Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags
Summarische Prüfung der Erfolgsaussichten eines Begehrens
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. Oktober 2019 ist gemäß §§ 172
Abs. 1, Abs.
3 Nr.
2,
173, 73a Abs.
4 und Abs.
8 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig und begründet. Ihrer Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass das Sozialgericht in dem angefochtenen
Beschluss über eine Erinnerung der Klägerin gegen einen Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gemäß §
73a Abs.
8 SGG entschieden hat und dieser Beschluss nach dieser Vorschrift endgültig, d.h. unanfechtbar ist.
1.) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hatte mit Beschluss vom 06. April 2018 den Antrag der Klägerin auf Gewährung von
Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, dass diese innerhalb der ihr vom Gericht gesetzten Fristen Angaben über ihre
persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht bzw. bestimmte Fragen nicht oder nur ungenügend beantwortet
habe. Gegen diese Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nach §
73a Abs.
4 Satz 2 1. Halbsatz
SGG hat die Klägerin gemäß §
73a Abs.
8 SGG zulässig das Gericht angerufen; Aufgabe des Richters wäre es nach §
73a Abs.
8 SGG ausschließlich gewesen, die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu überprüfen, d.h. er hätte seine Entscheidung
in dem Erinnerungsverfahren auf die Überprüfung der sozialgerichtlichen Entscheidung über das Vorliegen der persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse für die Gewährung von Prozesskostenhilfe beschränken müssen. Nur bei der Beschränkung des Streitgegenstands
auf diese Teilfrage ist die vom Gesetz angeordnete Endgültigkeit der richterlichen Entscheidung nach §
73a Abs.
8 SGG gerechtfertigt. Denn nur wenn das Sozialgericht das Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verneint,
soll es bei der vom Sozialgericht getroffenen Entscheidung sein Bewenden haben und eine Entscheidung des LSG ausgeschlossen
sein (vgl. nur §
172 Abs.
3 Nr.
2 a)
SGG).
2.) Das Sozialgericht ist in seiner Entscheidung nach §
73a Abs.
8 SGG jedoch mit keinem Wort auf die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingegangen, hat die Frage des Vorliegens
der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen völlig übergangen und allein zur Erfolgsaussicht des Antrags auf Gewährung
von Prozesskostenhilfe entschieden. Das ist mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren und führt zur Begründetheit der Beschwerde:
Die Klägerin musste die Entscheidung des Sozialgerichts nach §
73a Abs.
4 Satz 2
SGG mit der Erinnerung angreifen, um diese nicht formell rechtskräftig werden zu lassen. Sie hatte einen Anspruch darauf, dass
diese Entscheidung nach Anrufung des Sozialgerichts durch den Richter überprüft wurde. Der Richter kann diesen Anspruch nicht
einfach dadurch übergehen, dass er nunmehr gleich zur Sache, d.h. zu den Erfolgsaussichten der Sache entscheidet. Wählt er
den Weg der Prüfung und Entscheidung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle,
muss er auch den in §
73a Abs.
8 SGG vorgezeichneten Weg weitergehen und darf nicht zur Abkürzung des Verfahrens etwa nach §
73a Abs.
6 SGG wieder ins "normale" gerichtliche Verfahren zurückkehren. Dementsprechend wird das Sozialgericht nun noch einmal über die
Erinnerung zu entscheiden haben.
3.) Im Übrigen gibt der sozialgerichtliche Beschluss dem Senat Anlass darauf hinzuweisen, dass darin die Entscheidung über
den von der Klägerin geltend gemachte Krankengeldanspruch schon nach seiner Länge (insgesamt 10 Seiten), aber auch nach seinem
Inhalt nach Art eines Urteils bzw. einer Gerichtsbescheides vorweggenommen worden ist. Dies ist jedoch weder mit der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts noch des erkennenden Senats zu vereinbaren. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes
soll die Prüfung der Erfolgsaussicht im Rahmen des §
114 ZPO nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe
vorzuverlagern. Dieses darf nicht an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten, weil das Prozesskostenhilfeverfahren den
Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz fordert, nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen soll (BVerfG,
Kammerbeschluss vom 19. Februar 2008, 1 BvR 1807/07, zitiert nach juris, sowie BVerfGE 81, 347,357). Im Hinblick auf die fehlende Aussicht auf Erfolg einer Klage oder eines Antrages im vorläufigen Rechtsschutzverfahren
darf Prozesskostenhilfe nur verweigert werden, wenn die Klage bzw. der Antrag (bei summarischer Prüfung) völlig aussichtslos
ist oder ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist
(BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2005, 1 BvR 175/05; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. August 2019 - L 9 KR 279/19 B PKH -, jeweils zitiert nach juris). Sollten die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für eine Bewilligung von
Prozesskostenhilfe nach der erneuten Prüfung durch das Sozialgericht vorliegen, wird sich das Sozialgericht sodann ebenfalls
noch einmal mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht doch gegeben ist, was nach
seiner im vorliegenden Verfahren getroffenen Entscheidung eher zu bejahen als zu verneinen sein dürfte.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
73 a SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177).