Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Leistungsausschluss für Ausländer bei Ausübung der Personensorge gegenüber
einem minderjährigen unverheirateten Unionsbürger
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) vom 31. Oktober bis 12. Dezember 2011.
Die 1970 geborene und erwerbsfähige Antragstellerin zu 1) ist pakistanische Staatsangehörige und die Mutter des 2005 geborenen
Antragstellers zu 2), der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Beide reisten am 13. September 2011 von Pakistan kommend
mit einem am 5. September 2011 ausgestellten Visum nach Deutschland ein. Am 31. Oktober 2011 beantragten die Antragsteller
bei dem Antragsgegner die Gewährung von SGB II-Leistungen. Dabei gab die Antragstellerin zu 1) an, ihr Ehemann, von dem sie getrennt lebe, sei Deutscher. Sie habe in Pakistan
gearbeitet, sei mit erspartem Geld nach Deutschland geflogen, mit dem Ziel, hier zu verbleiben. Unterhalt für den Antragsteller
zu 2) sei (vom Kindesvater) nur in Pakistan gezahlt worden. Das mitgebrachte Bargeld sei nunmehr verbraucht. Auch werde eine
Wohnung benötigt. Seinerzeit seien die Antragsteller bei einem Bekannten mietfrei untergekommen. Die Antragstellerin zu 1)
legte eine vorläufige Bescheinigung der Ausländerbehörde der Stadt A-Stadt vom 27. Oktober 2011 vor, wonach ihr eine Aufenthaltserlaubnis
(gültig bis 1. Mai 2014) nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erteilt worden war. Dort heißt es weiter, bis zur Aushändigung des noch herzustellenden (elektronischen) Aufenthaltstitels
berechtige diese Bescheinigung in Verbindung mit einem bestehenden Aufenthaltsrecht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, zur
Ausübung einer Beschäftigung sowie zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit. Mit Bescheid vom 3. November 2011 lehnte
der Antragsgegner die Anträge ab, weil nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II ein Leistungsanspruch in den ersten 3 Monaten nach der Einreise in die BRD ausgeschlossen sei. Dagegen legten die Antragsteller
am 17. November 2011 Widerspruch ein und trugen wiederholend vor, der Ehemann der Antragstellerin zu 1) sei deutscher Staatsangehöriger
und in Pakistan verblieben. Unterhalt (für den Antragsteller zu 2) sei lediglich in Pakistan gezahlt worden.
Am 15. November 2011 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Frankfurt am Main die vorläufige Gewährung von Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ab 31. Oktober 2011 beantragt und ergänzend vorgetragen, keinerlei Geld mehr zum
Leben zu haben und außerdem nicht krankenversichert zu sein. Auch sei der Antragsteller zu 2) erkrankt. Sie seien zum Zwecke
der Familienzusammenführung nach Deutschland eingereist. Die Unterhaltszahlungen seien leider noch nicht geklärt. Mittlerweile
bestünden auch Probleme mit der Unterkunft. Sie seien gebeten worden, sich eine andere Unterkunft zu suchen.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2011 hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern als Bedarfsgemeinschaft
vorläufig für den Zeitraum vom 31. Oktober 2011 bis 31. Januar 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II in gesetzlich vorgesehenem Umfang zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragstellerin zu 1)
habe das Bestehen einer Leistungsberechtigung nach dem SGB II glaubhaft gemacht, so dass damit auch ein Anspruch des Antragstellers zu 2) auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem genannten Gesetz glaubhaft sei. Darüber hinaus sei der Antragsgegner zur vorläufigen Gewährung der SGB II-Leistungen bereits ab 31. Oktober 2011 und nicht erst ab Eingang des Eilantrages bei Gericht am 15. November 2011 zu verpflichten
gewesen, weil bei den Antragstellern zum Zeitpunkt der Stellung ihres Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ein
sogenannter Nachholbedarf im Sinne der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts, der zum Zeitpunkt der Beschlussentscheidung
des Gerichts auch noch fortbestanden habe, glaubhaft gemacht worden sei. Nach §
86b Abs.
2 S. 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) könne das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht,
dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte. Nach S. 2 der genannten Vorschrift seien einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
notwendig erscheine. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzte in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also
einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet
werden solle, voraus, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründe.
Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch stünden insoweit in Wechselbeziehung zueinander als die Anforderungen an die Erfolgsaussichten
der Hauptsache (dem Anordnungsanspruch) mit zunehmender Eilbedürftigkeit und Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund)
sinken würden und umgekehrt. Sei die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so sei der Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes
Recht nicht vorhanden sei. Sei die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so verminderten sich die Anforderungen
an den Anordnungsgrund. In der Regel sei daher dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dann stattzugeben. Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund seien glaubhaft zu machen (§
920 Abs.
2 der
Zivilprozessordnung -
ZPO - in Verbindung mit §
86b Abs.
2 S. 4
SGG). Dabei seien, soweit im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt werde, die Sach- und
Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05). Nach dieser Rechtsprechung müssten sich die Gerichte stets schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen.
Die Antragsteller hätten nach diesen Grundsätzen glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin zu 1) nach dem SGB II leistungsberechtigt sei, sie deshalb mit dem Antragsteller zu 2) eine Bedarfsgemeinschaft bilde und den Antragstellern folglich
existenzsichernde Leistungen zu gewähren seien. Die Antragstellerin zu 1) erfülle die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II. Sie habe bei Beantragung der Leistungen das 41. Lebensjahr vollendet und sei auch hilfebedürftig, weil nach dem Akteninhalt
davon auszugehen sei, dass sie - ebenso wie der Antragsteller zu 2) - über kein Vermögen und kein Einkommen verfüge, das die
Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit ausschließen würde. Insoweit sehe das Gericht den Vortrag der Antragsteller
als glaubhaft an, wonach derzeit Unterhaltszahlungen des Ehemanns der Antragstellerin zu 1) und Vaters des Antragstellers
zu 2) noch ungeklärt seien. Auch spreche nichts gegen die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin zu 1) i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB II. Schließlich hätten die Antragsteller seit ihrer Einreise ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland,
da sie sich unzweifelhaft unter der von ihnen angegebenen Anschrift in KF. unter Umständen aufhielten, die erkennen ließen,
dass sie an diesem Ort nicht nur vorübergehend zu verweilen beabsichtigen würden (§
30 Abs.
3 S. 2 des
Ersten Buches Sozialgesetzbuch -
SGB I). Vor allem aber sprächen weder § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II noch § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 SGB II gegen eine Leistungsberechtigung der Antragstellerin zu 1). Nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II seien von der Leistungsberechtigung ausgenommen Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder
Selbstständiger noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen
für die ersten 3 Monate ihres Aufenthalts. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sei diese Vorschrift im Falle der Antragstellerin
zu 1) nicht einschlägig. Denn nach der Gesetzesbegründung würden mit Rücksicht auf das Zusammenspiel der Bestimmungen über
die Freizügigkeit nach § 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) mit jenen des SGB II von dem Leistungsausschluss unter anderem Personen nicht erfasst, die als Familienangehörige eines in Deutschland Erwerbstätigen
EU-Bürgers ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben oder die als Familienangehörige eines Deutschen in Deutschland
einreisen. Dabei entspreche der Begriff des Familienangehörigen dem in § 3 Abs. 2 FreizügG/EU (vgl. zum Vorstehenden Hackethal in Juris PK SGB II 2. Auflage § 7 Rn. 30 m.w.N.). Bei der Antragstellerin zu 1) handele es sich in ihrer Beziehung zu dem Antragsteller zu 2) gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU um die Verwandte eines Unionsbürgers in aufsteigender Linie i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU. Sie sei demnach am 13. September 2011 als Familienangehörige eines Deutschen in Deutschland eingereist. Zur Überzeugung
des Gerichts sei in solchen Fällen ohnehin auch sachlich gerechtfertigt, dass solche Personen/Familienangehörige von dem Leistungsausschluss
des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II nicht erfasst würden. Denn im vorliegenden Fall sei die Antragstellerin zu 1) zur Aufrechterhaltung der familiären Lebensgemeinschaft
mit dem Antragsteller zu 2) bzw. zum Zwecke der Familienzusammenführung in Deutschland eingereist wie sich schon aus ihrem
Visum, insbesondere aber aus der von der Ausländerbehörde der Stadt A-Stadt erteilten vorläufigen Bescheinigung ergebe. Denn
diese nehme hinsichtlich der Grundlage für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis auf § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG Bezug. Nach dieser Vorschrift sei die Aufenthaltserlaubnis dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen
zur Ausübung der Personensorge zu erteilen, wenn Letzterer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Die Antragstellerin
zu 1) sei folglich zur Aufrechterhaltung der familiären Lebensgemeinschaft in Deutschland eingereist und halte sich hier in
Ausübung der Personensorge gegenüber dem Antragsteller zu 2) auf, der wiederum als Deutscher seinen gewöhnlichen Aufenthalt
in der Bundesrepublik habe. Bereits aufgrund der staatlichen Verpflichtung aus Art.
6 des
Grundgesetzes (
GG) zur Beachtung des Schutzes von Ehe und Familie sei nach Auffassung des Gerichts zwingend zu schließen, dass § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II in den Fällen des Nachzugs oder - wie im vorliegenden Fall - der zeitgleichen Einreise eines (ausländischen) Elternteils
mit einem minderjährigen ledigen Deutschen einschränkend auszulegen sei. Denn Art. 6 Abs. 1 enthalte als Grundrecht einen
umfassenden institutionellen Schutz vor Eingriffen des Staates, gelte auch für Ausländer und betreffe zugleich den Schutz
und das Interesse des minderjährigen deutschen Kindes hinsichtlich der Gewährung der Personensorge (so entsprechend für die
eheliche Lebensgemeinschaft Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Dezember 2009, Az.: L 19 B 363/09 AS in Juris, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BVerfG). Dies gelte umso mehr als auch das durch die Verfassung in
Art.
6 Abs.
2 GG zugleich geschützte Recht eines Elternteils betroffen sei. Daher führe in solchen Fällen die vorzunehmende Folgenabwägung
zu einer einschränkenden Auslegung des Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II, so dass die Antragstellerin zu 1) nach dieser Vorschrift nicht von der Leistungsberechtigung ausgenommen sei. Der Antragstellerin
zu 1) sei schließlich im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II auch nicht entgegenzuhalten, sie sei nicht erwerbsfähig i. S. d. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 SGB II. Nach diesen Vorschriften sei nach dem SGB II nur anspruchsberechtigt, wer u. a. erwerbsfähig sei. Bei Ausländern setze dies voraus, dass ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung
erlaubt sei oder erlaubt werden könne. Nach § 8 Abs. 2 S. 2 SGB II, der seit 1. April 2011 Gültigkeit habe, sei insoweit sogar lediglich die rechtliche Möglichkeit ausreichend, eine Beschäftigung
vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen. Die Antragstellerin ist demgegenüber ausweislich der vorläufigen Bescheinigung der Ausländerbehörde aber bereits
zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit/Beschäftigung berechtigt. Dies gelte insbesondere dann, wenn ihr die angekündigte Aufenthaltserlaubnis
nach Herstellung des elektronischen Aufenthaltstitels auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG erteilt werde. Die Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift sei im Übrigen nach ihrem Wortlaut u. a. zum Zwecke der Ausübung
der Personensorge gegenüber einem minderjährigen ledigen Deutschen zwingend zu erteilen. Nach § 28 Abs. 5 AufenthG berechtige diese Erlaubnis ohne weiteres auch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Aufgrund der Gesamtumstände des vorliegenden
Falles sei ohne weiteres zu erwarten, dass die Ausländerbehörde die in Aussicht gestellte Aufenthaltserlaubnis erteilen werde.
Den Antragstellern seien nach alledem als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlich vorgesehenem Umfang zu gewähren, wobei hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung derzeit nicht erkennbar
bzw. glaubhaft sei, dass den Antragstellern diesbezüglich seit 31. Oktober 2011 tatsächliche Aufwendungen i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II entstanden seien. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II seien den Antragstellern schon seit ihrem Leistungsantrag vom 31. Oktober 2011 zu gewähren, denn insoweit bestehe ein so
genannter Nachholbedarf im Sinne der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts (vgl. beispielhaft Beschluss vom 22.
Mai 2007, Az.: L 7 AS 134/07 ER; Beschluss vom 9. Januar 2008, Az.: L 7 AS 362/07 ER). Danach sei von dem Grundsatz, wonach es nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes ist, einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen
in der Vergangenheit bereitzustellen, dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirke und
den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedrohe. Ein solcher Sachverhalt sei vornehmlich in Fällen anzunehmen,
in denen - wie hier - die Antragsteller glaubhaft gemacht hätten, dass seit Antragstellung (am 31. Oktober 2011) ihr laufender
Bedarf zum Lebensunterhalt nicht gedeckt gewesen sei. Denn insoweit hätten sie glaubhaft vorgetragen, seit ihrer Einreise
am 13. September 2011 zunächst von den mitgeführten Ersparnissen gelebt zu haben, die dann aber am 31. Oktober 2011 aufgebraucht
gewesen seien. Auch sei nach dem Akteninhalt davon auszugehen, dass Unterhaltsleistungen seitens des Ehemannes der Antragstellerin
zu 1) und Kindesvaters des Antragstellers zu 2) zumindest derzeit noch nicht erbracht würden. Aus diesem Grund sei letztendlich
der Zeitraum der vorläufigen Verpflichtung des Antragsgegners bis einschließlich 31. Januar 2012 zu begrenzen gewesen. Mit
Bescheid vom 12. Dezember 2011, der bei dem Sozialgericht am 16. Dezember 2011 eingegangen ist, hat der Antragsgegner Leistungen
für die Antragsteller nach dem SGB II vom 13. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 bewilligt. Wegen der näheren Einzelheiten und der Leistungshöhe wird auf den zuvor
genannten Bescheid Bezug genommen (Bl. 72-79 Gerichtsakte).
Im Übrigen hat der Antragsgegner gegen den ihm am 19. Dezember 2011 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts am 17. Januar
2012 Beschwerde beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt erhoben. Er hält an seiner Auffassung fest, dass der Leistungsausschluss
nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II für die ersten drei Monate des Aufenthalts auch solche Ausländer erfasse, die wie die Antragstellerin zu 1) aufgrund eines
an die Personensorge für einen Deutschen anknüpfenden Aufenthaltstitels zu einem Deutschen nachgezogen seien und stützt sich
insoweit auf die schriftlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu § 7 SGB II. Damit stehe dem Antragsteller zu 2) in diesem Zeitraum auch kein Anspruch auf Sozialgeld nach § 19 Abs. 1 S. 2 SGB II sondern vielmehr nach dem SGB XII gegen die Beigeladene zu. Die Antragsteller könnten deshalb erst ab 13. Dezember 2011 einen Leistungsanspruch nach dem SGB II haben. Außerdem habe das Sozialgericht aufgrund des Eilantrages der Antragsteller vom 15. November 2011 keine vor diesen
Zeitpunkt zurückwirkende Leistungspflicht des Antragsgegners begründen dürfen, weil die Antragsteller ein Nachholbedürfnis
wegen einer fortwirkenden Notlage von Existenz gefährdendem Gewicht nicht glaubhaft gemacht hätten. Alleine deren Vortrag,
im Haushalt von Bekannten zu leben und das mitgebrachte Geld aufgebraucht zu haben, reiche insoweit nicht aus.
Der Antragsgegner beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. Dezember 2011 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angegriffenen Beschluss des Sozialgerichts und tragen ergänzend vor: Aus der 1995 in Pakistan geschlossenen
Ehe der Antragstellerin seien die beiden Kinder B., geboren 2005, (Antragsteller zu 2) und C., geboren 2004, hervorgegangen.
Die Antragstellerin zu 1) lebe seit November 2008 von ihrem Ehemann getrennt und sei mit dem älteren Sohn nach Deutschland
eingereist. Die Antragstellerin und ihr Ehemann seien - gemeinsam mit ihren beiden Kindern - im September 2008 nach Pakistan
gereist. Im November 2008 habe der Ehemann die Antragstellerin und den jüngeren Sohn unter dem Vorwand, sie bald nach Europa
zurückzuholen, in Pakistan zurückgelassen. Im Zeitraum November 2008 bis zu ihrer Einreise in die Bundesrepublik habe die
Antragstellerin den Kontakt mit ihrem älteren Sohn C. durchschnittlich 2 - 3 Mal pro Woche mittels Telefon und Internet/Chat
aufrechterhalten. Dem plötzlichen Verschwinden des Ehemannes im November 2008 sei ein Streit zwischen der Beschwerdegegnerin
und ihrem Ehemann im August 2007 in England vorausgegangen, in dessen Verlauf ihr Ehemann sie körperlich - mittels Ohrfeigen
- verletzt habe. Seinerzeit habe die Antragstellerin angesichts der Gewaltanwendung seitens ihres Ehemannes die Polizei verständigt,
die ihren Ehemann hierauf festgenommen habe. Anscheinend habe sich ihr Ehemann bei der Antragstellerin hierfür "gerächt".
Entsprechend seiner vorgefassten Absicht sei er im November 2008 allein mit dem älteren Sohn C. - gegen bzw. ohne den Willen
der Antragstellerin - über England nach Deutschland eingereist. Die Antragstellerin und den jüngeren Sohn habe er - gegen
den Willen der Antragstellerin - in Pakistan zurückgelassen. Den Reisepass der Antragstellerin habe ihr Ehemann mitgenommen,
um ihr die Ausreise aus Pakistan zu erschweren. In der Folgezeit habe die Antragstellerin zu 1) ihren in Deutschland lebenden
Ehemann mehrfach gebeten, sie und das Kind (Antragsteller zu 2) zu sich nach Deutschland zu holen, was dieser abgelehnt habe.
Er habe ihr mitgeteilt, sie solle sich damit zufrieden geben, dass sie eines der Kinder bei sich habe. Die Antragstellerin
habe sich daraufhin an ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten gewandt, der bei der Deutschen Botschaft in XY./Pakistan auf
Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG - Familiennachzug zu Deutschen) eine Aufenthaltserlaubnis für die Antragstellerin zur Ausübung der Personensorge habe erwirken
können. Nach Erhalt des Visums seien die Antragsteller im September 2011 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und
hätten unverzüglich Verbindung mit dem Ehemann der Antragstellerin aufgenommen, um Kontakt zu ihrem älteren Sohn, der gegen
ihren Willen von ihr und seinem jüngeren Bruder getrennt worden war, aufzunehmen. Nachdem ihr Ehemann sich zunächst geweigert
habe, es der Antragstellerin zu ermöglichen, Kontakt mit dem älteren Kind C. aufzunehmen, habe sich die Antragstellerin zunächst
an das Jugendamt gewandt. Letztlich habe man sich vor dem zuständigen Familiengericht hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts
und der elterlichen Sorge für die beiden Kinder durch eine Vereinbarung geeinigt. Im Zeitpunkt der Antragstellung sei die
Antragstellerin zu 1) hilfebedürftig gewesen, da sie vermögens- und einkommenslos gewesen sei. Sie sei mit 335,00 EUR im September
2011 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und habe "im Zeitpunkt der Stellung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung beim Sozialgericht ihre Reserven - durch den notwendigen Erwerb von Nahrungsmitteln, Kleidung, Medikamenten für
ihren erkrankten Sohn und Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel - aufgebraucht" gehabt. Ihre Bekannten, die sie aufgenommen
hatten, hätten selbst nicht über genügend Vermögen verfügt, um die Antragstellerin und ihren Sohn finanziell zu unterstützen.
Der Vater ihrer Kinder leiste seit ihrer Einreise keine Unterhaltszahlungen an die Antragstellerin, weil sie gegen dessen
Willen nach Deutschland zurückgekehrt sei. Die Antragstellerin sei zur Herstellung und Aufrechterhaltung der familiären Lebensgemeinschaft
mit ihren beiden minderjährigen deutschen Kindern eingereist. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II sei im Lichte der staatlichen Verpflichtung aus Art.
6 GG zur Beachtung des Schutzes der Familie in den Fällen des Nachzugs eines ausländischen Familienangehörigen zu seinen deutschen
Familienangehörigen oder der zeitgleichen Einreise eines ausländischen Elternteils mit einem minderjährigen ledigen Deutschen
einschränkend auszulegen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichts- und
Verwaltungsakten ergänzend Bezug genommen.
II. Soweit die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 12. Dezember 2011 Leistungen nach dem SGB II vom 13. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 bewilligt hat, hat sich das einstweilige Rechtsschutzverfahren in der Hauptsache erledigt.
Die somit nur noch hinsichtlich des restlichen Zeitraumes vom 31. Oktober bis 12. Dezember 2011 anhängig gemachte Beschwerde
der Antragsgegnerin ist zulässig, insbesondere wird auch für den verbliebenen Zeitraum noch die Mindestbeschwer von mehr als
750,00 EUR erreicht (§§
172 Abs.
3 Nr.
1,
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG), jedoch überwiegend in der Sache nicht begründet.
Der angegriffene Beschluss des Sozialgerichts vom 14. Dezember 2011 ist rechtlich nicht zu beanstanden, soweit das Sozialgericht
für die Zeit ab Stellung des Eilantrages am 15. November 2011 bis zur Bewilligung durch den Antragsgegner ab 13. Dezember
2011 eine vorläufige Regelung nach §
86b Abs.
2 SGG getroffen hat. Das Gericht kann auf Antrag nach §
86b Abs.
2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung
des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte
(Satz 1); es kann eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Satz 2). Neben dem Anordnungsgrund,
das ist der Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, setzt die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz
nach herrschender Meinung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 10. Aufl., §
86b Rn. 27ff. m.w.N.) den Anordnungsanspruch, das ist der materiell-rechtliche Anspruch auf die Leistung, voraus, zu der der
Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden
aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System gegenseitiger Wechselbeziehung: Ist etwa die Klage in der
Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund
grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich
begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn
etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung
zu entscheiden, wenn die grundrechtlichen Belange des Antragstellers berührt sind, weil sich die Gerichte schützend und fördernd
vor die Grundrechte des Einzelnen stellen müssen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05). Alle Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes sind - unter Beachtung der Grundsätze der objektiven Beweislast -
glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i. V. m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung -
ZPO -); die richterliche Überzeugungsgewissheit in Bezug auf die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des
Anordnungsgrundes erfordert insoweit eine lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit (Keller, aaO., Rdnr. 16b). Sind Grundrechte
tangiert, ist die Sach- und Rechtslage allerdings nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (BVerfG, aaO.). Hiervon
ausgehend hat das Sozialgericht für die Zeit vom 15. November bis 12. Dezember 2011 zu Recht sowohl einen Anordungsanspruch
als auch einen Anordnungsgrund bejaht, weil der Antragstellerin zu 1) ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II und dem Antragsteller zu 2) ein Anspruch auf Sozialgeld nach § 19 Abs. 1 S. 2 SGB II für diesen Zeitraum zustehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht einem Anspruch der Antragstellerin zu 1) der Leistungsausschluss
nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II nicht entgegen, weil diese Vorschrift bei verfassungskonformer und europarechtskonformer einschränkender Auslegung keine
Anwendung auf sorgeberechtigte ausländische Familienangehörige eines Deutschen mit Aufenthalt in Deutschland finden kann,
die wie die Klägerin über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG verfügen und dementsprechend gemäß § 28 Abs. 5 zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind. Insoweit schließt sich der erkennende Senat den erhellenden Ausführungen
des Bayerischen Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 27. Juni 2012 (L 16 AS 449/11) an, das zum Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II folgendes ausgeführt hat (nach Juris Rn. 30 ff.):
Dieser Leistungsausschluss ist auf den ausländischen Elternteil, dessen Aufenthaltsrecht sich aus der Ausübung der Personensorge
für einen minderjährigen ledigen Deutschen ergibt, nicht anwendbar. § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II ist nämlich entgegen seinem missglückten Wortlaut so auszulegen, dass der Leistungsausschluss für die ersten drei Monate
nicht die Familienangehörigen von Ausländern mit Arbeitnehmerstatus betrifft (dazu unten 1). Im Erst-recht-Schluss ist daraus
zu folgern, dass dieser Leistungsausschluss auch nicht für die Familienangehörigen von Deutschen gilt (dazu unten 2). Dadurch
werden verfassungsrechtliche Probleme aus der Verweigerung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei der Zusammenführung
von deutsch-ausländischen Familien vermieden (dazu unten 3).
1. Die Familienangehörigen eines Ausländers, der Arbeitnehmer, Selbständiger oder aufgrund des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU
freizügigkeitsberechtigt ist, sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II vom Leistungsausschluss für die ersten drei Monate ausgenommen. Diese Auslegung ergibt sich zwar nicht aus dem missglückten
Wortlaut der Vorschrift, sie ist jedoch zwingend, um für EU-Ausländer einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art.
24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich
im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (nachfolgend: Unionsbürgerrichtlinie, abgekürzt: UBRL,
ABl L 158/77), zu vermeiden. Diese Auslegung entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, sich bei der Formulierung des Gesetzes an
die Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 2 UBRL zu halten, deren Inhalt er aber unzutreffend in nationales Recht übergeleitet
hat. Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II sind von Leistungen ausgenommen
"Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU
freizügigkeitsberechtigt sind, [1. Tatbestandsvariante] und ihre Familienangehörigen [2. Tatbestandsvariante] für die ersten
drei Monate ihres Aufenthalts."
Die Formulierung dieser Vorschrift ist aus folgenden Gründen missglückt:
- Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Leistungsausschluss für die ersten drei Monate auf Familienangehörige eines Ausländers,
der Arbeitnehmer oder Selbständiger ist oder diese Eigenschaft aus den Gründen des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU (v.
a. wegen Arbeitslosigkeit oder Krankheit) vorübergehend aufrecht erhält, anwendbar. Zwar erfüllen diese Familienangehörigen
nicht die zweite Tatbestandsvariante, weil es sich ja gerade nicht um die Familienangehörigen der Ausländer ohne Arbeitnehmer-
oder Selbständigenstatus handelt. Allerdings werden diese Familienangehörigen regelmäßig die erste Tatbestandsvariante erfüllen,
weil sie selbst eben "weder Arbeitnehmer noch selbständig noch freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU"
sind.
- Dagegen unterfallen die Familienangehörigen der Ausländer ohne Arbeitnehmer- oder Selbständigenstatus nach dem Wortlaut
der Vorschrift der zweiten Tatbestandsvariante. Insoweit ist eine Regelung aber überflüssig, weil diese Familienangehörigen
immer auch gleichzeitig die erste Tatbestandsvariante erfüllen. Familienangehörige im Sinne dieser Vorschrift können nämlich
nur Personen sein, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Familienstatus zu einer anderen aufenthaltsberechtigten Person
ableiten; haben die Familienangehörigen ein anderes Aufenthaltsrecht, so entscheidet sich ihr Zugang zu SGB II-Leistungen danach (Thie/Schoch, in: Münder, aaO., § 7 Rdnr. 24). Deshalb handelt es sich bei diesen Familienangehörigen zwangsläufig um Ausländer ohne Arbeitnehmer- oder Selbständigenstatus.
Dieses Ergebnis hat der Gesetzgeber nicht gewollt, und es würde für den Fall der EU-Ausländer auch dem Gleichbehandlungsgebot
des Art. 24 Abs. 1 UBRL widersprechen. Danach genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet
des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses
Mitgliedstaates. Abweichend hiervon ist jedoch gemäß Art. 24 Abs. 2 UBRL der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen
Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen
während der ersten drei Monate des Aufenthalts einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen,
ob das deutsche Arbeitslosengeld II überhaupt als Sozialhilfe im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist oder ob jeglicher Ausschluss
von Arbeitslosengeld II für EU-Ausländer gegen Art. 24 Abs. 1 UBRL verstößt (siehe dazu Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 1/12, § 7 Rdnrn. 130 ff.). Jedenfalls rechtfertigt Art. 24 Abs. 2 UBRL den Ausschluss von Sozialhilfe bei den Familienangehörigen von
Arbeitnehmern, Selbständigen und Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, nicht. Denn die Worte "ihren Familienangehörigen"
in Art. 24 Abs. 2 sind als weitere Glieder der durch die Worte "anderen Personen als" eingeleiteten Aufzählung zu verstehen,
liegen also auf derselben Ebene wie die Worte "Arbeitnehmer", "Selbständige" und "Personen, denen dieser Status erhalten bleibt".
Art. 24 Abs. 2 UBRL ist also so zu verstehen, dass Sozialhilfe während der ersten drei Monate des Aufenthalts ausgeschlossen
werden kann bei anderen Personen als
1.Arbeitnehmern,
2.Selbständigen,
3.Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und
4. den Familienangehörigen der unter Nrn. 1 bis 3 genannten Gruppen.
Art. 24 Abs. 2 UBRL ist dagegen nicht so zu verstehen, dass Sozialhilfe während der ersten drei Monate des Aufenthalts ausgeschlossen
werden kann bei
1. anderen Personen als Arbeitnehmern, Selbständigen und Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und
2. ihren Familienangehörigen.
Im letztgenannten Sinne müsste aber Art. 24 Abs. 2 UBRL zu lesen sein, um die derzeitige Formulierung der Ausnahme in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II zu decken. Rein grammatikalisch ist ein solches Verständnis möglich, weil der Ausdruck "ihren Familienangehörigen" im Dativ
steht und damit ein eigenständiges Objekt zum Verb "zu gewähren" sein könnte, das nicht mehr von der Aufzählung, die mit den
Worten "anderen Personen als" eingeleitet wird, umfasst wäre. Inhaltlich ergibt eine solche Lesart jedoch keinen Sinn, weil
es keinen erkennbaren Grund gibt, Arbeitnehmern und Selbständigen Arbeitslosengeld II während der ersten drei Monate ihres
Aufenthalts zu garantieren, ihren Familienangehörigen jedoch nicht.
Der Bundesgesetzgeber beabsichtigte mit der Schaffung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II die Umsetzung des Art. 16 Abs. 2 UBRL (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 23.04.2007 BT-Drs 16/5065 S. 234). Das Problem ist nun, dass der
Bundesgesetzgeber eben das gerade dargestellte, vom Sinn her falsche grammatikalische Verständnis des Art. 24 Abs. 2 UBRL
seiner Formulierung zugrunde gelegt hat. Dass dieses Verständnis von Art. 24 Abs. 2 UBRL falsch sein muss, bestätigt aber
auch ein Vergleich der Fassungen des Art. 24 Abs. 2 UBRL in einigen der wichtigsten weiteren Amtssprachen der EU (z.B. Englisch,
Französisch und Spanisch), die insoweit das im Deutschen mögliche Missverständnis schon von der rein sprachlichen Fassung
her vermeiden.
Um der gesetzgeberischen Absicht entsprechend den Art. 16 Abs. 2 UBRL richtig umzusetzen, hätte sich folgende Formulierung
des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II angeboten:
"Ausgenommen sind
1. Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des
Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt noch deren Familienangehörige sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,"
Stattdessen ist dem Gesetzgeber bei der Formulierung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II offensichtlich der Fehler unterlaufen, dass er die zwar grammatikalisch mögliche, aber vom Sinn her nicht nachvollziehbare
Interpretation des Art. 16 Abs. 2 UBRL vorgenommen hat, dass die von den Worten "anderen Personen als" eingeleitete Aufzählung
beim Komma nach dem Wort "bleibt" ende, und er den Ausdruck "ihren Familienangehörigen" als nicht mehr von dieser Aufzählung
umfasst ansah, sondern in direkten Bezug zum Verb "zu gewähren" setzte. Dieses Missverständnis kommt auch zum Ausdruck in
der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf vom 23.04.2007, in der es heißt:
"Mit dem neu eingefügten Ausschlusstatbestand wird von der Option des Artikels 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Rates vom 29.04.2004 Gebrauch gemacht, wonach Leistungen unter bestimmten Bedingungen ausgeschlossen werden können. Der
Leistungsausschluss betrifft vor allem Unionsbürger, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen. Unionsbürger,
die sich gemäß § 2 Abs. 5 FreizügG/EU in Deutschland aufhalten - dreimonatiges voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht -, können in dieser Zeit keine Leistungen nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erhalten. Der Leistungsausschluss gilt auch für die Familienangehörigen dieser Personen. Ausgenommen vom Leistungsausschluss
sind Arbeitnehmer und Selbständige sowie Personen, die aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind".
Diese Begründung zeigt deutlich, dass die Bundesregierung die Erwähnung der Familienangehörigen in Art. 24 Abs. 2 UBRL falsch
zugeordnet hat. In Bezug auf die Familienangehörigen erwähnt sie nämlich ausschließlich eine Fallgruppe, in der diese vom
Leistungsausschluss betroffen sind. Die Aufzählung der Familienangehörigen in Art. 24 Abs. 2 UBRL bezweckt aber das Gegenteil,
nämlich Familienangehörige vom Leistungsausschluss auszunehmen, und zwar dann, wenn ihre Bezugspersonen Arbeitnehmer, Selbständige
oder Personen sind, denen dieser Status erhalten bleibt. Die Kommentarliteratur setzt sich mit dem beschriebenen Problem der
fehlerhaften Formulierung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II - soweit ersichtlich - nicht auseinander, auch wenn Thie/Schoch (in Münder, aaO. § 7 Rdnr. 24) zumindest einräumen, die Vorschrift
sei "in sich kompliziert aufgebaut". Die Bundesagentur für Arbeit legt in ihren fachlichen Hinweisen zu § 7 SGB II wie selbstverständlich die hier vertretene Auffassung zugrunde, wenn sie unter Nr. 7.5c das Beispiel bildet, dass ein griechischer
Staatsbürger nach zweiwöchiger Arbeitsuche in Deutschland einen Arbeitsplatz findet, bei dem er 450 EUR verdient, was nicht
ausreiche, um seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu decken; während der ersten beiden Wochen erhielten weder er
noch seine Familienangehörigen Leistungen nach dem SGB II, dagegen könnten sowohl er als auch seine Familienangehörigen ab Beginn seiner Arbeit ergänzend Arbeitslosengeld II beziehen,
da er Arbeitnehmer sei. Zusammenfassend beruht die Formulierung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II auf einem Missverständnis der Bundesregierung bei der Formulierung des Gesetzesentwurfs, die der Gesetzgeber übernommen hat.
Europarechtskonform ist die Vorschrift im obigen Sinne auszulegen. Dass dabei die Grenzen des Wortlauts ggf. überschritten
werden, ist vor dem Hintergrund des Gesetzesvorbehalts insoweit unproblematisch, als dadurch der Leistungsausschluss nur zugunsten
der Berechtigten eingeengt und nicht erweitert wird. In der korrekten Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II erhalten die Familienangehörigen von Ausländern, die Arbeitnehmer oder Selbständige sind oder denen dieser Status nach EU-Recht
erhalten bleibt, Arbeitslosengeld II vom ersten Tag ihres Aufenthalts an.
2. Wenn aber nach der korrekten Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II die Familienangehörigen von Ausländern, die in Deutschland Arbeitnehmer- oder Selbständigenstatus haben, vom ersten Tag ihres
Aufenthalts an Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben, so muss Gleiches erst recht für die Familienangehörigen
eines Deutschen gelten. Denn die Ausländer mit Arbeitnehmer- oder Selbständigenstatus sind zwar Ausländer, deren Status sich
in besonderer Weise verfestigt hat; jedoch reicht ihr Status nicht an denjenigen eines Deutschen heran, unabhängig davon,
ob der Deutsche - wäre er EU-Ausländer - Arbeitnehmerstatus hätte oder nicht. Methodisch dürfte diese Ausnahme vom Leistungsausschluss
für die ersten drei Monate nicht mehr durch eine einengende Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II zu bewerkstelligen sein, weil sich für den Fall des Familiennachzugs zu Deutschen im Wortlaut der Vorschrift keine Anhaltspunkte
mehr finden. Vielmehr handelt es sich um einen a minore ad maius gezogenen Erst-recht-Schluss, der zulässig ist, weil er die
Rechte der Betroffenen nicht beschränkt, sondern erweitert.
3. Gleichzeitig wird, indem die Familienangehörigen eines Deutschen vom dreimonatigen Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II ausgenommen werden, ein Konflikt mit Art.
6 Grundgesetz (
GG) sowie dem aus Art.
1 Abs.
1 GG i. V. mit dem Sozialstaatsprinzip (Art.
20 Abs.
1 GG) fließenden Recht auf Gewährleistung des Existenzminimums vermieden. Gemäß Art.
6 Abs.
1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Im vorliegenden Fall ist zudem Art.
6 Abs.
4 GG betroffen, wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat, weil die Klägerin insbesondere
zur Sorge für ihre zweijährige Tochter, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, eingereist ist. So verhält es sich auch
im vorliegenden Fall, in dem die Antragstellerin zu 1) nach ihrem glaubhaften Vortrag und entsprechend ihrem aufenthaltsrechtlichen
Status aus Gründen der Personensorge und zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft mit ihren beiden minderjährigen
Kindern mit deutscher Staatsangehörigkeit eingereist ist.
Darüber hinaus gebietet Art. 20 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine einschränkende Auslegung von § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II im zuvor dargelegten Sinne. Art. 20 AEUV hat folgenden Wortlaut:
(1) Es wird eine Unionsbürgerschaft eingeführt. Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt.
Die Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsbürgerschaft hinzu, ersetzt sie aber nicht.
(2) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die in den Verträgen vorgesehenen Rechte und Pflichten. Sie haben unter anderem
a) das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten;
b) in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen
Parlament und bei den Kommunalwahlen, wobei für sie dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden
Mitgliedstaats;
c) im Hoheitsgebiet eines Drittlands, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist,
Recht auf Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Behörden eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen
wie Staatsangehörige dieses Staates;
d) das Recht, Petitionen an das Europäische Parlament zu richten und sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden,
sowie das Recht, sich in einer der Sprachen der Verträge an die Organe und die beratenden Einrichtungen der Union zu wenden
und eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten. Diese Rechte werden unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen ausgeübt,
die in den Verträgen und durch die in Anwendung der Verträge erlassenen Maßnahmen festgelegt sind.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 8. März 2011 in dem Fall QW. (C-34/09) ist Art. 20 AEUV dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, einen Drittstaatsangehörigen, der seinen minderjährigen Kindern,
die Unionsbürger sind, Unterhalt gewährt, zum einen den Aufenthalt im Wohnsitzmitgliedstaat der Kinder, dessen Staatsangehörigkeit
sie besitzen, zu verweigern und ihm zum anderen eine Arbeitserlaubnis zu verweigern, da derartige Entscheidungen diesen Kindern
den tatsächlichen Genuss des Kernbestand der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehren würde (amtlicher
Leitsatz). Eine Aufenthaltsverweigerung hätte nämlich zur Folge, dass die genannten Kinder Unionsbürger - gezwungen wären,
das Gebiet der Union zu verlassen, um ihre Eltern zu begleiten. Ebenso bestehe die Gefahr, dass eine solche Person, wenn ihr
keine Arbeitserlaubnis erteilt werde, nicht über die für ihren Unterhalt und den ihrer Angehörigen erforderlichen Mittel verfüge,
was ebenfalls zur Folge hätte, dass ihre Kinder - Unionsbürger - gezwungen wären, das Hoheitsgebiet der Union zu verlassen.
Unter derartigen Umständen wäre es den genannten Unionsbürgern unmöglich, den Kernbestand der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus
verleiht, tatsächlich in Anspruch zu nehmen (Verbot der Inländerdiskriminierung, siehe hierzu auch Entscheidungsbesprechung
von Hong in ZJS 2011, 249 ff.). Dieser Gedanke gilt aber auch, wenn die minderjährigen Kinder der Antragstellerin zu 1), sämtlich
deutsche Unionsbürger, gezwungen wären, das Hoheitsgebiet der Union zu verlassen, weil die Antragstellerin zu 1) in den ersten
3 Monaten ihres Aufenthalts nicht für ihren eigenen Unterhalt sorgen kann. Zwar besitzt die Antragstellerin zu 1) gemäß §
28 Abs. 5 AufenthG eine Arbeitserlaubnis, solange sie jedoch unverschuldet arbeitslos ist und gleichwohl keine Leistungen bezieht, wäre ihr
Lebensunterhalt und damit zumindest der Aufenthalt des Antragstellers zu 2) im Hoheitsgebiet der Union in gleicher Weise gefährdet.
Wegen der weiteren Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs wie auch des Anordnungsgrundes, die sämtlich vorliegen, wird auf
die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Beschluss ergänzend Bezug genommen (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG). Da ein Anordnungsanspruch im zuvor genannten Zeitraum offensichtlich besteht, sind an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes
keine hohen Anforderungen zu stellen. Im Übrigen ist auch für den erkennenden Senat der Vortrag der Antragstellerin zu 1)
glaubhaft, dass sie ihr mitgebrachtes Vermögen bei Antragstellung am 15. November 2011 aufgebraucht hatte und auch über kein
Einkommen oder Vermögen verfügte, aus dem sie ihren weiteren Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Dem vermag der erkennende
Senat jedoch hinsichtlich des Zeitraums vom 31. Oktober bis 14. November 2011 nicht zu folgen, denn nach ihrem eigenen Vortrag
noch im Beschwerdeverfahren waren ihre Reserven erst im Zeitpunkt der Antragstellung auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
beim Sozialgericht am 15. November 2011 aufgebraucht, wie die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26. März 2012 vorgetragen
hat. Damit fehlt es für den Zeitraum bis zum 14. November 2011 zumindest an einem Anordnungsgrund (und wegen der bis dahin
wahrscheinlich fehlenden Bedürftigkeit wohl auch an einem Anordnungsanspruch). Eine Notlage von einem Gewicht im Sinne eines
Nachholbedarfs wegen einer fortwirkenden Notlage (siehe: Hessisches Landessozialgericht - HLSG - vom 20. Juni 2005 - L 7 AL 100/05 ER), das die Regelung des zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile durch
einstweilige Anordnung i.S.v. §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG nötig gemacht hätte, war damit jedenfalls für die Zeit vor dem 15. November 2011 nicht überwiegend wahrscheinlich, weshalb
der angegriffene Beschluss des Sozialgerichts insoweit aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang des Rechtsstreits entsprechend §
193 Abs.
1 S. 1
SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.