LSG Hamburg, Urteil vom 25.02.2021 - 1 KR 147/19
Zeitliche Begrenzung der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Studenten
einheitlicher Studiengang von Bachelo- und Masterstudium
Normenkette: ,
§ 15 Abs 3 Nr 3 BAföG
Vorinstanzen: SG Hamburg 22.10.2019 S 56 KR 788/17
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Oktober 2019 abgeändert. Unter Abänderung
des Bescheids der Beklagten vom 8. September 2016 in der Fassung vom 6. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 27. März 2017 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 6. Oktober 2017 wird festgestellt, dass die Klägerin über den 30.
September 2017 hinaus bis zum 30. September 2018 in der Krankenversicherung der Studenten bei der Beklagten versichert gewesen
ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt 29% der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Im Streit ist das Fortbestehen der Mitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch ( SGB V).
Die am ... 1988 geborene Klägerin nahm im Wintersemester 2009/2010 (Dauer des Wintersemesters jeweils vom 1. Oktober bis zum
31. März des Folgejahres) ein Bachelor-Studium der Soziologie an der Universität H. auf, das sie im Sommersemester 2013 (Dauer
des Sommersemesters jeweils vom 1. April bis zum 30. September eines Jahres), also im 8. Fachsemester erfolgreich abschloss
(Bachelor of Arts). Im unmittelbar folgenden Wintersemester 2013/2014 begann sie an derselben Universität ebenfalls im Studienfach
Soziologie ein Masterstudium, das ununterbrochen bis heute andauert.
Die Klägerin war und ist während der Zeit ihres Studiums als Mitglied der Beklagten (ursprünglich der Schwenninger BKK, aus
der durch deren Fusion mit der atlas BKK ahlmann zum 1. Januar 2021 die Beklagte hervorgegangen ist; auch im Folgenden stets:
Beklagte) gesetzlich krankenversichert, wobei seit Aufnahme des Bachelor-Studiums im Oktober 2009 Versicherungspflicht in
der KVdS bestand.
Mit Schreiben vom 8. September 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die KVdS wegen Abschluss des 14. Fachsemesters
mit Ablauf des Wintersemesters zum 30. September 2016 ende, und informierte sie über die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung,
ohne eine Rechtsbehelfsbelehrung anzufügen. Mit Bescheid vom 5. Oktober 2016 informierte die Beklagte die Klägerin sodann
über die Einrichtung der freiwilligen Versicherung im Übergangstarif mit Wirkung ab 1. Oktober 2016.
Hiergegen wandte sich die Klägerin am 10. Oktober 2016 mit dem Hinweis, dass sie sich ausweislich ihrer Studienbescheinigung
zwar im 15. Hochschulsemester, jedoch erst im 7. Fachsemester befinde; gleichzeitig beantragte sie mit Schreiben vom 3. Oktober
2016 und Formular vom 28. September 2016 die Verlängerung der studentischen Versicherung aufgrund ehrenamtlicher Tätigkeit
in verschiedenen Hochschulgremien. Sie legte dar, dass sie seit dem Wintersemester 2010/2011 wöchentlich 9 bis 20 Stunden
für Tätigkeiten im Fachschaftsrat (bis einschließlich zum Sommersemester 2016), dem AStA (mit Unterbrechung seit dem Sommersemester
2012), dem Studierendenparlament (mit Unterbrechung seit dem Sommersemester 2013) und dem Fakultätsrat (seit dem Sommersemester
2014 bis einschließlich zum Sommersemester 2016) aufgewandt habe.
Daraufhin teilte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Januar 2017 mit, dass die studentische Krankenversicherung im Rahmen einer
Einzelfallentscheidung für weitere zwei Semester bis zum 30. September 2017 verlängert werde. Zur Begründung führte sie aus,
dass eine Verlängerung der KVdS wegen Gremienarbeit im Hinblick auf § 15 Abs. 3 Nr. 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) in Verbindung mit den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum BAföG (BAföG VwV), hier zu § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG, nur um maximal zwei Semester möglich sei und eine nochmalige Verlängerung daher nicht in Betracht komme.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 1. Februar 2017 Widerspruch ein. Ihrer Auffassung nach müsse die studentische
Versicherung auch über den 30. September 2017 hinaus verlängert werden. Die Regelungen des BAföG seien nicht einfach und in Gänze auf die studentische Krankenversicherung übertragbar. Aus dem gemeinsamen Rundschreiben
der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 21. März 2006 (Hinweis auf Nr. 1.1.3 Abs. 2 Buchst. h) gehe hervor, dass die nach
dem BAföG anerkannte Studienzeitverzögerung herangezogen werden könne, jedoch nicht zwingend müsse. Im Übrigen gebe es auch nach dem
BAföG-Recht keine Begrenzung auf zwei Semester. In ihrem Fall liege eine sehr weitreichende Gremientätigkeit vor, sodass der Regelfall
der Verlängerung um zwei Semester bei ihr nicht anwendbar sei. Vielmehr müsse bei ihr die angemessene Verlängerungszeit vollständig
anhand der durch die Gremientätigkeit verlorenen Zeit ermittelt werden – dies seien bei ihr sechs Semester, und zwar sowohl
im Bachelor als auch im Masterstudiengang, die darüber hinaus – wie im BAföG-Recht (Hinweis auf § 2 Abs. 5 S. 3 BAföG) – jeweils für sich als gesonderte Studiengänge betrachtet werden müssten, sodass dann pro Studiengang mindestens zwei zusätzliche
Semester zu gewähren seien. Schließlich wiederholte sie, dass ihr 14. Fachsemester noch gar nicht vollendet, sie erst im 7.
Fachsemester des Masterstudienganges Soziologie sei. Ihre studentische Krankenversicherung müsse daher bis zum (voraussichtlichen)
Ende ihres Studiums im September 2019 weitergeführt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V seien Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres nur dann in der KVdS versicherungspflichtig,
wenn die Art der Ausbildung oder persönliche oder familiäre Gründe die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit
rechtfertigten. Hierzu hätten die Spitzenverbände der Krankenkassen im Gemeinsamen Rundschreiben vom 21. März 2006 konkrete
Regelungen aufgestellt. Nach Nr. 1.1.3 Abs. 2 Buchst. h der Regelung könnten persönliche Gründe, wegen derer die Krankenversicherungspflicht
fortzuführen sei, zwar in der Mitarbeit in Hochschulgremien liegen. Unter Berücksichtigung der Information des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung zu § 15 BAföG (Nr. 15.3.4; gemeint sind die BAföG VwV), wonach eine Verlängerung der Förderung um mehr als zwei Semester wegen Gremienarbeit in der Regel nicht mehr angemessen
sei, sei vorliegend eine Verlängerung der Krankenversicherungspflicht als Studentin um mehr als zwei Semester jedoch nicht
darstellbar.
Am 27. April 2017 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und die Fortsetzung der Versicherungspflicht als Studentin über den 30. September 2017 hinaus bis zum voraussichtlichen
Abschluss ihres Masterstudiums, den sie zunächst spätestens für das Wintersemester 2018/2019 angekündigt hat, begehrt.
Sie hat weiter die Ansicht vertreten, dass es sich beim Bachelor- und Masterstudium mit nach dem BAföG unterschiedlichen Förderungsdauern um jeweils eigene Studiengänge handele, die auch krankenversicherungsrechtlich getrennt
voneinander betrachtet werden müssten, sodass sie das 14. Fachsemester noch gar nicht erreicht habe. So werde auch in dem
gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 21. März 2006 unter Nr. 1.1.1 ausgeführt, dass die Begrenzung
auf 14 Fachsemester sich immer nur auf einen Studiengang beziehe. Dies sei bei dem Bachelor- und Masterstudiengang nicht der
Fall. Beide unterlägen an der Universität H. einer gesonderten Zulassungsbeschränkung mit gesondert festgelegten unterschiedlichen
Regelstudienzeiten (Bachelor Soziologie: sechs Semester, Master Soziologie: vier Semester). Auch der Umstand, dass bei konsekutiven
Studiengängen nach § 19 Abs. 4 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) die gesamte Regelstudienzeit höchstens fünf Jahre betrage, habe auf die getrennt erfolgende Fachsemesterzählung keinen Einfluss;
die Obergrenze diene hier lediglich als Planungsinstrument. Es könne nicht angenommen werden, dass der Fachsemesterbegriff
in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V ein anderer sein solle als der hochschulrechtliche Begriff des Fachsemesters. So habe der Bundesminister für Bildung und
Wissenschaft bei den Beratungen zu dem Entwurf des späteren § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V, mit dem die KVdS, um Missbräuche zu vermeiden, auf eine Höchstdauer der Studienzeiten und auf ein Höchstalter begrenzt wurde,
betont, dass die Unterstellung der Westdeutschen Rektorenkonferenz, dass Studierende, die im Anschluss an einen berufsqualifizierenden
Abschluss ein weiterbildendes oder ein Aufbaustudium absolvierten, aus der studentischen Krankenversicherung generell ausgeschlossen
seien, falsch sei, da es auf die Fachsemesterzahl ankomme, die für das weiterbildende oder das Aufbaustudium gesondert gezählt
werde. Darüber hinaus habe MR Blanke vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung
am 9. November 1988 unter anderem erklärt, dass ausgehend von der Tatsache, dass die Fach- und nicht die Studiensemester maßgebend
sein sollten, davon auszugehen sei, dass Studenten in einem höheren als dem 14. Fachsemester regelmäßig das 30. Lebensjahr
erreicht oder überschritten hätten. Hieran habe sich auch nach Einführung des Bachelor- und Mastersystems nichts geändert.
Jedenfalls aber müsse die studentische Versicherung der Klägerin aufgrund ihrer umfangreichen, nach wie vor erfolgenden ehrenamtlichen
Tätigkeiten in verschiedenen Hochschulgremien (ist näher ausgeführt worden) um mehr als zwei Semester verlängert werden. Die
Beklagte verkenne, dass die ausbildungsförderungsrechtliche Verlängerung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG eine Begrenzung auf zwei Semester nicht enthalte. Vor allem aber sei zu beachten, dass sich die Verlängerung im BAföG auf die jeweilige Förderungshöchstdauer beziehe, die der Regelstudienzeit entspreche (§ 15a Abs. 1 BAföG) und daher für den Bachelor- und den Masterstudiengang, die eigene Ausbildungsabschnitte darstellten, jeweils gesondert festgelegt
werde. Ausgehend von den eigenständigen Förderungshöchstdauern ergebe sich, dass ausbildungsförderungsrechtlich die Klägerin
sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudiengang eine Verlängerung wegen ihrer Gremientätigkeit hätte bekommen können. Dass
die gegenüber der Regelstudienzeit um zwei Semester längere Fachstudienzeit im Bachelorstudium nicht gerechtfertigt gewesen
sei, könne nicht angenommen werden. Selbst wenn man annehmen wollte, dass in aller Regel ein Überschreiten der Förderungshöchstdauer
nur bis zur Hälfte der Zeitspanne gerechtfertigt werden könne, auf die sich die Gremienarbeit erstreckt habe, wären zumindest
zwei bis drei weitere Semester Verlängerung für die Gremientätigkeit während des Masterstudiums gerechtfertigt.
Schließlich hat die Klägerin angeführt, sie habe ihrem Studium aufgrund einer Magen-Darm-Erkrankung seit Juni 2016 nicht uneingeschränkt
nachgehen können.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2017 hat die Beklagte eine weitere Verlängerung der KVdS nochmals abgelehnt. Die Ausführungen
der Klägerin zu ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen reichten ohne ärztliches Attest nicht aus. Eine Verlängerung sei
nur möglich, wenn laut Attest die Erkrankung so schwerwiegend sei, dass die Klägerin je Semester mindestens 50% davon nicht
am Studium habe teilnehmen können. Eine nur bedingte Unfähigkeit das Studium auszuüben, sei nicht ausreichend.
Im Übrigen hat die Beklagte an ihrer im Widerspruchsbescheid zum Ausdruck gekommenen Auffassung festgehalten. Ergänzend hat
sie ausgeführt, dass es sich bei dem Masterstudiengang Soziologie um einen konsekutiven Studiengang und damit um eine Fortsetzung
des Bachelorstudiums handele. Daher seien die Semesterzahlen zu addieren. Im Übrigen habe die Klägerin auch keinen Nachweis
über die von den Ämtern für Ausbildungsförderung ermittelte Semesterzahl der Gremientätigkeit vorgelegt. Dennoch seien ihr
im Rahmen einer Einzelfallentscheidung zwei Semester für die Gremientätigkeit bewilligt worden. Die Beklagte sei an die Regelungen
des BAföG gebunden. Eine nochmalige Verlängerung der studentischen Versicherung komme nicht in Betracht.
Das SG hat über die Klage am 22. Oktober 2019 mündlich verhandelt und sie mit Urteil vom selben Tag als unbegründet abgewiesen.
Die von der Klägerin angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten sie nicht in ihren Rechten. Die Klägerin habe
keinen Anspruch auf Verlängerung der studentischen Versicherung über den 30. September 2017 hinaus.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V seien versicherungspflichtig „Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, bis
zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters
oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung, familiäre sowie persönliche
Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in eine Ausbildungsstelle des zweiten Bildungsweges, die Überschreitung
der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen“.
Diese Voraussetzungen habe die Klägerin ab dem 1. Oktober 2017 nicht mehr erfüllt. Denn zu diesem Zeitpunkt habe sie das 14.
Fachsemester abgeschlossen gehabt (1.). Gründe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 SGB V, die eine Verlängerung um mehr als zwei Semester gerechtfertigt hätten, hätten nicht vorgelegen (2.).
1. Der Bachelor- und der Masterstudiengang seien als einheitlicher Studiengang im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit der Folge anzusehen, dass bei Bestimmung der 14-Fachsemestergrenze das Bachelor- und das Masterstudium zusammenzuzählen
seien.
Zwar folge diese Auslegung nicht zwingend aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschrift; vielmehr dürfte dieser beide Auslegungsmöglichkeiten
zulassen. Jedoch spreche die teleologische Auslegung der Vorschrift unter Berücksichtigung der Regelungen des HRG dafür, die Semester von Bachelor- und Masterstudiengang, jedenfalls bei konsekutiven Masterstudiengängen, zusammenzuzählen
(Hinweis auf SG Berlin, Urteil vom 7. Februar 2019 – S 72 KR 748/18 –).
Hintergrund der KVdS sei die Überlegung, dass die Personengruppe der Studenten schützenswert sei, „weil die regelmäßige Dauer
eines Hochschulstudiums die Dauer einer Berufsausbildung weit übersteigt und daher ein ausreichender Krankenversicherungsschutz
während der ausbildungsbedingten Einkommenslosigkeit – vor allem wegen der Begrenzung der Familienversicherung gemäß § 10 Abs. 2 SGB V – nicht gewährleistet ist“ (Hinweis auf Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 7. Juni 2018 – B 12 KR 15/16 R –).
Das BSG führe weiter aus:
„Nach der Gesetzessystematik ist der Anordnung der Versicherungspflicht für Studenten ein Ausbildungsbezug immanent. Der Gesetzgeber
hat die Versicherungspflicht von einkommenslosen und nicht mehr familienversicherten Studenten für einen Zeitraum vorgesehen,
in dem ein Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig
aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Fachsemestern oder bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres (vgl. (BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 40/91 –, BSGE 71, 150-155, SozR 3-2500 § 5 Nr 4, juris). Zudem knüpft die Versicherungspflicht für Studenten - untechnisch gesprochen - an ein
geregeltes Studium an, also an einen Studiengang mit vorgegebenen Inhalten, fortwährenden Leistungsnachweisen und -kontrollen
und einem förmlichen Abschluss (z.B. Staatsexamen, Diplom, Bachelor/Master). Beides ist bei einem Erststudium, aber auch bei
einem Zweit-, Aufbau- oder Erweiterungsstudium - durchaus auch bei einem Masterstudiengang erfüllt" (BSG, Urteil vom 07. Juni 2018, a.a.O.).
Aus der Rechtsprechung des BSG werde deutlich, dass dem zeitlichen Rahmen, in dem ein Studium grundsätzlich abgeschlossen werden könne, maßgebliche Bedeutung
zukomme. Gemäß § 19 Abs. 4 HRG betrage die Gesamtstudienzeit eines Bachelorstudiengangs und eines konsekutiven Masterstudiengangs höchstens fünf, in den
künstlerischen Kernfächern höchstens sechs Jahre, mithin maximal 12 Semester. Mithin könne ein solcher dualer Studiengang
grundsätzlich innerhalb der 14 Fachsemester-Grenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V durchgeführt werden. Der Schutzzweck der Regelung sei somit erreicht. Die Fortsetzung der studentischen Krankenversicherung
über das 14. Fachsemester hinaus bleibe unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 SGB V möglich (Hinweis auf SG Berlin, Urteil vom 7. Februar 2019, a.a.O.).
Für eine Zusammenrechnung spreche auch der enge sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudiengang
der Klägerin. Dieser folge bereits daraus, dass die Klägerin sowohl den Bachelor- als auch den Masterstudiengang im Fach Soziologie
absolviert habe bzw. noch absolviere. Laut Homepage der Universität H. sei Zugangsvoraussetzung für den Master Soziologie
ein erster berufsqualifizierender Hochschulabschluss im Fach Soziologie oder in einem Studiengang mit soziologischen oder
sozialwissenschaftlichen Schwerpunkten (Hinweis auf https://www.wiso.uni-hamburg.de/studienbuero-sozialwissenschaften/studiengaenge/ma-soziologie.html).
Dies zeige, dass es sich bei dem Masterstudium um eine Vertiefung der im Bachelorstudium erlangten Kenntnisse handele und
die beiden Studiengänge aufeinander aufbauten. Damit handele es sich bei dem Masterstudium um einen konsekutiven Studiengang.
Die Klägerin habe auch unmittelbar im Anschluss an ihr Bachelorstudium das Masterstudium aufgenommen, sodass auch ein enger
zeitlicher Zusammenhang gegeben sei.
Auf den sachlichen Zusammenhang stelle auch der Bundesfinanzhof (BFH) bei der Beurteilung der Frage, ob ein einheitlicher
Ausbildungsgang vorliege, ab und führe hierzu aus:
„Entgegen der Auffassung des FG und der Familienkasse ist das Masterstudium von C Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs
(anderer Ansicht Blümich/Selder, § 32 EStG Rz 81). Es steht in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zum vorangegangenen Bachelorstudiengang. Bei der Prüfung
des sachlichen Zusammenhangs ist darauf abzustellen, ob die Ausbildungsabschnitte hinsichtlich der Berufssparte oder des fachlichen
Bereichs im Zusammenhang stehen (BFH-Urteile in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, und in BFHE 249, 500). Im Streitfall ergibt sich ein solcher Zusammenhang allein schon aus dem Umstand, dass der Masterstudiengang auf dem vorherigen
Bachelorstudium aufbaut (sog. konsekutives Masterstudium i.S. von § 19 Abs. 4 des Hochschulrahmengesetzes -HRG-)." (BFH, Urteil vom 03. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166, Rn. 21)
Die Erwägungen des BFH könnten dem Grunde nach auch für die hier streitige krankenversicherungsrechtliche Betrachtung herangezogen
werden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Auffassung, dass es sich jedenfalls bei einem sog. konsekutiven Studiengang
um eine einheitliche universitäre Ausbildung handele, insbesondere auch durch die Regelung des § 19 Abs. 4 HRG unterstrichen werde, wonach bei konsekutiven Studiengängen, d.h. bei denen das Masterstudium auf dem Bachelorstudium aufbaue
und in einem engen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit diesem stehe (Hinweis auf BFH, Urteil vom 3. September 2015,
a.a.O., juris-Rn. 21), die Gesamtregelstudienzeit höchstens fünf Jahre betrage (Hinweis auf SG Stralsund, Urteil vom 20. Januar
2017 – S 3 KR 11/15 –).
Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehe auch ein sachlicher Grund für die Unterscheidung von konsekutiven und nicht konsekutiven
bzw. weiterbildenden Masterstudiengängen. Denn während erstere unmittelbar an das Bachelorstudium anschlössen und somit eine
Einheit mit diesem bildeten, knüpften letztere an eine nach Abschluss des Bachelorstudiums erworbene Berufspraxis an. Auch
spiele das Fach des abgeschlossenen Bachelor-Studiums für das weiterbildende Masterstudium keine Rolle. Insoweit bestehe gerade
kein enger sachlicher Zusammenhang mit dem vorausgegangenen Bachelor-Studium.
Der Zusammenzählung von im Bachelor- und im Masterstudium zurückgelegten Semestern stehe schließlich nicht entgegen, dass
von der Universität H. eine neue Semesterzählung vorgenommen werde, wonach der Masterstudiengang wieder mit dem ersten Fachsemester
beginne. Denn es könne nicht der Ausbildungseinrichtung überlassen sein, wie die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V auszulegen sei bzw. wann sie Anwendung finde (Hinweis auf Landessozialgericht <LSG> Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember
2016 – L 9 KR 4/16 –).
2. Es hätten auch keine Gründe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 SGB V vorgelegen, die eine Verlängerung der studentischen Versicherung um mehr als zwei Semester gerechtfertigt hätten. Danach
seien Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres nur noch versicherungspflichtig,
wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in
einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung rechtfertigten.
Die Ausnahmeregelung im zweiten Halbsatz sei eng auszulegen. Persönliche oder familiäre Gründe seien z.B. Erkrankung, Behinderung,
Schwangerschaft, Nichtzulassung zur gewählten Ausbildung im Auswahlverfahren, Eingehen einer insgesamt mindestens achtjährigen
Dienstverpflichtung als Soldat oder Polizeivollzugsbeamter im Bundesgrenzschutz auf Zeit bei einem Dienstbeginn vor Vollendung
des 22. Lebensjahres oder Betreuung von behinderten oder aus anderen Gründen auf Hilfe angewiesenen Kindern. Die Verlängerungsgründe
müssten dabei im Allgemeinen von solcher Art und solchem Gewicht sein, dass sie nicht nur aus der Sicht des Einzelnen, sondern
auch bei objektiver Betrachtungsweise die Aufnahme des Studiums oder seinen Abschluss verhinderten oder als unzumutbar erscheinen
ließen. Das Studium aufzuschieben, weil dies als zweckmäßig oder sinnvoll erscheine, reiche demgegenüber nicht aus (Hinweis
auf BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 40/91–).
In Anlehnung an die Regelung des § 15 Abs. 3 BAföG dürfte nach Auffassung der Kammer zwar auch die Mitarbeit in Hochschulgremien als Verlängerungsgrund anzuerkennen sein. So
habe auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen der „Grundsätzlichen Hinweise zur Kranken- und Pflegeversicherung
der Studenten, Praktikanten ohne Arbeitsentgelt, der zur Berufsausbildung Beschäftigten ohne Arbeitsentgelt und der Auszubildenden
des Zweiten Bildungswegs vom 6. Dezember 2017“ ausgeführt, dass die Mitwirkung in einem gesetzlich vorgesehenen Gremium oder
satzungsmäßigen Organ der Hochschule, der Selbstverwaltung der Studenten oder in einem Studentenwerk während des Studiums
als Verlängerungstatbestand im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 SGB V anzuerkennen sei, soweit die Teilnahme am Studium regelmäßig eingeschränkt sei. Jedoch halte die Kammer eine Verlängerung
der studentischen Versicherung aufgrund von Gremienarbeit um mehr als zwei Semester – welche die Beklagte der Klägerin bereits
gewährt habe – nicht mehr für angemessen.
Zum BAföG habe das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Folgendes ausgeführt:
„Der beschließende Senat hat in seinem bereits genannten Beschluß vom 1. Juni 1979 - BVerwG 5 B 75.78 - ausgeführt, es liege nicht mehr innerhalb des Zwecks der Ausbildung, wenn ein Auszubildender eine Tätigkeit in den in §
15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG genannten Gremien entfaltet, die ihm eine noch sinnvolle Ausbildung in absehbarer Zeit nicht mehr ermöglicht. Der Auszubildende
ist deshalb gehalten, ein vertretbares Maß der Gremientätigkeit zu wahren (ähnlich auch Müller-Schöll in Rothe/Blanke, BAföG, 3. Aufl. 1985, § 15 Rn. 19; Ramsauer/Stallbaum, BAföG 1984, § 15 Anm. 7 c). Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, daß der Auszubildende, um eine zweckentsprechende Nutzung
der Ausbildungsförderung sicherzustellen, verpflichtet ist, seine Ausbildung umsichtig zu planen und zielstrebig durchzuführen
(Urteil vom 27. März 1980 - BVerwG 5 C 52.78 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 15; Urteil vom 15. Januar 1981 - BVerwG 5 C 44.78 - Buchholz 436.36 § 46 BAföG Nr. 6). Diesem Grundsatz ist auch bei der Übernahme von Ämtern der studentischen Selbstverwaltung Rechnung zu tragen. Im
Hinblick darauf bedarf es keiner grundsätzlichen Klärung mehr, daß die Gremientätigkeit im Vergleich zur Ausbildung nur von
untergeordneter Bedeutung sein darf. Die Ausbildungsförderung wird primär für die Ausbildung geleistet, bei der das Gesetz
in § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG davon ausgeht, daß sie die Arbeitskraft des Auszubildenden im allgemeinen voll in Anspruch nimmt. Es ist deshalb nicht zu
beanstanden, wenn das Berufungsgericht fordert, der Auszubildende habe eine etwaige Gremientätigkeit so zu gestalten, daß
er noch innerhalb der Förderungshöchstdauer einen Teil der versäumten Ausbildung durch Nacharbeit aufholen könne. Eine andere
Beurteilung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Auszubildende, wie es der Kläger für sich geltend macht, in zeitlicher
Abfolge Gremientätigkeiten übernimmt, die sich aus einer früheren Tätigkeit entwickelt haben. Es ist weder geltend gemacht
noch ersichtlich, daß eine solche Entwicklung für eine wirkungsvolle Tätigkeit gefordert wird oder auch aus sachlichen Gründen
notwendig wäre“ (BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1986 – 5 B 21/85 –, juris-Rn. 3).
Die Erwägungen des BVerwG könnten für die hier streitige Frage herangezogen werden. Nach Auffassung der Kammer würde auch
eine Verlängerung der KVdS wegen Gremienarbeit um mehr als zwei Semester dem Sinn und Zweck der studentischen Versicherung,
den Studenten aufgrund der Erwerbslosigkeit während ihrer Ausbildung eine günstige Versicherung zu gewähren, nicht mehr gerecht.
Denn sofern die Gremienarbeit derart umfangreich sei, dass sie den Studienabschluss um mehr als zwei Semester hinauszögere,
könne nicht mehr von einer untergeordneten Bedeutung der Gremientätigkeit gesprochen werden. Gerade im Fall der Klägerin –
die sich zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits im 21. Semester im Fach Soziologie befunden habe – werde deutlich,
dass das Studium aufgrund der umfangreichen Gremienarbeit nicht mehr im Vordergrund gestanden habe und ihr eine sinnvolle,
zielstrebige Ausbildung nicht mehr möglich gewesen sei. Sofern das Studium jedoch nicht mehr im Vordergrund stehe, könne nach
Überzeugung der Kammer auch kein Anspruch mehr auf die günstige studentische Versicherung – die gerade zum Zwecke der Ausbildung
gewährt werde – bestehen. In diesem Zusammenhang müsse auch beachtet werden, dass die typischen Verlängerungstatbestände im
Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 SGB V jeweils auf Gründen beruhten, die vom Versicherten nicht beeinflussbar seien (wie etwa Erkrankung, Behinderung, Schwangerschaft,
Nichtzulassung zur gewählten Ausbildung im Auswahlverfahren etc.). Demgegenüber stehe es jedem Studenten frei, in welchem
Umfang er sich ehrenamtlich engagiere. So hätte die Klägerin ihre Gremienarbeit jederzeit reduzieren können, um eine Beendigung
ihres Studiums innerhalb der Zeit der studentischen Versicherung – d.h. im Falle der Klägerin innerhalb von 16 Semestern –
zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund bedürfe es keiner Klärung der Frage mehr, wie viele Semester der Klägerin tatsächlich
durch die Gremienarbeit verloren gegangen seien.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine weitere Verlängerung der KVdS aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen.
Zwar stelle auch eine Erkrankung einen anerkannten Verlängerungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V dar (Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. September 1992, a.a.O.). Wie bereits ausgeführt, müssten die Gründe für die Verlängerung aufgrund des Ausnahmecharakter
des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 SGB V jedoch von solcher Art und solchem Gewicht sein, dass sie nicht nur aus der Sicht des Einzelnen, sondern auch bei objektiver
Betrachtungsweise die Aufnahme des Studiums oder seinen Abschluss verhinderten oder als unzumutbar erscheinen ließen. Die
Klägerin habe in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 29. September 2017 zwar ausgeführt, dass sie ab Juni 2016 an Magen- und
Darmbeschwerden gelitten habe und daher nicht in der Lage gewesen sei, ihrem Studium uneingeschränkt nachzugehen. Weder habe
die Klägerin aber dargelegt, wie lange sie krankgeschrieben gewesen bzw. wieviel Zeit ihr durch die Erkrankung verloren gegangen
sei, noch habe sie Belege in Form von ärztlichen Attesten vorgelegt. Es sei daher nicht erkennbar, dass die Erkrankung eine
Verlängerung des Studiums um mindestens ein Semester unumgänglich gemacht habe (zur semesterweisen Beurteilung Hinweis auf
KassKomm/Peters, 105. EL August 2019, SGB V § 5 Rn. 106).
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 13. November 2019 zugestellte Urteil richtet sich die am 12. Dezember 2019 eingelegte
Berufung der Klägerin.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass bei der Bestimmung der 14-Fachsemestergrenze das Bachelor- und das Masterstudium nicht
zusammenzuzählen seien. Die diesbezüglich andere Auffassung des SG verstoße sowohl gegen § 2 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch ( SGB I) als auch gegen die Vorschriften des HRG, des Hamburgischen Hochschulgesetzes sowie des Hochschulstatistikgesetzes. Sie hätte auch die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz
nicht zu vereinbarende Konsequenz, dass für einen Studenten, der im Bachelor Sozialökonomie mit dem Schwerpunktfach Soziologie
studiere, im nachfolgenden Masterstudiengang Soziologie die Fachsemesterzählung neu beginne, für die Klägerin, die im Bachelorstudiengang
Soziologie eingeschrieben gewesen sei, aber nicht. Ob kindergeldrechtlich das Masterstudium mit dem vorhergehenden Bachelorstudiengang
einen einheitlichen Ausbildungsgang darstelle, sei für das vorliegende Verfahren unerheblich. Entgegen der Behauptung des
SG sei die Gremientätigkeit der Klägerin auch im Vergleich zu ihrem Studium nur von untergeordneter Bedeutung. Die Klägerin
weist erneut darauf hin, dass Studierenden, die Ausbildungsförderung nach dem BAföG erhielten, sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudiengang eine Verlängerung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG für Gremientätigkeit im Umfang von je zwei Semestern unproblematisch gewährt werde.
Nachdem der Gesetzgeber mit Wirkung ab 1. Januar 2020 die Begrenzung auf 14 Fachsemester in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V gestrichen und die Klägerin am 9. November 2018 das 30. Lebensjahr vollendet habe, sei auch darüber zu entscheiden, ob eine
Überschreitung der Altersgrenze gerechtfertigt sei, was wegen der Gremientätigkeit der Klägerin zu bejahen sei. Ihr sei daher
nach § 190 Abs. 9 S. 2 SGB V zumindest für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum Ablauf des Verlängerungszeitraums zum Semesterende am 31. März 2021 die
Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V in der ab 1. Januar 2020 geltenden Fassung vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2789; n.F.) zuzubilligen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Oktober 2019 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids vom 8. September
2016 in der Fassung vom 6. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2017 sowie unter Aufhebung des
Bescheids vom 6. Oktober 2017 festzustellen, dass sie – die Klägerin – über den 30. September 2017 hinaus bis zum 31. März
2021, hilfsweise im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. März 2021, in der Krankenversicherung der Studenten bei der Beklagten
versichert ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für richtig. Eine über zwei Semester hinausgehende Verlängerung sehe sie weiterhin nicht als angemessen an. Der Verlängerungstatbestand
nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 SGB V sei eng auszulegen, Bachelor-und Masterstudiengang seien als einheitlicher Studiengang im Sinne der Vorschrift zu bewerten.
Am 25. Februar 2021 hat der Senat über die Berufung mündlich verhandelt. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Sitzungsniederschrift
und den weiteren Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG). Gegenstand ist entgegen dem erstinstanzlich gestellten, jedoch auszulegenden (§ 123 SGG) Antrag auch der Bescheid der Beklagten vom 8. September 2016, mit dem diese das Ende der KVdS zum 30. September 2019 feststellte,
wogegen sich die Klägerin mit ihrem am 10. Oktober 2016 bei der Beklagten eingegangenen, als Widerspruch anzusehenden Schreiben
wandte, und der durch den Bescheid vom 6. Januar 2017, der zugleich konkludent den Bescheid über die Begründung der freiwilligen
Versicherung vom 5. Oktober 2016 aufhob, im Sinne einer Teilabhilfe lediglich modifiziert wurde. Nicht Gegenstand des Verfahrens
ist zum einen die Feststellung der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung, die nicht Gegenstand der angefochtenen
Bescheide war, auch wenn die Klägerin ausweislich ihres erstinstanzlich wörtlich gestellten Antrags möglicherweise vorübergehend
davon ausgegangen ist. Im Übrigen hat die Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat ausdrücklich
verpflichtet, die rechtskräftige Entscheidung über das Bestehen der KVdS auf die Pflegeversicherung zu übertragen. Des Weiteren
sind die von der Beklagten erlassenen Beitragsbescheide in der freiwilligen Versicherung nicht – jedenfalls nicht mehr – Gegenstand
des Verfahrens, nachdem die Beklagte sich im Sinne eines Teilvergleichs im Einverständnis mit der Klägerin in der mündlichen
Verhandlung vor dem SG verpflichtet hat, diese aufzuheben, falls die KVdS über den 30. September 2017 hinaus fortbestanden haben sollte.
Die so verstandene Berufung ist hinsichtlich des Hauptantrags teilweise begründet, im Übrigen unbegründet. Das SG hat die zulässige Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1 Var. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Die Klägerin ist über den 30. September 2017 hinaus bis zum 30. September 2018 in
der KVdS bei der Beklagten versichert gewesen. Seit dem 1. Oktober 2018 besteht die von der Beklagten festgestellte freiwillige
Versicherung.
Soweit das SG in dem angefochtenen Urteil auf der Grundlage des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden, im Rahmen der Anfechtungs- und Feststellungsklage bis dahin auch noch anzuwendenden
Fassung vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2325; a.F.) ausgeführt hat, dass die Klägerin mit Ablauf des Sommersemesters 2016 am 30. September 2016 das 14. Fachsemester abgeschlossen
habe, weil das Bachelorstudium und das Masterstudium Soziologie als konsekutiver Studiengang im Sinne des § 19 Abs. 4 HRG insoweit als einheitlicher Studiengang anzusehen seien, kann hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen werden.
Das im Wesentlichen wiederholende Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren vermag diesbezüglich keine andere rechtliche
Bewertung des Sachverhalts zu rechtfertigen.
Weder ist es geboten, den Begriff des Fachsemesters im vom Solidargedanken geprägten Recht der gesetzlichen Krankenversicherung
genauso auszulegen wie im Hochschulrecht mitsamt seinen statistischen Regelungen, wobei die Anknüpfung der Zusammenrechnung
von Bachelor- und Masterstudium der Soziologie doch gerade unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 4 HRG erfolgt, noch verstößt dies gegen Art. 2 Abs. 2 SGB I oder den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.
Es entspricht Sinn und Zwecke des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V, in einem engen sachlichen Zusammenhang stehende Bachelor- und Masterstudiengänge als einheitlichen Studiengang zu begreifen
(ebenso: SG Mainz, Urteil vom 19. September 2006 – S 6 KR 400/04, juris; SG Stralsund, Urteil vom 20. Januar 2017 – S 3 KR 11/15, juris; SG Berlin, Urteil vom 7. Februar 2019 – S 72 KR 748/18, juris; Felix in juris-PK SGB V, 4. Aufl. 2020, § 5 Rn. 80). § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V a.F. geht darauf zurück, dass der Gesetzgeber es im Jahr 1988 für erforderlich hielt, die beitragsgünstige Krankenversicherung
der Studenten über die bloße Abwehr einer missbräuchlichen Begründung hinaus durch die Einführung allgemeiner Schranken nach
der Höchstdauer der Fachstudienzeit und des Alters zu begrenzen; dabei orientierte er sich an einem Zeitraum, in dem ein Studium
regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird,
nämlich innerhalb von 14 Fachsemestern oder bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres (BSG, Urteil vom 7. Juni 2018 – B 12 KR 15/16 R, BSGE 126,52, m.w.N.).
Ein Soziologiestudium wurde zum damaligen Zeitpunkt noch als einheitlicher Studiengang durchgeführt und mit dem Diplom abgeschlossen.
Auch nach der Bologna-Reform mit der Einführung eines gestuften Graduierungssystems ist der Abschluss der dem Diplom vergleichbaren
Ausbildung nach Ablegung sowohl eines Bachelor- als auch eines Master-Abschlusses mit Regelstudiendauern von sechs und vier,
insgesamt 10 Semestern, die ohnehin der Höchstgrenze für konsekutive Studiengänge nach § 19 Abs. 4 HRG entsprechen, innerhalb von 14 Fachsemestern regelmäßig zu erwarten. Eine getrennte Betrachtung dieser beiden eng zusammenhängenden
Studiengänge würde dazu führen, dass für ein der früheren Diplomausbildung vergleichbares Studium insgesamt 14 Jahre zur Verfügung
stünden, in denen die Studierenden von der besonders günstigen, von der Solidargemeinschaft der Beitragszahler im Wesentlichen
finanzierten studentischen Krankenversicherung unsachgemäß (vgl. Felix, a.a.O., Rn. 86 m.N.) profitieren könnten, was auch
dem mittelbaren Zweck der Einführung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V a.F., nämlich der Verkürzung der Studiendauer (vgl. Felix, a.a.O., Rn. 79 m.N.), zuwiderliefe. Im Übrigen wäre bei einer
solchen Auslegung die daneben bestehende Altersgrenze von 30 Jahren praktisch leergelaufen. Der Gesetzgeber ging ausweislich
der von der Klägerin vorgelegten Erklärung des MR Blanke vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft im Ausschuss für
Arbeit und Sozialordnung am 9. November 1988, der den späteren Bologna-Prozess noch nicht vor Augen hatte, selbst von einem
durchschnittlichen Studienanfangsalter von rund 22 Jahren aus. Dann wäre bei einem krankenversicherungsrechtlich unschädlichen
Studium mit einer Dauer von 14 Jahren die Altersgrenze regelmäßig weit überschritten. Bezogen auf ein Masterstudium wie das
hier vorliegende mit einer Regelstudiendauer von nur vier Semestern würde gar eine dreieinhalbfache Dauer krankenversicherungsrechtlich
privilegiert.
Dass dies bei nicht konsekutiven Studiengängen der Fall sein kann, führt nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Denn zwischen den beiden Vergleichsgruppen – Studierende in einem konsekutiven Studiengang einerseits und in einem nicht konsekutiven
andererseits – bestehen gerade wegen des engen inhaltlichen und in der Regel zeitlichen Zusammenhangs bei Studiengängen im
Sinne des § 19 Abs. 4 HRG Unterschiede von einem Gewicht, die eine unterschiedliche Behandlung nicht willkürlich erscheinen lassen. Dies führt nachvollziehbar
auch zu einer unterhaltsrechtlich unterschiedlichen Beurteilung der beiden Vergleichsgruppen, wonach z.B. ein Masterstudium
jedenfalls dann als Teil einer einheitlichen Erstausbildung angesehen wird, wenn es zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen
Bachelorstudiengang abgestimmt ist und das – von den Eltern und dem Kind – bestimmte Berufsziel erst darüber erreicht werden
kann (BFH, Urteil vom 3. September 2015 – VI R 9/15, BFHE 251,10).
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 SGB V ist als Ausnahmetatbestand eng auszulegen (BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 50/91, SozR 3-2500 § 5 Nr. 6; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Werksstand 02/19, § 5 Rn. 373, 375, 389 m.w.N.; Felix, a.a.O., Rn. 83 und 86, m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 28. Mai 2020 – L 1 KR 154/19 , juris), sodass auch gerade vor dem Hintergrund des Zwecks der Regelung, die Solidargemeinschaft der Beitragszahler, zu
denen im Übrigen auch andere Studierende gehören, vor missbräuchlicher Inanspruchnahme zu schützen, kein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 SGB I zu erkennen ist.
Schließlich entspricht es offenbar auch der Auffassung des Gesetzgebers selbst, dass inhaltlich und zeitlich eng zusammenhängende
Studiengänge als einheitliche Ausbildung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V a.F. mit der Folge einer einheitlichen Zählung der Fachsemester anzusehen waren. In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
zum Entwurf eines Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) vom 9. August 2019, auf den § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V n. F. zurückgeht, heißt es, dass durch die Streichung des Abschlusses des 14. Fachsemesters als zeitliche Begrenzung der
studentischen Krankenversicherung nach der deutlichen Veränderung der Struktur von Studiengängen aufgrund des Bologna-Prozesses
dem Umstand Rechnung getragen werde, dass die Krankenkassen bei der Zählung der Fachsemester zunehmend Schwierigkeiten hätten,
eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten, wobei die Problematik der Zählung der Fachsemester insbesondere dann auftrete,
wenn Studierende das Studienfach wechselten oder ein Aufbaustudium aufnähmen, weil die Entscheidung zu treffen sei, ob die
Fachsemester weiter gezählt würden oder ob mit dem Wechsel in ein neues Fachstudium eine neue Semesterzählung beginne. Krankenkassen
würden durch die Rechtsänderung von erheblichem Verwaltungsaufwand entlastet, der damit verbunden sei, in jedem Einzelfall
ermitteln zu müssen, wie der jeweilige Fachstudiengang zu bewerten sei (BR-Drs. 359/19 S. 54 f.). Hieraus ist zu ersehen,
dass der Gesetzgeber davon ausging und dies von Krankenkassen auch praktiziert wurde, dass nicht nur zeitlich aufeinanderfolgende
Bachelor-und Masterstudiengänge in dem gleichen Fach als einheitlicher Studiengang zu begreifen waren, sondern dies auch darüber
hinaus möglich war.
Ebenfalls kann nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des SG zu den Grundlagen für eine Verlängerung der Versicherungspflicht der Klägerin in der KVdS für zwei Semester wegen Gremienarbeit
Bezug genommen werden sowie darauf, dass eine weitere Verlängerung wegen der nicht belegten und nicht substantiierten Angaben
zu der seit Juni 2016 aufgetretenen Erkrankung nicht in Betracht kommt.
Auch der erkennende Senat hält mit dem SG und dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (s. Grundsätzliche Hinweise Kranken- und Pflegeversicherung der
Studenten, Praktikanten und Auszubildenden ohne Arbeitsentgelt sowie Auszubildenden des Zweiten Bildungswegs, Stand 20. März
2020, Nr. 1.1.6.3 S. 17 f.) die Anerkennungsfähigkeit der Mitarbeit in Hochschulgremien in Anlehnung an die Regelung des §
15 Abs. 3 BAföG trotz der gebotenen engen Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V für sachgerecht.
Gleiches gilt für die Anknüpfung an die pauschalierende Regelung in Nr. 15.3.4 BAföG VwV, wonach eine Verlängerung der Förderung um mehr als zwei Semester wegen Gremienarbeit in der Regel nicht mehr angemessen
ist, die einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Hamburg (Urteil vom 26. Oktober 1984 – Bf I 19/84, HmbJVBl 1985, 160; s.a. Lackner in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 29) folgt, wonach auch eine umfangreiche Tätigkeit des Auszubildenden in Gremien im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG grundsätzlich eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer um mehr als zwei Semester nicht rechtfertigen könne. Dies überzeugt,
weil die Mitwirkung in den Gremien und satzungsmäßigen Organen eine Förderung nach dem BAföG über die Höchstdauer hinaus nur für eine angemessene Zeit rechtfertigt, sodass das hochschulpolitische Interesse an der Gremienarbeit
mit dem Interesse an einer zügigen erfolgreichen Beendigung des Studiums im Einzelfall abgewogen werden muss (Lackner, a.a.O.);
Entsprechendes gilt im Rahmen der krankenversicherungsrechtlichen Bewertung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V, wonach auch nur eine angemessene, vor der Solidargemeinschaft der Beitragszahler zu rechtfertigende Verlängerung in Betracht
kommen soll, auch um mittelbar einen zügigen Ausbildungsabschluss zu fördern.
Nicht zu folgen vermag der Senat dem SG und der Beklagten darin, dass in Anwendung dieser Grundsätze im Fall der Klägerin eine Verlängerung um nur zwei Semester
in Betracht komme. Ausgehend von den Grundsätzen des BAföG-Rechts hat vielmehr eine Verlängerung der Versicherungspflicht in der KVdS um ein weiteres Jahr bis zum Ende des Sommersemesters
2018 zu erfolgen.
Da nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG die Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer eines Ausbildungsabschnitts hinaus geleistet wird und ein – hier
vorliegender – Masterstudiengang im Sinne des § 7 Abs. 1a BAföG nach § 2 Abs. 5 S. 3 BAföG im Verhältnis zu dem Studiengang, auf den er aufbaut, als eigener Ausbildungsabschnitt gilt und sowohl für das Bachelor-
als auch Masterstudium Soziologie jeweils eine eigene Regelstudiendauer, mithin Förderungshöchstdauer im Sinne des BAföG, bestimmt ist, sind vorliegend bei der Prüfung der Verlängerungsmöglichkeit in Anlehnung an Nr. 15.3.4 BAföG VwV Bachelor- und Masterstudiengang getrennt zu betrachten.
Die Klägerin war durchgehend seit dem Wintersemester 2010/2011 nach Ihren schlüssigen und nicht widerlegten Darlegungen mindestens
neun, meistens 12 oder gar 20 Stunden wöchentlich mit Hochschulgremienarbeit befasst, sodass die im Sinne der zitierten Entscheidung
des OVG Hamburg in der Regel größtmögliche Verlängerung von zwei Semestern sowohl für das im Sommersemester 2013 nach acht
Fachsemestern – und damit zwei Semestern mehr als der Regelstudiendauer – abgeschlossene Bachelorstudium als auch für das
direkt im Anschluss aufgenommene und noch nicht abgeschlossene Masterstudium angemessen erscheint. Eine darüberhinausgehende
Verlängerung erscheint auch vor dem Hintergrund unangemessen, dass die dem Gesetzgeber regelhaft vorschwebenden persönlichen
Hinderungsgründe nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V wie Erkrankung, Behinderung, Schwangerschaft oder Betreuung von behinderten oder aus anderen Gründen auf Hilfe angewiesenen
Kindern objektive Hinderungsgründe darstellen, wohingegen die Gremientätigkeit sehr wohl von Studierenden beeinflussbar ist,
die diesbezüglich ein vertretbares Maß zu wahren haben, wie das SG zu Recht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung unter anderem des BVerwG ausgeführt hat. Es wäre unangemessen, bei einem
Studiengang mit vier Semestern Regelstudiendauer wie dem Masterstudium der Klägerin wegen Gremientätigkeit eine Verlängerung
um mehr als zwei Semester und damit mehr als 50 % der Regelstudiendauer zu gewähren.
Nach alledem endet die Versicherungspflicht der Klägerin in der KVdS mit Ablauf des Sommersemesters 2018 am 30. September
2018, auch wenn § 190 Abs. 9 SGB V in der vor dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung vom 10. Mai 1995 (BGBl. I S. 678) lautete: Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten endet einen Monat nach Ablauf des Semesters, für das sie
sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben. Nunmehr heißt es u.a. in dem neuen S. 1, dass die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger
Studenten erst mit Ablauf des Semesters endet, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben, wenn sie
bis zum Ablauf oder mit Wirkung zum Ablauf dieses Semesters exmatrikuliert worden sind (1.) oder bis zum Ablauf dieses Semesters
das 30. Lebensjahr vollendet haben (2.). Hierbei handelt es sich allerdings für diese Sachverhalte, in denen eine verspätete
Rückmeldung nicht mehr zu erwarten ist und deshalb der Sinn und Zweck der Verschiebung des Endes der Mitgliedschaft auf einen
Zeitpunkt einen Monat nach Ablauf des Semesters, nämlich den Verwaltungsaufwand der Hochschulverwaltungen bei der Verarbeitung
verspäteter Semesterrückmeldungen von Studierenden möglichst gering zu halten, lediglich um eine ausdrückliche Klarstellung
der auch schon vorher geltenden Rechtslage (BT-Drs. 359/19 S. 60; s.a. Urteil des erkennenden Senats vom 28. Mai 2020, a.a.O.
m.w.N. auch zur entsprechenden Auslegung des früheren Rechts und z.T. a.A.).
Der Hilfsantrag der Klägerin auf Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V n.F. für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. März 2021 mit Blick auf den Wegfall der Fachsemestergrenze ab Beginn des
Jahres 2020 und die Vollendung ihres 30. Lebensjahres im November 2018 mit anschließender Verlängerung um zwei Jahre bleibt
schon deshalb ohne Erfolg, weil die nach den obigen Ausführungen in Betracht kommenden Verlängerungszeiten von zweimal zwei
Semestern mit der Verlängerung der Versicherungspflicht bis zum 30. September 2018 bereits „verbraucht“ sind und nicht erneut
für eine weitere Verlängerung über die Altersgrenze hinaus herangezogen werden können. Im Übrigen sind für die Feststellung
von Versicherungspflicht über das vollendete 30. Lebensjahr hinaus sogenannte Hinderungszeiten und Nichthinderungszeiten mit
ihrer jeweiligen Dauer gegenüberzustellen und die Ursächlichkeit der Hinderungszeiten für das Überschreiten der Altersgrenze
festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 50/91, SozR 3-2500 § 5 Nr. 6; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Werksstand 02/19, § 5 Rn. 373, 375, 389 m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 28. Mai 2020 – L 1 KR 154/19 , juris). Das Masterstudium der Klägerin hat eine Regelstudienzeit von vier Semestern. Zum Zeitpunkt des 30. Geburtstags
der Klägerin befand sie sich bereits im 11. Semester, sodass auch unter Berücksichtigung anrechnungsfähiger zweier Semester
für die Gremientätigkeit die Studiendauer zum Zeitpunkt der Überschreitung der Altersgrenze nicht durch anerkennungsfähige
Hinderungszeiten geprägt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits. Die Klägerin hat die Fortsetzung der Mitgliedschaft in der KVdS ursprünglich bis
zum – noch offenen – Ende ihres Masterstudiums und zuletzt bis zum 31. März 2021 und damit für 42 Monate begehrt (Oktober
2017 bis März 2021) und ist lediglich im Umfang von 12 Monaten erfolgreich.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere kommt der – soweit ersichtlich – höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage, ob im Hinblick
auf die Fachsemesterbegrenzung die Semester im Bachelor- und im Masterstudiengang zusammenzuzählen sind, im Hinblick auf den
Wegfall der Fachsemesterbegrenzung in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit Wirkung ab 1. Januar 2020 keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Darüber hinaus ist weder dargetan noch sonst ersichtlich,
dass die Frage, ob Gremientätigkeiten als Hinderungsgründe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V zu berücksichtigen sind und ob bei der quantitativen Bewertung auf die pauschalisierenden Grundsätze des BAföG-Rechts abgestellt werden kann, in einer nicht unerheblichen Anzahl von Verfahren eine Rolle spielt.
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