Sonderbedarfszulassung eines Vertragspsychotherapeuten zur vertragsärztlichen Versorgung bei Beherrschung einer besonderen
Kommunikationsmethode; Befugnis des GBA zur Normkonkretisierung
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Zulassungsbezirk
Berlin.
Der 1954 geborene Kläger ist Diplompsychologe und Diplomsoziologe. Er ist seit Januar 1999 als Psychologischer Psychotherapeut
approbiert und wurde im Februar 2007 als solcher in das Arztregister der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns eingetragen.
Am 30. Juni 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten seine Sonderbedarfszulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung
als Psychologischer Psychotherapeut. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an: Sein Antrag beziehe sich auf die Unterversorgung
in der psychotherapeutischen Behandlung zweier Klientengruppen, nämlich zum einen von solchen, die nicht sprechen bzw. eine
massive Sprachbehinderung haben und mit einem bereits zugelassenen Therapeuten die Psychotherapie nicht durchführen können,
weil sie nicht verstanden werden, und zum anderen von solchen, die Englisch als Muttersprache sprechen und aufgrund ihres
kulturellen und sozialen Hintergrunds eine Psychotherapie in Englisch durchführen müssen. Zu letzterer Gruppe gehörten etwa
30.000 Menschen in Berlin, die nicht oder kaum Deutsch sprächen. Für diese gebe es nicht genügend Behandler englischer Muttersprache.
Für ein optimales Verständnis und eine optimale Behandlung der Betroffenen sei häufig unabdingbar, dass der Therapeut Englisch
als Muttersprache spreche. Zu ersterer Gruppe gehörten etwa 0,5 % der Bevölkerung Berlins, mithin etwa 17.500 Einwohner. Diese
seien aufgrund von angeborenen, prä-, peri- oder postnatalen sowie durch Unfall oder Krankheit erworbenen Schädigungen lautsprachlich
eingeschränkt. Der überwiegende Anteil sei so stark sprachbehindert bzw. nicht sprechend, dass er in der Regel von einem Fremden
nicht verstanden werde. Eine signifikante Anzahl dieser Personen habe aufgrund der Folgen der Sprachbehinderung emotionale
und psychische Probleme und benötige daher psychotherapeutische Hilfe. Er habe es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit unterschiedlichen
Sprachbehinderungen und insbesondere nicht sprechende Menschen ihren Bedürfnissen gemäß zu behandeln. Auch für diesen Bereich
gebe es nicht genügend zugelassene Kollegen. Im Rahmen seiner Ausbildung habe er eine psychologisch-psychotherapeutische Interventionsmethode,
die AAC-Therapie, entwickelt (augmentative alternative Kommunikation). Durch seine Sonderbedarfszulassung könne auch die Versorgung
dieser Gruppe von Klienten in angemessener Weise gewährleistet werden.
Mit Beschluss vom 10. September 2008 lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte und Psychotherapeuten den Antrag des Klägers
auf Sonderbedarfszulassung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung ab. Eine Unterversorgung mit psychotherapeutischen
Leistungen durch Psychologische Psychotherapeuten bestehe nicht und drohe auch nicht, denn der Landesausschuss der Ärzte und
Krankenkassen habe eine Überversorgung mit 160,2 Prozent festgestellt und daraufhin Zulassungssperren verhängt. Die Voraussetzungen
für eine Sonderbedarfszulassung nach Nr. 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfülle der
Kläger nicht. Von der Sicherstellung der vertragsärztlichen und der vertragspsychotherapeutischen Versorgung seien nur Tätigkeiten
erfasst, die ihrer Natur nach unmittelbar zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung zählten und die der Arzt oder
Psychotherapeut aufgrund seines Fachwissens zu verantworten habe. Die Behebung von Sprachschwierigkeiten zwischen Patienten
und Behandlern bzw. Fremdsprachenkenntnisse seien aber gerade nicht Bestandteil des ärztlichen oder psychotherapeutischen
Fachwissens, sondern Teile der persönlichen Bildung des Behandlers.
Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Widerspruchs hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerspruch beziehe
sich nur auf die Patientengruppe der nicht sprechenden oder schwerst sprachbehinderten Menschen. Zur Gruppe dieser Patienten
gehörten, gemessen an der Klassifikation der ICD-10, u. a. folgende Diagnosen: Artikulationsstörungen, expressive Sprachstörungen,
atypischer Autismus, Rett-Syndrom, sonstige und Bewegungsstereotypien, Asperger-Syndrom, sonstige tiefgreifende Entwicklungsstörungen,
Down-Syndrom, Epilepsien, Angelmann-Syndrom, Multiple Sklerose, Parkinson-Krankheit, Lech-Nyhan-Syndrom, Hydrocephalus congenitus
und spastische Tetraplegie. Viele der Patienten aus diesem Bereich gehörten zum Kreis der Nichtsprechenden, d. h. der Personen,
die sich nicht oder nicht ausreichend lautsprachlich mitteilten könnten. Die vom Kläger beherrschte Methode der Kommunikationshilfe
bestehe in der AAC. Ein Patient erlerne durch die physische, verbale und emotionale Unterstützung des AAC-Therapeuten, mit
der Umwelt auf eine Weise in Kontakt zu treten, dass diese ihn auch verstehen könne. Die AAC-Methode zur Kommunikationshilfe
stelle keine Therapieform im Sinne der psychologisch-psychotherapeutischen Richtlinientherapie dar, sondern sei eine grundlegende
Voraussetzung, um Störungen im interpersonellen, emotionalen und im Verhaltensbereich einer anstehenden Richtlinientherapie
zugänglich zu machen. In B finde sich lediglich ein Verhaltenstherapeut, dem es möglich sei, aufgrund seiner Zusatzqualifikation
zum AAC-Therapeuten mit der genannten Personengruppe zu arbeiten. Insgesamt sei daher die Versorgung der Patientengruppe mit
schweren Spracheinschränkungen aus dem beschriebenen Spektrum in B nicht gewährleistet.
Mit Beschluss vom 25. März 2009 wies der Berufungsausschuss für Ärzte und Psychotherapeuten den Widerspruch des Klägers zurück.
Soweit der Kläger sein Begehren auf die Behandlung von sprachbehinderten Patienten stütze, möge ein Versorgungsbedarf für
eine derartige Patientengruppe in der Tat bestehen. Der Kläger möge auch die Fähigkeit besitzen - anders als andere Behandler
- Menschen mit Sprachbehinderungen besser zu verstehen, wobei die AAC-Therapie die Kommunikation mit den Patienten erleichtern
bzw. ermöglichen könne. Allerdings beziehe sich der Anspruch des Versicherten auf Krankenbehandlung nur auf die Behandlungs-,
nicht aber auf die Kommunikationsform. Auch wenn es sich bei der AAC-Therapie um eine Behandlungsform handeln sollte, müsse
sie dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen. Insoweit liege aber kein Beschluss des Gemeinsamen
Bundesausschusses zur Einführung dieser Behandlungsmethode vor. Die Methode gehöre auch nicht zur allgemein in der Medizin
angewendeten Praxis, was bereits daraus deutlich werde, dass der Kläger sich gerade darauf berufe, er sei einer der wenigen,
die diese von ihm mitentwickelte Methode praktizieren könnten. Jedenfalls sei die AAC-Therapie keine solche, die sich als
Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der
Weiterbildungsordnung umschreiben lasse. Sie sei in der Psychotherapie-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses ebenso
wenig erwähnt wie in den ärztlichen Weiterbildungsordnungen. Von daher scheide diese Methode von vornherein als Grundlage
einer Sonderbedarfszulassung nach § 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie aus.
Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 5. Mai 2010 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf die begehrte Sonderbedarfszulassung noch auf Neubescheidung durch den
Beklagten. Bei der Feststellung des relevanten besonderen Versorgungsbedarfs stehe den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur
eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Vertragsarztsitzes müsse
zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem kompletten Versorgungsbereich unerlässlich sein; die Versorgungslücke
müsse in der gesamten Breite eines Versorgungsbereichs bestehen. Hieran gemessen scheide eine Sonderbedarfszulassung zur Behandlung
von gesetzlich Versicherten, die an einer Sprachbehinderung litten, aus Rechtsgründen aus. Es sei schon kein besonderer Versorgungsbedarf
im Rechtssinne gegeben. Bei Psychologischen Psychotherapeuten kämen als Gründe für einen besonderen Versorgungsbedarf allenfalls
innerhalb eines Planungsbereichs bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen
Behandlungsformen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie oder der Verhaltenstherapie in Frage. Eine besondere Kommunikationsform
wie die AAC erfülle von vornherein nicht die Voraussetzungen von § 24 Buchstabe b der Bedarfsplanungs-Richtlinie, denn bei dieser zusätzlichen Qualifikation des Klägers handele es sich nicht um eine solche nach der Weiterbildungsordnung.
Auch durch eine besondere Kommunikationsform, die einer eigenen Sprache vergleichbar sein möge, seien die Voraussetzungen
von Nr. 24 Buchstabe b der Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht erfüllbar. Die AAC stelle keine in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebene Behandlungsform dar. Es handele sich
lediglich um eine durch den Kläger mitentwickelte Form der Kommunikation mit sprachbehinderten Menschen. Würden lediglich
einzelne spezielle Leistungen, die eine Vertragsarztpraxis in freier Niederlassung nicht sinnvoll auszufüllen vermöge, von
den im Planungsbereich bereits niedergelassenen Vertragsärzten nicht erbracht, so komme allenfalls die Erteilung einer Ermächtigung
in Frage; allerdings könnten auch Leistungen, die - wie die Kommunikationsform der AAC - nicht Gegenstand des Leistungsumfangs
der gesetzlichen Krankenversicherung seien, von vornherein nicht Grundlage einer Ermächtigung sein. Ebenso wenig bestehe ein
lokaler Versorgungsbedarf nach Buchstabe a des § 24 Satz 1 der Bedarfsplanungs-Richtlinie. Ein solcher könne sich nämlich nur aus einer besonderen Lage eines Ortes ergeben, etwa bei weiter Entfernung von Nachbarschaftsorten
oder einer schlechten Verkehrsanbindung. Eine fehlende Bedarfsdeckung für sein gesamtes Fachgebiet der psychologischen Psychotherapie
habe der Kläger nicht behauptet; sie sei auch nicht ersichtlich.
Gegen das ihm am 21. Mai 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Juni 2010 Berufung eingelegt. Zu Unrecht habe das Sozialgericht
die von ihm angewandte Methode der Kommunikation mit nicht sprechenden bzw. sprachbehinderten Patienten mit Muttersprachen
gleichgesetzt. Bei der Methode der AAC komme es nicht auf fehlende Sprachkenntnisse an, sondern auf cerebrale Funktions- und
Entwicklungsstörungen, also auf eine massive Sprachbehinderung. Hinreichende Kommunikation sei für die psychotherapeutische
Behandlung elementar. Die Gruppe der sprachbehinderten Menschen sei in besonderem Maße von psychischen Erkrankungen bedroht.
Es gebe keine zugelassenen Psychotherapeuten, die zu einer ausreichenden Verständigung mit dieser Patientengruppe in der Lage
seien. Gerade mit Blick auf die hohe Suizidalität nicht sprechender bzw. sprachbehinderter Patienten und orientiert an den
Grundsätzen der Nikolaus-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 beanspruche er die Würdigung der
Besonderheiten der fraglichen Patientengruppe. Entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts seien sowohl die tatbestandlichen
Voraussetzungen des Buchstaben b als auch des Buchstaben a des § 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie erfüllt. Für nicht sprechende bzw. lautsprachlich behinderte Versicherte bestehe in allen Richtlinienverfahren ein besonderer
Versorgungsbedarf im Sinne von Buchstabe b, und zwar gemäß Buchstabe a nicht nur in Teilen des Planungsbereichs Berlin, sondern
sogar in ganz Berlin.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. Mai 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. März 2009 aufzuheben und den
Beklagten zu verpflichten, über seinen Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung für die psychotherapeutische Behandlung
Versicherter mit den auf Blatt 69 des Verwaltungsvorgangs des Beklagten (Widerspruchsbegründung des Klägers) beschriebenen
Sprachstörungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die vom Kläger angeführten besonderen Kommunikationsmöglichkeiten
durch Anwendung der AAC-Methode rechtfertigten keine Sonderbedarfszulassung, weil es sich gerade nicht um eine in § 24 Buchstabe b der Bedarfsplanungs-Richtlinie genannte besondere Fachkunde im Rahmen des Richtlinienverfahrens der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie handele.
Unklar sei, in welcher Zahl von Fällen tatsächlich eine so starke Sprechbehinderung bzw. Sprachstörung vorliege, dass tatsächlich
eine Behandlung ausschließlich in Anwendung der vom Kläger beherrschten Kommunikationsmethode möglich sei.
Die Beigeladene zu 1) hat sich dem Antrag des Beklagten angeschlossen.
Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.
Seit 1. Februar 2011 verfügt der Kläger über eine vertragspsychotherapeutische Zulassung als Kinder- und Jugendpsychotherapeut
im Zulassungsbezirk Cottbus. Dort betreibt er gegenwärtig eine vertragspsychotherapeutische Praxis. Er hat erklärt, auf diese
Zulassung verzichten zu wollen, sobald er die begehrte Sonderbedarfszulassung für das Land Berlin erhalte.
Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 22. August 2012 mündlich erörtert.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs und der
Gerichtsakte Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung
war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger
hat keinen Anspruch auf die begehrte Sonderbedarfszulassung.
1. In Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß §
103 Abs.
1 und
2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (
SGB V) wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat - wie hier im Planungsbereich Berlin-Bundeshauptstadt mit Beschluss
vom 21. Februar 2008 für die Zulassung weiterer nichtärztlicher Psychotherapeuten -, sind Zulassungen für die davon betroffenen
Arztgruppen bzw. Psychotherapeuten nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben in § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr.
3, Nr.
4, Nr.
5 und §
103 Abs.
4 und 7
SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung
beschränken oder die Verwertung der Praxis hindern und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen
zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß §
101 Abs.
1 Satz 1
SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss übertragen, der dementsprechend in der Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL, zuletzt geändert am 18. August 2011 [BAnz Nr. 164, S. 3810]) die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen
Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat §
101 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3 SGB V i.V.m.§
24 Buchstaben a bis e, §
25, §
26 BedarfsplRL.
Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den Gemeinsamen Bundesausschuss bestehen keine durchgreifenden
rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen
Fragen selbst entschieden hat (vgl. hierzu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Juni 2010, B 6 KA 22/09 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 12) Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und Gemeinsamem Bundesausschuss sind
dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung zu erlangen,
insbesondere - hier ausschließlich von Belang - im Wege der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 SGB Vi.V.m. § 24 BedarfsplRL).
2. Die in § 24 BedarfsplRL enthaltenen, einen Anspruch auf Sonderbedarfszulassung begründenen Tatbestände sind im Falle des
Klägers nicht erfüllt. Weder besteht ein lokaler Versorgungsbedarf (unten a), noch besteht ein qualitätsbezogener Sonderbedarf
(unten b). Nichts anderes ergibt sich aus den Neuregelungen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes vom 22. Dezember 2011 (unten
c).
a) Nach § 24 Buchstabe a BedarfsplRL darf der Zulassungsausschuss dem Zulassungsantrag unbeschadet angeordneter Zulassungsbeschränkungen
entsprechen, wenn nachweislicher lokaler Versorgungsbedarf in der vertragsärztlichen (oder vertragspsychotherapeutischen)
Versorgung in Teilen eines großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises besteht. Der Tatbestand zielt
auf Besonderheiten in örtlicher Struktur, Verkehrsanbindung und Lage des Planungsbereichs ab. Bestehen so etwa im fraglichen
Versorgungsbereich - sei es Großstadt, sei es Landkreis - gute und schnelle Verkehrsanbindungen aus allen Richtungen auf ein
Zentrum hin, so reicht die in diesem Zentrum anzutreffende Vielfalt an Ärzten und Psychotherapeuten zur Versorgung des gesamten
Versorgungsbereichs typischerweise aus. In einem anderen Versorgungsbereich dagegen - hiervon dürften in erster Linie ländliche
Gegenden, mithin Landkreise und nicht Großstädte betroffen sein - kann die Situation ungünstiger sein: Sind die Ärzte und
Psychotherapeuten z.B. aufgrund der gebirgigen Struktur und schlechten Verkehrsanbindungen von einigen Teilen des Versorgungsbereichs
aus nur unter Aufwendung erheblicher Zeit und Mühe erreichbar, so kann hier der Tatbestand "lokaler Versorgungsbedarf" in
Teilen eines Versorgungsbereichs gegeben sein (so Bundessozialgericht, aaO., Rdnr. 17). Damit liegt auf der Hand, dass das
Kriterium des lokalen Versorgungsbedarfs im Falle des Klägers - obwohl von diesem nachdrücklich für sich reklamiert - nicht
weiter führt. Berlin verfügt als Großstadt über einen flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehr; mit seiner Praxis
im Stadtteil Charlottenburg liegt der Kläger im Herzen der Stadt. Defizite in örtlicher Struktur, Verkehrsanbindung und Lage
des Planungsbereichs bestehen insoweit nicht ansatzweise.
b) Nach § 24 Buchstabe b Satz 1 BedarfsplRL darf der Zulassungsausschuss dem Zulassungsantrag unbeschadet angeordneter Zulassungsbeschränkungen
entsprechen, wenn ein besonderer Versorgungsbedarf vorliegt, "wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts, einer fakultativen
Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist". Voraussetzung
für eine Zulassung ist insoweit u.a. (Satz 3), dass die ärztlichen (oder psychotherapeutischen) Tätigkeiten des qualifizierten
Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen.
Auch diese Voraussetzungen sind zur Überzeugung des Senats in der Person des Klägers nicht erfüllt. Denn es fehlt bereits
daran, dass ein besonderer Versorgungsbedarf vorliegt, "wie er durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung
oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist". Diese für den ärztlichen
Bereich normierten Voraussetzungen können im Fall von Psychologischen Psychotherapeuten nur entsprechend angewandt werden
(vgl. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB Vsowie§ 1 Abs. 3 Nr. 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte [Ärzte-ZV]) Mithin kommen bei ihnen als Gründe für einen besonderen Versorgungsbedarf lediglich innerhalb eines Planungsbereichs
bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen der psychoanalytisch
begründeten Verfahren oder der Verhaltenstherapie in Frage (siehe §§ 13 und 14 Abs. 2 der Psychotherapie-Richtlinien des Gemeinsamen
Bundesausschusses, zuletzt geändert am 14. April 2011, BAnz Nr. 100, S. 2424). Hieran gemessen erfüllen etwa besondere Sprachkenntnisse
eines Psychologischen Psychotherapeuten von vornherein nicht die Voraussetzungen von § 24 Buchstabe b Satz 1 der BedarfsplRL;
auch im Rahmen der Versorgung mit Leistungen der Psychotherapie gehört die Gewährleistung einer Verständigung aller Versicherten
mit den an der Versorgung beteiligten Leistungserbringern in ihrer jeweiligen (nichtdeutschen) Muttersprache nicht zum Leistungsumfang
der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. zu alledem Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Oktober 2007, B 6 KA 31/07 R, Rdnr. 25, 27).
Mit der Fallgruppe der Versorgung von Patienten in ihrer jeweiligen Muttersprache ist das Begehren des Klägers unmittelbar
vergleichbar. Der Kläger beabsichtigt für den Fall seiner Sonderbedarfszulassung ausschließlich die Durchführung der in den
Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen. Insoweit besteht im Planungsbereich der Großstadt Berlin eine
Überversorgung, was auch vom Kläger nicht angezweifelt wird. Ihm geht es ausdrücklich nur um ein "Vehikel der Verständigung"
(so die von ihm selbst gewählte Bezeichnung) mit der Gruppe der sprachbehinderten Patienten in Gestalt der AAC-Methode. Begehrt
wird damit nicht die von § 24 Buchstabe b Satz 1 BedarfsplRL gemeinte Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs für
eine relevante Behandlungsmethode, sondern aufgrund der Beherrschung einer besonderen Verständigungsmethode.
Seine vom Gericht nicht anzuzweifelnde Kompetenz im Bereich der AAC-Methode mag den Kläger damit zu einem besonders befähigten
Psychologischen Psychotherapeuten machen. Allein seine besondere Qualifikation als Therapeut begründet aber keinen besonderen
Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchstabe b Satz 1 der BedarfsplRL. Denn grundsätzlich können (behauptete) qualitative
Unterschiede bei der Leistungserbringung keinen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung begründen. Es ist in typisierender
Betrachtung davon auszugehen, dass die niedergelassenen (Ärzte und) Psychotherapeuten aufgrund ihres gleichwertigen Ausbildungs-
und Weiterbildungsstandes dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprechen (vgl. Pawlita
in jurisPK-
SGB V, Rdnr. 60 zu §
101; Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Juni 2000, B 6 KA 35/99 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 40).
c) Nichts anderes ergibt sich aus den Neuregelungen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes vom 22. Dezember 2011 (Art. 1 Nr.
35 Buchst. a aa bbb, BGBl. I S. 2983), mit dem die gesetzliche Ermächtigung für den Gemeinsamen Bundesausschuss in §
101 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3 SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 2012 modifiziert worden ist.
Bislang lautete die Vorschrift: "Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über (...) (Nr. 3)
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen
Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, (...)".
Nunmehr lautet die Norm: "Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über (...) (Nr. 3) Vorgaben
für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung
in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf
insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken, (...)".
In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/6906, S. 73 f.) heißt es hierzu, der Regelungsauftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss
werde sprachlich präziser gefasst und erweitert. Die Sonderbedarfszulassung werde als Instrument zur Feinsteuerung der Versorgungssituation
funktionstüchtig ausgestaltet. Es obliege dem Gemeinsamen Bundesausschuss, die Vorgaben und Konstellationen so zu konkretisieren,
dass die Erteilung einer Sonderzulassung im Bedarfsfall erleichtert werde. Dieser Sonderbedarf könne entweder räumlich begründet
sein oder sich qualitätsbezogen auf bestimmte Leistungen bzw. Leistungsbereiche (z.B. HIV-Betreuung) beziehen.
Unabhängig davon, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Bedarfsplanungs-Richtlinie im Lichte dieser geänderten gesetzlichen Ermächtigung noch nicht geändert hat, enthält die Neufassung der gesetzlichen Ermächtigung
zur Überzeugung des Senats keine wesentliche Änderung, die über das System der bisher getroffenen Regelung entscheidend hinausginge.
Es bleibt nämlich bei den bisherigen Ansätzen des örtlich begründeten bzw. des qualitätsbezogenen Sonderbedarfs. Beide Ansätze
vermögen aber - wie oben ausgeführt - einen Anspruch auf Sonderbedarfszulassung nicht zu begründen.
Gründe für die Zulassung der Revision, §
160 Abs.
2 SGG, liegen nicht vor.