Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am X.XXXXXXXXX 1955 in S./Bosnien geborene Klägerin lebt seit 1973 in der Bundesre-publik Deutschland und war hier ohne
förmliche Berufsausbildung als Packerin, Zimmermädchen, Küchenhilfe und zuletzt als Arbeiterin im Hauswirtschaftsdienst bei
der Vereinigung H. gGmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Sie hat diese Beschäftigung seit dem Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit
im November 1999 auch nach der operativen Behandlung einer hochgradigen asymptomatischen Stenose der das Gehirn versorgenden
Arteria carotis interna (der Halsschlagader) am 17. Dezember 1999 im Rahmen ihres Aufenthalts im Allgemeinen Krankenhaus Hamburg-A.
vom 10. Dezember bis zum 21. Dezember 1999 und auch dem Ende des Bezuges von Krankengeld mit Ablauf des 4. März 2001 nicht
mehr ausgeübt; der Arbeitgeber beendete das Arbeitsverhältnis mit ihr aus personenbedingten Gründen zum 31. Dezember 2003.
Seither hat sie keinerlei Erwerbs-tätigkeit aufgenommen.
Der damalige Hausarzt der Klägerin Dr. H1, Arzt für Allgemeinmedizin, begründete die Feststellung ihrer Arbeitsunfähigkeit
am 26. November 1999 mit dem Bestehen einer somatisierten Depression bei Arbeitsplatzkonflikt, der Internist Dr. R. vom medizinischen
Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Hamburg in seinem Gutachten vom 23. März 2000 mit einem anhaltenden psychovegetativen
depressiv getönten Erschöpfungs- und Versagenszustand mit Angstsymptomen und Neigung zu konversiver Verarbeitung sowie mit
einer Neigung zu hypertoner Dysregulation bei Zustand nach Carotisdesobliteration rechts. Die auf seine Empfehlung von der
Beklagten bewilligte stationäre Heilbehandlung in der W.-Klinik in Bad E. brach die Klägerin am 25. Mai 2000 nach drei Tagen
ab. Sie hatte im Antragverfahren die Frage nach Belastungen am Arbeitsplatz durch schweres Heben und Tragen verneint und die
Frage, ob sie nach ihrer Einschätzung die zuletzt ausgeübte Tätigkeit wieder werde verrichten können, bejaht. Die Klinik übernahm
im Entlassungsbericht vom 8. Juni 2000, der eine sozialmedizinische Beurteilung nicht enthielt, die von Dr. R. gestellten
Diagnosen und führte aus, die Klägerin habe sich auf das therapeutische Angebot der Klinik nicht einlassen können. Sie hatte
dort in erster Linie über seit dem Beginn des Jahres beste-hende Depressionen geklagt, die sie mit der im Dezember des Vorjahres
durchgeführten Operation an der Halsschlagader in Verbindung brachte, in deren Gefolge verschiedene körperliche Beschwerden
immer mehr zugenommen hätten.
Ihren ersten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 28. Juli 2000 begründete die Klägerin mit Beschwerden
im Hals nach Halsschlagader-Operation, Kopfschmerzen, Bluthochdruck und Ohrgeräuschen. Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
Dr. von M. bestätigte nach Untersuchung der Klägerin am 17. November 2000 in ihrem Gutachten vom selben Tage die von Dr. R.
im März des Jahres gestellten Diagnosen und vertrat die Auffassung, die Klägerin könne mit diesen gesundheitlichen Beeinträchtigungen
ihre bisherige Arbeit sowie vergleichbare körperlich durchschnittlich belastende Arbeiten vollschichtig verrichten. Gestützt
auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 13. Dezember 2000 ab. Der nicht näher begründete
Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2001). Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht
Hamburg (S 4 851/01) kam der vom Gericht zum Sachverständigen bestellte Internist Dr. W. nach ambulanter Untersuchung der
Klägerin am 27. März 2002 in seinem Gutachten vom 3. April 2002 zum Ergebnis, ihre Leistungsfähigkeit sei beeinträchtigt durch
- ein arterielles Bluthochdruckleiden, bisher medikamentös nicht ausreichend eingestellt, aber ohne gravierende Rückwirkungen
auf das Herz- und Gefäßsystem,
- einen Zustand nach erfolgreicher Beseitigung einer Verengung der Hirnschlagader rechts,
- einen psychovegetativen Erschöpfungszustand mit fortbestehenden Ängsten und vielfältigen Mißempfindungen. Die Klägerin könne
damit an nicht gefährdenden Arbeitsplätzen körperlich leichte Arbeiten vollschichtig, mittelschwere nur noch gelegentlich
(unterhalbschichtig) verrichten; auszuschließen seien Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck, in der Nacht und im Schichtdienst.
Die Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. berichtete dem Sozialgericht am 18. April 2002 über die im
Dezember des Vorjahres aufgenommene Behandlung der Klägerin. Die Klägerin wirke leicht deprimiert, lebhaft und nicht antriebsgemindert;
diagnostisch handele es sich um einen Spannungskopfschmerz sowie um eine depressive Störung mit im Vordergrund stehenden somatischen
Symptomen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 10. Oktober 2002 nahm die Klägerin die Klage zurück.
Am 10. April 2003 beantragte die Klägerin, die seit dem 12. Februar 2003 Lohnersatzleis-tungen wegen Arbeitslosigkeit bezog,
erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Sie bezeich-nete die ihres Erachtens ihr Leistungsvermögen aufhebenden Gesundheitsstörungen
wie folgt: "(Zustand nach) Halsschlagader(-operation), Bandscheibenvorfall, Tinnitus, Depressi-onen und Bluthochdruck." In
dem beigefügten Attest vom 25. März 2003 bescheinigte ihr der Allgemeinmediziner Dr. Ö., sie sei aufgrund ihres Krankheitsbildes
und vor allem wegen der Bandscheibenschäden nicht belastbar und könne mithin keine schweren Arbeiten verrichten. Sie sei somit
nur bedingt (z. B. sitzende Tätigkeit) einsetzbar. Der Internist Dr. J. vom sozialärztlichen Dienst der Beklagten führte in
seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 24. April 2003 aus, dieses Attest enthalte keine Hinweise darauf, dass sich am Gesundheitszustand
der Klägerin oder an ihrem Leistungsvermögen gegenüber dem Zeitpunkt ihrer Begutachtung durch Dr. W. irgendetwas geändert
haben könnte, so dass dessen sozialmedizinische Einschätzung unverändert gültig sei. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag
der Klägerin mit Bescheid vom 30. April 2003 ab.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren übermittelte der Nervenarzt S1 der Beklagten unter dem 1. Oktober 2003 die folgenden
Diagnosen:
- Angst und Depressionen, Zustand nach Endarteriektomie im Bereich der rechten Carotisgabel und Dacron-Streifen-Erweiterungsplastik,
- zum Teil cervikal bedingtes Kopfschmerzsyndrom,
- LWS- Syndrom mit rechts betontem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 und geringer ausgeprägter Protrusion L 4/L 5,
- Arteriosklerotische Wandveränderungen im Bereich der Arteria carotis communis rechts,
- Spondylosis deformans des LWS. Der Allgemeinmediziner Dr. Ö. teilte unter dem Datum 18. September 2003 neben den bereits
von der Beklagten aufgenommenen die folgenden Diagnosen mit:
- Arterielle Hypertonie,
- Autoimmunthyreose,
- Helicobacter pos. Gastritis,
- Hypercholesterinämie.
Unter der Rubrik "Funktionseinschränkungen" teilte er mit, die Klägerin sei körperlich und psychisch nicht lange belastbar
und leide des Öfteren an Kopfschmerzen, Luftnotanfällen, starken Schmerzen im Halsbereich links sowie an Panikattacken. Beide
Ärzte gaben an, die Befunde hätten sich in den letzten 12 Monaten nicht geändert. Der Internist Dr. J. vom sozialärztlichen
Dienst der Beklagten folgerte daraus in seiner am 4. Juni 2004 nach Aktenlage abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme, dass
die im April 2002 durch Dr. W. abgegebene Einschätzung der Erwerbsfähigkeit unverändert Gültigkeit habe. Gestützt darauf wies
die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2004 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht haben Berichte über die bei der Klägerin erhobenen Befunde erstattet
die Allgemeinmedizinerin Dr. L1 (Bericht vom 2. Mai 2005), der Allgemeinmediziner H2 (Bericht vom 24. Mai 2005), der Orthopäde
Dr. B. (Bericht vom 25. Mai 2005), der Nervenarzt S1 (Bericht vom 24. Mai 2005), der Orthopäde Dr. K. (Bericht vom 9. Juni
2005) und der Kardiologe Dr. S2 (Bericht vom 7. August 2005).
In der Folgezeit ist die Klägerin auf Veranlassung des Sozialgerichts zur Feststellung ihrer Erwerbsfähigkeit durch den Arzt
für Orthopädie Dr. H3, den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und klinische Neuropsychologie Prof. Dr. M1 sowie durch Dr. T.,
Psychiater und Nervenarzt, begutachtet worden. Dr. H3 ist nach Untersuchung der Klägerin am 24. November 2005 in seinem schriftlichen
Gutachten vom 4. Dezember 2005 zum Ergebnis gekommen, die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei durch die auf orthopädischem
Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen - leichtergradiges degeneratives Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit Schultergürtelmyogelosen
und cervicocephaler Symptomatik, mit einem teilfixierten Rundrücken und Dorsomyalgien und mit wiederkehrenden Lumboischialgien,
leichtergradiges Supraspinatussehnensyndrom beidseits, Epicondylitis radialis humeri beidseits, Beinverkürzung rechts um 1
cm, beginnende Kniegelenksarthrose beidseits sowie Übergewichtigkeit - insofern eingeschränkt, als sie keine körperlich schweren
Arbeiten mehr verrichten könne, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten jedoch vollschichtig - ohne häufigere oder
gar dauerhafte Tätigkeiten über Kopf oder in Armvorhalte, ohne Dauergreif- oder Haltearbeiten, ohne Tätigkeiten in Zwangshaltungen
sowie ohne das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg.
Prof. Dr. M1 hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 7. April 2006 nach Untersuchung der Klägerin am 31. März 2006 ausgeführt,
dass bei ihr auf neurologischem wie auf psychiatrischem Fachgebiet aktuell keine Gesundheitsstörungen bestehen, insbesondere
keine Somatisierungsstörung, keine depressive Störung und auch keine Angststörung.
Dr. T. hat die Klägerin am 24. Oktober 2006 befragt und untersucht und in seinem schriftlichen Gutachten vom 20. Dezember
2006 die folgenden Diagnosen gestellt:
- Neurasthenie, chronisch-degeneratives Wirbelsäulenleiden, Zustand nach Operation einer Carotis-interna-Stenose.
Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne aufgrund der erheblichen psychischen Beeinträchtigung infolge der Neurasthenie
gegenwärtig und auf absehbare Zeit keiner regel-mäßigen Arbeit über einen Zeitraum von 2 bis 3 Stunden nachgehen.
Wegen mittelgradig chronifizierter, nicht klassifizierbarer Ganzkörperschmerzen wurde die Klägerin am 6. November 2006 zur
tagesklinischen schmerztherapeutischen Komplexbehandlung in die Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie
des M-Krankenhauses in Hamburg aufgenommen. Von dort wurde sie am 1. Dezember 2006 mit den folgenden Diagnosen entlassen:
- chronischer Schmerz mit biopsychosozialen Faktoren, Somatisierungsstörung, Ganzkörperschmerz (unspezifische Schmerzen der
Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule), essenzielle Hypertonie, Übergewicht, Carotisstenose, 1999 Operation rechts, 70
bis 80-prozentige Stenose links (asymptomatisch), Hypothyreose (medikamentös eingestellt), Panikstörung mit Agoraphobie, depressive
Störung, Tinnitus.
Das Sozialgericht hat die Klage durch das Urteil vom 15. Juni 2007 mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei weder vollständig
noch teilweise erwerbsgemindert, denn sie könne zumindest körperlich leichte Arbeiten mit gelegentlich mittelschweren Arbeiten
noch vollschichtig, d. h. mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Es ist dabei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der
Klägerin durch die Sachverständigen Dr. H3 und Prof. Dr. M1 gefolgt und hat die entgegengesetzte Einschätzung durch den Sachverständigen
Dr. T. für nicht überzeugend erachtet. Es sei nicht nachgewiesen, dass bei der Klägerin eine psychiatrische Erkrankung in
Gestalt einer Somatisierungsstörung bestehe, die so gravierend sei, dass ihr Leistungsvermögen aufgehoben sei. Die von Dr.
T. erhobenen Befunde seien nicht gravierend. Die von ihm aus der Chronifizierung der Somatisierungsstörung geschlossene Aufhebung
des Leistungsvermögens der Klägerin sei nicht nachvollziehbar.
Gegen dieses ihr am 2. Oktober 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. Oktober Berufung eingelegt und geltend gemacht,
das Sozialgericht habe seine Entscheidung zu Unrecht auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M1 gestützt. Dieser
habe ihre Erwerbsfähigkeit falsch eingeschätzt. Seine Befragung habe ihm einen unzutreffenden Eindruck von dem bei ihr bestehenden
Leidensdruck vermittelt. In einem solchen Dialog mit interessierten Zuhörern finde sie, die tagsüber auf sich fixiert sei,
gleichsam ein Ventil und könne sich so von ihrer Fixierung auf die Schmerzproblematik lösen. Ihre Erwerbsminderung ergebe
sich aus Folgendem: sie sei unfähig, einen bestimmten Gedanken zu halten; sie sei extrem leicht ablenkbar, fahrig, sprunghaft
und unlogisch in ihrem Verhalten. Sie sei auf einem beliebigen Arbeitsplatz im Kontakt mit Mitarbeitern sozial nicht kompatibel,
leicht kränkbar und werde bei einer Wiedereingliederung jederzeit eine Ausgrenzung erfahren, die schon während der Probezeit
zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen werde. Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen vegetativer Erschöpfung seien vorprogrammiert.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Juni 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. April
2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin
Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Juni 2007 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf Veranlassung des Senats hat Dr. L2, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, die Klägerin am 13. Oktober 2009 untersucht.
In seinem Gutachten vom 19. Oktober 2009 hat er die bei ihr auf seinem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen bezeichnet
als Episoden einer leicht bis allenfalls mittelgradigen depressiven Störung mit somatischem Syndrom. Hieraus ergäben sich
für die regelmäßige Arbeit keine Einschränkungen, die über die internistisch und orthopädisch bedingten hinausgehen. Die Klägerin
könne regelmäßig sechs Stunden täglich erwerbstätig sein.
Im Termin zur Beweisaufnahme vor dem Berichterstatter am 30. Oktober 2009 hat Dr. L2 die Frage verneint, ob die vermehrte
Reizbarkeit der Klägerin, die sich in Konflikten am letzten Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft geäußert habe, ihre Grundlage
in einer krankhaften Persönlichkeitsstörung habe, und im übrigen die im schriftlichen Gutachten abgegebene Einschätzung der
Erwerbsfähigkeit bekräftigt.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift
aufgeführten Akten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§
143 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), form- und frist-gerecht eingelegt worden (§
151 Abs.
1 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch unbe-gründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene
Bescheid ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Der Rentenanspruch
der Klägerin richtet sich nach §
43 Abs.
1 Sechstes Buch Sozialgesetz-buch - Gesetzliche Rentenversicherung (
SGB VI). Dieser Bestimmung zufolge haben Versi-cherte unter weiteren - hier nicht strittigen - Voraussetzungen Anspruch auf Rente
wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ist der Versicherte
wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, so ist er voll erwerbsgemindert (§
41 Abs.
2 SGB VI). Die Klägerin ist nach Überzeugung des Senats weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, sondern in der Lage, zumindest
körperlich leichte Arbeiten mit gewissen unwesentlichen qualitativen Einschränkungen unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes
mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat hält die diesbezüglichen sich auf die Gutachten des Orthopäden Dr.
H3 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. M1 stützenden und die ihnen widersprechende Auffassung des Sachverständigen
Dr. T. ablehnenden Ausführungen des Sozialgerichts für überzeugend und nimmt deshalb auf sie Bezug (§
153 Abs.
2 SGG).
Dies gilt umso mehr, als weder die Einlassungen der Klägerin im Berufungsverfahren noch das Ergebnis der Ermittlungen des
Senats eine abweichende und den von ihr verfolgten Anspruch rechtfertigende Beurteilung des Sachverhalts gebieten.
So hält sie der Beurteilung ihrer Erwerbsfähigkeit durch Prof. Dr. M1 ohne Erfolg entgegen, dieser habe beim Gespräch mit
ihr bzw. bei der Exploration einen unzutreffenden Eindruck von dem Leidensdruck gewonnen, dem sie ausgesetzt sei. Ihre Einlassung,
sie finde in einem solchen Dialog mit einem interessierten Zuhörer gleichsam ein Ventil und könne sich so aus ihrer Fixierung
auf die Schmerzproblematik lösen - was ihre wache Mitteilsamkeit gegenüber Prof. M1 erkläre -, stellt nicht die Richtigkeit
der Einschätzung durch Prof. M1 infrage, sondern im Gegenteil das Vorliegen einer willensunabhängigen, nicht steuerbaren,
mithin krankheitswertigen Fixierung mit leistungseinschränkender Wirkung. Darüber hinaus wird diese Einlassung der Klägerin
dem Ablauf ihrer Befragung durch Prof. Dr. M1, so wie dieser sie geschildert hat, nicht annähernd gerecht. Demnach handelte
es sich dabei nicht - jedenfalls nicht nur - um eine anregende, eine willkommene Abwechslung bietende Unterhaltung; vielmehr
versuchte die Klägerin - insbesondere bei den Fragen dieses Sachverständigen zum Tagesablauf und zur Therapie - mit Energie
und Zielstrebigkeit, die Befragung von ihrer Interessenlage her zu leiten. Ein solches Verhalten widerspricht der von der
Klägerin zur Begründung ihrer Berufung vorgetragene Selbstcharakterisierung als unfähig, einen bestimmten Gedanken zu halten
oder einen bestimmten Handlungsstrang durchzuziehen, als extrem leicht ablenkbar, fahrig, sprunghaft, und der von ihr u. a.
darauf gestützten Behauptung, völlig erwerbsgemindert zu sein. Auch die Ärzte der Schmerzklinik des M-Krankenhauses haben
die Klägerin während ihrer nahezu vier Wochen andauernden, mithin mehr als nur einen querschnittsmäßigen Eindruck ermöglichenden
stationären Behandlung vom 6. November bis 1. Dezember 2006, nicht in dieser Weise wahrgenommen; die Krankenakte und der abschließende
Bericht der Klinik geben jedenfalls keinen entsprechenden Hinweis. Das in der Krankenakte befindliche Protokoll über die "patientenorientierte
Teambesprechung" vom 29. November 2006 spricht für das Gegenteil: Nachdem dort - nach mehr als drei Wochen tagesklinischer
Behandlung - der körperliche Zustand der Klägerin als wenig eingeschränkt und unter der Rubrik "psychischer Zustand" die Stimmung
als gebessert, weniger klagend und jammernd, beschrieben worden ist - die Klägerin könne besser mit dem Schmerz umgehen -,
ist unter "Festlegungen" vermerkt: "Vorstellungsgespräch als Putzhilfe". Daraus lässt sich zwanglos folgern, dass jedenfalls
die behandelnden Therapeuten eine solche Erwerbstätigkeit der Klägerin für leidensgerecht gehalten haben. Davon abgesehen
enthält die Verlaufsdokumentation in ihrer Krankenakte Angaben in tatsächlicher Hinsicht, die ihre Klagen über Schmerzen und
Ängste und diesbezügliche Ausführungen von Sachverständigen zumindest relativieren. So heißt es unter dem 17. November: "Macht
täglich Ergometertraining; darunter schmerzfrei. Wertet den Gesamtverlauf als positiv: weniger Schmerzen, besserer Umgang,
weniger Angst." Schon im Protokoll über die am Vortag stattgehabte patientenorientierte Teambesprechung hatte es unter "körperlicher
Zustand" geheißen: "Bewegung lindert definitiv ihren Schmerz" und unter "psychischer Zustand: klagsam, äußerte letzte Woche
Ängste, jetzt keine mehr - schwankend - Echtheit?" Unter dem 15. November ist vermerkt: "14.15 Uhr bis 15.15 Uhr: Einführung
Nordic Walking - guter Rhythmus", für den 22. November für dieselbe Zeit "Nordic Walken", für den 28. November "Bewegungsangebot:
Nordic Walken". Insbesondere das Nordic Walken, aber auch das regelmäßige Ergometertraining, stellen die Aussage des Sachverständigen
Dr. T. über das Gehvermögen der Klägerin in Frage, wonach sie aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung noch langsam
und mit gelegentlichen Pausen etwa 1 km gehen kann.
Ebenso wenig überzeugend ist vor diesem Hintergrund die Einschätzung des Dr. T., die Klägerin sei an einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit
durch die gefühlte, mittlerweile auch tatsächlich eingetretene erhebliche Minderung der Belastbarkeit insofern gehindert,
als sie schon bei leichten Belastungen, die auch bei einer sitzenden Tätigkeit mit einfachen Aufgaben, etwa Verpackungs- oder
Büroarbeiten, zwangsläufig auftreten, mit schweren depressiven Zuständen reagieren würde. Schon eine Arbeitszeit von zwei
Stunden (täglich) erscheine ihm realistischerweise nicht mehr zu leisten. Diese Einschätzung beruht wesentlich auf der Annahme
des Dr. T., dass die ihm von der Klägerin vorgetragenen subjektiven Beschwerden - eine vorschnelle Erschöpfung schon bei geringfügigen
Anstrengungen bzw. ein sehr ausgeprägtes Schwere- und Erschöpfungsgefühl mit umfassender, praktisch ganztägiger Erschöpfung,
unspezifische Muskelschmerzen vor allem an den Beinen, aber auch an den Armen, Gefühlsstörungen an den Händen und ein wenig
differenziert anzugebendes Körpermissempfinden - im wesentlichen glaubhaft sind. Angesichts des dokumentierten und oben auszugsweise
referierten Verlaufs ihrer stationären Behandlung sind insofern erhebliche Zweifel angebracht.
Die Beurteilung durch Dr. T. steht zudem im Widerspruch zum Vortrag der Klägerin, ihre vollständige Erwerbsminderung ergebe
sich aus ihrem Unvermögen, einen bestimmten Gedanken zu halten; sie sei extrem leicht ablenkbar, fahrig, sprunghaft und unlogisch
in ihrem Verhalten. Sie sei auf einem beliebigen Arbeitsplatz im Kontakt mit Mitarbeitern sozial nicht kompatibel, leicht
kränkbar und werde bei einer Wiedereingliederung jederzeit eine Ausgrenzung erfahren, die schon während der Probezeit zu einer
Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen werde. Den von der Klägerin zuletzt bezeichneten Merkmalen ist mit Dr. L2 eine
ihr Leistungsvermögen reduzierende Wirkung abzusprechen. Mit ihm geht auch das Gericht davon aus, dass im Hinblick auf die
von der Klägerin im Alltag und in der persönlichen Interaktion gezeigte soziale Kompetenz bei ihr insofern eine krankhafte
Störung der Persönlichkeit nicht unterstellt werden kann.
Im Übrigen räumt Dr. T. ein, dass seine von Prof. M1 abweichende Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht darauf
beruht, dass er andere Krankheitssymptome festgestellt oder andere Befunde erhoben habe, sondern lediglich auf einer anderen
Bewertung bzw. diagnostischen Einordnung der - wie er formuliert - im wesentlichen auch von Prof. M1 beschriebenen Symptome.
Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit kommt es allerdings nicht auf die Diagnose an, sondern auf evtl. bestehenden Funktionsstörungen.
Mit dem Sozialgericht hält auch das erkennende Gericht die diesbezüglichen Ausführungen des Prof. M1 für nachvollziehbar,
d. h. aus den von ihm getroffenen Feststellungen ableitbar, die des Sachverständigen Dr. T. hingegen nicht.
Auch Dr. L2 hat der Einschätzung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch Prof. M1 zugestimmt. Er hat bei seiner querschnittsmäßigen
Untersuchung der Klägerin einen aktuellen depressiven Affekt nicht feststellen können. Zwar habe die schwierige soziale Situation
nachvollziehbar zu einer spürbaren Betroffenheit bis hin zu einem anrührenden Weinen geführt. So nachvollziehbar und adäquat
dieser Affekt auch sei, so sehr habe er dem primär lebhaften empathischen Wesen der Klägerin entsprochen, das ihr ebenfalls
ermöglicht habe, beim Wechsel des Themas sowohl heiter als auch warm empathisch zu lächeln und den entsprechenden Affekt in
gleicher intensiver Weise zu erleben. Dr. L2 folgt deshalb dem Vorgutachter Prof M1 darin, dass bei der Klägerin eine Depression
von vitaler Tiefe, die ihr Denken und Fühlen bestimmen würde, nicht vorliegt. Stattdessen bestehen seines Erachtens bei ihr
neben den Beeinträchtigungen auf orthopädischem und auf internistischem Gebiet Episoden einer leicht- bis allenfalls mittelgradigen
depressiven Störung mit somatischem Syndrom. Der Sachverständige hat diese Einschätzung aus den von ihm erhobenen und aus
den aktenkundigen Befunden schlüssig und nachvollziehbar und damit überzeugend abgeleitet. Das Gericht macht sie sich deshalb
zu Eigen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG und trägt dem Ausgang des Ver-fahrens Rechnung.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG nicht vorliegen.