LSG Hessen, Urteil vom 15.03.2011 - 3 U 90/09
Unfallversicherungsschutz eines Studenten bei Gefälligkeitsleistungen für die Eltern als Wie-Beschäftigter
Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII besteht nicht, wenn es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst
handelt oder die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen
ist, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Verwandten, Freunden oder Nachbarn typisch, üblich und deshalb zu erwarten
ist (hier bei einem Studenten, der seinen Eltern bei Eigenbauarbeiten Hilfe leistet). [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Fundstellen: NZS 2012, 25
Vorinstanzen: SG Frankfurt/M. 10.03.2009 S 8 U 76/06
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. März 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, als er sich am 13. Juli
2004 beim Abbruch einer sich auf dem Hausgrundstück seiner Eltern befindlichen alten Begrenzungsmauer mit einem schweren Meißel,
den Hammer auf das Mittelgelenk des zweiten Fingers links schlug.
Der Unfall ereignete sich im Rahmen von Eigenbauarbeiten, die die Eltern des Klägers Mitte Juni 2004 begonnen hatten, um den
geplanten Umbau ihres Wohnhauses (Anbau eines Wintergartens, umfangreiche Sanierung des Altbaus) in D. vorzubereiten. Zum
Umfang der Eigenbauarbeiten gab der Vater des Klägers in einem an die Bau-BG gerichteten Schreiben vom 13. September 2004
an, es habe sich um den Abbruch zweier alter Begrenzungsmauern, das Aufnehmen der alten Terrassenpflasterung, das Ausheben
des Fundamentes sowie der Streifenfundamete für den Wintergarten und um vorbereitende Arbeiten im Rahmen der Altbausanierung
gehandelt. Der Kläger habe sich bereit erklärt, im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeiten bei den Baumaßnahmen zu helfen.
Auf Nachfrage der Beklagten präzisierte er seine Angaben am 19. Januar 2006 und gab an, bei den vorbereitenden Arbeiten im
Rahmen der Altbausanierung habe es sich um das Leerräumen der Zimmer, das Abstemmen alter Wand- und Bodenfließen und Abreißen
der alten Tapeten gehandelt. Bei diesen Arbeiten habe der Kläger ca. acht Stunden mitgearbeitet, seine Ehefrau, die Mutter
des Klägers, habe 22 Stunden und er selbst ca. 25 Stunden gearbeitet. Die alte Terrassenpflasterung sei auf einer Fläche von
10 x 3 m in Sand verlegt gewesen. Die Klinker seien aufgenommen und gestapelt worden. Sie seien dann von einem Interessenten
abgeholt worden. Der Kläger habe diese Arbeiten über ca. sechs Stunden verrichtet, seine Ehefrau über acht Stunden und er
selbst über ca. vier Stunden. Es seien 80 cm Tiefe und 20 cm Breite Fundamente mit Schippen und Spaten für den Wintergarten
ausgehoben worden. Der Kläger habe auch dabei ca. sechs Stunden geholfen, seine Ehefrau habe zwölf Stunden und er selbst ca.
16 Stunden diese Arbeiten verrichtet. Die Begrenzungsmauern seien etwa 3 m lang, ca. 25 cm tief und 40-45 cm hoch gewesen.
Der Abbruch der Mauern sei mit einem elektrischen Schlagbohrhammer erfolgt sowie per Hand mit einem Vorschlaghammer sowie
Hammer und Meißel. Mit dem Schlagbohrhammer und Vorschlaghammer hätten sowohl er als auch der Kläger jeweils drei Stunden
gearbeitet, der Kläger habe dann die restlichen Abbrucharbeiten mit Hammer und Meißel alleine erledigt und bis zum Unfall
ca. sieben Stunden gearbeitet.
Der Kläger studierte seit dem 1. Oktober 2003 in ZP. Medizin. Seinen Erstwohnsitz hatte er zum Unfallzeitpunkt noch in seinem
Elternhaus im nordrhein-westfälischen D. Am Studienort, dem Zweitwohnsitz, bewohnte der Kläger ein Zimmer in einem Verbindungshaus
und teilte sich Küche und Bad mit zwei Kommilitonen. Von seinen Eltern erhielt der Kläger während des Studiums eine monatliche
Unterstützung in Höhe von 500,00 EUR. Außerdem erhielt er ein Stipendium, das im Jahr 2006 seinen Angaben zufolge 6.780,00
EUR betragen hat. Darüber hinaus hatte der Kläger Einnahmen aus gelegentlich ausgeübten Jobs.
Im Sommer 2004 endeten die Vorlesungen im Fachbereich Medizin am 9. Juli 2004. Während der vorlesungsfreien Zeit fanden noch
Klausuren statt, die eine am 19. Juli 2004 und die andere Mitte Oktober 2004.
Die am 13. Juli 2004 erlittene Flake fracture am Grundgelenk des zweiten Fingers links wurde in der Klinik und Poliklinik
für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums D. operativ behandelt. Der postoperative Verlauf
war komplikationsfrei, sodass der Kläger in der Zeit vom 21. Juli 2004 bis 24. August 2004 einen Auslandsaufenthalt in Australien
wie vorher geplant, antreten konnte. Nach seiner Rückkehr stellte er sich am 26. August 2004 im Universitätsklinikum D. zur
Kontrolluntersuchung vor. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt beschwerdefrei. Aufgrund einer noch bestehenden Restschwellung
und geringgradigen Bewegungseinschränkung wurde er zu eigenständigen Bewegungsübungen angeleitet. Vom 30. August 2004 bis
zum 1. Oktober 2004 war der Kläger als Praktikant im Krankenpflegedienst am Universitätsklinikum in D. tätig.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24. März 2005 einen Anspruch des Klägers auf Entschädigungsleistung aus der gesetzlichen
Unfallversicherung ab. Es habe sich bei der zum Unfall führenden Tätigkeit nicht um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im
Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - ( SGB VII) gehandelt. Nach dem Gesamtbild des Einzelfalles sei die Tätigkeit des Klägers als Gefälligkeitsleistung unter Verwandten
anzusehen, die ihr Gepräge aus der verwandtschaftlichen Beziehung erhalten habe. Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch
machte der Kläger geltend, es habe sich um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit gehandelt. Entscheidend sei, dass eine tatsächliche
häusliche Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seinen Eltern nicht mehr bestehe, weil er sich hauptsächlich am Studienort aufhalte.
Er habe einer Mithilfe bei den Sanierungsarbeiten nur zugestimmt, weil damit für seine Eltern eine Kostenersparnis verbunden
gewesen sei. Im Übrigen habe die Beklagte auch nicht berücksichtigt, dass es sich um anstrengende und nicht ganz ungefährliche
Tätigkeiten gehandelt habe. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2006
zurück. Von einer Lösung der sozialen Beziehungen des Klägers zu seinen Eltern könne angesichts des erst im Herbst 2003 aufgenommenen
Studiums und der als Zweitwohnsitz bezeichneten Unterkunft in ZP. nicht ausgegangen werden. Die durchgeführten Eigenleistungen
seien nicht gefährlich im Sinne der hierzu ergangenen Rechtsprechung.
Der Kläger hat hiergegen am 17. März 2006 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Das Sozialgericht hat durch
Urteil vom 10. März 2009 die Klage abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, der Kläger habe keine versicherte Tätigkeit nach
§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ausgeführt. Zwar schlössen auch Verwandtschafts-, Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach §
2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht aus, jedoch werde ein Verwandter nicht wie ein Beschäftigter, sondern als Verwandter tätig, wenn die zum Unfall führende
Verrichtung nach Art und Umfang sowie Zeitdauer durch das verwandtschaftliche Verhältnis geprägt sei. Dabei sei nicht allein
auf die Stundenzahl abzustellen, die der Kläger geleistet habe. Entscheidend sei das Gesamtbild der gegenseitig im Rahmen
der Familien- oder Freundschaftsbande geleisteten Gefälligkeiten. Hier sei zu berücksichtigen, dass für das Eltern-Kind-Verhältnis
besondere Pflichten bestünden, die eine erhöhte Erwartung an die Hilfsbereitschaft rechtfertigten. So ergebe sich aus § 1618a Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB) der allgemeine Rechtsgedanke, dass sich Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig seien. Der Kläger sei
in das Gesamtvorhaben Wintergartenbau mit eingebunden gewesen und habe auch in einem zu erwartenden Umfang Hilfeleistungen
getätigt. Auch während des Studiums habe der Kläger seinen Erstwohnsitz in D. behalten, der Wintergartenbau habe deshalb auch
das zukünftige Zuhause des Klägers selbst betroffen, weil er dort weiterhin, soweit dies seine Verpflichtungen durch das des
Medizinstudiums zuließen, habe wohnen sollen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 27. März 2009 zugegangene Urteil hat der Kläger per Telefax am 26. April 2009
Berufung eingelegt und vorgetragen, es sei für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII ohne Bedeutung, ob der Verletzte gegen Entgelt oder unentgeltlich handele. Die Tatsache, dass er seinen ersten Wohnsitz in
D. behalten habe, spreche nicht gegen eine Loslösung von der elterlichen häuslichen Gemeinschaft. Entscheidend sei für ihn
gewesen, dass er das nordrhein-westfälische Wahlrecht verliere und er beim Wechsel des Studienortes nicht jedes Mal den ersten
Wohnsitz wechseln müsse. Im Übrigen habe er auch in den Semesterferien an seinem Studienort anwesend sein müssen, weil auch
in den Ferien Kurse und Praktika zu belegen seien. Außerdem werde üblicherweise ein Großteil der Semesterferien dafür genutzt,
sich auf das kommende Semester vorzubereiten. Er habe seine Eltern auch nicht häufig am Wochenende besucht. Vielmehr sei er
nur an einzelnen Wochenenden nach D. gefahren.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. März 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom
24. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2006 aufzuheben und das Ereignis vom 13. Juli 2004 als
Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtens.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der Beratung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und
das Urteil des Sozialgerichts sind rechtens, denn der Kläger stand bei Eintritt des schädigenden Ereignisses am 13. Juli 2004
nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das Vorliegen eines Arbeitsunfalls kann folglich nicht festgestellt
werden.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Da der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht "Beschäftiger" seiner Eltern
im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII war, konnte ein Arbeitsunfall nur vorgelegen haben, wenn der Kläger "wie ein nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherter tätig" geworden ist (§ 2 Abs. 2 SGB VII). Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII ist jedoch zu verneinen, weil der Kläger nach Überzeugung des Senats bei einer Gefälligkeitshandlung aufgrund enger familiärer
Verbindungen den Unfall erlitten hat.
Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII erfordert eine ernstliche, dem anderen Unternehmen dienende Tätigkeit, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers
entspricht und ihrer Art nach auch von Personen verrichtet werden kann, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden
Beschäftigungsverhältnis stehen. Sie muss außerdem unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund
eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (so die ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. BSGE 5, 168, 174; 31, 275, 277; BSG SozR 2200 § 539 Nr. 119). Auch ein Verwandter kann wie ein Versicherter tätig werden und unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung
nach § 2 Abs. 2 SGB VII stehen. Denn der Versicherungsschutz sowohl nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als auch nach § 2 Abs. 2 SGB VII ist nicht ausgeschlossen, weil der Tätigwerdende ein Verwandter des Unternehmers ist. Dem Versicherungsschutz steht nicht
entgegen, dass unter Verwandten die Bereitschaft zu Freundschaft- und Gefälligkeitsleistungen größer ist und deshalb die Tätigkeit,
die sonst aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses oder jedenfalls gegen Entgelt verrichtet wird, als Freundschaft- oder
Gefälligkeitsdienst unentgeltlich erbracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1988 - 2 RU 81/87 - in HV-Info 1988, 1629-1632). Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII besteht jedoch nicht, wenn es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst
handelt oder die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen
ist, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Verwandten, Freunden oder Nachbarn typisch, üblich und deshalb zu erwarten
ist. Auf die Zeitdauer der Verrichtung kommt es allein nicht an. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
der Zeitdauer lediglich innerhalb des Gesamtbildes, vor allem bei Hilfeleistung unter Verwandten und bei Tätigkeiten im Rahmen
von mitgliedschaftlichen, gesellschaftlichen oder körperschaftlichen Verpflichtungen, die ihr zukommende, nicht aber eine
selbstständige entscheidende Bedeutung zuzumessen. Maßgebend sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 1992 - 2 RU 6/91 - in SozR 3 - 2200 § 539 RVO Nr. 15). Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer ist der Rahmen, in dem bestimmte Verrichtungen hierdurch ihr Gepräge
erhalten (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 49). Bei der Eltern-Kind-Beziehung handelte es sich um die engste familiäre Beziehung. Diese Beziehung lässt deshalb
grundsätzlich weitergehende gegenseitige Hilfeleistungen erwarten als andere familiäre Beziehungen. Dies gilt auch dann, wenn
die Kinder nicht mehr minderjährig sind und sie nicht mehr oder nicht mehr ständig dem Haushalt der Eltern angehören bzw.
in der elterlichen Wohnung leben. Dies findet Ausdruck in der Vorschrift des § 1618a BGB, wonach Kinder und Eltern einander Beistand und Rücksicht schuldig sind. Die Bedeutung dieser Vorschrift ist nicht auf das
Verhältnis von Eltern und minderjährigen Kindern beschränkt. Vorausgesetzt wird auch nicht, dass Eltern und Kinder noch in
derselben Hausgemeinschaft wohnen (Palandt/Diederichsen, 70. Auflage, § 1618a BGB Rdnr. 1). Die Pflicht zur Beistandsleistung bezieht sich auf alle gewöhnlichen und außergewöhnlichen Umstände der einzelnen
Familie und verpflichtet zur wechselseitigen Unterstützung und Hilfeleistung der Familienmitglieder in allen Lebenslagen (Palandt
aaO., Rdnr. 3). Kinder wachsen mit zunehmendem Alter mehr und mehr in die Verpflichtung hinein, ihrerseits Beistand zu gewähren
(Palandt, aaO. Rdnr. 5).
Der Umstand, dass ein Kind erwachsen geworden ist und sich wegen seines auswärtigen Studiums überwiegend am Studienort und
nicht mehr am Wohnort und in der Wohnung der Eltern aufhält, führt folglich nicht dazu, dass die Eltern von ihrem Kind keinerlei
oder nur noch sehr reduzierte Hilfeleistungen erwarten dürfen. Vielmehr kommt es auch hier auf die Umstände des Einzelfalles
an. Im vorliegenden Fall hatten sich die Eltern des Klägers entschieden, im Rahmen der geplanten Umbaumaßnahmen einzelne Arbeiten,
die insbesondere der Vorbereitung dieser Umbaumaßnahmen dienten und auch von Nichthandwerkern ausgeführt werden konnten, in
Eigenleistung zu erbringen, um Kosten zu sparen. Die Eltern durften erwarten, dass der Kläger im Rahmen seiner Möglichkeiten
bei diesen Eigenbauarbeiten mithalf, zumal sie als Eltern den Kläger finanziell während seines Studiums unterstützen und dem
Kläger in ihrem Haus auch noch Unterkunft gewährten. Dass der Kläger sich bereit erklärt hat, im Rahmen seiner zeitlichen
Möglichkeiten bei den Eigenbauarbeiten zu helfen, konnte deshalb durchaus von dem Kläger erwartet werden und kann nicht als
ungewöhnliche und untypische Hilfsbereitschaft angesehen werden. Bei den Eigenbauarbeiten wurden bis zum Unfallzeitpunkt insgesamt
von dem Kläger 30 Stunden, seiner Mutter 42 Stunden und von seinem Vater 48 Stunden an Arbeitsleistung erbracht. Der Kläger
hat diese Arbeitsleistung zu Beginn seiner Semesterferien erbracht, ohne wegen dieser Hilfeleistungen andere Verpflichtungen,
die ihm zum Beispiel wegen seines Studiums oblagen, zu vernachlässigen. Er hat wegen dieser Hilfeleistung nicht auf den fünfwöchigen
Auslandsaufenthalt in Australien verzichtet. Vielmehr hat er in dem Umfange Hilfe geleistet, wie es angesichts seiner eigenen
zeitlichen Pläne möglich war. Der Umstand, dass es sich bei einzelnen Arbeiten um eine anstrengende körperliche Tätigkeit
gehandelt hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn es ist nicht ersichtlich, dass diese körperlichen Tätigkeiten dem
Kläger nicht zumutbar gewesen wären oder ihn überfordert hätten. Bei den Arbeiten handelte es sich nicht um besonders gefährliche
Arbeiten, die unter Umständen eine andere Beurteilung begründen könnten. Angesichts der Gesamtumstände und der offensichtlich
guten und intakten Eltern-Kind-Beziehung stellten die von dem Kläger ausgeführten Arbeiten eine unter Eltern und Kind typische,
übliche und folglich zu erwartende Hilfeleistung dar, so dass ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII hier nicht vorgelegen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, die über die Nichtzulassung der Revision aus § 160 SGG.
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