,
sondern die (rechtlich völlig zutreffende) Zurückweisung des Antrags auf Ermächtigung auch für die 46 Plätze des psychosozialen
Wohnprojekts. Lediglich aus dem Umstand, dass die Zahl der Bewohner der Pflegeeinrichtung im Tenor des Beschlusses mit 112
angegeben werde und in der Begründung des Beschlusses auf den diesbezüglichen Antrag der Klägerin Bezug genommen werde, könne
man schließen, dass der Zulassungsausschuss die Zurückweisung des Antrags auf Ermächtigung auch für die 46 Plätze des psychosozialen
Wohnprojekts im Beschluss vom 30. November 1999 habe korrigieren wollen. Im Tenor des Bescheides habe der Zulassungsausschuss
dies jedoch nicht eindeutig erklärt. Vor diesem Hintergrund wäre es an der Klägerin gewesen, auf eine Klarstellung zu drängen.
Ihr sei sowohl bekannt, dass die Geschäftsgrundlage der ihr erteilten Ermächtigungen die o. g. Rahmenvereinbarung sei, aber
auch, dass das sozialtherapeutische Wohnprojekt nicht unter diese Rahmenvereinbarung falle. Die Klägerin habe nicht davon
ausgehen können, dass der Zulassungsausschuss mit dem im Tenor seiner Ermächtigungsbescheide verwendeten Begriff "Pflegeeinrichtung"
etwas anderes meine als eine Pflegeeinrichtung im Rechtssinne, wozu das sozialtherapeutische Wohnprojekt gerade nicht gehöre.
Der Klägerin habe auch bekannt sein müssen, dass ihr eine Institutsermächtigung nur wegen der ärztlichen Betreuung bettlägeriger
Patienten erteilt worden sei, ein Gesichtspunkt, der für die Bewohner des sozialtherapeutischen Wohnprojekts keine Anwendung
finden könne. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe sie - die Beklagte - gegen die Ermächtigung der Klägerin zur
Versorgung der Bewohner des sozialtherapeutischen Wohnprojekts keinen Widerspruch einlegen müssen, weil sie bei den wiederkehrenden
Ermächtigungsbescheiden der Pflegeeinrichtung regelmäßig nur den Tenor des Bescheides prüfe. Ein Informationsschreiben der
Klägerin an die Beklagte vom 02. Oktober 1998 - hierauf nehme das Sozialgericht Bezug - finde sich in ihrer Verwaltungsakte
nicht. Jedenfalls habe sie - die Beklagte - nicht damit rechnen müssen, dass der Zulassungsausschuss eine Ermächtigung zur
Versorgung von Personen außerhalb der Pflegeeinrichtung erteile, ohne dies im Tenor seiner Entscheidung eindeutig zum Ausdruck
zu bringen. Ihrer Auffassung nach seien die Leistungen für Bewohner des sozialtherapeutischen Wohnprojekts weder über die
Rahmenvereinbarung noch über die Honorarverteilungsregelungen der Beklagten vergütungsfähig. Die Bewohner des sozialtherapeutischen
Wohnprojektes (stationäre Behinderteneinrichtung) hätten nicht von angestellten Ärzten der stationären Pflegeeinrichtung versorgt
werden dürfen, sondern ausschließlich von niedergelassenen Vertragsärzten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich nicht.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte
sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und des Zulassungsausschusses, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
waren, verwiesen.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Denn die angefochtenen Bescheide
sind rechtswidrig.
I. Streitgegenstand ist nur die Frage, ob die von der Beklagten genannten Behandlungsfälle der Quartale IV/05 bis IV/08 dem
Grunde nach abrechnungsfähig sind. Nur hierauf bezieht sich die Begründung der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden und
nur hierüber streiten die Beteiligten. Streitbefangen ist hingegen nicht die Frage, ob die auf den Behandlungsausweisen aufgeführten
einzelnen Leistungen jeweils vergütungsfähig sind.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Berufungsbegründung nicht überzeugt.
3. Keinerlei Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass die Beklagte bei den wiederkehrenden Ermächtigungsbescheiden der Pflegeeinrichtungen
regelmäßig nur den Tenor des Bescheides prüft. Warum die Tatsache, dass eine Behörde sie betreffende Verwaltungsakte anderer
Behörden pflichtwidrig nur einer oberflächlichen Prüfung unterzieht, sich zulasten der durch die Verwaltungsakte Begünstigten
auswirken soll, bleibt unerfindlich. Zu den von der Beklagten ins Feld geführten, "von Rechtsprechung und Literatur entwickelten
Grundsätzen zur Auslegung von Verwaltungsakten" stünde eine solche Sichtweise jedenfalls in eklatantem Widerspruch. Die für
die Auslegung maßgebliche objektivierte Sichtweise wird nicht davon beeinflusst, dass einzelne Empfänger eines Verwaltungsaktes
intern einen nachlässigen Umgang mit diesem pflegen.
III. Im Hinblick auf den unter I. näher eingegrenzten Streitgegenstand hat der Senat den Tenor des sozialgerichtlichen Urteils
klargestellt. Er ist hierbei mangels entgegen stehender Anhaltspunkte davon ausgegangen, dass auch das Sozialgericht nur dem
Grunde nach über die Abrechnungsfähigkeit der in den Bescheiden angegebenen Behandlungsscheine entscheiden wollte. Da sich
der Tenor des sozialgerichtlichen Urteils möglicherweise auch anders interpretieren ließe, bedurfte es der aus dem Tenor der
Senatsentscheidung ersichtlichen Klarstellung.
IV. In welchem Umfang die im Rahmen der abgelehnten Behandlungsfälle abgerechneten Leistungen zu vergüten sind, bedarf einer
gesonderten Prüfung durch die Beklagte.
Sie wird dabei zu beachten haben, dass sich die die Quartale IV/05 und I/06 betreffende Ermächtigung vom 11. Februar 2002
nach dem Wortlaut des Beschlusstenors abweichend von allen anderen Ermächtigungen neben der allgemeinmedizinischen nicht auf
die psychiatrische, sondern die internistische Grundsversorgung bezieht. Ob es sich insoweit um eine unbeachtliche Falschbezeichnung
entsprechend dem Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" handelt, kann der Senat nicht abschließend beurteilen, weil nicht
erkennbar ist, ob die ihm überlassenen Verwaltungsvorgänge des Zulassungsausschusses vollständig sind. Die Beantwortung der
Frage könnte u.a. davon abhängen, über welche (fach-)ärztliche Qualifikation die im diesbezüglichen Antrag der Klägerin vom
11. Februar 2002 genannten Ärzte verfügen.
Der Vergütung einzelner Leistungen könnte aber auch entgegenstehen, dass sie von bei der Klägerin angestellten Ärzten erbracht
wurden, bevor deren Beschäftigung dem Zulassungsausschuss mitgeteilt wurde. Insofern könnte ein Verstoß gegen die in den Tenor
des Beschlusses vom 30. Januar 2006 aufgenommene Verpflichtung der Klägerin, "Veränderungen in der Versorgungssituation der
Pflegeeinrichtung" unverzüglich mitzuteilen, vorliegen. Zu solchen Veränderungen zählt zweifellos auch neues ärztliches Personal.