Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Behandlungskosten i.H.v. 25.549,83 EUR, die in einer Privatklinik entstanden
sind. Bei dem inzwischen verstorbenen Versicherten wurde 2003 ein aggressives, weit fortgeschrittenes, metastasiertes kolorektales
Karzinom im Stadium IV diagnostiziert. Es wurde zunächst erfolgreich ein Teil des Dickdarms entfernt. In den Jahren 2008 und
2009 entwickelten sich dann jedoch Metastasen in der Leber und der Lunge. Im Oktober 2011 beantragte der behandelnde Arzt
Dr. B. des Versicherten für dessen Ehefrau die Kostenübernahme für eine beabsichtigte Behandlung in der M.-Klinik, einer Privatklinik,
zur Durchführung einer sogenannten regionalen Chemotherapie. Der Versicherte begann die Behandlung unverzüglich und wurde
vom 23. Oktober bis 30. Oktober, vom 21. November bis 29. November und vom 3. Dezember bis 13. Dezember 2011 in der M.-Klinik
behandelt, wofür die Klinik insgesamt 25.549,83 EUR in Rechnung stellte. Am 3. Januar 2012 verstarb der Versicherte. Die Beklagte
lehnte den Antrag auf Übernahme der Kosten der Behandlung ab, weil diese nicht der aktuellen S3-Leitlinie zugelassener Chemotherapeutika
entsprochen habe (Bescheid vom 29. November 2011 und Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2013). Im sich anschließenden Klagverfahren
hat das Sozialgericht ein Gutachten des Internisten Prof. Dr. W. eingeholt, welcher ausgeführt hat, der Versicherte habe an
einer Darmkrebserkrankung im Stadium IV mit Metastasen in der Leber, der Lunge und der Lymphknoten sowie Hinweisen auf einen
malignen Pleuraerguss gelitten. Die Standardtherapie in so einem Fall sei die systemische Chemotherapie, wobei es mehrere
Alternativen gebe. Mit diesen Behandlungskonzepten gelinge es, nicht nur das progressionsfreie, sondern auch das Gesamtüberleben
signifikant zu verlängern. Diese Standardtherapien seien nicht ausgeschöpft gewesen. Bei dem Verfahren, welches der Versicherte
angewendet habe, handele es sich um ein experimentelles Therapiekonzept bei welchem der voraussichtliche Nutzen die möglichen
Risiken nicht überwiege. Das Sozialgericht hat daraufhin mit Urteil vom 5. September 2017 die Klage abgewiesen und im Wesentlichen
ausgeführt, der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe durch Beschluss vom 18. Januar 2005 die Anlage B ("Nicht anerkannte
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden") seiner Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
dahin geändert, dass er ihr unter Nr. 42 anfügte "Hyperthermie (u. a. Ganzkörperhyperthermie, Regionale Tiefenhyperthermie,
Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie)". Eine Elektrohyperthermie gehöre
somit grundsätzlich nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein anderes Ergebnis folge auch nicht
aus verfassungsrechtlichen Erwägungen. Für eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungsvorschriften des SGB V nach
den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts im sogenannten "Nikolausbeschluss" müsse eine lebensbedrohliche oder regelmäßig
tödliche Erkrankung oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliegen, für die eine allgemein anerkannte, dem
medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe, und es müsse eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht
auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die begehrte Leistung bestehen. Zwar
habe bei dem Versicherten eine notstandsähnliche Erkrankungssituation im Sinne dieser Rechtsprechung vorgelegen. Aus den Unterlagen
zu seiner Krankheits- und Behandlungsgeschichte und nach den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. von
Wichert ergebe sich, dass nurmehr eine schmerztherapeutische und palliative Behandlung in Frage gekommen sei. Doch hätten
dem Versicherten im konkreten Fall die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung für diese Erkrankungssituation mit palliativen
Behandlungsformen allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsleistungen zur Verfügung gestanden.
Allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende ("schulmedizinische") Behandlungsleistungen mit kurativer Intention
hätten zwar nicht mehr zur Verfügung gestanden, weil bereits eine palliative Situation vorgelegen habe. Dafür, dass außer
der Behandlung in der M.-Klinik keine andere anerkannte Behandlungsalternative mit palliativer Intention mehr in Betracht
gekommen sei, sei aber nichts ersichtlich. Zudem müsse die neue Behandlungsmethode auch zumindest eine nicht ganz entfernt
liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bieten. Dabei sei vorliegend
in Rechnung zu stellen, dass die Anforderungen an die Erfolgschancen der streitbefangenen Hyperthermie-Behandlung deshalb
besonders hoch seien, weil der GBA nach dem Überprüfungsverfahren im Rahmen des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Behandlungsmethode
der Elektrohyperthermie bereits durch Beschluss vom 18. Januar 2005 ausdrücklich nicht als Behandlungsmethode anerkannt und
so vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen habe. Es sei in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) anerkannt, dass für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr sei,
wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Methodenbewertung gelangt sei. Zwar sei es auch dann
nicht schlechterdings ausgeschlossen, im Einzelfall durch die Formulierung eines grundrechtsunmittelbaren Leistungsanspruchs
auf eine spezielle Behandlungsmethode eine entgegenstehende normative Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses außer
Anwendung zu lassen. Doch bedürfe es hierfür konkreter Anhaltspunkte, dass und warum in der vor-liegenden Konstellation gleichwohl
einen Leistungsanspruch begründende Erfolgschancen selbst bei Annahme fehlender schulmedizinischer Behandlungsalternativen
bestehen sollten. Auch daran aber fehle es vorliegend. Indizien oder gar Evidenzen dafür, dass nur durch die streitbefangene
Behandlung in der konkreten Lage des Versicherten positive Wirkungen auf den Krankheitsverlauf erzielt worden seien oder zumindest
hätten erzielt werden können, seien nicht ersichtlich. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen das ihm am 14. September
2017 zugestellte Urteil am 11. Oktober 2017 Berufung eingelegt, mit welcher er geltend macht, das Sozialgericht habe sich
ebenso wie der gerichtliche Sachverständige nicht ausreichend mit der Stellungnahme des mitbehandelnden Arztes Dr. B. auseinandergesetzt.
Der Sachverständige aber praktiziere die streitgegenständliche Behandlungsmethode nicht selbst und besitze daher keine Sachkenntnis.
Die durchgeführte Therapie in der M.-Klinik habe eine über die palliativen Standardtherapien hinausreichende Erfolgsaussicht
besessen. Hierbei seien auch die Nebenwirkungen der Leitlinien-Chemotherapie sowie die Schwächung des Immunsystems durch dieselbe
zu berücksichtigen, hierzu habe sich der Sachverständige nicht geäußert. Der Sachverständige liege, was sich aus den Ausführungen
des Dr. B. ergebe, in fast allen Punkten falsch.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. November
2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2013 zu verurteilen der Klägerin Kosten für Krankenhausbehandlung
in Höhe von 25.549,83 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2019 den Sachverständigen Prof. Dr. W. angehört. Dieser hat ausgeführt,
auch unter Anwendung des niedrigeren Maßstabs der Rechtsprechung an die Wirksamkeit der fraglichen Therapie könne er eindeutig
sagen, dass die hier streitige Therapie für den Versicherten im rein experimentellen Bereich gelegen habe. Irgendwelche medizinisch
wissenschaftlich nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür, dass die bei ihm angewandte regionale Chemotherapie für den Versicherten
über die Standardtherapie hinaus Schmerzlinderung oder irgendeinen anderen Nutzen hätte haben können, seien nicht erkennbar.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der
ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 21. Februar 2019 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere
form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist indes nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit
zutreffender Begründung abgewiesen. Der Senat sieht nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage nach § 153 Abs. 2 SGG
von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da die Berufung aus den in dem Urteil des Sozialgerichts vom 5.
September 2017 dargelegten Gründen als unbegründet zurückgewiesen wird. Die weiteren Einlassungen der Klägerin sind nicht
geeignet, eine abweichende Beurteilung zu tragen. Offen bleiben kann dabei, ob die Kostenerstattung der fraglichen Behandlung
vom 23. Oktober 2011 bis zum 13. Dezember 2011 jedenfalls bis zum 29. November 2011 und ggfs. wegen einer Bindung des Versicherten
an eine längere Behandlungsdauer auch darüber hinaus an der notwendigen Kausalität zwischen der Leistungsablehnung der Beklagten
und der Inanspruchnahme der Behandlungen seitens des Versicherten scheitert, weil die Behandlung insoweit vor Erlass das ablehnenden
Bescheides der Beklagten stattgefunden hat. Ebenso kann offen bleiben, ob es sich seitens der Beklagten um eine nicht rechtzeitige
Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. handelte. Denn die hier wegen der fehlenden Anerkennung
der Methode durch den GBA zu fordernden Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung nach dem Beschluss des BVerfG
vom 6. Dezember 2005 (SozR 4-2500 § 27 Nr. 5; zuletzt bestätigt im Nichtannahmebeschluss vom 11.5.2017, Az. 1 BvR 452/17)
liegen nicht vor. Voraussetzungen sind das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Krankheit, das Fehlen einer anwendbaren Standardtherapie
und das Bestehen von mehr als bloß ganz entfernt liegenden Aussichten auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf
durch die streitige Therapie. Zweifellos litt der Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung, an der er letztlich
wenige Tage nach Abschluss der streitbefangenen Behandlung auch verstarb. Der Senat hat aber in Anbetracht dieses Umstandes
und der eindeutigen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. W., denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt,
erhebliche Zweifel daran, dass der Gesundheitszustand des Versicherten über eine palliative Versorgung hinaus noch in erheblichem
Umfang im Sinne einer Remission positiv zu beeinflussen war. Für eine palliative Versorgung indes standen den Ausführungen
des Sachverständigen zur Folge leitliniengerechte Behandlungskonzepte zur Verfügung, unter deren Anwendung nicht nur das progressionsfreie,
sondern auch das Gesamtüberleben im Einzelfall sogar signifikant verlängert werden kann. Diese Standardtherapien hat der Versicherte
nicht ausgeschöpft. Darüber hinaus ist der Senat nicht davon überzeugt, dass es bezüglich der bei dem Versicherten angewendeten
regionalen Chemotherapie medizinisch wissenschaftlich nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese über die Standardtherapie
hinaus Schmerzlinderung oder irgendeinen anderen Nutzen hätte haben können. Auch insoweit folgt der Senat den Ausführungen
des Sachverständigen. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Situation des Versicherten bereits palliativ
war, bzw. ob überhaupt noch eine kurative Behandlung in Betracht kam, kommt es danach ebenso wenig an, wie darauf, ob in einer
palliativen Situation grundsätzlich höhere Anforderungen an den Wirksamkeitsnachweis im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V zu stellen
sind. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Klägerin ist in diesem Verfahren nach § 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB I) Sonderrechtsnachfolgerin ihres vor Klagebeginn, aber nach Antragstellung vom 20. Oktober 2011 verstorbenen Ehemannes
( 3. Januar 2012) und damit gemäß § 183 Satz 1 SGG von Kosten befreit. Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen,
weil die gesetzlichen Vorausset-zungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.