Feststellung weiterer Entgelte für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
der ehemaligen DDR in Form jährlicher Jahresendprämien
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte
des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1974
bis 1989 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.
Der Kläger ist nach einem Studium an der Ingenieurschule für Bergbau und Energetik seit 26. Juli 1974 berechtigt, die Berufsbezeichnung
"Ingenieur" zu führen. Er war vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Ingenieur im Schichtbetrieb,
Schichtleiter für Betriebs-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Mitarbeiter für Technologie sowie Mitarbeiter für Betriebsführung
im volkseigenen Betrieb (VEB) Kraftwerke "Völkerfreundschaft" H beschäftigt. Er war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen
Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2002 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1974 bis 30. Juni
1990 als nachgewiesene Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten
Arbeitsentgelte fest.
Am 9. Oktober 2007 beantragte der Kläger, unter Vorlage einer Verdienstbescheinigung der Vereinigten Energiewerke Aktiengesellschaft
(VEAG) Kraftwerk H/H vom 15. März 1993, die rückwirkende Neufeststellung der Zusatzversorgungszeiten unter Einbeziehung der
Prämien, insbesondere der Jahresendprämien. In der Verdienstbescheinigung der VEAG waren die im Zeitraum vom 1. September
1974 bis 30. Juni 1990 erzielten Arbeitsentgelte bescheinigt. Hinsichtlich gezahlter Treueprämien und Jahresendprämien war
in der Verdienstbescheinigung ausgeführt, dass zusätzlich zum Jahresbruttoverdienst die Gewährung einer Jahresendprämie von
ca. 95 Prozent eines durchschnittlichen Monatsverdienstes erfolgt sei und Treueprämien in den Jahren 1977 bis 1979 in Höhe
von fünf Prozent vom Jahresbruttolohn, in den Jahren 1980 bis 1989 in Höhe von acht Prozent vom Jahresbruttolohn und im Jahr
1990 in Höhe von 100 Prozent einer durchschnittlichen Monatsvergütung, die am Ende eines Geschäftsjahres erreicht wurde, gewährt
worden seien. Dabei waren in der Bescheinigung die zusätzlichen Treueprämien für die Jahre 1977 bis 1990 jeweils mit einem
konkreten Betrag ausgewiesen. Einzelhöhen zu den gewährten Jahresendprämien oder eine Differenzierung nach einzelnen Jahren
erfolgten diesbezüglich nicht. Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens fragte die Beklagte mit Schreiben vom 24. September 2008
den Rechtsnachfolger des Beschäftigungsbetriebes nach vorhandenen Nachweisen hinsichtlich der begehrten Prämien an. Der Rechtsnachfolger
der VEAG, die Firma b ..., teilte mit Schreiben vom 30. September 2008 erneut die Bruttoverdienste des Klägers im Zeitraum
vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 mit und führte aus, in den bescheinigten Bruttoverdiensten seien keine Prämien oder
Jahresendprämien enthalten, da Nachweise hierzu nicht mehr vorlägen.
Mit Feststellungsbescheid vom 22. Dezember 2008 stellte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 als nachgewiesene Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung
der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte, die mit der Bescheinigung der VEAG vom
15. März 1993 in Form der Bruttoverdienste und der Treueprämien bestätigt wurden, fest und hob den Bescheid vom 3. Juli 2002,
soweit er entgegenstand, auf. Darüber hinausgehende Entgelte, insbesondere in Form der begehrten Anerkennung der Jahresendprämien,
wurden nicht festgestellt, da nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden sei, dass Jahresendprämien zugeflossen seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 5. Januar 2009 Widerspruch und machte geltend, Jahresendprämien seien als zusätzliche Entgelte
festzustellen, da sich aus der Bescheinigung der VEAG vom 15. März 1993 eindeutig ergebe, dass zusätzlich zum Jahresbruttoverdienst
eine Jahresendprämie von 95 Prozent des durchschnittlichen Monatsverdienstes gewährt worden sei. Den Widerspruch wies die
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2009 zurück.
Die hiergegen am 19. März 2009 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden mit Urteil vom 5. Juli 2012 abgewiesen und zur
Begründung ausgeführt: Der Kläger habe den Zufluss einer jährlich wiederkehrend zugeflossenen Jahresendprämie sowie deren
Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Die Bescheinigung der VEAG vom 15. März 1993 enthalte keine konkreten sondern
- nicht hinreichende - ungefähre, wohl geschätzte, Angaben. Weitere Nachweise seien nicht vorhanden, sodass ein bestimmter
berücksichtigungsfähiger Jahresendprämienzahlbetrag für die streitigen Kalenderjahre nicht glaubhaft gemacht worden sei.
Gegen das ihm am 13. Juli 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Juli 2012 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren
weiterverfolgt. Die VEAG habe eindeutig bescheinigt, dass zusätzlich zum Jahresbruttoverdienst die Gewährung einer Jahresendprämie
von ca. 95 Prozent eines durchschnittlichen Monatsverdienstes erfolgt sei. Diese Bescheinigung sei vom damaligen Personalchef
der VEAG unterschrieben worden. Weitere Nachweise habe er nicht und habe er auch auf nochmalige Nachfrage beim Rechtsnachfolger
des Betriebes nicht erhalten. Die vorhandenen Monatsverdienste und die Aussage "95 Prozent" würden eine ausreichende Berechnung
zulassen.
Der Kläger beantragt - sinngemäß und sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 5. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22.
Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 zu verurteilen, den Bescheid vom 3. Juli 2002
dahingehend abzuändern, dass Jahresendprämien für den Zeitraum von 1974 bis 1989 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen
Zusatzversorgungszeiten festzustellen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schriftsätzen vom jeweils 26. Februar 2013 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreites
durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des
Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt
haben (§
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat. Der
Neufeststellungs- und Teilablehnungsbescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 27. Februar 2009 ist rechtmäßig, weil mit dem Feststellungsbescheid vom 3. Juli 2002, soweit er nicht durch den Neufeststellungs-
und Teilablehnungsbescheid vom 22. Dezember 2008 eine inhaltliche Abänderung erfuhr, weder das Recht unrichtig angewandt,
noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch
[SGB X]). Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Arbeitsentgelte im Zeitraum von 1974 bis 1989 in Form
der begehrten Jahresendprämien im Rahmen der bereits anerkannten Beschäftigungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz. Seine dahin gerichtete Klage ist teilweise unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (dazu
nachfolgend unter 1.), im Übrigen ist sie unbegründet, weil der geltend gemachte materielle Anspruch nicht besteht (dazu nachfolgend
unter 2.).
1. Die auf Feststellung höherer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämien gerichtete, kombinierte Anfechtungs-
und Verpflichtungsklage ist, soweit mit ihr die Berücksichtigung höherer Arbeitsentgelte für die Jahre 1977 bis 1981 sowie
für das Jahr 1983 begehrt wird, unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die vom Kläger begehrten zusätzlichen
AAÜG-relevanten Entgeltfeststellungen haben für den Kläger - betreffend die Jahre 1977 bis 1981 sowie das Jahr 1983 - im Ergebnis
keinen wirtschaftlichen Wert und sind von Rechts wegen auch nicht zu treffen, weil mit den Entgeltfeststellungen in dem angefochtenen
Neufeststellungsbescheid vom 22. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 die maßgeblichen,
höchstens zu berücksichtigenden, tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte bereits überschritten sind. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG für jedes Kalenderjahr als Verdienst im Sinne des §
256a Abs.
2 SGB VI (nur) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage
3 zum AAÜG zu Grunde zu legen. Entgelte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sind daher nicht festzustellen, weil sie sich nicht rentensteigernd
auswirken können. Im Fall des Klägers sind im zuletzt maßgeblichen Neufeststellungsbescheid vom 22. Dezember 2008 diese Höchstgrenzen
- betreffend die Jahre 1977 bis 1981 sowie das Jahr 1983 - bereits erreicht, so dass er auch in der Folge der begehrten zusätzlichen
Entgelte keine höhere Rentenleistung erreichen kann. Dazu wird auf folgende Übersicht verwiesen:
Jahr
|
Jahreshöchstverdienste nach § 6 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 3 AAÜG
|
bereits mit Bescheid vom 22. Dezember 2008 festgestellte Jahresentgelte
|
1977
|
14.395,09
|
18.067,78
|
1978
|
15.351,10
|
17.723,13
|
1979
|
16.143,14
|
17.233,44
|
1980
|
16.149,71
|
17.531,26
|
1981
|
16.690,90
|
18.230,76
|
1983
|
18.389,68
|
19.154,55
|
Es besteht damit für den Kläger kein Bedürfnis die gerichtlichen Ressourcen zur Überprüfung der angefochtenen Bescheide und
zur begehrten Feststellung weiterer zusätzlicher Arbeitsentgelte (oberhalb der Jahreshöchstverdienste nach § 6 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 3 AAÜG) - betreffend die Jahre 1977 bis 1981 sowie das Jahr 1983 - in Anspruch zu nehmen. 2. Im Übrigen ist die Klage, auch für
die anderen Jahre, unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Arbeitsentgelte hat.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren
(§
149 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat
die Beklagte mit den Feststellungsbescheiden vom 3. Juli 2002 und 22. Dezember 2008 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem
Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Recht nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§
256a Abs.
2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 SGB IV und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des
Betriebs für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt,
dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§
256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem
"aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen
unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall
mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen
der Verteilung nach Arbeitsleistung". Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen
ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter
mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben
galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [AGB-DDR]) und damit auch für die Jahresendprämie (§
118 Abs. 1 und 2 AGB-DDR). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war
auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch"
auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag
vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe
erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen,
die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt
hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren,
vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.).
Mithin wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung
zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem
einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen,
also tatsächlich gezahlt worden ist. Dies ist dem Kläger vorliegend nicht gelungen.
Gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Nach Auffassung
des Senats ist vorliegend neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, auch die Möglichkeit
der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des
§ 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der
glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben oder Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen
konnte dieser nicht vorlegen. Der Kläger selbst verfügt über keine Unterlagen, mit denen er die Höhe der Jahresendprämie belegen
könnte, wie er selbst im Laufe des Verfahrens mehrfach ausführte. Aus der Verdienstbescheinigung der VEAG vom 15. März 1993
(Bl. 11-13 der Verwaltungsakte und Bl. 2-4 der Gerichtsakte) ergibt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - kein Nachweis
des Zuflusses einer regelmäßig wiederkehrend gezahlten Jahresendprämie in jedem der einzelnen Beschäftigungsjahre. Der Erklärungswert
der Bescheinigung beschränkt sich auf die Mitteilung, dass zusätzlich zum Jahresbruttoverdienst die "Gewährung einer Jahresendprämie
von ca. 95 Prozent eines durchschnittlichen Monatsverdienstes" erfolgte. Die Bescheinigung ist unkonkret und unspezifisch,
weil sie zum einen nur einen Circa-Wert, also einen geschätzten Wert, angibt und weil sie zum anderen weder zwischen den einzelnen
Beschäftigungsjahren, noch den in den jeweiligen Jahren gezahlten konkreten Beträgen differenziert. Die Bescheinigung operiert
hinsichtlich der Jahresendprämien nicht mit konkreten Werten und basiert, wie sich im Umkehrschluss zu den sowohl ausgewiesenen
Jahresbruttoverdiensten als auch angegebenen Treueprämien, die jeweils für die einzelnen Jahre in ihrer konkreten, jährlich
differierenden Höhe beziffert sind, ergibt, nicht auf entsprechenden schriftlichen Lohnunterlagen; anderenfalls wäre es ein
Leichtes gewesen auch die Jahresendprämien genauso wie die anderen Lohnbestandteile exakt beziffert auszuweisen, zumal im
Jahr 1993 noch zeitnah zu den Auszahlungen eine Bezifferung möglich gewesen wäre, hätten Unterlagen hierüber existiert. Der
unspezifischen Angabe lagen daher keinerlei schriftliche Lohnbelege zu Grunde. Nachweise zu gezahlten Jahresendprämien liegen
auch nicht mehr vor, wie aus dem Schreiben der Firma b vom 30. September 2008 und aus den Erklärungen des Klägers, der sich
im Laufe des Gerichtsverfahrens ebenfalls nochmals an den Rechtsnachfolger des Beschäftigungsbetriebes gewandt hatte, hervor
geht.
Auch im Übrigen ist der Zufluss von Prämienzahlungen konkret an den Kläger nicht hinreichend dokumentiert. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer
bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch
seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut
mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt,
wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten
ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht
zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer
Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5)
Dies zu Grunde gelegt, ist festzustellen, dass weder vom Kläger noch vom Rechtsnachfolger des Beschäftigungsbetriebes, der
VEAG, irgendwelche Gehaltsunterlagen hinsichtlich der Zahlung von Jahresendprämien an den Kläger vorgelegt werden konnten.
Ob die rechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Jahresendprämie durch den Kläger in den geltend gemachten Jahren vorgelegen
hatten oder nicht, lässt sich weder an Hand der Erklärungen des Klägers noch aus den in der Bescheinigung der VEAG vom 15.
März 1993 enthaltenen Angaben feststellen. Insoweit fehlt es an einem Maßstab, an dem überhaupt der behauptete Bezug einer
Jahresendprämie beurteilt werden könnte (vgl. dazu auch zutreffend: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. September 2012
- L 22 R 832/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 61 ff.).
Zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen zu den Bedingungen der Gewährung einer
Jahresendprämie und den Berechnungsmethoden und individuellen Kennziffern zur Erreichung einer Jahresendprämie konnte nach
dem zuvor Ausgeführten weder der Kläger Angaben machen, noch sind solche Angaben der Bescheinigung der VEAG vom 15. März 1993
auch nur im Ansatz zu entnehmen. Dies ist jedoch notwendig, da der "Anspruch" auf Jahresendprämie nach § 117 Abs. 1 AGB-DDR
unter anderem von der Erfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe jeweils auch durch den
einzelnen betroffenen Werktätigen selbst abhängig war. Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des
AGB-DDR. So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds
für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" vom 12. Januar 1972 (GBl.-DDR II 1972, Nr. 5, S. 49; nachfolgend Prämienfond-VO 1972)
in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds
für volkseigene Betriebe" vom 21. Mai 1973 (GBl.-DDR I 1973, Nr. 30, S. 293; nachfolgend 2. Prämienfond-VO 1973), mit der
die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 angeordnet wurde, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 9. September 1982 (GBl.-DDR I 1982, Nr. 34, S. 595 - Prämienfond-VO 1982) fest,
wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO
1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben,
die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren und die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten
und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO
1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen
Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen
Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO
1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt
haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten
waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" vom 24. Mai 1972 [GBl.-DDR II 1972, Nr. 34, S. 379;
nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen
Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich
1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne
Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz
2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982),
wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete
Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 9. September 1982 (GBl.-DDR I 1982, Nr. 34 S. 598; nachfolgend 1. DB zur Prämienfond-VO
1982) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
für volkseigene Betriebe" vom 3. Februar 1986 (GBl.-DDR I 1986, Nr. 6 S. 50; nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) zu
treffen waren. Danach spielten z. B. der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader in den Betrieben und dessen
"wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§ 6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB
zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§ 6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO
1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich
ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der
zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag getroffenen Vereinbarung
abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der den Bereichen und Produktionsabschnitten
vorgegebenen Bedingungen abhängig war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982).
Die Kriterien, nach denen der Beweis oder eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach nicht erfüllt. Die bloße
Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen möglicherweise
Jahresendprämien berücksichtigt worden sind - etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten -, genügen nicht,
den Nachweis oder die Glaubhaftmachung für den Zufluss von Jahresendprämien konkret an den Kläger zu erbringen. Denn hierfür
wäre - wie ausgeführt - erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des vom Kläger geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende
Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung
der individuellen Leistungskennziffern.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.