Anspruch auf Arbeitslosengeld; besondere Bezugsgröße nach § 408 SGB III bei fiktiver Bemessung
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld hat, und in diesem Zusammenhang insbesondere
darüber, ob sich die fiktiv zu bemessende Höhe des Arbeitslosengeldanspruches des Klägers nach der Bezugsgröße Ost oder nach
der Bezugsgröße West richtet.
Der am 1952 geborene, verheiratete, kinderlose Kläger bezog - abgesehen von der Zeit vom 05.05.2003 bis 16.05.2003, in der
er einer Beschäftigung als Werkstattmeister bei der Firma "..." in L. nachging - vom 01.01.2003 bis 03.08.2003 Arbeitslosengeld
nach einem wöchentlichen ungerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 408,70 EUR (= 58,30 EUR täglich). Vom 04.08.2003 bis
31.01.2004 war er als Betriebsleiter bei der Firma "A ... GmbH - " in 85095 D. beschäftigt. Ab 15.08.2003 war er arbeitsunfähig
und bezog vom 27.09.2003 bis 11.02.2005 Krankengeld.
Vor seiner Tätigkeit in der Firma "A ...GmbH -." hatte die Beklagte dem Kläger, der sich schon am 11.11.2002 arbeitslos gemeldet
hatte, unter dem 09.01.2003 Arbeitsstellen in F., E, L ..., D und K. vorgeschlagen. Bei dieser Arbeitslosmeldung am 11.11.2002
hatte er in der im Antragsformular vorgesehenen Rubrik angegeben, bereit zu sein, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit
zu beenden.
Am 28.12.2004 meldete sich der Kläger bei der Beklagten erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Dabei gab er an,
beim Rentenversicherungsträger am 16.02.2004 "EU-Rente" beantragt zu haben. Zur Zeit sei er vom Arzt bis 11.02.2005 arbeitsunfähig
krank geschrieben. Die Rubrik "Ich bin bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um eine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. -
&9633; Ja &9633; Nein" war im Antragsformular der Beklagten nicht mehr enthalten. Allerdings bejahte der Kläger unter Punkt
2 d des Antragsformulars ("Meine Vermittlungsfähigkeit ist nach Tätigkeit oder Arbeitsstunden eingeschränkt") im Hinblick
auf seine gesundheitlichen Einschränkungen, bei erforderlicher ärztlicher Begutachtung bereit zu sein, sich im Rahmen des
festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Weitere Einschränkungen vermerkte er in der
dafür vorgesehenen Rubrik "Sonstiges" nicht. Auf der Lohnsteuerkarte war die Lohnsteuerklasse 4 eingetragen.
In ihrem für die Agentur für Arbeit Chemnitz erstellten Gutachten nach Aktenlage vom 13.01.2005 schätzte Diplom-Medizinerin
E1, Fachärztin für Arbeits- und Sozialmedizin, ein, der Kläger sei aufgrund einer insulinpflichtigen Zuckerkrankheit mit Folgeerkrankungen
voraussichtlich länger als sechs Monate vermindert oder nicht leistungsfähig, er könne täglich nur noch weniger als drei Stunden
arbeiten. Wegefähigkeit und statische Belastbarkeit seien erheblich eingeschränkt, auch das Führen eines PKW sei derzeit nicht
möglich.
Am 20.01.2005 hat der Kläger die beim Sozialgericht Chemnitz (SG) unter dem Aktenzeichen S 15 R 140/05 anhängige Klage gegen den Rentenversicherungsträger erhoben und beantragt, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
zu gewähren.
Mit Bescheid vom 01.04.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 12.02.2005 für 397 Kalendertage. Der tägliche
Zahlbetrag belief sich unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgelts von 58,30 EUR (Lohnsteuerklasse IV, allgemeiner
Leistungssatz, kein Kind) auf 23,54 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 06.04.2005 Widerspruch ein, welchen er durch Schreiben vom 10.05.2005 begründete. Sein Arbeitslosengeld
sei auf der Grundlage eines monatlichen Bruttoentgelts von 3.000,00 EUR zu berechnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Da auch der auf zwei Jahre erweiterte
Bemessungsrahmen keinen Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalte, sei ein fiktives
Arbeitsentgelt nach §
132 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) zu Grunde zu legen. Dabei sei der Kläger der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen, woraus sich ein Arbeitsentgelt von 54,13
EUR täglich errechne. Da der Kläger jedoch innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Leistungsanspruchs Arbeitslosengeld
nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 58,30 EUR bezogen habe, sei gemäß §
133 Abs.
1 SGB III in Verbindung mit §
434 j Abs.
3 SGB III mindestens dieses Entgelt der Leistungsbemessung zu Grunde zu legen.
Dagegen hat der Kläger am 16.01.2006 Klage beim SG erhoben.
Er hat vorgetragen, er verfüge über eine abgeschlossene Qualifikation als Kraftfahrzeugmeister, weshalb er in die Qualifikationsgruppe
2 einzustufen und ein fiktives Bemessungsentgelt von 80,50 EUR täglich maßgeblich sei. Da er sich für eine bundesweite Vermittlung
zur Verfügung gestellt habe, sei die Bezugsgröße West anzuwenden.
Mit Bescheid vom 23.06.2006 hat die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 12.02.2005 für 397 Kalendertage in Höhe von 26,38
EUR täglich bewilligt und dabei ein Bemessungsentgelt von 67,67 EUR täglich - unter Beibehaltung der übrigen Berechnungsmerkmale
- zu Grunde gelegt. Mit weiterem Bescheid vom 23.06.2006 hat die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld vom 01.01.2006 bis 20.03.2006
für 80 Kalendertage in Höhe von 26,38 EUR täglich bewilligt und dabei ein Bemessungsentgelt von 67,67 EUR täglich - unter
Beibehaltung der übrigen Berechnungsmerkmale - zu Grunde gelegt.
Zur Begründung dieser Änderungsbescheide hat die Beklagte ausgeführt: Da der Kläger über einen Meisterabschluss verfüge, sei
er in die Qualifikationsgruppe 2 einzuordnen. Die Vermittlungsbemühungen erstreckten sich in erster Linie auf Beschäftigungen
im Tagespendelbereich (§
121 Abs.
4 Sätze 1 bis 3
SGB III). Es sei deshalb die für den Tagespendelbereich des Klägers maßgebliche Bezugsgröße Ost zu Grunde zu legen.
Die Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 01.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2005
in der Fassung der beiden Änderungsbescheide vom 23.06.2006 dahingehend abzuändern, dass dem Kläger Arbeitslosengeld auf der
Grundlage eines täglichen Bemessungsentgelts von 80,50 EUR bewilligt werden möge, hat das SG mit Urteil vom 09.10.2007 abgewiesen. Die Beklagte habe die Höhe des dem Kläger bewilligten Arbeitslosengeldes in den Änderungsbescheiden
fehlerfrei ermittelt. Zutreffend habe sie die Höhe des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes unter Zugrundelegung eines
fiktiven Bemessungsentgelts, welches sich nach der Bezugsgröße Ost richte, errechnet. Der Kläger sei überhaupt nicht vermittelbar
gewesen und habe demzufolge auch keine Beschäftigung angestrebt, weder im Beitrittsgebiet noch in den alten Bundesländern.
Zwangsläufig habe die Beklagte auch keine Vermittlungsbemühungen unternehmen müssen. Einzige objektive Anknüpfungstatsache
für die Bestimmung der anzuwendenden Bezugsgröße sei in diesem Fall der Wohnsitz des Klägers. Der Kläger sei daher so zu behandeln
wie ein Arbeitsloser, der lediglich im Beitrittsgebiet vermittelbar sei. Andernfalls hätte es ein den Vermittlungsbemühungen
der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung stehender Arbeitsloser durch seinen - nicht nachprüfbaren - Vortrag in der Hand,
die Bezugsgröße frei zu wählen. Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht aus §
125 SGB III herleiten, weil diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut lediglich die Verfügbarkeit des Arbeitslosen, nicht jedoch auch einen
Beschäftigungsort fingiere.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 15.10.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.11.2007 Berufung beim Sächsischen
Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Der Kläger trägt vor, es könne nicht allein auf seinen Wohnsitz abgestellt werden. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass er
zuletzt in Bayern beschäftigt gewesen sei. Hätte die Beklagte Vermittlungsbemühungen unternehmen müssen, wären diese nicht
auf das Beitrittsgebiet zu beschränken gewesen. Außerdem sei in entsprechender Anwendung von §
125 SGB III die Verfügbarkeit des Arbeitslosen für den zur Verfügung stehenden Beschäftigungsort zu fingieren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 09. Oktober 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01. April 2005 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2005 in der Fassung der beiden Änderungsbescheide vom 23. Juni 2006 abzuändern
und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 12. Februar 2005 für 397 Kalendertage Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts
von 80,50 EUR täglich (Bezugsgröße West) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass bei einem Wohnort in den neuen Bundesländern die Bezugsgröße für die alten Bundesländer
nach dem Günstigkeitsprinzip nur dann zu Grunde zu legen sei, wenn sich die Vermittlungsbemühungen im Tagespendelbereich im
Sinne von §
121 Abs.
4 SGB III sowohl auf Beschäftigungen in den neuen als auch in den alten Bundesländern erstreckten. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.
Zudem müssten die Besonderheiten von §
125 SGB III vorliegend beachtet werden.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz und die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind zu Unrecht ergangen und beschweren
den Kläger in rechtswidriger Weise. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 12.02.2005 für 397 Kalendertage
unter Zugrundelegung eines fiktiven Bemessungsentgelts von 80,50 EUR unter Aufrechterhaltung der übrigen Berechnungselemente
zu.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch besteht sowohl dem Grunde (1) als auch der Höhe nach (2).
1. Gemäß §
117 Abs.
1 Nr.
1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl.
I S. 2848) haben Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Voraussetzungen dafür sind nach §
118 Abs.
1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl.
I S. 2848), dass die Arbeitnehmer arbeitslos sind (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit
erfüllt haben (Nr. 3).
Diese Voraussetzungen liegen vor.
a) Gemäß §
119 Abs.
1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl.
I S. 2848) ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich
bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit
zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Die Verfügbarkeit wird gemäß §
125 Abs.
1 Satz 1
SGB III in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000
(BGBl. I S. 1827) bei Arbeitslosen fingiert, die allein wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung ihrer Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige,
mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben können, die auf dem für sie
in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte
Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist (s. nur Brand in Niesel,
SGB III, 4. Auflage, §
125 Rn. 2).
Der Kläger war am 12.02.2005 beschäftigungslos.
Das Fehlen von Eigenbemühungen kann nur in Ausnahmefällen zum Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen, etwa dann,
wenn Eigenbemühungen gänzlich fehlen oder abgelehnt werden (s. Söhngen in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
119 Rn. 84 m.w.N.). Dies ist beim Kläger nicht der Fall, weil er aus gesundheitlichen Gründen im streitigen Zeitraum (dazu sogleich)
nicht in der Lage war, Eigenbemühungen zu entfalten.
Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht objektiv zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens
15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden
Arbeitsmarktes ausüben kann und darf (§
119 Abs.
5 Nr.
1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003;
BGBl. I S. 2848). Dies war beim Kläger nicht der Fall, weil er ausweislich des für die Beklagte erstellten ärztlichen Gutachtens vom 13.01.2005
für voraussichtlich mehr als sechs Monate nur dazu in der Lage war, weniger als drei Stunden täglich zu arbeiten, seine Wegefähigkeit
war aufgehoben. Gleichwohl hat er aber gemäß §
125 Abs.
1 Satz 1
SGB III Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zum Zeitpunkt der Beantragung
von Arbeitslosengeld beim Kläger keine verminderte Erwerbsfähigkeit festgestellt hatte (§
125 Abs.
1 Satz 2
SGB III in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000
[BGBl. I S. 1827]) und deshalb der Anwendungsbereich dieser Vorschrift eröffnet war (vgl. auch Brand in Niesel,
SGB III, 4. Auflage, §
125 Rn. 6). Dabei ist zu beachten, dass die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach §
125 SGB III auf der Grundlage der Feststellungen der Arbeitsverwaltung zur Minderung der Leistungsfähigkeit auch dann rechtmäßig bleibt,
wenn der Rentenversicherungsträger im Zusammenhang mit den Feststellungen zum Vorliegen einer verminderten Erwerbsfähigkeit
das Leistungsvermögen des Arbeitslosen nachträglich verneint (s. Behrend in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
125 Rn. 107).
Der Kläger war auch bereit, im Rahmen seiner gesundheitlichen Beschränkungen jede ihm zumutbare Beschäftigung anzunehmen und
auszuüben (§
119 Abs.
5 Nr.
3 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003;
BGBl. I S. 2848).
b) Nach §
122 Abs.
1 Satz 1
SGB III in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl.
I S. 2848) hat sich der Arbeitslose persönlich bei der zuständigen Agentur für arbeitslos zu melden. Diesen Anforderungen hat der Kläger
durch seine persönliche Vorsprache bei der Beklagten am 28.12.2004 entsprochen.
c) Die Anwartschaftszeit ist ebenfalls erfüllt.
Gemäß §
434 j Abs.
3 Satz 1
SGB III sind für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld - wie beim Kläger - bis zum 31.01.2006 entstanden ist, die §§ 123,
124,
127 Abs.
2 a und
3, §
133 Abs.
1 und §
147 SGB III sowie die Anwartschaftszeit-Verordnung in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Insoweit sind die
§§
123,
124,
127,
131 Abs.
4 und §
147 SGB III in der vom 01.01.2004 an geltenden Fassung nicht anzuwenden (§
434 j Abs.
3 Satz 2
SGB III).
Die Anwartschaftszeit hat gemäß §
434 j Abs.
3 SGB III in Verbindung mit §
123 Satz 1 Nr.
1 SGB III in der vom 01.01.1998 bis 31.12.2003 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997 (BGBl. I S. 594) demnach unter anderem erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden
hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß §
434 j Abs.
3 SGB III in Verbindung mit §
124 Abs.
1 SGB III in der vom 01.01.1998 bis 31.12.2003 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997 (BGBl. I S. 594) drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Dabei reicht die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit
erfüllt hatte (§
124 Abs.
2 SGB III in der ab 01.01.1998 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997 [BGBl. I S. 594]). Nach §
26 Abs.
2 Nr.
1 SGB III in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer
Gesetze vom 19.11.2004 (BGBl. I S. 2902) sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, für die sie von einem Leistungsträger Krankengeld beziehen, wenn sie unmittelbar
vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren.
Die für den Arbeitslosengeldanspruch ab 12.02.2005 maßgebliche Rahmenfrist dauerte vom 11.02.2005 bis 04.08.2003. Zwar hätte
die Rahmenfrist im Sinne von §
124 Abs.
1 SGB III an sich vom 11.02.2005 bis 12.02.2002 gedauert. Da der Kläger aber bereits vor dem 04.08.2003 Arbeitslosengeld bezogen und
hierfür in der insoweit maßgeblichen Rahmenfrist eine Anwartschaftszeit erfüllt hat, reicht die nunmehr beachtliche Rahmenfrist
nicht in diese vorangegangene Rahmenfrist hinein (§
124 Abs.
2 SGB III).
Der Kläger war unmittelbar vor dem Bezug von Krankengeld versicherungspflichtig bei der Firma "A GmbH -." beschäftigt. Sein
Krankengeldbezug vom 27.09.2003 bis 11.02.2005 innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist vom 11.02.2005 bis 04.08.2003 dauerte
darüber hinaus länger als zwölf Monate.
2. Dem Kläger steht unter Berücksichtigung der Bezugsgröße West für die Zeit ab 12.01.2005 Arbeitslosengeld auf Grund eines
fiktiven Bemessungsentgelts von 80,50 EUR täglich zu.
a) Dabei richtet sich das Leistungsentgelt für den Kläger nach dem allgemeinen Leistungssatz.
Gemäß §
129 SGB III in der ab 01.08.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften
vom 16.02.2001 (BGBl. I S. 266) beträgt das Arbeitslosengeld 1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes
haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des
Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht
dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz), 2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz)
des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum
erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Nach den Eintragungen der in der Verwaltungsakte auf Blatt 14 befindlichen Lohnsteuerkarte für das Jahr 2002 liegen die Voraussetzungen
für den erhöhten Leistungssatz nicht vor.
b) Für die Berechnung des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes ist ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen.
aa) Nach §
130 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl.
I S. 2848) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten
Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst
ein Jahr. Er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.
Unter Berücksichtigung eines Bemessungsrahmens vom 12.02.2004 bis 11.02.2005 ergeben sich für den Kläger keine mit versicherungspflichtigen
Beschäftigungen belegten Entgeltabrechnungszeiträume.
bb) Gemäß §
130 Abs.
3 Satz 1 Nr.
1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl.
I S. 2848) wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt
enthält.
Unter Zugrundelegung eines Bemessungsrahmens vom 12.02.2003 bis 11.02.2005 ergibt sich für den Kläger ein Bemessungszeitraum
vom 04.08.2003 bis 26.09.2003. Denn in dieser Zeit hat er - ausweislich der Arbeitsbescheinigung seines früheren Arbeitgebers
vom 26.01.2004 i.V.m. der Bescheinigung der Krankenkasse über den Bezug von Krankengeld - bereits abgerechnetes - Arbeitsentgelt
erzielt. Auch dieser Zeitraum umfasst jedoch weniger als 150 Tage.
cc) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten
Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein auf der Grundlage von einer Qualifikationsgruppe
zu bestimmendes fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen (§
132 Abs.
1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 [BGBl.
I S. 2848]). Gemäß §
132 Abs.
2 Satz 1
SGB III ist für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen
Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen
für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist nach §
132 Abs.
2 Satz 2 Nr.
2 SGB III für Beschäftigungen, die eine abgeschlossene Qualifikation als Meister erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt
in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße zu Grunde zu legen.
Die Bildung von Qualifikationsgruppen orientiert sich an den Beschäftigungen, auf die sich die Arbeitsvermittlung in erster
Linie zu erstrecken hat und nicht an dem bisherigen Beruf (s. Lüdtke in LPK-
SGB III, §
132 Rn. 5). Nach §
35 Abs.
2 Satz 2
SGB III sind Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitsuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen
(vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 66/05 R - juris Rn. 20). Kommen mehrere Beschäftigungen
in Betracht, richtet sich die fiktive Bemessung nach derjenigen, welche die höchste berufliche Qualifikation erfordert und
daher mit der für den Arbeitslosen günstigsten Qualifikationsgruppe verbunden ist (s. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.08.2007
- L 7 AL 1160/07 - juris Rn. 21 m.w.N.; Behrend in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
132 Rn. 32, und Coseriu/Jakob in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Auflage, §
132 Rn. 17). So ist es zu berücksichtigen, wenn ein angelernter Arbeitnehmer zwar nicht über einen formalen Ausbildungsabschluss
im Sinne des Berufsbildungsrechts, auf Grund seiner bisherigen Beschäftigung materiell aber über fachliche Kenntnisse und
Fähigkeiten verfügt, die den Anforderungen an einen Ausbildungsberuf genügen. In diesem Fall ist die Arbeitsvermittlung an
den materiellen Kenntnissen und Fähigkeiten auszurichten und eine entsprechende Einstufung zur Bemessung vorzunehmen (s. Lüdtke
in LPK-
SGB III, §
132 Rn. 5, Behrend in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
132 Rn. 38). Der Arbeitslose kann also einer Qualifikationsgruppe zugeordnet werden, die über seinem förmlichen Berufsabschluss
liegt, wenn eine Vermittlung in eine entsprechende Beschäftigung - aufgrund der bisherigen Tätigkeit - realistisch erscheint
(so Coseriu/Jakob in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Auflage, §
132 Rn. 16, und Behrend in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
132 Rn. 29). Entscheidend ist somit die berufliche Qualifikation des Arbeitsuchenden (so explizit Rolfs in Gagel,
SGB III, Stand Oktober 2008, §
132 Rn. 7, und Coseriu/Jakob in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Auflage, §
132 Rn. 15). Der maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung dieser beruflichen Qualifikation ist die Entstehung des Anspruchs auf
Arbeitslosengeld (so auch Coseriu/Jakob in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Auflage, §
132 Rn. 14, und Behrend in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
132 Rn. 30).
Der Kläger verfügt nach seinen Angaben über einen Abschluss als Kraftfahrzeugmeister. Zwar befindet sich die entsprechende
Urkunde nicht in den Akten, die Beklagte hat ihre Vermittlungen jedoch auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu Recht schon
deshalb auf Meistertätigkeiten erstreckt (Blatt 17 bis 22, 24 der Verwaltungsakte), weil der Kläger tatsächlich entsprechend
qualifiziert gearbeitet hat. Diesem Umstand hat die Beklagte durch Erlass der Änderungsbescheide vom 23.06.2006 schließlich
auch Rechnung getragen. Der Senat hat auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger ohne seine gesundheitliche Beeinträchtigung
nicht in eine entsprechende Tätigkeit hätte vermittelt werden können.
c) Das der Berechnung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers zu Grunde zu legende fiktive Bemessungsentgelt richtet sich
nach der Bezugsgröße West.
Die von der Beklagten vorgenommene Zugrundelegung der Bezugsgröße Ost ist rechtswidrig. Für den Arbeitslosengeldanspruch des
Klägers ist somit nicht ein tägliches Bemessungsentgelt von 67,67 EUR (Bezugsgröße Ost), sondern ein solches von 80,50 EUR
(Bezugsgröße West) zu Grunde zu legen.
aa) Die Zugrundelegung der Bezugsgröße Ost für die Berechnung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers lässt sich nicht auf
§
408 Nr. 1
SGB III stützen.
&945;) Dessen direkter Anwendungsbereich erstreckt sich nicht auf Fälle der fiktiven Bemessung gemäß §
132 SGB III (so auch Rokita in Schönefelder/Kranz/Wanka,
SGB III, Stand Dezember 2007, §
132 Rn. 70; anderer Ansicht Schlegel/Eicher in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
408 Rn. 24).
Danach ist, soweit Vorschriften des
SGB III bei Entgelten oder Beitragsbemessungsgrundlagen an die Bezugsgröße anknüpfen, die Bezugsgröße für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages
genannte Gebiet (Beitrittsgebiet) maßgebend (s. § 18 Abs. 2 und 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]), wenn der Beschäftigungsort
im Beitrittsgebiet liegt.
Beschäftigungsort ist gemäß §
9 Abs.
1 SGB IV der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird.
Wer arbeitslos ist, der übt aber tatsächlich gerade keine Beschäftigung an irgendeinem Beschäftigungsort aus (zutreffend Rokita
in Schönefelder/Kranz/Wanka,
SGB III, Stand Dezember 2007, §
132 Rn. 70). §
408 Nr. 1
SGB III ist daher vorliegend nicht einschlägig. Sein direkter Anwendungsbereich beschränkt sich vielmehr auf solche Vorschriften,
die eine tatsächliche Beschäftigung voraussetzen (vgl. z.B. § 416 Abs. 3 Satz 2
SGB III, §
344 Abs.
2 und
3 SGB III sowie §
345 Satz 1 Nr.
1 und
3 SGB III).
&946;) Eine analoge Anwendung von §
408 Nr. 1
SGB III auf Sachverhalte wie den vorliegenden kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil bei einem bundesweit vermittelbaren Arbeitslosen
- selbst bei Unterstellung einer Gesetzeslücke - keine vergleichbare Interessenlage besteht. Denn wer sich der Arbeitsvermittlung
bundesweit zur Verfügung stellt, weist im Hinblick auf einen potentiellen Beschäftigungsort gerade keinerlei Bezug auf, der
die Heranziehung der Bezugsgröße Ost rechtfertigen könnte. Maßgebliches Kriterium kann in diesen Fällen grundsätzlich nur
sein, auf welches Gebiet die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen zu erstrecken hat (vgl. BSG, Urteil
vom 23.11.1988 - 7 RAr 6/87 - BSGE 64, 174, 175-177 = SozR 4100 §
112 Nr. 42 und Rolfs in Gagel,
SGB III, Stand Oktober 2008, §
132 Rn. 12). Dies ist bei einem Arbeitslosen, der keinerlei Einschränkung seiner Verfügbarkeit geltend macht, der gesamte Arbeitsmarkt
im Bundesgebiet. Somit ist einheitlich die Bezugsgröße West heranzuziehen (so zutreffend Behrend in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
132 Rn. 46; Valgolio in Hauck/Noftz,
SGB III, Stand Februar 2009, §
132 Rn. 12).
bb) Aber selbst wenn §
408 Nr. 1
SGB III entsprechend anwendbar sein sollte, hat der Kläger hier Anspruch auf Berechnung seines Arbeitslosengeldes nach der Bezugsgröße
West, weil er sich für Vermittlungsbemühungen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung gestellt hat.
Nach in der Kommentarliteratur vertretener Auffassung ist nur in zwei Fällen für die fiktive Bemessung an die Bezugsgröße
Ost anzuknüpfen, mithin eine analoge Anwendbarkeit von §
408 Nr. 1
SGB III zu bejahen (Valgolio in Hauck/Noftz,
SGB III, Stand Februar 2009, §
132 Rn. 12, spricht insoweit von subjektiver oder objektiver regionaler Beschränkung; s. auch Marschner in GK-
SGB III, Stand März 2009, §
132 Rn. 13), zum einen dann, wenn der Arbeitslose im Ausnahmefall aufgrund seiner beruflichen Qualifikation einerseits und dem
Angebot auf dem Arbeitsmarkt andererseits nur im Beitrittsgebiet vermittelbar ist (Behrend in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
132 Rn. 46; Coseriu/Jakob in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Auflage, §
132 Rn. 29) und zum anderen dann, wenn der Arbeitslose seine Verfügbarkeit regional auf das Beitrittsgebiet beschränkt (Coseriu/Jakob
in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Auflage, §
132 Rn. 29). Beide Ausnahmefälle liegen allerdings beim Kläger nicht vor: Weder hat er seine Verfügbarkeit regional eingeschränkt
noch finden sich für Kraftfahrzeugmeister nur im Beitrittsgebiet Arbeitsplätze. Es kann somit dahinstehen, ob Fälle einer
objektiven regionalen Beschränkung überhaupt praktisch denkbar sind.
Dem Wohnsitz eines Arbeitslosen kann keine zwangsläufige Bedeutung zugemessen werden, wenn er sich für Vermittlungsbemühungen
im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung stellt (vgl. BSG, Urteil vom 23.11.1988 - 7 RAr 6/87 - BSGE 64, 174, 175-177 = SozR 4100 §
112 Nr. 42; Behrend in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand Februar 2009, §
132 Rn. 46). §
121 Abs.
4 SGB III regelt nur, welche Tagespendelstrecke einem Arbeitslosen zumutbar ist. Das schließt nicht aus, dass er eine Arbeit außerhalb
des zumutbaren Tagespendelbereiches aufnehmen darf. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Heranziehung von §
121 Abs.
4 SGB III nicht sachgerecht. Der Kläger hat hier auch durch seine bisherigen Beschäftigungen gezeigt, dass er - solange er gesundheitlich
dazu in der Lage war - bereit war, im gesamten Bundesgebiet zu arbeiten, und dies auch weiterhin getan hätte, wenn es ihm
gesundheitlich möglich gewesen wäre.
cc) Die Besonderheiten, die bei §
125 Abs.
1 Satz 1
SGB III gelten, können - entgegen der Auffassung des SG und wohl auch der Beklagten - nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Denn die dort vom Gesetzgeber vorgenommene Fiktion
der Verfügbarkeit im Sinne des Arbeitenkönnens gemäß §
119 Abs.
1 Nr.
3, Abs.
5 Nr.
1 SGB III kann nicht darauf reduziert werden, Verfügbarkeit bestehe nur räumlich begrenzt. Dies gilt umso mehr, als der Kläger insoweit
zu keinem Zeitpunkt eine Einschränkung seiner Verfügbarkeit mitgeteilt hat und ihm darüber hinaus von der Beklagten im Rahmen
eines früheren Antrags auf Arbeitslosengeld nicht nur Arbeitsangebote in den alten Bundesländern unterbreitet wurden, sondern
er dort auch tatsächlich zuvor schon tätig war.
d) Die weiteren von der Beklagten herangezogenen Berechnungselemente begegnen keinen Bedenken.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sind nicht gegeben. Die hier maßgebliche Rechtsfrage hat das BSG mit Urteil vom 23.11.1988 - 7 RAr 6/87 - BSGE 64, 174 = SozR 4100 § 112 Nr. 42) bereits entschieden.