Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2011 ist gemäß §§
172 Abs.
1,
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
1.) Soweit der Antragsteller mit seinem ausdrücklich gestellten Antrag begehrt hat, den Antragsgegner im Wege einstweiliger
Anordnung zu verpflichten, die Ermächtigung des Antragstellers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung vorläufig bis
zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte und Psychotherapeuten
vom 12. Januar 2011 in eine Zulassung umzuwandeln, hat das Sozialgericht den Antrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Denn dem
Antragsteller fehlt für dieses Begehren ein eiliges Regelungsbedürfnis und damit ein Anordnungsgrund nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschlüsse vom 11. Dezember 2009, L 7 KA 143/09 ER sowie vom 27. Januar 2010, L 7 KA 139/09 B ER, jeweils zitiert nach juris) besteht in aller Regel kein eiliges Regelungsbedürfnis und damit kein Anordnungsgrund für
eine einstweilige Anordnung, mit der einem Antragsteller ein vertragsärztlicher Status - z. B. eine Zulassung oder Ermächtigung
- zugesprochen werden soll. Denn ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zielt darauf ab, vorläufige Regelungen herbeizuführen,
während Statusentscheidungen stets endgültigen Charakter haben und damit die Hauptsache vorwegnehmen; zumindest die während
der Dauer ihrer vorübergehenden Geltung erbrachten Leistungen können nachträglich nicht vollständig rückabgewickelt werden.
Um eine solche Statusentscheidung - die Umwandlung einer (befristeten) Ermächtigung in eine (bedarfsunabhängige) Zulassung
- wird auch hier gestritten. Allerdings hat der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG in diversen Entscheidungen,
in denen um eine (rückwirkende) Statusentscheidung bzw. Genehmigung gestritten wurde, anklingen lassen, dass er eine nur vorläufig
erteilte Genehmigung auch in diesen Angelegenheiten nicht für ausgeschlossen hält (so Urteile vom 31. Mai 2006, B 6 KA 7/05 R - für die Verlegung des Vertragsarztsitzes -, vom 5. November 2003, B 6 KA 11/03 R - für die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes -, vom 11. September 2002, B 6 KA 41/01 R, und Beschluss vom 28. September 2005, B 6 KA 19/05 B - jeweils für die Zulassung als Psychotherapeut -, außerdem in einer kostenrechtlichen Entscheidung: Urteil vom 17. Oktober
2007, B 6 KA 4/07 R; alle veröffentlicht in juris). Diese Rechtsprechung schließt es jedoch nicht aus, als Ausnahme zur in der Rechtsprechung
des Senats entwickelten o.g. Regel einen vertragsärztlichen Status im Wege einstweiligen Rechtsschutzes dann zuzuerkennen,
wenn der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch völlig unzweifelhaft besteht oder die Interessenlage zu Gunsten eines
Antragstellers so eindeutig ist, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache geboten erscheint.
Hieran fehlt es im vorliegenden Fall jedoch. Denn die erforderliche gründliche Prüfung aller vom Antragsteller dem Zulassungsausschuss
zum Beleg der Nachqualifikation vorgelegten Unterlagen (ein Teil wurde erst am 31. Januar 2011 überreicht) war bisher noch
nicht möglich, zumal noch nicht einmal eine Verwaltungsentscheidung über die erfolgreiche Nachqualifikation der in § 12 Abs.
1 und 3 Satz 2 des Psychotherapeutengesetzes genannten Voraussetzungen vorliegt, wie das Sozialgericht in seinem Beschluss
(S. 7 und 8) festgestellt hat. Bei dieser Sachlage kann von einem unzweifelhaften Bestehen eines Zulassungsanspruchs keine
Rede sein.
b) Vor allem ist der Antragsteller zur Fortsetzung seiner vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit, aus der er nach seinem
Vorbringen ganz überwiegend seinen Lebensunterhalt bestreitet, nicht auf die vorläufige Zuerkennung einer Zulassung angewiesen,
weil die ihm vom Antragsgegner mit Beschluss vom 11. Januar 2006 erteilte Ermächtigung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung
nach §
95 Abs.
11 SGB V bis zur bestandskräftigen Entscheidung der Zulassungsgremien über die Umwandlung der Ermächtigung in eine Zulassung fortbesteht.
Deshalb gebietet auch die Interessenlage nicht, dem Antragsteller unter Vorwegnahme der Hauptsache schon jetzt eine - auch
nur vorläufige - Zulassung zuzusprechen.
aa) Nach §
95 Abs.
11 Satz 4
SGB V hat der Zulassungsausschuss bei Nachweis des erfolgreichen Abschlusses der Nachqualifikation auf Antrag die Ermächtigung
in eine Zulassung umzuwandeln. Das bedeutet, dass der Psychotherapeut die Zulassung unabhängig von einer in seinem Planungsbereich
eventuell bestehenden Zulassungssperre erhält (BT-Drs. 13/8035 S. 22). Die Ermächtigung des Psychotherapeuten erlischt bei
Beendigung der Nachqualifikation, spätestens fünf Jahre nach Erteilung der Ermächtigung; sie bleibt jedoch bis zur Entscheidung
des Zulassungsausschusses erhalten, wenn der Antrag auf Umwandlung bis fünf Jahre nach Erteilung der Ermächtigung gestellt
wurde (§
95 Abs.
11 Satz 5
SGB V). Grundsätzlich erlischt deshalb spätestens nach fünf Jahren die Möglichkeit, im Rahmen der Ermächtigung an der vertragspsychotherapeutischen
Versorgung teilzunehmen. Stellt der Psychotherapeut den Antrag auf Umwandlung der Ermächtigung in eine Zulassung allerdings
vor Ablauf dieser Frist, so bleibt die Ermächtigung bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses erhalten. Damit wird den
Fällen Rechnung getragen, in denen der Zulassungsausschuss trotz rechtzeitiger Antragstellung vor Ablauf der Fünfjahresfrist
nicht entschieden hat (BT-Drs. 13/8035).
bb) Mit Blick auf die Freiheit der Berufswahl und -ausübung aus Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) sowie das Recht auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art.
19 Abs.
4 GG ist §
95 Abs. 11 Satz 5 letzter Halbsatz
SGB V dahin auszulegen, dass die Ermächtigung mit dem Ziel der Nachqualifikation bis zur bestandskräftigen Entscheidung der Zulassungsgremien
(Zulassungs- und Berufungsausschuss) über die Umwandlung der Ermächtigung in eine bedarfsunabhängige Zulassung fortbesteht
(a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Januar 2008, L 11 KA 103/06: maßgeblich ist der Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des Zulassungsausschusses); der Wortlaut der Vorschrift lässt
eine solche Auslegung zu. Sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, dass die Ermächtigung
zur Nachqualifikation grundsätzlich nach fünf Jahren erlischt. Aus §
95 Abs.
11 Satz 5
SGB V folgt außerdem, dass eine Umwandlung der Ermächtigung in eine Zulassung nicht (mehr) in Betracht kommt, wenn der Psychotherapeut
den hierfür erforderlichen Antrag erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist stellt, selbst wenn er die Voraussetzungen der Umwandlung
erfüllt. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass in diesem Fall seine Ermächtigung zur Nachqualifikation zum Zeitpunkt
der Antragstellung bereits erloschen war und die Umwandlung einer bereits erloschenen Ermächtigung in eine Zulassung ausgeschlossen
ist. Deshalb ordnet der letzte Halbsatz des §
95 Abs.
11 Satz 5
SGB V auch an, dass die Ermächtigung im Falle der rechtzeitigen Antragstellung innerhalb der Fünfjahresfrist bis zur Entscheidung
des Zulassungsausschusses fortbesteht. Würde man insoweit auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses bzw.
die Zustellung seiner Entscheidung abstellen, würde die Ermächtigung zur Nachqualifikation zu diesem Zeitpunkt endgültig erlöschen
mit der Folge, dass eine Umwandlung der Ermächtigung in eine Zulassung danach nicht mehr möglich wäre, selbst wenn der Psychotherapeut
die Nachqualifikationsvoraussetzungen innerhalb der Fünfjahresfrist erbracht und nachgewiesen hatte, die Entscheidung des
Zulassungsausschusses also rechtswidrig war. Der Betroffene wäre dann darauf angewiesen, sich um eine bedarfsabhängige Zulassung
zu bemühen, die er im gesperrten Zulassungsbezirk u.U. überhaupt nicht mehr, jedenfalls aber nur unter erheblich erschwerten
Voraussetzungen erhalten könnte. Ein solches Ergebnis ist weder im Lichte des Rechts der Psychotherapeuten aus Art.
12 Abs.
1 noch aus Art.
19 Abs.
4 GG haltbar, weil eine rechtswidrige staatliche Entscheidung zu einem möglicherweise irreparablen Rechtsverlust führen könnte.
Es ist darüber hinaus mit Blick auf den Gleichheitssatz aus Art.
3 Abs.
1 GG auch nicht zu rechtfertigen, dass die Säumnis des Zulassungsausschusses, rechtzeitig innerhalb der Fünfjahresfrist zu entscheiden,
zu einer rechtserhaltenden Verlängerung der Ermächtigung führt, während diese Wirkung bei einer rechtswidrigen Entscheidung
des Zulassungsausschusses nicht eintreten soll, obwohl die rechtswidrige Entscheidung (mindestens) ebenso wie die verspätete
in gleicher Weise belastend in die Grundrechte aus Art.
12 Abs.
1 und Art.
19 Abs.
4 GG eingreift. Aus den vorliegenden verfassungsrechtlichen Erwägungen folgt schließlich, dass es für die Fortdauer der Nachqualifikationsermächtigung
nicht darauf ankommt, ob der Zulassungsausschuss innerhalb oder erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist entschieden hat.
2.) Mit Blick auf das Ziel, das der Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verfolgt,
nämlich bis zu einer bindenden Entscheidung über den Erfolg der Nachqualifikation weiter an der vertragspsychotherapeutischen
Versorgung teilnehmen zu können, ist dem Antrag des Antragstellers konkludent der Hilfsantrag zu entnehmen, die Fortdauer
seiner Ermächtigung bis zur bestandskräftigen Entscheidung über seinen Antrag auf Umwandlung der Ermächtigung in eine (bedarfsunabhängige)
Zulassung festzustellen.
a) Dies hat auf telefonische Nachfrage sein Prozessbevollmächtigter bestätigt. Von dieser neuen prozessualen Situation ist
auch der Vorsitzende des Antragsgegners telefonisch unterrichtet worden, so dass die Rechte der Hauptbeteiligten auf rechtliches
Gehör gewahrt wurden. Der Senat hat daher - nicht zuletzt auch im Interesse der vom Antragsteller derzeit behandelten Versicherten
der gesetzlichen Krankenversicherung - unmittelbar nach ihrem Eingang über die Beschwerde entschieden.
b) Sie ist mit ihrem Hilfsantrag im Hinblick auf die obigen Ausführungen zulässig, weil der Antragsteller ein schützenswertes
Interesse an der Feststellung hat, dass sein derzeitiger Zulassungsstatus bis zur endgültigen Klärung des Ergebnisses der
Nachqualifikation sowohl für die Zulassungsgremien als auch für die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung zur Sicherung
einer weiteren Vergütung verbindlich festgestellt wird. Aus den bereits dargelegten verfassungsrechtlichen Gründen ist der
Antrag auch begründet; insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i.V.m. §§
155 Abs.
1,
162 Abs.
3 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Im Hinblick auf das teilweise Unterliegen beider Beteiligter hält der Senat eine gleichmäßige Kostenbelastung beider Hauptbeteiligter
für angemessen.
4.) Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird gemäß §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 20.000 € festgesetzt; der Senat macht sich insofern die Erwägungen des Sozialgerichts aus dem Schreiben vom 22. Februar
2011 an die Beteiligten zu Eigen. Der Hilfsantrag erhöht den Wert des Verfahrensgegenstandes nicht (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).