Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Leistungsausschluss für Auszubildende; Urlaubssemester von Studenten
Gründe:
I. Streitig ist die vorläufige Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Wege des einstweiligen
Rechtsschutzes für die Zeit von Oktober 2010 bis März 2011.
Die am 1982 geborene Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 1 (im Folgenden: Antragstellerin zu 1) studiert seit dem 01.10.2006
Architektur an der Technischen Universität D. Sie befindet sich derzeit im 3. Fachsemester und ist seit dem Sommersemester
2008 beurlaubt. Sie lebt mit ihren Kindern, dem am 2008 geborenen Antragsteller und Beschwerdeführer zu 2 und der am ...2010
geborenen Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 3 (im Folgenden: Antragsteller zu 2 bzw. zu 3) und ihrem Lebensgefährten,
der im Wintersemester 2010/2011 im 15. Fachsemester mittelalterliche Geschichte und im 16. Fachsemester Kunstgeschichte studiert
und ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 620,00 EUR erzielt, in einer 77 qm großen Dreizimmerwohnung, für die ein Mietzins
i.H.v. monatlich 385,00 EUR zuzüglich 184,00 EUR Nebenkostenvorauszahlung zu zahlen ist.
Am 03.09.2010 stellte sie für sich, ihre Kinder und ihren Lebensgefährten beim Antragsgegner und Beschwerdegegner (im Folgenden:
Antragsgegner) einen Weiterbewilligungsantrag für den im Oktober 2010 beginnenden Bewilligungszeitraum und gab an, bei ihrer
Beurlaubung von der Hochschule handele es sich um Erziehungsurlaub wegen der Antragstellerin zu 3.
Mit Bescheid vom 04.10.2010 lehnte der Antragsgegner die Gewährung von Leistungen ab. Während der Beurlaubung greife grundsätzlich
der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach der Rechtsprechung sei zwar für den Tatbestand
eines neugeborenen Babys die Leistungsgewährung eröffnet, jedoch gelte ein Baby lediglich in den ersten vier Wochen nach der
Entbindung als Neugeborenes.
Mit Schreiben vom 19.10.2010 wurde gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt.
Am 21.10.2010 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Dresden (SG) einen Antrag auf einstweilige Anordnung mit dem Begehren gestellt, ihnen Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe
zu bewilligen.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 09.11.2010 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an einem
Anordnungsanspruch für die begehrte Regelung, da die Antragstellerin zu 1 von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II als Auszubildende ausgeschlossen sei. Ein besonderer Härtefall liege nicht
vor.
Gegen den ihnen am 11.11.2010 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 19.11.2010 Beschwerde eingelegt und zur Begründung
im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin zu 1 sei im Wintersemester 2010/2011 wegen der Betreuung ihres Kindes beurlaubt.
Auf Studenten im Urlaubssemester sei der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht anwendbar, weil für sie mangels
Besuchs einer Hochschule eine Förderung nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz (
BAföG) nicht in Betracht komme. Zudem gehe es um die Beurlaubung wegen der Betreuung eines Kindes. Auch ein Anordnungsgrund sei
gegeben, da die Antragsteller ihren Bedarf nicht in zumutbarer Weise anders decken könnten. Sie haben hinsichtlich ihrer finanziellen
Verhältnisse eine eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin zu 1 vom 18.11.2010 vorgelegt, auf deren Inhalt verwiesen
wird.
Mit Bescheid vom 14.12.2010 hat der Antragsgegner monatliche Leistungen für die Antragsteller i.H.v. insgesamt 722,20 EUR
für Oktober bis Dezember 2010 und für die Antragsteller zu 2 und 3 i.H.v. insgesamt 336,80 EUR monatlich für Januar bis März
2011 bewilligt. Der Bescheid ergehe vorläufig bis zur Vorlage des Wohngeldbescheides. Mit Schreiben vom 06.01.2011 hat der
Antragsgegner noch mitgeteilt, die Leistungen seien bis zur Vollendung des 1. Lebensjahres des jüngsten Kindes der Antragstellerin
zu 1 gewährt worden. Der vorläufige Bewilligungsbescheid sei als teilweises Anerkenntnis zu werten; es werde des Weiteren
ein Kostengrundanerkenntnis i.H.v. ½ der notwendigen außergerichtlichen Kosten abgegeben.
Die Antragsteller haben das Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 07.02.2011 angenommen. Im Übrigen werde das Beschwerdeverfahren
fortgeführt.
Sie beantragen sinngemäß, den Antragsgegner unter Änderung des Beschlusses vom 03.11.2010 im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, der Antragstellerin zu 1 vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 vorläufige monatliche Leistungen nach dem SGB II in
gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach haben die Antragsteller keinen über das Teilanerkenntnis hinaus gehenden Anspruch auf vorläufige Leistungsbewilligung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Leistungsakte
des Beklagten verwiesen.
II. Die Beschwerde ist statthaft und zulässig; insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§
173 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)). Sie ist jedoch, soweit sich das Verfahren nicht durch angenommenes Anerkenntnis erledigt hat, nicht begründet.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG können die Gerichte auf Antrag, der gemäß §
86b Abs.
3 SGG bereits vor Klageerhebung zulässig ist, zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, wobei sich der
Anordnungsanspruch auf den im Hauptsache- oder Widerspruchsverfahren streitigen Anspruch bezieht (Krodel, Das sozialgerichtliche
Eilverfahren, 2. Aufl. 2008, RdNr.
291). Es sind gemäß §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i. V. m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch
der Grund, weshalb die Anordnung ergehen und dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache gesichert werden
soll (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen. Außerdem kann das Gericht dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend
grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und Antragstellern nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was sie im Hauptsacheverfahren
erreichen können. Die summarische Prüfung kann sich insbesondere bei schwierigen Fragen auch auf Rechtsfragen beziehen (Keller
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl. 2008, §
86b RdNr. 16c; vgl. hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2008 - L 9 B 192/08 KR ER), wobei dann die Interessen- und Folgenabwägung stärkeres Gewicht gewinnt (Binder in Hk-
SGG, 2. Aufl. 2006, §
86b RdNr. 42). Zu berücksichtigen ist insoweit, dass dann, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare,
anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden
können und sich das Gericht in solchen Fällen an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren will, die Sach- und Rechtslage
abschließend geprüft werden muss. Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich,
ist aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).
Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn sich aus glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage
eines Antragstellers unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder
unmittelbar betroffener Dritter unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren
zu verweisen (Finkelnburg u.a., Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, RdNr. 108 m.w.N.; ähnlich:
Krodel, NZS 2002, 234 ff.). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile
oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen, ebenso schwer wiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen
vorliegen bzw. glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne
einer objektiven und konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO., § 86b RdNr.
27a). Soweit Leistungen für die Vergangenheit im Streit stehen, besteht - dem Grunde nach - nach allgemeiner Auffassung kein
Anordnungsgrund, soweit nicht Tatsachen für einen besonderen Nachholbedarf glaubhaft gemacht wurden, d.h. wenn die Nichtgewährung
der begehrten Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart (und Zukunft) fortwirkt und eine gegenwärtige Dringlichkeit
oder Notlage begründet Dabei gilt dies nicht nur für Zeiten vor dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht, sondern
ebenso für zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits vergangene und streitgegenständliche Bewilligungszeiten. Denn
Rechtsbeeinträchtigungen, die sich auf vergangene Zeiten beziehen, lassen sich grundsätzlich im Hauptsachverfahren klären
(Beschluss des erkennenden Senates vom 30.04.2010 - Az. L 7 AS 43/10 B ER mit zahlreichen weiteren Nachweisen, zitiert nach Juris). An die Annahme eines Nachholbedarfs als Ausnahme hiervon sind
allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (aaO., vgl. hierzu auch SächsLSG, Beschlüsse vom 22.04.2008 - L 2 B 111/08 AS-ER und 18.12.2008 - L 7 B 737/08 AS-ER).
Streitgegenständlich waren vorliegend zunächst Leistungsansprüche der Antragsteller für die Zeit von Oktober 2010 bis März
2011. Ansprüche der Antragsteller für Zeiten nach dem 31.03.2011 sind, obwohl die Antragsteller ihren Antrag zeitlich nicht
beschränkt haben, nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, da der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 14.12.2010 entsprechend
der Regelung des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II Leistungen für sechs Monate bewilligt hat. § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II schafft insoweit
eine Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt und auf die Dauer von sechs, maximal 12
Monaten beschränkt (z.B. BSG, Beschluss vom 22.07.2010 - B 4 AS 77/10 B, RdNr. 7; vgl. auch BSG, Beschluss vom 30.07.2008 - B 14 AS 7/08 B RdNr. 5; SächsLSG, Beschluss vom 26.04.2010 - L 7 AS 125/10 B ER, RdNr. 22). Nach Annahme des im Bescheid vom 14.12.2010 liegenden Teilanerkenntnisses des Antragsgegners (vgl. das Schreiben
des Antragsgegners vom 20.01.2010) durch die Antragsteller mit Schreiben 07.01.2011 sind nur noch vorläufige Leistungen für
die Antragstellerin zu 1 hinsichtlich der Zeit von Januar 2011 bis März 2011 streitig. Das von den Antragstellern angenommene
Anerkenntnis des Antragsgegners hat das Beschwerdeverfahren der Antragstellerin zu 1 hinsichtlich der Zeit von Oktober bis
Dezember 2010 und hinsichtlich der Antragsteller zu 2 und 3 für den gesamten streitigen Zeitraum erledigt (§
101 Abs.
2 SGG).
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zu 1 keine vorläufigen Leistungen, auch nicht als Darlehen, nach dem SGB II für
Januar bis März 2011 zu erbringen. Insoweit ist bereits ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Zwar erfüllt die Antragstellerin
zu 1 nach summarischer Prüfung die Voraussetzungen des § 19 i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet
und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sie ist auch erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 SGB II), hilfebedürftig
(§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II) und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1
Satz 1 Nr. 4 SGB II). Von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ist sie aber gemäß § 7 Abs. 5
Satz 1 SGB II als Auszubildende ausgeschlossen.
Nach §
7 Abs.
5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des
BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dem Grunde nach förderungsfähig
in diesem Sinne ist eine Hochschulausbildung nach Ansicht des Senates auch dann, wenn ein an einer Hochschule Eingeschriebener
(an einer Universität Immatrikulierter) ein Urlaubssemester - aus welchem Grunde auch immer - absolviert (a.A. noch Sächs.LSG,
Beschluss vom 13.01.2010 - L 2 AS 762/09 B ER - nicht veröffentlicht -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.02.2008 - L 25 B 146/08 AS ER, RdNr. 7; SG Leipzig, Beschluss vom 05.11.2009 - S 9 AS 3293/09 ER, RdNr. 22, beide zitiert nach Juris). Hierbei folgt der Senat der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG), soweit
dieses in seiner Entscheidung vom 01.07.2009 (Az. B 4 AS 67/08 R, RdNr. 14) in einem Verfahren, in welchem der Kläger zwar immatrikuliert war (im streitgegenständlichen Zeitraum im 32.
Fach- und 29. Hochschulsemester, wobei er sich seit mehreren Semestern in der Phase des Abschlusses des Hauptstudiums befand),
es nicht für maßgeblich erachtet hat, in welchem Umfang die Hochschule tatsächlich besucht wurde, sondern wegen der Immatrikulation
an der Hochschule das Vorliegen einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung bejaht hat.
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 25.08.1999 - 5 B 153/99, 5 PKH 53/99) steht dem nach Auffassung des Senates nicht entgegen. Soweit bezüglich dieser Entscheidung in der Datenbank
Juris als "Orientierungssatz" formuliert ist, es fehle an der Grundvoraussetzung für eine Förderung nach dem
BAföG, dem Besuch einer Ausbildungsstätte, wenn und solange der Auszubildende von der Ausbildungsstätte beurlaubt sei und deshalb
stehe 26 Bundessozialhilfegesetz - der fast wortgleich mit § 7 Abs. 5 SGB II gewesen sei - einem Anspruch auf Sozialhilfe nicht entgegen, betrifft dies nach den Gründen der Entscheidung zum eine
der vorliegenden nicht vergleichbare Fallgestaltung, da dort die Beurlaubung wegen Pflege eines kurz zuvor geborenen Kindes
erfolgt war, weswegen eine Missbrauchsbefürchtung nicht gerechtfertigt sei (aaO., RdNr. 3). Hinzu kommt, dass sich die der
Entscheidung des BVerwG vom 25.08.1999 zugrunde liegenden hochschulrechtlichen Grundlagen im Vergleich zur nunmehr geltenden
Rechtslage insofern geändert haben, als zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVerwG während der Zeit einer Beurlaubung von der
Hochschule ein Betreiben des Studiums in der Regel nicht möglich war und jedenfalls Studien- und Prüfungsleistungen grundsätzlich
nicht erbracht werden konnten (z.B. § 16 Abs. 3 Satz 1 Sächsisches Hochschulgesetz (SächsHG) in der Fassung vom 11.06.1999),
während jedenfalls im Freistaat Sachsen die Hochschulen Studierenden nunmehr sogar ermöglichen sollen, Studien- und Prüfungsleistungen
an der Hochschule, an der die Beurlaubung ausgesprochen wurde, zu erbringen (§ 20 Abs. 3 SächsHSG in der seit 10.12.2008 geltenden
Fassung). Da diese Möglichkeit von den Sächsischen Hochschulen auch genutzt wird (vgl. hierzu SächsLSG, Beschluss vom 28.06.2010
- Az. L 7 AS 337/10 B ER, RdNr. 17 m.w.N.), kann im Gegensatz zu der zur Zeit der Entscheidung des BVerwG geltenden Rechtslage nicht mehr davon
ausgegangen werden, dass bei Inanspruchnahme eines Urlaubssemester ein Studium tatsächlich nicht betrieben wird.
Die Förderfähigkeit einer Hochschulausbildung führt hiernach bei gegebener Immatrikulation zum Ausschluss der Leistungen nach
dem SGB II, ohne dass es darauf ankäme, ob das Studium betrieben wird. Hierzu hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss
vom 29.06.2010 (L 7 AS 756/09 B ER; m.w.N.) Folgendes ausgeführt:
"Die Ausschlussregelung ist auf die Erwägung zurückzuführen, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem
BAföG auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst und deshalb im Grundsatz die Grundsicherung nicht dazu dient, durch Sicherstellung
des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen.
Die Ausschlussregelung soll die nachrangige Grundsicherung davon befreien, eine - versteckte - Ausbildungsförderung auf zweiter
Ebene zu ermöglichen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 67/08 R, RdNr. 13). [ ] Bei einem Hochschulstudium handelt es sich um eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung im Sinne
des §
2 Abs.
1 Nr.
6 BAföG. Allein die Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach zieht die Folge des §
7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nach sich. Individuelle Versagensgründe, die im Verhältnis zum Träger der Förderungsleistung eingetreten
sind, bleiben außer Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R, RdNr. 15 ff. m.w.N.) Dies gilt auch dann, wenn die Ausbildung tatsächlich nicht betrieben wird."
An dieser Rechtsprechung, der im Ergebnis mittlerweile auch der 3. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts gefolgt ist,
wobei er unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. August 2010 - B 14 AS 24/09 R, RdNr. 17 m.w.N als entscheidendes Argument hervorgehoben hat, dass auch während eines Urlaubssemesters der "Besuch" einer
Ausbildungsstätte im Sinne der organisatorischen Zugehörigkeit zu dieser Ausbildungsstätte nicht unterbrochen ist und das
Studium nach den hochschulrechtlichen Vorschriften betrieben werden kann (Beschluss vom 30.11.2010 - L 3 AS 649/10 B ER), hält der Senat fest. Dass die Studierenden nach den hochschulrechtlichen Bestimmungen durch eine Beurlaubung vom Studium
nicht gehindert sind (s.o.), einzelne Studien- und Prüfungsleistungen abzulegen, also trotz Beurlaubung im Grunde ihr Studium
weiter vorantreiben oder fortsetzen können, ohne dass dieser Zeitraum auf die abgelegten Fachsemester angerechnet würde, kann
nicht dazu führen, dass entgegen dem gesetzgeberischen Anliegen der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 5 SGB II für eine an sich
förderfähige Ausbildung an einer Hochschule Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erbracht werden,
obwohl die Ausbildung auch während des genehmigten Urlaubssemesters rechtmäßig bzw. praktisch zulässig dadurch betrieben werden
kann, dass einzelne Studien- und Prüfungsleistungen an der betreffenden Hochschule erbracht werden dürfen. In Übereinstimmung
mit der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 01.07.2009, aaO.) kommt es somit auf die abstrakte Förderfähigkeit der Ausbildung
an, nicht auf die Frage, ob die Ausbildungsstätte tatsächlich besucht wird. Denn von der Beschwerdeführerin kann auch nicht
verlangt werden, dass sie dies im Einzelfall ermittelt, weil derartige Ermittlungen nicht mit den behördlichen Möglichkeiten
und Gegebenheiten im Rahmen der Massenverwaltung im Einklang stehen. Hinzu kommt, dass anders als die anderen Hilfebedürftigen,
die keine nach
BAföG förderfähige Ausbildung verfolgen, die beurlaubten Studierenden auch nicht für die Vermittlung in ein Beschäftigungsverhältnis
zur Verfügung stehen, gerade weil sie sich noch in der (Hochschul-)Ausbildung befinden.
Die vom 2. Senat des SächsLSG in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 25.08.1999, aaO.)
zu der § 7 Abs. 5 SGB II entsprechenden Vorschrift des Bundessozialhilfegesetzes kann auch deshalb nicht ohne weiteres Geltung
beanspruchen, weil im aufeinander abgestimmten Regelungsgefüge des SGB II die Härtefallregelung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB
II dazu dient, unerwünschte Ergebnisse im Einzelfall abzumildern. Es liegt insoweit nahe, das erforderliche sozialstaatliche
Korrektiv bei der Anwendung des § 7 Abs. 5 SGB II in dieser Regelung für besondere Härtefälle zu erblicken und als abschließend
anzusehen. Damit wird zudem der Gleichklang mit den Vorschriften des
BAföG deutlich, wonach Leistungen zur Ausbildungsförderung ebenfalls teilweise als Darlehen gewährt werden (vgl. §
17 Abs.
2,
3 BAföG). Somit hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf die Regelleistung einschließlich der Kosten der Unterkunft und Heizung.
Sie war nicht exmatrikuliert, sondern ausweislich der Immatrikulationsbescheinigung auch während des Urlaubssemesters immatrikuliert.
Sie hat auch keinen Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form eines Darlehens nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB
II. Danach können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, allerdings nur als Darlehen und
nicht als Beihilfe oder Zuschuss gewährt werden. Liegt ein besonderer Härtefall vor, hat die Verwaltung in Ausübung pflichtgemäßen
Ermessens Art und Umfang der Leistungsgewährung zu prüfen. Im Hinblick auf das "Ob" der Leistungsgewährung wird alsdann im
Regelfall von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen sein (vgl. Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Februar 2007,
§ 7 RdNr. 93; so wohl auch Brühl/Schoch in Münder, SGB II, 2. Aufl. 2007, § 7 RdNr. 103).
Bei dem Begriff des "besonderen Härtefalls" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung in vollem
Umfang der rechtlichen Überprüfung durch das Gericht unterliegt (vgl. zum Vorliegen einer besonderen Härte im Rahmen von §
9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 KfzHV auch BSG, Urteil vom 08.02.2007 - B 7a AL 34/06 R). Die Verwaltung hat keinen Beurteilungsspielraum; ihr steht auch keine
Einschätzungsprärogative zu (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 30.10.2001 - B 3 P 2/01 R, BSGE 89, 44). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 28.06.2010 und 29.06.2010, aaO.) kann z.B. von einem besonderen
Härtefall ausgegangen werden, wenn der Lebensunterhalt während der Ausbildung durch Förderung auf Grund von BAföG/SGB III-Leistungen
oder anderen finanziellen Mittel - sei es Elternunterhalt oder Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit - gesichert war und
diese Mittel nun kurz vor Abschluss der Ausbildung entfallen. Gleiches gilt für den Fall der Unterbrechung der bereits weit
fortgeschrittenen und bisher kontinuierlich betriebenen Ausbildung auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls wegen
einer Behinderung oder Erkrankung oder auch aufgrund von besonderen Umständen, die mit der Erziehung eines Kindes in Zusammenhang
stehen (vgl. hierzu SächsLSG, Beschluss vom 05.01.2011 - L 7 AS 776/10 B ER, nicht veröffentlicht). Denkbar ist auch, dass eine nicht mehr nach den Vorschriften des
BAföG oder der §§
60 bis
62 SGB III geförderte Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007
- B 14/11b AS 36/06 R, RdNrn. 21 - 24; BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R).
Die Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalls sind vorliegend weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Antragstellerin
steht nicht kurz vor dem Abschluss ihres Studiums und es sind auch im Zusammenhang mit der Erziehung ihrer Kinder keine besonderen
Umstände ersichtlich, aufgrund derer ein Härtefall in Betracht kommen könnte. Dass die Antragstellerin (zusammen mit ihrem
Lebensgefährten) die Betreuung ihrer zwei kleinen Kinder sichern muss, rechtfertigt ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht
die Annahme einer besonderen Härte.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
IV. Den Antragstellern ist gemäß §
73a SGG i.V.m. den §§
114 ff.
Zivilprozessordnung PKH ohne Ratenzahlung für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, weil die
Rechtsverfolgung zum - maßgeblichen - Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags auf Bewilligung von PKH hinreichende Aussicht
auf Erfolg bot. Hinsichtlich der Antragsteller zu 2 und 3 ist ohnehin nicht ersichtlich, aus welchen Gründen (vorläufige)
Leistungen zunächst nicht bewilligt wurden. Auch hinsichtlich der Antragstellerin zu 1 war die Erfolgsaussicht des Verfahrens
hinreichend. Die Frage, ob sie als Studentin im Urlaubssemester mit zwei kleinen Kindern von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen
ist oder ob das Vorliegen einer besonderen Härte i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II, die eine darlehensweise Bewilligung von
Leistungen (als Minus gegenüber der zuschussweisen Gewährung von Leistungen) erlauben würde, zu bejahen ist, ist jedenfalls
höchstrichterlich noch nicht geklärt. Des Weiteren sind die Antragsteller auch bedürftig, wie sich aus der Erklärung über
ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 18.11.2010 nebst Belegen ergibt.
V. Der Beschluss ergeht kostenfrei (§
183 SGG) und ist nicht weiter anfechtbar (§
177 SGG).