Tatbestand:
Umstritten sind einige Festsetzungen des Honorarvertrags für Vertragsärzte für das Jahr 2009 durch den Schiedsspruch des beklagten
Landesschiedsamts vom 30. Oktober 2008.
Aufgrund der Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen
Krankenversicherung vom 26. März 2007 (BGBl. I 378 -GKV-WSG-) fasste der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) in seiner 7. Sitzung vom 27. und 28. August 2008 grundlegende Beschlüsse
zu Eckpunkten, zum Verfahren und den Inhalten hinsichtlich der Ausgestaltung der Vereinbarungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen,
hinsichtlich der Rahmenvorgaben für die Festlegung der regionalen Euro-Gebührenordnungen sowie zu der Berechnung der arzt-
bzw. praxisbezogenen Regelleistungsvolumina im Jahr 2009. Weitere ergänzende Beschlüsse fasste der Bewertungsausschuss (BA)
in seiner 164. Sitzung am 17. Oktober 2008 und der EBA in seiner 8. Sitzung vom 23. Oktober 2008 sowie in seiner 11. Sitzung
am 17. März 2009.
Die Gesamtvertragsparteien führten im September und Oktober 2008 Verhandlungen über die Vereinbarung der Gesamtvergütung des
Bezirks der Klägerin Ziffer 8 für den Vergütungszeitraum 2009. Aufgrund des Scheiterns der Verhandlungen beantragte die Klägerin
Ziffer 8 bei dem Beklagten die Einleitung eines Schiedsamtsverfahrens. Zur Begründung ihres Antrags legte sie den Entwurf
eines Honorarvertrages 2009 vor. Mit Schiedsspruch aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2008 legte der Beklagte
den Inhalt des Honorarvertrages gemäß §§
87 a bis
87 c SGB V für das Jahr 2009 auf der Grundlage des vorgelegten Vertragsentwurfs mit den im Tenor des Schiedsspruchs aufgeführten Änderungen
fest.
Der so geänderte Honorarvertrag (HVV 209) enthält u. a. folgende Regelungen:
Abschnitt I, Nr. 2.2:
"Die je Versicherten mit Wohnsitz in Hessen und Kasse abgerechnete Leistungsmenge wird mit der sich im Bereich der Kassenärztlichen
Vereinigung Hessen ergebenden Honorarverteilungsquote in Höhe von 0,9040 multipliziert."
Abschnitt I, Nr. 7:
"Die Nichtausschöpfung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung 2009 ist bei der Vereinbarung des Folgejahres zu berücksichtigen."
Abschnitt I, Nr. 9 "Einzelleistungen":
"Die vorstehenden Regelungen gelten nicht für die unter Nummer 9.1 aufgeführten Leistungen, die mit Ausnahme der Ziffer 9.1.8
(siehe dort) zum festgelegten Einzelleistungspunktwert in Höhe von 0,035001 EUR vergütet werden."
Im Folgenden ist unter Nummer 9.1 geregelt:
"Einzelleistungen u. a. gemäß Teil B. Nummer 1.3 (i.V.m. Teil H. 5) des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses
vom 27./28. August 2008 und 23. Oktober 2008:
9.1.6 Belegärztliche (kurativ-stationäre) Leistungen (Leistungen inner- und außerhalb des Kapitels 36 EBM, GOP 13311, 17370 und Geburtshilfe)
9.1.7 Die im Leistungskatalog nach §
115b SGB V aufgeführten, ambulant durchführbaren Operationen und stationsersetzenden Eingriffe (§
3 des Vertrags nach § 115 Abs. 1 SGB V/ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus/AOP-Vertrag) sowie
die in §§ 4, 5 und 6 des vorgenannten Vertrages - jeweils in der Fassung der Entscheidung des erweiterten Bundesschiedsamtes
vom 17. August 2006 - erbrachten prä-, intra- und postoperativen Leistungen sowie die im Zusammenhange damit anfallenden weitergehenden
Leistungen (insbesondere Narkosen, prä-/postoperative Behandlung und Nachbeobachtungen) mit Ausnahme der unter Ziffer 9.1.8
genannten Leistungen
9.1.8 Leistungen des Kapitels 31 EBM, sowie GOP 135421 bis 13431, sowie 04514, 04515, 04518 und 04520 hiervon abweichend zu einem Einzelleistungspunktwert von 0,04071 EUR
(= festgelegter Einzelleistungspunktwert von 0,035001 EUR zuzüglich Zuschlag in Höhe von 0,005709 EUR)."
Die Anlage 2 zum Honorarvertrag 2009 erhielt durch das beklagte Landesschiedsamt folgende Fassung:
"Gemäß Teil G des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 werden folgende Grundsätze zur
Bildung von Rückstellungen nach §
87 b Abs.
3 Satz 5
SGB V vereinbart:
1. Von der für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen nach §
87 a Abs.
3 SGB V insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen werden nach der Berechnung der vorläufigen RLV-Vergütungsvolumen
der Vorsorgungsbereiche Anteile für die Bildung von Rückstellungen versorgungsbereichsspezifisch verwendet:
- zur Berücksichtigung einer Zunahme von an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen Ärzten,
- für Sicherstellungsaufgaben (u. a. nachträglich erfolgende Honorarkorrekturen aus Vorquartalen, Wegepauschalen),
- zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten
- für Praxisbesonderheiten gem. §
87 b Abs.
3 Satz 3
SGB V
- zum Ausgleich von Fehlschätzungen für Vorwegabzüge gemäß Beschluss Teil F Anlage 2 Nr. 2
- Quartalsbezogene Rückstellungen für schwebende Verfahren (§
75 Abs.
7 SGB V).
2. Die Bildung von Rückstellungen und ihre Auflösung bzw. Rückführung in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung erfolgt versorgungsbereichsspezifisch
durch die Kassenärztliche Vereinigung Hessen unter Berücksichtigung der im Jahr 2007 für die unter Nr. 1 genannten Sachverhalte
aufgewendeten Vergütung. Im Jahr 2009 erwartete Änderungen des damit verbundenen Vergütungsbedarfs sind zu beachten. Die Umsetzung
obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen.
Die Kassenärztliche Vereinigung übermittelt den Verbänden und den Ersatzkassen in Hessen quartalsweise einen Nachweis über
die Höhe und die Verwendung der Rückstellungen.
3. Eine Über- oder Unterdeckung wird im Folgequartal berücksichtigt."
Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen des Beklagten zu den vorgenannten Festsetzungen unter Punkt II. des angefochtenen
Schiedsspruchs verwiesen.
Der Schiedsspruch des Beklagten vom 30. Oktober 2008 ist der Klägerin Ziffer 1 am 15. Dezember 2008, den übrigen Klägerinnen
Ziffer 2 - 7 bzw. der Rechtsvorgängerin der Klägerin Ziffer 7 am 26. Dezember 2008 zugegangen. Mit Schriftsatz vom 15. Januar
2009 hat die Klägerin Ziffer 7 zugleich namens und in Vollmacht für die Kläger 1 bis 6 sowie als Prozessstandschafterin für
die Beigeladenen Ziffer 2 bis 7 mit Fax - Schreiben beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt Klage erhoben.
Der Klägerin Ziffer 8 ist der Schiedsspruch des Beklagten am 15. Dezember 2008 zugegangen, deren Klage ist ebenfalls am 15.
Januar 2009 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen und unter demselben Aktenzeichen eingetragen worden.
Die Kläger Ziffer 1 - 7 machen geltend, der Beklagte habe den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum bei der Festsetzung des
Honorarvertrages 2009 überschritten, die Schiedsamtsentscheidung vom 30. Oktober 2009 sei nicht mit geltendem Recht vereinbar
und daher aufzuheben. Sie beanstanden folgende Festsetzungen:
Antrag 1
Schiedsspruch Nr. 1 Buchst. m (2. Abschnitt Nr. 9.1.8 HVV 2009):
- Der Punktwert i.S.d. §
87a Abs.
2 Satz 1
SGB V wird in Höhe von 3,5001 Cent festgelegt.
- Für Leistungen nach 7.2 (AOP - Nr.I.1.12 Beschluss EBA vom 23. Oktober 2008) und für die Begleitleistungen (Nr. I.1.13 Beschluss
EBA vom 23. Oktober 2008) wird der Punktwert in Höhe von 4,071 Cent festgesetzt."
Zur Begründung tragen sie vor, dass nach §
87a Abs.
3 Sätze 3 - 5
SGB V alle Leistungen im Bereich innerhalb und im Bereich außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung mit den Preisen der
Euro-Gebührenordnung nach §
87a Abs.
2 S. 6
SGB V zu vergüten seien. Die Preise der Euro-Gebührenordnung würden für alle Leistungen ermittelt, indem die EBM-Bewertungen mit
dem regional auf der Grundlage des Orientierungswertes vereinbarten für alle Leistungen einheitlichen Punktwert multipliziert
würden. Die Festsetzung von Zusatzwerten sei somit grundsätzlich nicht zulässig, auch Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung seien nach §§
87 Abs.
2e,
87a Abs.
3 S. 5, 2. Halbsatz
SGB V mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung i. V. m. dem Orientierungspunktwert zu vergüten. Modifikationen des Orientierungswertes
seien nur bedingt zulässig. Nach §
87a Abs.
2 S. 2
SGB V könnten die Vertragspartner auf Landesebene bei der regionalen Punktwertfestlegung auf der Grundlage der Orientierungswerte
Zuschläge oder Abschläge von den Orientierungswerten vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten-
und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Nach §
87a Abs.
2 S. 3
SGB V seien dabei zwingend die Vorgaben des BA gemäß §
87 Abs.
2f SGB V anzuwenden. Nach dieser Vorschrift lege der BA jährlich Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten fest, auf deren
Grundlage Abweichungen in den regionalen Punktwertvereinbarungen getroffen werden könnten. Der EBA habe in Teil C seines Beschlusses
vom 27./28. August 2008 ausdrücklich von einer Festlegung von Indikatoren für regionale Besonderheiten bei der Kosten- und
Versorgungsstruktur für das Jahr 2009 abgesehen. Mangels vorgegebener Indikatoren zu Messung regionaler Besonderheiten scheide
eine Festsetzung wie die angegriffene von vornherein aus. Der Beklagte könne sich bezüglich dieser Festsetzung auch nicht
auf die Regelung in Teil H Nr. 5 des Beschlusses des EBA vom 27./28. August 2008 in der Fassung des Beschlusses vom 17. März
2009 berufen. Diese Regelung stelle keine hinreichende Ermächtigung für den Beklagten dar, leistungsbezogene Zuschläge festzusetzen.
Der nach Auffassung der Kläger Ziffer 1 - 7 nicht gesetzeskonforme Beschluss des EBA vom 17. März 2009 sei Gegenstand eines
vom A. geführten Rechtsstreits und eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes. Gegen geltendes Recht verstoßende Beschlüsse
des Erweiterten Bewertungsausschusses könnten nicht Rechtsgrundlage für Regelungen in einer Schiedsamtsentscheidung auf Landesebene
sein. Im Übrigen fehle es an einer nachvollziehbaren Begründung für die festgesetzten regionalen leistungsbezogenen Zuschläge.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2009 beanstandete das Bundesversicherungsamt die hier streitbefangene Regelung (Nr. 9.1.8) des Schiedsspruchs
des Beklagten vom 30. Oktober 2008 gegenüber der Klägerin Ziffer 7, wonach Leistungen des Kapitels 31 EBM mit einem Zuschlagspunktwert
i. H. v. 0,005709 EUR vergütet werden insoweit, als auch die Leistungen der Kapitelabschnitte 31.1, 31.3, 31.4 und 31.6 EBM
mit diesem Zuschlagswert vergütet werden sollen. Diese Leistungen seien (im Gegensatz zu den Leistungen der Kapitelabschnitte
31.2 und 31.5 EBM) nicht in Beschlussteil H Nr. 5 Abs.1 Satz 2 in der Fassung des Beschlusses des EBA vom 17. März 2009 aufgeführt
und damit nicht von diesem Beschluss gedeckt. Dieser Beanstandungsbescheid war Gegenstand des Verfahrens L 4 KA 54/09 KL vor dem erkennenden Senat, der diesen mit Urteil vom 29. September 2010 aufgehoben hat, im Wesentlichen mit der Begründung,
dass nach dem gesetzlich vorgegebenen Kompetenzgefüge und vor dem Hintergrund der grundgesetzlichen föderalen Kompetenzaufteilung
bezüglich der Ausführung von Bundesgesetzen die Entscheidungen der Landesschiedsämter den Aufsichtsbefugnissen des Bundesversicherungsamtes
entzogen sind.
Antrag 2
Schiedsspruch Nr. 1 Buchst. I:
Der bisherige Abschnitt I. Nr. 7 "Einzelleistungen" wird zur Nr. 9 und wie folgt gefasst: "Die vorstehenden Regelungen gelten
nicht für die nachfolgend aufgeführten Leistungen, die zum festgelegten Einzelleistungspunktwert vergütet werden:
7.2 Leistungen gemäß §
87a Abs.
3 S. 5
SGB V:
Belegärztliche Leistungen außerhalb des Kapitels 36 EBM
Diese Regelung, wonach auf der Grundlage des §
87a Abs.
3 S. 5
SGB V belegärztliche (kurativ-stationäre) Leistungen (Leistungen inner- und außerhalb des Kapitel 36 EBM, in GOP 13311,17370 und Geburtshilfe) außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu finanzieren seien, sei rechtswidrig,
sie gehe über den abschließenden Katalog der außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu finanzierenden Leistungen
in Teil A, Ziffer 1.2 des Beschlusses des EBA vom 27./28. August 2008 hinaus, indem sie belegärztliche Leistungen nicht nur
innerhalb, sondern auch außerhalb des Kapitels 36 EBM als außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu finanzierende
Leistungen festlege. Nach §
87a Abs.
3 S. 5
SGB V könne dies nur für Leistungen vorgesehen werden, die besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder
aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich sei. Diese Voraussetzungen
habe der EBA abschließend geprüft und die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu finanzierenden Leistungen
abschließend festgelegt. Das Landesschiedsamt hätte hiervon abgesehen die Förderungswürdigkeit dieser ausgenommenen belegärztlichen
Leistungen eingehend prüfen und begründen müssen. Eine besondere Förderungswürdigkeit für die herausgenommenen Leistungen
sei nicht nachgewiesen.
Antrag 3
Schiedsspruch Nr. 1 Buchst. v i.V.m. Nr. 4, Buchst. m, ff, Nr. 2 (S.20):
"Die Bildung der Rückstellungen und ihre Auflösung beziehungsweise Rückführung in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung
erfolgt durch die KVH unter Berücksichtigung der im Jahr 2007 für die unter Nr. 1 genannten Sachverhalte aufgewendeten Vergütung.
Im Jahr 2009 erwartete Änderungen des damit verbundenen Vergütungsbedarfs sind zu beachten. Die Umsetzung obliegt der Kassenärztlichen
Vereinigung Hessen. Die kassenärztliche Vereinigung übermittelt den Verbänden und den Ersatzkassen in Hessen quartalsweise
einen Nachweis über die Höhe und die Verwendung der Rückstellungen."
Diesen Klageantrag haben die Kläger Ziffer 1 - 7 in der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2010 zurückgenommen. Das Bundesversicherungsamt,
das mit Bescheid vom 16. Juni 2009 diese Regelung der Anlage 2 Nr. 2 des HVV 2009 ebenfalls beanstandet hatte, hat diesen
Bescheid insoweit ebenfalls in der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2010 zurückgenommen.
Antrag 4
Schiedsspruch Nr. 1 Buchst. j:
"Die Nichtausschöpfung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung 2009 ist bei der Vereinbarung des Folgejahres zu berücksichtigen."
Auch diesen Klageantrag haben die Kläger Ziffer 1 - 7 in der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2010 zurückgenommen.
Antrag 5
Schiedsspruch Nr. 1 Buchst. l, Ziffer 7.2:
"Die im Leistungskatalog nach §
115b SGB V aufgeführten, ambulant durchführbaren Operationen und stationsersetzenden Eingriffe (§
3 des Vertrags nach § 115 Abs. 1 SGB V/ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus/AOP-Vertrag) sowie
die in §§ 4,5 und 6 des vorgenannten Vertrages - jeweils in der Fassung der Entscheidung des erweiterten Bundesschiedsamtes
vom 17.08.2006 - erbrachten prä-, intra- und postoperativen Leistungen sowie die im Zusammenhange damit anfallenden weitergehenden
Leistungen (insbesondere Narkosen, prä-/postoperative Behandlung und Nachbeobachtungen) mit Ausnahme der unter Ziffer 9.1.8
genannten Leistungen."
Bei diesen nach §
87a Abs.
3 S. 5, 2. Halbsatz
SGB V "ausgedeckelten" Leistungen verweise der Beklagte auf die am 17. August 2006 getroffenen Entscheidung des Erweiterten Bundesschiedsamtes
zur Festsetzung des AOP-Vertrags nach §
115b Abs.
1 SGB V (s. S. 16 des Schiedsspruches). Diese Entscheidung des Erweiterten Bundesschiedsamtes sei jedoch rechtswidrig, weshalb die
Kläger Ziffer 1-7 hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Berlin (S 79 KA 97/06) erhoben und ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vor dem Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg (L 7 B 74/08 KA ER) eingeleitet hätten.
Die Klägerin Ziffer 8 tritt den Anträgen der Kläger Ziffer 1 - 7 entgegen, im Wesentlichen mit folgenden Begründungen:
Zu Antrag 1
Schiedsspruch Nr.1 Buchst. m:
Die Festlegung von Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung unter Berücksichtigung von Zuschlägen zu
den Orientierungswerten sei zulässig. Wie der Beklagte im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt habe, lasse gerade
§
87a Abs.
3 S. 5, 2. Halbsatz
SGB V ausdrücklich zu, dass weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet werden,
wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung
und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich sei. Speziell für diese im Streit stehenden Leistungen des Kapitels 31
EBM (ambulantes Operieren) ergebe sich eine Rechtsgrundlage in §
87a Abs.
3 S. 5, 2. Halbsatz
SGB V. Die besondere Förderungswürdigkeit von ambulanten Operationen ergebe sich speziell im Bundesland Hessen daraus, dass die
hiesigen Honorarverträge in den zurückliegenden 20 Jahren nahezu durchgängig Sonderregelungen für die (extrabudgetäre) Vergütung
ambulanter Operationen im Sinne des §
115b SGB V beinhaltet hätten. Überwiegend seien diese zwischen den Gesamtvertragsparteien einvernehmlich vereinbart oder auch durch
den Beklagten festgesetzt worden (zuletzt im Jahr 2008). Der Beklagte habe in diesem Zusammenhang bereits zu Recht sinngemäß
darauf hingewiesen, dass unter anderem aus gesundheitsökonomischen Gründen zur Vermeidung von Krankenhausbehandlung der ambulanten
Leistungserbringung der Vorrang vor der stationären Behandlung einzuräumen und deshalb eine entsprechende Förderung notwendig
sei. Dies gelte unverändert im hier zu Grunde liegenden Vertragszeitraum.
Die Festlegung regionaler Zuschläge zu den Orientierungswerten könne und dürfe nicht daran scheitern, dass der EBA der ihm
nach §
87 Abs.
2f SGB V obliegenden Verpflichtung, jährlich bis zu einem bestimmten Stichtag Indikatoren zur Bemessung regionaler Besonderheiten
festzulegen, in rechtswidriger Weise nicht nachkomme. Es komme hinzu, dass nach §
87a Abs.
2 S. 5
SGB V bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags zu gewährleisten sei, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten
sichergestellt sei. Gerade im Bereich des ambulanten Operierens und insbesondere im Hinblick auf die bis Ende des Jahres 2008
für diesen Leistungsbereich in Hessen geltenden Punktwerte (bis zu 5,11 Cent) hätte eine Festlegung lediglich des Orientierungspunktwertes
in Höhe von 3,5001 Cent für diesen Leistungsbereich gerade angesichts der außerordentlich investitionsträchtigen Strukturen
beim ambulanten Operieren erhebliche Auswirkungen auf die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gehabt.
Eine zu befürchtende Welle von Insolvenzen ambulanter Operationszentren hätte insoweit fatale Auswirkungen auf die Sicherstellung.
Mit dem Beklagten sei auch bereits Teil H Nr. 5 des Beschlusses des EBA vom 27./28. August 2008 als ausreichende Grundlage
für die Festsetzung leistungsbezogener Zuschläge anzusehen. Die Entscheidung bewege sich zweifellos innerhalb des dem Beklagten
durch die Rechtsprechung zugebilligten Entscheidungsspielraums und entspreche der seit 1. April 2009 geltenden Fassung dieses
Teils des Beschlusses.
Zum Klageantrag Nr. 2
Schiedsspruch Nr. 1 Buchst. I:
Auch diese Regelungen des Schiedsspruches seien nicht rechtswidrig, der Gesetzgeber lasse auch insoweit in §
87a Abs.
3 S. 5
SGB V ausdrücklich die Möglichkeit offen, dass weitere Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung honoriert
werden könnten. Zu Recht weise der Beklagte im Hinblick auf das ambulante Operieren auf die Vorgabe des Erweiterten Bundesschiedsamtes
hin, die schließlich dem in §
115b SGB V verankerten Grundsatz Rechnung trage, wonach die im Krankenhaus durchgeführten ambulanten Operationen in gleicher Weise zu
vergüten seien, wie die in den Praxen niedergelassener Operateure erbrachten Leistungen. Speziell im Hinblick auf die belegärztlichen
Leistungen innerhalb und außerhalb des Kapitels 36 EBM ergebe sich die besondere Förderungswürdigkeit zudem bereits aus §
115 Abs.
2 S. 1
SGB V, wonach das Belegarztwesen besonders zu fördern sei.
Zum Klageantrag Nr.5
Schiedsspruch Nr. 1 Buchst. l, Ziffer 7.2:
Insoweit sei unmaßgeblich, dass die Kläger die vorgenannte Entscheidung des erweiterten Bundesschiedsamtes für rechtswidrig
erachteten. Eine rechtskräftige höchstrichterliche Entscheidung liege noch nicht vor, so dass sich die angefochtene Entscheidung
des Beklagten zu Recht auf die vorgenannte Entscheidung stützen könne.
Die Klägerin Ziffer 8 beanstandet jedoch den streitbefangenen Schiedsspruch selbst in folgendem Punkt:
Antrag 6
Schiedsspruch Nr. 1 Buchst. c: Abschnitt I Nr. 2.2 des HVV 2009, Festsetzung einer Honorarverteilungsquote in Höhe von 0,9040
für den KV-Bezirk Hessen.
Diese Regelung führe zu einer gezielten Minderung der Gesamtvergütung im Bereich der Klägerin Ziffer 8 und damit auch im Vergleich
zu anderen Kassenärztlichen Vereinigungen zu einer Umverteilung zulasten der hessischen Vertragsärzte. Der EBA habe bereits
mit seiner ursprünglichen Beschlussfassung vom 27./28. August 2008 und Einführung einer Honorarverteilungsquote (HVV-Quote)
den gesetzlichen Regelungsspielraum des §
87c Abs.
1 SGB V überschritten. Nach Satz 3 dieser Vorschrift ergebe sich das Finanzvolumen für die Festlegung des Orientierungswertes aus
der Summe der bundesweit insgesamt für das Jahr 2008 zu entrichtenden Gesamtvergütungen in Euro, welche um die für das Jahr
2009 geltende Veränderungsrate nach §
71 Abs.
3 SGB V für das gesamte Bundesgebiet zu erhöhen sei. Demzufolge sei bei der Festlegung des Orientierungspunktwerts mit 3,5001 Cent
bereits den bundesweit zu entrichtenden Gesamtvergütungen die Leistungsmenge gegenübergestellt worden, die nach §
87c Abs.
1 S. 6
SGB V nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung und Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen tatsächlich in 4 Kalendervierteljahren
in den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechnet worden seien. Dies wäre nach ihrer Auffassung 99,40 % der abgerechneten
vertragsärztlichen Leistungen in Hessen gewesen. Diese Leistungsmenge sei auch entsprechend den Vorgaben des §
87c Abs.
1 S. 6
SGB V von der Klägerin Ziffer 8 dem Bewertungsausschuss bis zum 1. Juni 2008 übermittelt worden. In gleicher Weise sei der Leistungsbedarf
nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung und Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen durch die anderen Kassenärztlichen
Vereinigungen mitgeteilt worden, dadurch habe sich der rechnerische Orientierungspunktwert in Höhe von 3,5001 Cent ergeben.
Im Nachhinein seien ohne tatsächliche Zahlengrundlage Änderungen an der Berechnung dieses Orientierungspunktwertes vorgenommen
worden. In der ursprünglichen Beschlussfassung der 7. Sitzung habe der EBA unter Teil B Ziffer 1.2 bundesweit in den alten
Bundesländern eine so genannte Honorarverteilungsquote in Höhe von 0,9059 festgelegt, für die neuen Bundesländer dagegen eine
solche in Höhe von 0,9544. Diese Festlegungen entsprächen in keiner Weise den gesetzlichen Vorgaben des §
87c Abs.
1 SGB V. Da bereits die Datenlieferung der Kassenärztlichen Vereinigungen die honorarwirksamen Begrenzungsregelungen enthalten hätten,
sei kein Raum für eine neuerliche Begrenzung der Leistungsmenge gewesen, die dann mit dem bereits aufgrund der reduzierten
Leistungsmenge sich errechnenden Orientierungspunktwert für die Berechnung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu multiplizieren
gewesen sei. Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge, habe es keine Grundlage durch den Beschluss des EBA vom 27. und
28. August 2008 zur Festlegung einer HVV-Quote gegeben, die mit dem tatsächlichen Leistungsgeschehen der Kassenärztlichen
Vereinigung Hessen und der anderen Kassenärztlichen Vereinigungen nichts zu tun habe. Dieser erste Schritt habe bereits zu
einem Honorarverlust im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in Höhe von über 70 Millionen Euro geführt. Dieser
ergebe sich daraus, dass die Klägerin Ziffer 8 die Auffassung vertrete, dass in Hessen durch die Einführung der RLV-Systematik
bereits zum 2. Quartal 2005 für die Leistungsmenge alle Leistungen zu Grunde zu legen seien, die auch tatsächlich vergütet
worden seien. Dies betreffe insbesondere die Leistungen, die zwar das Regelleistungsvolumen überschritten hätten, aber als
Überschreitungsleistungen dennoch - wenn auch mit einem deutlich niedrigeren Punktwert - vergütet worden seien. Der Unterschied
zu einer Quote von 100 % ergebe sich aus Fallzahlabstaffelungsregelungen und sachlich-rechnerischen Berichtigungen.
Anstatt die nach §§ 87a Abs. 3, 87c. Abs. 4
SGB V zu berechnende tatsächliche Leistungsmenge zu nehmen, die je nach Lesart 0,9940 oder 0,9412 betragen würde, habe der EBA
in die Vertragskompetenz der Vertragspartner der Gesamtverträge auf Landesebene zur Aushandlung der Gesamtvergütung eingegriffen
und einen nicht herleitbaren Wert von 0,9059 verbindlich festgeschrieben. Diese rechtswidrige Festlegung der Leistungsmenge
nach Wertstellung sei sodann mit Beschluss des EBA vom 23. Oktober 2008 erneut geändert worden auf einen Wert für die KV Hessen
von 0,9040. Durch diesen Beschluss sei eine politische Umverteilung der Vergütungen zwischen den alten Bundesländern vorgenommen
worden, indem willkürlich und ohne rechnerische Grundlage HVV-Quoten festgelegt worden seien, für die es weder eine gesetzliche
noch eine tatsächliche Grundlage gebe. In den neuen Bundesländern sei weiterhin willkürlich eine einheitliche HVV-Quote von
0,9517 festgelegt worden, für die eine tatsächliche Grundlage oder eine rechtliche Befugnis ebenso fehle. Die Richtigkeit
der vorgetragenen Sichtweise ergebe sich auch aus dem Umstand, dass der Referentenentwurf für ein sog. GKV-Finanzierungsgesetz
vom 25. August 2010 vorsehe, das vorliegend bereits praktizierte "asymmetrische Verteilungsverfahren" in § 87d Abs. 2 SGV
ausdrücklich zu regeln. Dieses Verfahren sei daher noch nicht zulässig. Belastbare Zahlen, die die festgelegten HVV-Quoten
stützen würden, bestünden nicht, die Honorarentwicklung im Jahr 2009 habe nach ihren Zahlen einen Zuwachs ergeben, der mit
ca. 4,6 % deutlich unter dem Durchschnitt aller Bundesländer (auch der alten Bundesländer) liege. Durch die Festlegung der
HVV-Quote sei eine Umverteilung vorgenommen worden, die weder eine tatsächliche Grundlage habe, noch rechtlichen Vorgaben
entspreche.
Einen weiteren Klageantrag, mit dem die Nichtfestsetzung einer belegärztlichen Bereitschaftspauschale in Höhe von 4,00 EUR
durch den Beklagten beanstandet wurde, hat die Klägerin Ziffer 8 in der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2010 zurückgenommen.
Die Kläger Ziffer 1 - 7 beantragen übereinstimmend,
den Schiedsspruch des Beklagten aus der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2008 zur Festsetzung des Honorarvertrages 2009
bezüglich folgender Festsetzungen insoweit aufzuheben, als
- für Leistungen nach Ziffer 7.2 (GOP- Nr. I. 12 Beschluss EBA vom 23. Oktober 2008) und für die Leistungen (Nr. I.1.13 Beschluss EBA vom 23. Oktober 2008) der
Punktwert in Höhe von 4,071 Cent festgesetzt wurde (Nr. 1 Buchst. m),
- belegärztliche Leistungen außerhalb des Kapitels 36 EBM zu den festgelegten Einzelleistungspunktwerten vergütet werden (Nr.
1 Buchst. I),
- die im Leistungskatalog nach §
115b SGB V aufgeführten, ambulant durchführbaren Operationen und stationsersetzenden Eingriffe (§
3 des Vertrags nach §
115b Abs.
1 SGB V (ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus/AOP-Vertrag) sowie die in §§
4, 5 und 6 des vorgenannten Vertrages - jeweils in der Fassung der Entscheidung des erweiterten Bundesschiedsamtes vom 17.
August 2006 - erbrachten prä-, intra- und postoperativen Leistungen sowie die im Zusammenhang damit anfallenden weitergehenden
Leistungen (insbesondere Narkosen, prä-/postoperative Behandlung und Nachbeobachtungen) mit Ausnahme der unter Ziffer 9.1.8
genannten Leistungen zu den festgesetzten Einzelleistungspunktwerten vergütet werden (1. Buchstabe l - 7.2).
Die Klägerin Ziffer 8 beantragt,
den Schiedsspruch des Beklagten aus der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2008 zur Festsetzung des Honorarvertrages 2009
bezüglich der Festsetzung aufzuheben, als unter Nr. 1 Buchstabe c eine Honorarverteilungsquote in Höhe von 0,9040 festgelegt
wurde.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, die angegriffenen Festsetzungen des Schiedsspruches seien rechtlich nicht zu beanstanden.
Bei der Festlegung des Punktwerts unter Nr. 1 Buchst. m des angefochtenen Schiedsspruches (Klagantrag 1) sei der Beklagte
davon ausgegangen, dass nach §
87a Abs.
3 S. 5 Halbsatz 2
SGB V im gesamten Vertrag "darüber hinaus geregelt werden (könne), dass weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der nach
S. 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden, wenn sie besonders gefördert
werden sollen." Der angefochtene Schiedsspruch sei insgesamt von der Erwägung geprägt, dass wegen der mit Wirkung ab 1. Januar
2009 normierten Neugestaltung des vertragsärztlichen Vergütungssystems nähere Erfahrungswerte hinsichtlich der Vergütungshöhe
zum Zeitpunkt des Schiedsverfahrens nicht vorgelegen hätten. Insoweit habe sich der Beklagte grundsätzlich veranlasst gesehen,
auf der gegebenen gesetzlichen Grundlage die von dem BA bzw. EBA getroffenen Beschlusslagen vorsichtig umzusetzen. Daher habe
der Beklagte - abgesehen von der getroffenen Festsetzung - keine weiteren Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung
verankert. Ausgangspunkt dieses Vorgehens sei die im Schiedsspruch genannte Erwägung gewesen, dass die durch das neue Recht
geschaffene Rechtslage und die sich darauf gründenden Beschlüsse der auf Bundesebene handelnden gemeinsamen Selbstverwaltung
zu einer gegenüber dem bisherigen Vergütungssystem völlig anders gelagerten Vergütung führen würden.
Hinsichtlich der Festsetzung in Nr. 1 Buchst. m des Schiedsspruches habe der Beklagte auf der Grundlage der genannten gesetzlichen
Regelung diese Festsetzung treffen dürfen. Gerade auch der EBA habe den Vertragsparteien und dem Landesschiedsamt diesbezüglichen
Gestaltungsraum belassen. Der EBA habe den Partnern der Gesamtverträge empfohlen, die Höhe der nach der Neubewertung zu zahlenden
Vergütung zu überprüfen und festzustellen, ob zur Sicherstellung einer angemessenen Vergütung ergänzende Regelungen erforderlich
seien. Hierfür sei den Vertragsparteien freigestellt worden, leistungsbezogene Zuschläge zum Orientierungswert zu vereinbaren.
Die getroffene Regelung sei daher ausdrücklich zulässig. Die besondere Förderungswürdigkeit der in Bezug genommenen Leistungen
sei im Hinblick auf bereits in Vorjahren getroffene Festsetzungen angenommen und ausführlich begründet worden. Bei der Festsetzung
des Punktwertes von 4,071 Cent und des hierin enthaltenen Zuschlags in Höhe von 0,5709 Cent habe der Beklagte einen besonderen
Förderungsbedarf für die betroffenen Leistungen i.S.v. §
87a Abs.
3 Satz 5, 2. Halbsatz
SGB V angenommen und zwar aus den im Schiedsspruch genannten Erwägungen (S. 17).
Die in Nr. 1 Buchst. l des Schiedsspruches (Klageantrag 2) vorgenommene Ausdeckelung der belegärztlichen Leistungen sei in
Ergänzung des Beschlusses des EBA vom 27./28. August 2008 Teil B Nr.1.3 i.V.m. Teil H Nr. 5 ergangen. Insoweit sei Raum für
die einschlägigen Festsetzungen gewesen, die sich im Übrigen ebenfalls auf §
87a Abs.3 Satz 5, 2. Halbsatz
SGB V stütze, weil die erfassten Leistungen aus der Sicht des Beklagten "besonders gefördert" werden sollten (S. 15/17), was bereits
in früheren Entscheidungen angenommen worden sei.
Wegen der weiteren Einwendungen verweist der Beklagte auf die Gründe des angefochtenen Schiedsspruchs.
Bezüglich der Einwendungen der Klägerin Ziffer 8 (Klageantrag 6) führt der Beklagte aus, die Festsetzung der HVV-Quote von
0,9040 als Multiplikator orientiere sich vollinhaltlich an Abschnitt II. Nr. 4 des Beschlusses des EBA vom 23. Oktober 2008
(8. Sitzung). Diesem habe sich der Beklagte nicht verschließen dürfen.
Dem schließen sich die Kläger Ziffer 1 - 7 an. Der Beklagte sei rechtlich nicht gehindert gewesen, die Vorgaben des EBA zur
Ermittlung der Leistungsmenge zu befolgen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der EBA eine willkürliche bzw. offensichtlich
rechtwidrige Festlegung der Honorarverteilungsquoten getroffen habe, dieser könne vielmehr Korrekturen bei der Festlegung
der regionalen Honorarverteilungsquoten festlegen.
Mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 hat der Senat den A. (Beigeladener Ziffer 9) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung
(Beigeladener Ziffer 10) beigeladen, weil deren berechtigten Interessen durch die Entscheidung berührt werden (§§
75 Abs.
1 S. 1, 106 Abs.
3 Nr.
6 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Beigeladene Ziffer 8 vertritt die Auffassung, die Klagen seien unbegründet. Der Beschluss des Beklagten sei von ihr nicht
beanstandet worden, da insbesondere auch die Festlegung zur HVV-Quote von dem Beklagten zu beachten gewesen sei, nachdem das
Bundesgesundheitsministerium die betreffenden Beschlüsse nicht beanstandet habe.
Zum Antrag Nr. 1 (Nr. 1 Buchst. m des Schiedsspruchs: Punktwertzuschlag für das ambulante Operieren) trägt er vor, dass nach
§
87 Abs.
2e SGB V im EBM bundeseinheitliche Punktwerte als "Orientierungswerte" festzulegen seien. Der BA bestimme nur die Fälle, in denen
die Orientierungswerte bei Feststellung von (drohender) Unter- oder bei Überversorgung zwingend seien (§
87 Abs.
2e S. 4
SGB V). Dies impliziere bereits die Möglichkeit, andere Punktwerte für Ausnahmefälle festzulegen. Zum zweiten habe der BA nicht
die Kompetenz erhalten, den Regelfall-Orientierungswert zwingend vorzugeben. Auch daraus lasse sich auf die Zulässigkeit von
abweichenden Vereinbarungen schließen. Dementsprechend sehe §
87b Abs.
2 S. 2 f
SGB V vor, dass ein Zuschlag auf oder ein Abschlag von den Orientierungswerten gemäß § 87 Abs. 2e S. 1 Nr. 1 bis 3 vereinbart werden
könne. Dies könne "insbesondere" erfolgen, um regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen.
Es bedürfe also eines sachlichen Grundes für eine Abweichung, das Gesetz nenne selbst ein Beispiel. Wenn daher der Schiedsspruch
die Festsetzung des bundeseinheitlichen Regelfall-Orientierungswertes vorsehe, der Orientierungs-Regelfall also sogar tatsächlich
zum Regelfall werde, und nur für das ambulante Operieren einen höheren Punktwert bestimme, erscheine dies vom Gestaltungsspielraum
gedeckt, den die Vertragspartner beziehungsweise das beklagte Landesschiedsamt hätten, zumal den gesetzlichen Vorschriften
im Übrigen zu entnehmen sei, dass das ambulante Operieren zu den besonders förderungswürdigen Leistungen zähle. Daneben seien
zwingend die Vorgaben des BA gemäß §
87 Absatz
2f SGB V anzuwenden (§
87b Abs.
2 S. 3
SGB V). Ein Beschluss liege jedoch nur für den exemplarisch im Gesetz genannten Fall regionaler Besonderheiten bei der Kosten-
und Versorgungsstruktur vor.
Zum Klageantrag Nr. 2 (Nr. 1 Buchstabe I des Schiedsspruchs, Vergütung belegärztliche Leistungen außerhalb des Kapitels 36
EBM und bestimmter, im Leistungskatalog nach §
115 SGB V aufgeführter Leistungen, die nicht in Kapitel 31 EBM geregelt sind, jeweils außerhalb der MGV) trägt er vor, die Befugnis, Leistungen außerhalb der MGV zu vergüten, ergebe sich aus §
87b Abs.
3 S. 4, 2. Halbsatz
SGB V. Dort sei bestimmt, dass in der Vereinbarung über die Gesamtvergütung hinaus geregelt werden könne, dass weitere vertragsärztliche
Leistungen außerhalb der MGV mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden können, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies
medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich sei. Da
sich die Befugnis zu abweichenden Vereinbarungen an die Vertragspartner auf Landesebene richte, könne der Katalog, den der
BA gesetzt habe, jedenfalls nicht abschließend sein. Dementsprechend habe auch der Beklagte weitergehende Festsetzungen treffen
können.
Zum Antrag Nr. 6 (Nr. 1 Buchst. c des Schiedsspruchs) berichtet er von einem diesbezüglichen Briefwechsel mit dem Bundesgesundheitsministerium,
das mitgeteilt habe, dass sich nach einer damals aktuellen Simulation des Instituts des BA durch den Beschluss vom 23. Oktober
2008 für die Klägerin Ziffer 8 im Vergleich der Jahre 2007 und 2009 ein Honorargewinn von 10,4 % ergeben habe, gegenüber einem
Honorargewinn von 10,5 % nach dem ersten Beschluss. Der Beschluss stelle daher einen guten Kompromiss dar, der negative Auswirkungen
auf die Versorgung der Versicherten in einzelnen Regionen verhindere und gleichzeitig keine kassenärztliche Vereinigung über
Maß belaste. Er legt eine Übersicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Honorarentwicklung im ersten Halbjahr
2009 vor, wonach der Honorarzuwachs der Klägerin Ziffer 8 im Bundesdurchschnitt und über dem Durchschnitt der alten Bundesländer
liegt. Die Festlegung der HVV-Quote stehe mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang, denn die Leistungsmenge sei als Punktzahlvolumen
"auf der Grundlage" des einheitlichen Bewertungsmaßstabs abzubilden und ergebe sich aus einer Hochrechnung (§
87c Abs.
1 S. 4
SGB V), die über honorarwirksame Begrenzungsregelungen hinaus weitere Begrenzungen impliziere. Den gesetzlichen Regelungen ließen
sich ferner Anhaltspunkte für eine Steuerungskompetenz des BA entnehmen. Dieser Argumentation schließen sich die Kläger Ziffer
1 - 7 im Wesentlichen an.
Mit Schriftsatz vom 17. November 2010 nimmt der Beigeladene Ziffer 9 zu dem Klageantrag (Nr.6) der Klägerin Ziffer 8 dahingehend
Stellung, dass die erhobenen Einwände nicht durchgriffen. Die Festlegung der HVV-Quote sei mit den gesetzlichen Vorgaben zu
vereinbaren, insbesondere sei der diesbezügliche Beschluss des EBA nicht willkürlich. Diese Quoten beruhten auf der gesetzlichen
Regelung in §
87c Abs.
4 SGB V. Danach seien zur Berechnung des Behandlungsbedarfs die Leistungen nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung und Anwendung
honorarwirksamer Begrenzungsregelungen zu berücksichtigen. Der Beschluss des EBA vom 27. und 28. August 2008 habe zunächst
eine Honorarverteilungsquote für Versicherte mit Wohnsitz in den alten Bundesländern in Höhe von 0,9059 und für Versicherte
mit Wohnsitz in den neuen Bundesländern in Höhe von 0,9544 vorgesehen. Ausgangspunkt sei dabei die in Beschlussteil A auf
der Grundlage von Datenlieferungen ermittelte bundeseinheitliche HVV-Quote in Höhe von 0,9059 gewesen. Dieses Vorgehen sei
nicht willkürlich. Mit der hiervon abweichenden Festsetzung einer höheren HVV-Quote für die neuen Bundesländer habe der EBA
eine teilweise Angleichung der von den Krankenkassen für die in den Bezirken der unterschiedlichen Kassenärztlichen Vereinigungen
wohnhaften Versicherten zu zahlenden Vergütungen je Versichertem erreichen wollen mit dem Ziel, die nach seiner Einschätzung
notwendige Vergütung in allen Kassenärztlichen Vereinigungen zu gewährleisten. Hierbei handele es sich um einen sachlichen
Grund, den der EBA im Rahmen seines Gestaltungsspielraums habe berücksichtigen dürfen. Dies führe auch nicht zu einer Benachteiligung
der Klägerin Ziffer 8, denn die Anhebung der HVV-Quote in den fünf neuen Bundesländern habe nicht zu einer Absenkung der übrigen
HVV-Quoten geführt, sondern müsse von den Krankenkassen gesondert finanziert werden.
Nach Überprüfung der voraussichtlichen Auswirkungen der dargestellten Regelung habe der EBA in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober
2008 aufgrund einer Datenaktualisierung eine Korrektur der bundeseinheitlichen HVV-Quote von 0,9059 auf 0,9048 vorgenommen.
Dabei sei aus den oben dargestellten Gründen die einheitliche Quote von 0,9544 für die neuen Bundesländer beibehalten worden.
Darüber hinaus habe sich für die HVV-Quoten in den alten Bundesländern Anpassungsbedarf ergeben, um Honorarverwerfungen zu
vermeiden. Hintergrund dessen sei gewesen, dass die bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Punktwerte teilweise über, teilweise
auch unter dem festgesetzten Orientierungswert gelegen hätten. Auch bei der Anwendung honorarbegrenzender Regelungen hätten
erhebliche Unterschiede bestanden. Um eine doppelte (negative) Betroffenheit durch das Zusammentreffen des bundesweiten Orientierungswertes
und der bundeseinheitlichen HVV-Quote abzumildern und um Honorarverwerfungen zu vermeiden, sei in den alten Bundesländern
ein finanzneutrales Anpassungsverfahren durchgeführt worden mit dem Ziel, die Vergütungen je Versicherten in den Kassenärztlichen
Vereinigungen anzugleichen. Dabei sei die Vergütung in Kassenärztlichen Vereinigungen mit unterdurchschnittlichem Wert um
15 % der Differenz zwischen der KV-spezifischen und der bundesdurchschnittlichen Vergütung je Versichertem angehoben worden.
Dies sei durch eine Anhebung der HVV-Quoten umgesetzt worden. Zur Gegenfinanzierung seien in Kassenärztlichen Vereinigungen
mit überdurchschnittlichen Vergütungen je Versichertem diese Vergütungen um 8,2 % der Differenz der KV-spezifischen zur bundesdurchschnittlichen
Vergütung je Versichertem abgesenkt wurden. Diese Absenkung stelle nach Auffassung des EBA keine Benachteiligung der hiervon
betroffenen Kassenärztlichen Vereinigungen dar, sondern mildere lediglich sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile durch die
bundesweite Angleichung der Preise ab, die ohne diese Anpassung entstanden wären. Hieraus habe sich für die KV-Hessen eine
HVV-Quote von 0,9040 gegenüber der (korrigierten) bundeseinheitlichen HVV-Quote von 0,9048 ergeben. Auf diese Weise sei bei
der KV-Hessen der Honorarzuwachs um 0,09 % reduziert worden. Eine in vollen Eurobeträgen sichtbarer Rückgang der Gesamtvergütung
je Versichertem habe sich in der KV-Hessen gleichwohl nicht ergeben. Auch sei die überdurchschnittliche Steigerungsrate der
KV-Hessen nicht signifikant verändert. Sowohl die bei Beschlussfassung simulierte als auch die tatsächliche Steigerungsrate
der Gesamtvergütung 2009 gegenüber 2007 liege bei der KV-Hessen mit 10,4 % (simuliert) beziehungsweise 10,8 % (tatsächlich)
über dem Durchschnitt der KVen der alten Bundesländer von 8,3 % (simuliert) beziehungsweise 9,8 % (tatsächlich). Entgegen
der Auffassung der Klägerin Ziffer 8 seien bei Bildung der HVV-Quote in Hessen nicht nur Fallzahlabstaffelungen und sachlich-rechnerische
Richtigstellungen, sondern (wie allgemein) auch die Auswirkungen der RLV-Systematik angemessen zu berücksichtigen gewesen.
Aus der Begründung zu §
87c SGB V (Bericht des 14. Ausschusses, Drs. 16/4247, S. 44) ergebe sich, dass für die Ermittlung des Behandlungsbedarfs nach Vorstellung
des Gesetzgebers nicht auf die insgesamt erbrachten Leistungen abgestellt werden sollte, sondern auf die Leistungen, die sich
nach der Durchführung der Abrechnungsprüfungen sowie Mengenbegrenzungsmechanismen der Honorarverteilungsverträge ergeben.
Hierzu sollten Leistungsmengen, die im Rahmen der Honorarverteilung mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden, unter
Berücksichtigung des vorgenommenen relativen Vergütungsabschlags gewichtet werden. Diesem Verfahren sei der EBA gefolgt. Zur
Berechnung der regionalen HVV-Quoten sei das Verhältnis der so genannten Netto-Leistungsmenge (vergütete Leistungsmengen)
zu der Brutto-Leistungsmenge (angeforderte Leistungsmengen) gebildet worden. Die Nettoleistungsmengen hätten sich dabei aus
den Leistungsmengen ergeben, die im Rahmen der regionalen Honorarverteilung mit einem nicht abgestaffelten Punktwert vergütet
worden seien, zuzüglich der mit dem Verhältnis aus abgestaffeltem und vollem Punktwert multiplizierten Leistungsmenge, die
mit einem abgestaffelten Punktwert vergütet worden seien.
Alle Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne (weitere) mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen,
der Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt
haben (§
153 Abs.
1 i. V. m. §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Hessischen Landessozialgerichts für die form- und fristgerecht erhobenen Klagen ist
nach §
29 Abs.
2 Nr.
1 SGG gegeben. Zur Entscheidung des Rechtsstreits ist gemäß §
10 Abs.
2 i.V.m. §
40 Satz 2
SGG der für das Vertragsarztrecht zuständige 4. Senat des Hessischen Landessozialgerichts zuständig, er entscheidet nach §
10 Abs.
2 i.V.m. §
12 Abs.
3 Satz 1
SGG mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Ärzte und Psychotherapeuten und dem Kreis.
Die Klagen sind als Anfechtungsklagen (§
54 Abs.
1 S. 1
SGG) insgesamt zulässig, da der angefochtene Schiedsspruch eine Doppelnatur aufweist und sich gegenüber den Vertragsparteien
als Verwaltungsakt darstellt (h. M. s. z.B. Kingreen in: Becker/Kingreen,
SGB V, Kommentar, 2. Auflage 2010, §
89 Rdnr. 17 m. w. N.). Werden Inhalte des Schiedsspruchs gerichtlich beanstandet, so ist insoweit vom beklagten Landesschiedsamt
gegebenenfalls eine neue Regelung zu treffen. Soweit es dafür auch weiterer Neufeststellungen bedarf, weil sonst der gesetzlich
vorgegebene Rahmen nicht eingehalten werden kann, ist das dem Schiedsamt nicht verwehrt (BSG, Urteil vom 23. Juni 2010, B 6 KA 4/09 R). Insoweit wäre bei einzelnen Klageanträgen auch eine Anfechtungsklage verbunden mit einem Antrag auf Neubescheidung möglich
und zulässig. Die Kläger konnten sich vorliegend aber zulässiger Weise insgesamt auf die reine Anfechtungsklage beschränken,
nicht zuletzt auch wegen der Möglichkeit, im Falle der Aufhebung einzelner Festsetzungen des beklagten Landesschiedsamts vor
der Wiederbefassung des Landesschiedsamts erforderlichenfalls nochmals in Verhandlungen einzutreten um gegebenenfalls verbliebene
Lücken im Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts einvernehmlich zu schließen.
Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es nicht (im Ergebnis ebenso Hess in: Kasseler Kommentar, Loseblatt,
§ 89 Rdnr. 18; Kingreen aaO., Rdnr. 20). Gemäß §
78 Abs.
1 Satz 1
SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsklage Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes grundsätzlich in einem Vorverfahren
nachzuprüfen. Das Vorverfahren ist demgegenüber ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde,
einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz
die Nachprüfung vorschreibt, §
78 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 SGG, oder weil ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will, §
78 Abs.
1 Satz 2 Nr.
3 SGG. Bei dem angefochtenen Schiedsspruch handelt es sich zwar nicht um einen Verwaltungsakt einer obersten Bundes- oder Landesbehörde,
für die Kläger Ziffer 1 - 7 entfällt das Vorverfahrenserfordernis jedoch, weil es sich bei diesen um Versicherungsträger oder
einen Verband von Versicherungsträgern i.S.v. §
78 Abs.
1 Satz 2 Nr.
3 SGG handelt. Die Klägerin Ziffer 8, die KV Hessen, zählt nicht zu den Versicherungsträgern oder den Verbänden von Versicherungsträgern,
aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung bedarf es gleichwohl (ausnahmsweise) auch für diese im Falle der Anfechtung eines
Schiedsspruches keines Vorverfahrens, denn sie ist in gleicher Weise wie die Kläger Ziffer 1-7 juristische Person des öffentlichen
Rechts (§§
4 Abs.
1,
77 Abs.
5 SGB V), als solche eine mitgliedschaftlich organisierte Selbstverwaltungskörperschaft und zusammen mit den für ihren Bezirk zuständigen
Landesverbänden und den Ersatzkassen Vertragspartner der Gesamtvertrage (§
83 SGB V), bzw. des Honorarvertrags für Vertragsärzte und damit Teil einer gemeinsamen Selbstverwaltung im Vertragsarztrecht; sie
kann daher beanspruchen, hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten mit diesen gleich behandelt zu werden (zur Entbehrlichkeit
des Vorverfahrens im Falle der Drittbetroffenheit einer Kassenärztlichen Vereinigung durch eine aufsichtsrechtliche Maßnahme
gegen den Schiedsspruch eines Landesschiedsamts vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 29. September 2010, L 4 KA 54/09 KL.
Der Schiedsspruch des Beklagten vom 30. Oktober 2008 bezüglich des HVV 2009 erweist sich in der Sache insgesamt als rechtmäßig
und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Schiedsspruch des Beklagten vom 30. Oktober 2008 bezüglich des HVV 2009, soweit die Kläger
Einwendungen gegen dessen Rechtmäßigkeit erhoben haben. Schiedssprüche gemäß §
89 SGB V sind allerdings der gerichtlicher Kontrolle nur in eingeschränktem Umfang zugänglich. Die Beschränkung der gerichtlichen
Kontrolle berücksichtigt, dass die Schiedsämter, deren Sprüche fehlende Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen
Vertragspartner ersetzen, wie diese eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung,
die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben (st. Rspr. vgl. BSGE 91, 153 = SozR 4 - 2500 § 85 Nr. 3 Rdnr. 11; BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr. 1 S 5; BSG, Urteil vom 16. Juli 2003, B 6 KA 29/02 R - zit. nach juris). Dementsprechend sind sie nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen
Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben.
Mithin ist in formeller Hinsicht zu prüfen, ob das Schiedsamt den von ihm zu Grunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren
unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend
erkennen lässt (BSG aaO.). Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der dem Schiedsspruch zu Grunde gelegte Sachverhalt
zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d.h. die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe
und die zwingenden rechtlichen Vorgaben beachtet hat (BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 aaO. m. w. N.).
Bezüglich des Verfahrens vor dem Landesschiedsamt sind Mängel weder gerügt worden noch sind solche ersichtlich; der Schiedsspruch
erweist sich auch hinsichtlich der gerügten Einzelregelungen in der Sache unter Zugrundelegung der genannten Überprüfungsmaßstäbe
als rechtmäßig.
1. Die Regelung des Schiedsspruches unter Nr. 1 Buchst. m, mit der u.a. für Leistungen nach 7.2 (AOP- Nr. I. 12 Beschluss
EBA vom 23. Oktober 2008) und für die Begleitleistungen (Nr. I.1.13 Beschluss EBA vom 23. Oktober 2008), d.h. für Leistungen
des Kapitels 31 EBM (ambulante Operationen, Anästhesien, präoperative, postoperative und orthopädisch-chirurgisch konservative
Leistungen) sowie GOP 13421 bis 13431 (Zusatzpauschale (Teil)Koloskopie und bilio-pankreatische Diagnostik und Therapie), sowie 04514, 04515, 04518
und 04520 (Zusatzpauschale/Zuschlag (Teil-)Koloskopie und Zusatzleitungen beim Säugling, Kleinkind, Kind oder Jugendlichen)
ein gegenüber dem Orientierungspunktwert von 3,5001 Cent um 0,5709 Cent erhöhter Einzelleistungspunktwert in Höhe von 4,071
Cent festgesetzt wurde (Abschn. 1 Nr. 9.1.8 HVV 2009) verstößt im Ergebnis weder gegen verbindliche rechtliche Vorgaben, noch
überschreitet dieser die Grenzen des Gestaltungsspielraums des Beklagten bzw. der Vertragspartner.
Nach §
87a Abs.
3 Satz 3
SGB V sind die im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach §
87a Abs.2 Satz 6
SGB V zu vergüten, d.h. anhand des regional von den jeweiligen Vertragspartnern auf der Grundlage des Orientierungswertes für alle
Leistungen einheitlich vereinbarten Punktwertes (§§ 87a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 87 Abs. 2 e Satz 1 Nr. 1 - 3
SGB V), der vorliegend (unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des EBA vom 27./28. August 2008 -Teil A Nr. 4 Satz 2- und vom 23. Oktober
2008 -Abschnitt II Nr. 2 Satz 2-) in Höhe von 3,5001 Cent unangegriffen festgelegt wurde. Die Vertragspartner auf Landesebene
sind jedoch nach §
87a Abs.
2 Satz 2
SGB V ermächtigt, Zuschläge auf oder Abschläge von den Orientierungswerten zu vereinbaren, die nicht nach Arztgruppen oder Kassenarten
differenziert werden dürfen und einheitlich auf alle Orientierungswerte gemäß §
87 Abs.
2e Satz 1 Nr.
1 - 3
SGB V anzuwenden sind (Satz 4); die zwingenden Vorgaben des BA bzw. des EBA gem. §
87 Abs.
2 f SGB V sind dabei zu beachten. Aus den vereinbarten Punktwerten und den Punktwerten des EBM wird sodann die regionale Gebührenordnung
mit Europreisen erstellt.
Nach der gesetzlichen Formulierung der Ermächtigung zu abweichenden Vereinbarungen in §
87a Abs.
2 Satz 2
SGB V sind die Vertragspartner der Honorarverteilungsverträge hiernach unmittelbar berechtigt und nicht auf die exemplarisch aufgeführten
sachlichen Gesichtspunkte der "regionale(n) Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur" beschränkt, sondern können
weitere Gründe und Gesichtpunkte zum Anlass für sachgerechte Zu- oder Abschläge nehmen (ebenso Scholz in: Becker/Kingreen
aaO., § 87a Rdnr. 2). Die Wahrnehmung dieser Ermächtigung durch die Vertragspartner der Honorarverteilungsverträge hat keinen
Beschluss des BA nach §
87 Abs.
2f Satz 1
SGB V zur Voraussetzung. Nach dieser Vorschrift legt der für ärztliche Leistungen zuständige BA (bzw. EBA) bis zum 31. August Indikatoren
zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur nach §
87a Abs.
2 Satz 2
SGB V (für das Folgejahr) fest, auf deren Grundlage in den regionalen Punktwertvereinbarungen von den Orientierungswerten nach
Abs. 2e Satz 1 dieser Vorschrift abgewichen werden kann. Nach der Gesetzessystematik kann diese Regelung nur dahingehend ausgelegt
werden, dass die Festsetzung solcher Indikatoren dem BA die Möglichkeit eröffnet, eine methodische oder strukturelle Homogenität
auf Bundesebene hinsichtlich dieser Sonderregelungen sicherstellen zu können.
Der Beklagte neigt dieser Interpretation zu, sah sich jedoch zu einer solchen abweichenden Regelung außer Stande, nachdem
die Vertragsparteien keine diesbezüglichen Kriterien vorgetragen hätten, noch solche sonst zu ersehen seien. Er stützt sich
zur Begründung des Zuschlags zum Orientierungswert für diese Leistungen zunächst "auf den besonderen Förderungsbedarf i.S.d.
§
87a Abs.
3 Satz 5 Halbsatz 2
SGB V und die hierzu abgegebene Begründung" (Ziffer II, 4 m, bb Schiedsspruch S.17). Nach dieser Vorschrift können neben Leistungen
der Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger auch weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung (jedoch) mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach Abs. 2 dieser Vorschrift vergütet werden, wenn sie
besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung
der Leistungserbringung erforderlich ist. Diese Regelung ermächtigt demnach die Parteien des Gesamtvertrages (nur) dazu, Leistungen
außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu vergüten, nicht jedoch, diese Leistungen auch mit anderen Preisen als
denen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten.
Der von dem Beklagten für diese Leistungen festgesetzte erhöhte Einzelleistungspunktwert kann jedoch als Zuschlagsregelung
i. S. v. §
87a Abs.
2 Satz 2
SGB V interpretiert werden. Die besondere Förderungswürdigkeit bestimmter Leistungen ist für sich genommen zwar kein hinreichender
Grund für einen leistungsbezogenen Zuschlag im Sinne dieser Vorschrift, denn die Honorierungswertigkeit einer ärztlichen Leistung
wird regelhaft durch ihre Bewertung im EBM ausgedrückt. Zu- oder Abschläge bewirken für sich genommen ein unterschiedliches
regionales Preisniveau für gleiche Leistungen, das als solches jedenfalls auf Dauer nicht erwünscht sein kann und daher einer
besonderen Rechtfertigung bedarf. Aus dem im Gesetz genannten Beispiel der "regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und
Versorgungsstruktur" ergibt sich vor diesem Hintergrund, dass auch Zu- und Abschläge aus anderen Gesichtspunkten jedenfalls
dann zulässig sind, wenn sie der Honorargerechtigkeit (Kostenstruktur) oder dem Sicherstellungsauftrag (Versorgungsstruktur)
verpflichtet sind.
Die in dem angefochtenen Schiedsspruch ausgeführte spezifische Begründung für die Punktwerterhöhung für die AOP-Leistungen
zur Sache und zur Höhe genügen inhaltlich den Voraussetzungen und Erfordernissen des §
87a Abs.
2 Satz 2
SGB V, so dass diese Festsetzung rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Der Beklagte knüpft auch insoweit an seine frühere Festsetzung vom 21. Juni 2007 für den AOK-Bereich an, in welcher er einen
Punktwert in Höhe von 4,70 Cent für die hier in Frage stehenden Leistungen als sachgerecht erachtet hat, und richtet hieran
die vorliegende Festsetzung aus. Unter Berücksichtigung der EBM-Reform 2008 und insbesondere im Hinblick auf die Höherbewertung
der hier betroffenen Leistungen für das Jahr 2009 durch den Beschluss des EBA vom 23. Oktober 2008 mit einem Anpassungsfaktor
von 1,1545 für AOP-Leistungen (Nr. I, 1.12 des Beschlusses) und einem Anpassungsfaktor von 1,025 für die Begleitleistungen
(Nr. 1.13 des Beschlusses) hat er (unter alleiniger Berücksichtigung des höheren Anpassungsfaktors für die AOP-Leistungen)
den Zuschlag von 0,5709 Cent errechnet, womit im Ergebnis die bisherige Punktwerthöhe von 4,70 Cent erreicht wird. Im Ergebnis
bedeutet dies die Gewährleistung der bisherigen (als sachgerecht und erforderlich erachteten) Honorarhöhe für diese Leistungen
für den AOK-Bereich, die als regionale Besonderheit sowohl Bezüge zur Honorargerechtigkeit (Kostenstruktur), als auch zum
Sicherstellungsauftrag und damit zur Versorgungsstruktur aufweist und mit seiner Erweiterung auf alle Kassenarten dem entsprechenden
Differenzierungsverbot in §
87a Abs.
2 Satz 4
SGB V Rechnung trägt.
Diese Zuschlagsregelung entspricht auch den diesbezüglichen Beschlüssen des BA bzw. des EBA. Dieser hat in seinen Beschlüssen
vom 27./28. August 2008 (Teil C) und vom 23. Oktober 2008 ausdrücklich keine (verbindlichen) Indikatoren zur Messung regionaler
Besonderheiten in der Versorgungsstruktur definiert und vorgegeben, gleichwohl aber in Teil H Nr. 5 des Beschlusses vom 27./28.
August 2008 die Empfehlung an die Partner der Gesamtverträge ausgesprochen, die Höhe der nach der Neubewertung dieser Leistungen
zu zahlenden Vergütung im Hinblick auf die Angemessenheit der Vergütung zu überprüfen und gegebenenfalls leistungsbezogene
Zuschläge zum Orientierungswert zu vereinbaren. Diese Empfehlung ist der Honorargerechtigkeit verpflichtet und belegt, dass
der EBA solche Regelungen nach §
87a Abs.2 Satz 2
SGB V für zulässig erachtet, eine verbindliche Vorgabe stellt sie jedoch nicht dar. Die durch den Beklagten in dem angefochtenen
Schiedsspruch für die vorliegend diskutierten Leistungen festgesetzte Punktwerterhöhung entspricht dieser Empfehlung jedenfalls
insoweit, als sie die bisher als sachgerecht erachtete und festgesetzte Honorierung dieser Leistungen für das Jahr 2009 festschreibt
und gewährleistet. Der Beschluss des EBA vom 17. März 2009, der freilich erst nach Erlass des vorliegend angefochtenen Schiedsspruchs
ergangen ist, und für einige als besonders förderungswürdig bezeichnete Leistungen (darunter die hier erörterten Leistungen
des Kapitels 31.2 und 31.5 sowie die GOP 13421 bis 13431 sowie 04514, 04515, 04518 und 04520, nicht jedoch die Leistungen der sonstigen Abschnitte des Kapitels 31)
mit Wirkung zum 1. April 2009 eine Mindesthonorierung in Höhe der für diese Leistungen im Jahr 2008 gezahlten Vergütung statuiert
und den Partnern der Gesamtverträge aufgibt, für den Fall, dass die Vergütungen des Jahres 2008 unterschritten werden, leistungsbezogene
Zuschläge zum Regelfallpunktwert der Euro-Gebührenordnung zu vereinbaren, entspricht denselben Regelungsmustern und -intentionen,
es ist jedoch zweifelhaft, ob es sich hierbei um ermächtigungskonforme (verbindliche) Vorgaben von Indikatoren zur Messung
regionaler Besonderheiten i. S. v. §
87a Abs.
2 Satz 2
SGB V handelt, denn nach Satz 3 dieser Vorschrift dienen als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der
Versorgungsstruktur insbesondere Indikatoren, die Abweichungen der regionalen Fallzahlentwicklung von der bundesdurchschnittlichen
Fallzahlentwicklung messen und nach Satz 4 dienen als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der
Kostenstruktur insbesondere Indikatoren, die Abweichungen der für die Arztpraxen maßgeblichen regionalen Investitions- und
Betriebskosten von den entsprechenden bundesdurchschnittlichen Kosten messen. Die verbindliche Festlegung konkreter Leistungsbereiche
für solche abweichenden Festsetzungen rechnet jedoch bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift offensichtlich nicht zu den
möglichen Vorgaben des Bewertungsausschusses, die zwingend zu beachten sind. Die Umschreibung der als besonders förderungswürdig
bezeichneten Leistungen in dem Beschluss des EBA vom 17. März 2009 stellt daher keine verbindliche und abschließende Vorgabe
dar und steht damit der vorliegend angegriffenen Festsetzung des Beklagten nicht entgegen.
2. Die sog. Ausdeckelung belegärztlicher Leistungen außerhalb des Kapitels 36 EBM durch Nr. 1 Buchst. l Ziffer 7.2 des Schiedsspruchs
ist rechtlich nicht zu beanstanden, sie hat in §
87a Abs.
3 S. 3 Satz 5, 2. Halbsatz
SGB V ihre rechtliche Grundlage und überschreitet den Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien bzw. des Beklagten nicht.
Die Vertragspartner können nach dieser Vorschrift in den Honorarverteilungverträgen regeln, dass neben den vertragsärztlichen
Leistungen bei der Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten
morbiditätsbedingten Gesamtvergütung mit den (festen) Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden (sog. Ausdeckelung),
wenn diese besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei der Veranlassung
und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Auch diese Ermächtigung ist unmittelbar den Parteien des Gesamtvertrages
bzw. des Honorarverteilungsvertrages erteilt und an keine Vorgaben des BA bzw. EBA gebunden. Es ist insbesondere nicht ersichtlich,
dass der BA bzw. EBA befugt wäre, diese Ermächtigung der Vertragspartner in §
87a Abs.
3 Satz 5, 2. Halbsatz
SGB V mit bindender Wirkung einzuschränken.
Im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift ist der Beklagte daher zutreffend davon ausgegangen (Schiedsspruch S. 15),
dass den Beschlüssen des EBA grundsätzlich nur Empfehlungscharakter zukommt und abweichende Vereinbarungen durch die Parteien
des Gesamtvertrags oder abweichende Festsetzungen des Schiedsamtes nicht ausschließt.
Zur Begründung der besonderen Förderungswürdigkeit beruft sich der Beklagte nachvollziehbar auf seinen Beschluss vom 21. Juni
2007 und die Bundesempfehlung gemäß §
86 SGB V zur Finanzierung der Einführung eines Kapitels für belegärztliche Leistungen (Kapitel 36) in den EBM mit Wirkung vom 1. April
2007, die eine extrabudgetäre Finanzierung dieser Leistungen auf der Grundlage fester angemessener Punktwerte vorsah. Wie
in jener Entscheidung geht es dem Beklagten auch im Festsetzungsjahr darum, die Vergütung der belegärztlichen Leistungen (insgesamt)
im Verhältnis zur stationären Leistungen zu verbessern um damit auch dem in §
39 SGB V zum Ausdruck kommenden Vorrang der ambulanten vor der stationären Leistungserbringung Rechnung zu tragen. Eine (Wieder-)Ausdeckelung
dieser Leistungen hält er für nicht angezeigt. Diese Bezugnahme auf begünstigende Vorjahresregelungen für diese Leistungen
stellen nach dem Grundsatz der Vorjahresanknüpfung (vgl. BSGE 20, 73,84; 91, 153, 161; Kingreen, aaO. § 98 Rdnr. 19) und mangels entgegenstehender Gesichtspunkte eine hinreichende Begründung für deren besondere
Förderungswürdigkeit auch im Festsetzungsjahr dar. Es kommt hinzu, dass neben dem für die ambulanten Leistungen im Gesetz
vorgesehenen Vorrang gegenüber stationären Leistungen auch die Förderungswürdigkeit belegärztlicher Leistungen in §
115 Abs.
2 Nr.
1 SGB V einen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat. Unter Berücksichtigung des den Parteien des Gesamtvertrags und dem Beklagten
zustehenden Gestaltungsspielraums kann diese Festsetzung des Beklagten daher rechtlich nicht beanstandet werden. Diese Leistungen
sind außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung mit den nach §
87a Abs.
2 Satz 1
SGB V festgelegten Preisen der Euro-Gebührenordnung (Punktwert 3,001 Cent) zu vergüten.
3. Auch die unter Nr. 1. Buchstabe l - 7.2 des angefochtenen Schiedsspruchs angeordnete Ausdeckelung der im Leistungskatalog
nach §
115b SGB V aufgeführten, ambulant durchführbaren Operationen und stationsersetzenden Eingriffe (§
3 des Vertrags nach §
115b Abs.
1 SGB V (ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus/AOP-Vertrag) sowie die in §§
4, 5 und 6 des AOP- Vertrages - jeweils in der Fassung der Entscheidung des erweiterten Bundesschiedsamtes vom 17. August 2006
erbrachten prä-, intra- und postoperativen Leistungen sowie die im Zusammenhang damit anfallenden weitergehenden Leistungen
(insbesondere Narkosen, prä-/postoperative Behandlung und Nachbeobachtungen) mit Ausnahme der unter Ziffer 9.1.8 genannten
Leistungen und ihre Vergütung mit den nach § 87a Abs. 2 Satz 1 festgelegten Preisen der Euro-Gebührenordnung ist von der Ermächtigung
des §
87a Abs.
3 S. 3 Satz 5, 2. Halbsatz
SGB V gedeckt und rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Beklagte begründet die Förderungswürdigkeit dieser Leistungen nicht nur mit der von dem erweiterten Bundesschiedsamt am
17. August 2006 getroffenen Festsetzung, sondern mit eigenen Vorentscheidungen für das Festsetzungsjahr 2007 (Beschluss vom
2. Mai 2007 -Ersatzkassen- und vom 21. Juni 2007 -AOK-Die Gesundheitskasse in Hessen-),denen die Erwägung zugrunde gelegen
hat, für die Durchführung ambulanter Operationen und stationsersetzenden Eingriffe im Sinne des §
115b SGB V sowohl für den niedergelassenen als auch für den stationären Bereich einheitlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, was folgerichtig
auf eine Förderung der Zusammenarbeit zwischen den hessischen niedergelassenen Vertragsärzten und den Krankenhäusern sowie
auf eine Umsetzung des in §
39 Abs.
1 SGB V normierten Verhältnisses zwischen ambulanter und stationärer Leistungserbringung abzielte. Der Beklagte erachtete eine Festsetzung
im Sinne einer extrabudgetären Regelung für erforderlich, unter Anerkennung eines besonderen Förderungsbedarfs hielt er die
Fortführung der mit beiden Beschlüssen getroffenen Entscheidungen, deren Erwägungen er auch für das Jahr 2008 als gültig ansah,
gerade auch im Festsetzungsjahr für folgerichtig. Dies sind Erwägungen, die zwar auf Entscheidungen des Bundesschiedsamtes
Bezug nehmen, dennoch eigenständig und geeignet sind, die besondere Förderungswürdigkeit dieser Leistungen im Rahmen des insoweit
bestehenden Gestaltungsspielraums als gegeben anzunehmen. Es ist daher entgegen der Auffassung der Kläger 1 - 7 unerheblich,
dass diese Entscheidungen, denen wie dargelegt - ohnehin lediglich ein empfehlender Charakter zukommt, gerichtlich angefochten
waren.
Es kommt hinzu, dass die Wettbewerbssituation zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten in diesem Leistungsbereich der ambulanten
Operationen und die nach §
115b Abs.1 Nr. 2
SGB V vorgeschriebene einheitliche Vergütung dieser Leistungen deren Ausdeckelung nahe legt, da die Krankenhäuser weder an dem
Sicherstellungsauftrag des §
75 SGB V teilnehmen, noch in das System der morbiditätsbedingte Gesamtvergütung der Vertragsärzte eingebunden sind.
4. Die Festlegung der Leistungsmenge mit einer Honorarverteilungsquote in Höhe von 0,9040 als Multiplikator anstelle der Quote
von 0,9940 (Nr. 1 Buchst. c des angefochtenen Schiedsspruchs) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin Ziffer 8 nicht in ihren
Rechten.
Zur Begründung weist der Beklagte auf Abschnitt II. Nr. 4 des Beschlusses des EBA vom 23. Oktober 2008 (8. Sitzung) hin, wonach
der EBA nach Überprüfung seiner Beschlussfassung vom 27./28. August 2008 für den KV-Bezirk Hessen eine entsprechende Korrektur
für sachgerecht gehalten habe. Dem habe sich der Beklagte nicht verschließen können und daher angeschlossen. Dies hält einer
rechtlichen Überprüfung stand.
Der BA bzw. EBA hatte nach Maßgabe des §
87c Abs.
4 SGB V (verbindliche) Vorgaben für die Gesamtvertragspartner zur erstmaligen Bestimmung des mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur
der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarfs für jede Krankenkasse für das Jahr 2009 zu entwickeln und zu beschließen.
Der EBA hat dies durch Beschlüsse vom 27./28. August 2008 (Teil A Nr. 2, Teil B) und vom 23. Oktober 2008 getan und in Teil
II Nr. 4 des zuletzt genannten Beschlusses nach Überprüfung der Auswirkungen des Beschlusses vom 27./28. August 2008 die Honorarverteilungsquoten
der Kassenärztlichen Vereinigungen neu festgesetzt, für den KV-Bezirk Hessen auf den Multiplikator von 0,9040, den auch der
Beklagte festgesetzt hat.
Diese Entscheidungen und Beschlüsse des EBA haben (wie jene auf der Grundlage des §
87 Abs.
4 SGB V, vgl. hierzu BSG Urteil vom 11. September 2002, B 6 KA 34/01 R, Rdnr. 19, zitiert nach juris) Doppelcharakter. Im Verhältnis zu den an der Normsetzung (durch Vertrag) im BA nicht beteiligten
Personen und Institutionen sind sie Rechtsnormen, gegenüber den an der Normsetzung im BA beteiligten Institutionen (der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund, vgl. §
87 Abs.
3 und
4 SGB V) ergehen sie - wie die Entscheidungen des Schiedsamtes nach §
89 SGB V - als Verwaltungsakte, die von den Partnern des BA mit der Anfechtungsklage angegriffen werden können. Die in §
87 Abs.
4 SGB V vorgesehene Erweiterung des BA um unparteiische Mitglieder und einen unparteiischen Vorsitzenden stellt ein in den Normsetzungsvorgang
inkorporiertes Schiedsverfahren dar (BSG aaO.), Entscheidungen des EBA haben schiedsspruchähnlichen Charakter.
Die genannten Beschlüsse des EBA sind (hinsichtlich der vorliegend streitgegenständlichen Punkte) vom Bundesministerium für
Gesundheit gem. §
87 Abs.
6 Satz 2
SGB V nicht beanstandet worden. Der diesbezügliche Bescheid vom 3. November 2008 enthält unter Ziffer 3 lediglich einen Hinweis
zu dem Beschlussteil H, Ziffer 5 Satz 2 des Beschlusses vom 27./28. August 2008, dass die dort genannten leistungsbezogenen
Zuschläge zum Orientierungswert allein aus Rückstellungen gem. §
87b Abs.
3 Satz 5
SGB V zu finanzieren seien. Auch von den Beteiligten des EBA, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund
(vgl. §
87 Abs.
3 und
4 SGB V), sind die Beschlüsse nicht angefochten worden, der Beklagte (wie auch die Kläger als Partner des Gesamtvertrages selbst)
hatte daher diese Beschlüsse als untergesetzliche Normen zu beachten.
Auch eine inzidente Überprüfung der dem angegriffenen Schiedsspruch insoweit zugrunde liegenden Beschlüsse des EBA führt zu
keinem anderen Ergebnis.
Dem BA und dem EBA ist als Normgeber wegen seines gesetzlichen Auftrags zur Konkretisierung der Grundlagen der vertragsärztlichen
Honorarverteilung, der auch den Auftrag zu einer sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens in der vertragsärztlichen Versorgung
umfasst, ein weiter Gestaltungsspielraum zuzugestehen (vgl. auch BVerfG, 22. Oktober 2004, 1 BvR 528/04, BVerfGE 4, 131 (136); Beschluss vom 23. August 2010, 1 BvR 1141/10 zit. nach juris). Das häufige Erfordernis komplexer Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die notwendigerweise
auf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen angewiesen sind, schließt eine gerichtliche Überprüfung
aus, die sich isoliert auf die Bewertung einzelner Elemente beschränkt. Die Richtigkeit jedes einzelnen Elements in einem
mathematischen, statistischen oder betriebswirtschaftlichen Sinne ist deshalb nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der
gesamten Regelung (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 6 KA 49/07 R).
Unter Berücksichtigung dieses Gestaltungsspielraums des EBA als Normgeber (vgl. auch BSG, Urteil vom 17. März 2010, Az.: B 6 KA 43/08 R) ist die richterliche Kontrolle seiner Beschlüsse als untergesetzliche Normen eingeschränkt und beschränkt sich auf die Einhaltung
der äußersten rechtlichen Grenzen seiner Rechtsetzungsbefugnis. Eine Überschreitung dieser Grenze ist erst dann anzunehmen,
wenn die getroffene Regelung (als "ausbrechender Rechtsakt") so offensichtlich den zugrundeliegenden Regelungsauftrag überschritten
hätte, dass den Parteien des Gesamtvertrages und dem Beklagten eine Bindung an diese Entscheidung nicht zugemutet werden kann
(vgl. zu dieser ultra-vires-Kontrolle BSG, Urteil vom 3. Februar 2010, B 6 KA 31/09 R, Rdnr. 41, zit. nach juris) oder die Entscheidung in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken
steht (BVerfGE 108, 1, 19), d. h. in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (so BVerwGE
125, 384 Rdnr. 16; vgl. auch BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 6 KA 49/07 R; SG Marburg Urteil vom 6. Oktober 2010, S 11 KA 340/09 Rdnr. 86, zit. nach juris). Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des BA bzw. EBA ist somit im Wesentlichen auf die
Prüfung beschränkt, ob sich die Beschlüsse auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen können und ob die Grenzen
des Gestaltungsspielraums eingehalten sind. Diese wären insbesondere überschritten, wenn die Festsetzungen von eindeutig sachfremden
Erwägungen getragen sind oder gegen den Gleichheitssatz (Art.
3 Abs.
1 GG) verstoßen (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2004, SozR 4-2500 § 87 Nr. 6 Rdnrn. 19, 21 m.w.N.).
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin Ziffer 8 werden diese Grenzen durch die Regelung in Abschnitt II. Nr. 4 des Beschluss
des EBA vom 23. Oktober 2008 gewahrt.
In den §§
87 ff.
SGB V werden die Änderungen des Gesundheitssystems durch die Einführung des sog. Gesundheitsfonds durch das Gesetz zur Stärkung
des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung im
SGB V umgesetzt. Abweichend von der bisherigen Systematik ziehen die Krankenkassen ihre Beiträge zwar weiterhin ein, übertragen
sie dann jedoch an den Gesundheitsfonds, §
252 SGB V. Die Mittelzuteilung aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen erfolgt sodann im Rahmen des Risikostrukturausgleichs
(§
266 SGB V) unter Berücksichtigung von Morbiditätsgesichtspunkten. Für den Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung bestimmen
die §§ 87a - c
SGB V sodann, welche Summen von der jeweiligen Krankenkasse den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Finanzierung der vertragsärztlichen
Versorgung nach welchen Kriterien zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen dieses Systems legen die §§
87 bis
87b SGB V umfangreich und detailliert die Ausgestaltung des Honorarverteilungssystems fest. §
87c SGB V enthält davon abweichend bzw. dazu ergänzend spezifische Vorgaben für die Übergangsjahre 2009 und 2010.
Die vorliegend maßgebliche Ermächtigungsnorm des §
87c Abs.
4 SGB V enthält Vorgaben zur erstmaligen Festlegung des Behandlungsbedarfs als Grundlage der Vereinbarungen der Gesamtvergütung für
das Jahr 2009. Dem BA bzw. EBA obliegt es, diese gesetzlichen Vorgaben weiter zu präzisieren, umzusetzen, hinsichtlich ihrer
vorhersehbaren Auswirkungen zu überprüfen und die Festlegungen verbindlich zu beschließen. Im Einzelnen ist der mit der Zahl
und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundene Behandlungsbedarf für jede Krankenkasse nach der im Jahr 2008 voraussichtlich
erbrachten Menge der vertragsärztlichen Leistungen je Versicherten um die von dem BA zu schätzende bundesdurchschnittliche
Veränderungsrate der morbiditätsbedingten Leistungsmenge je Versichertem des Jahres 2009 anzupassen und mit der voraussichtlichen
Zahl der Versicherten der Krankenkasse im Jahr 2009 zu multiplizieren (Sätze 2 und 3). Die 2008 voraussichtlich erbrachte
Menge der vertragsärztlichen Leistungen ist durch Hochrechnung der aktuellen Daten über die abgerechneten vertragsärztlichen
Leistungen, jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung und Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen, und
unter Berücksichtigung von Simulationsberechnungen zu bestimmen (Satz 4).
Diese Regelung räumt dem BA bzw. EBA in ganz erheblichem Umfang die oben bereits beschriebenen Spielräume hinsichtlich ihrer
Umsetzung und Konkretisierung ein, beinhaltet darüber hinaus aber auch einen Steuerungsauftrag, denn die in §
87c Abs.
4 SGB V geschilderte Berechnungsweise soll im Ergebnis gewährleisten, dass in den einzelnen Regionen bei der erstmaligen Vereinbarung
der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung eine angemessene Leistungsmenge zu Grunde gelegt wird, also die notwendige medizinische
Versorgung der Versicherten gewährleistet ist (vgl. Freudenberg in Schlegel/Voelzke Juris Praxiskommentar,
SGB V 2008, §
87c Rdnr. 36).
Die vorliegend beanstandete differenzierte Festsetzung von regional unterschiedlichen Honorarverteilungsquoten (sog. asymmetrisches
Verteilungsverfahren) wird von diesem Regelungsauftrag umfasst, sie folgt letztlich bereits aus der vorgegebenen Berücksichtigung
der in den einzelnen KV-Bezirken unterschiedlich durchgeführten honorarbegrenzenden Regelungen, darüber hinaus aber auch aus
dem allgemeinen Auftrag zur sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens.
Die Art und Weise der Berücksichtigung der honorarwirksamen Begrenzungsregelungen bei der Bestimmung des Behandlungsbedarfs
nach §
87c Abs.
4 SGB V lässt das Gesetz offen, bei der Konkretisierung dieser zu berücksichtigenden Größe war der EBA nach Auffassung des Senats
nicht nur berechtigt, sondern seiner Aufgabe und Funktion entsprechend auch verpflichtet, die Auswirkungen auf die Versorgung
der Versicherten zu berücksichtigen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen und nachvollziehbaren Darlegungen des Beigeladenen
Ziffer 8 beruhte die Berechnung und die regionale Differenzierung der Honorarverteilungsquote auf einer neuen Datengrundlage
und der wertenden (prognostischen) Berücksichtigung der Auswirkungen, die die zunächst beschlossenen (für die alten Bundesländer)
einheitlichen HVV-Quoten zur Folge gehabt hätten. Nach Auffassung des Senats handelt es sich dabei um sachliche Gesichtspunkte,
deren Berücksichtigung von dem Gestaltungsspielraum des EBA umfasst und daher rechtlich nicht zu beanstanden ist, ohne dass
der erkennende Senat in der Lage oder verpflichtet wäre, die mathematischen Werte oder Berechnungsvorgänge im Einzelnen zu
überprüfen.
Soweit die Klägerin Ziffer 8 die Auffassung vertritt, dass für die Berechnung der Leistungsmenge alle Leistungen zu Grunde
zu legen seien, die auch tatsächlich vergütet worden sind, also einschließlich der Leistungen, die das Regelleistungsvolumen
überschritten haben und mit einem deutlich niedrigeren Punktwert vergütet worden sind, so kann dies der gesetzlichen Regelung
nicht zwingend entnommen werden. Hiergegen hat der Beigeladene Ziffer 9 als im EBA vertretene Institution zutreffend eingewandt,
die Auswirkungen honorarwirksamer Begrenzungsregelungen würden auf diese Weise gerade nicht berücksichtigt und das Berechnungsverfahren
des EBA unter Hinweis auf die Begründung zu §
87c SGB V (Bericht des 14. Ausschusses, Drucks. 16/4247, S. 44) dahingehend geschildert, dass für die Ermittlung des Behandlungsbedarfs
nicht auf die insgesamt erbrachten Leistungen abgestellt wurde, sondern auf die Leistungen, die sich nach der Durchführung
der Abrechnungsprüfungen sowie Mengenbegrenzungsmechanismen der Honorarverteilungsverträge ergaben und die Leistungsmengen,
die im Rahmen der Honorarverteilung mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wurden, unter Berücksichtigung des vorgenommenen
relativen Vergütungsabschlags gewichtet wurden. Die so vorgenommene Berücksichtigung des Systems der honorarbegrenzenden Regelleistungsvolumen
ist von sachlich einsichtigen Gesichtspunkten getragen und daher rechtlich nicht zu beanstanden.
Durch die Festsetzung einer höheren HVV-Quote für die neuen Bundesländer wird die Klägerin Ziffer 8 nicht in ihren Rechten
verletzt, da dies nicht zu einer Absenkung der übrigen HVV -Quoten in den alten Bundesländern geführt hat, denn die hierfür
erforderlichen Mittel werden von den Krankenkassen gesondert finanziert. Im Übrigen erscheint das mit der Anhebung verfolgte
Ziel einer bezirksübergreifenden Angleichung der zu zahlenden Vergütung je Versichertem, um die notwendige Vergütung in allen
KV-Bezirken zu gewährleisten, als sachlich gerechtfertigt. Aber selbst wenn diese Festlegung für die neuen Bundesländer rechtlich
zu beanstanden wäre, könnte die Klägerin Ziffer 8 hieraus keinen Anspruch auf eine höhere HVV-Quote herleiten.
Auch die asymmetrische Verteilung, d.h. die Festsetzung regional unterschiedlicher HVV-Quoten für die alten Bundesländer und
insbesondere die zum Nachteil der Klägerin Ziffer 8 mit Beschluss vom 23. Oktober 2008 vorgenommene Korrektur der bundeseinheitlichen
HVV-Quote von 0,9059 auf 0,9048 und die in einer weiteren Anpassung speziell für den Bezirk der Klägerin Ziffer 8 festgelegte
HVV-Quote von 0,9040 erfolgte nicht willkürlich, sondern beruhte nach dem nachvollziehbaren Vortrag des Beigeladenen Ziffer
9 auf sachlich tragenden Gründen. Diese Regelungen wurden nach dessen unwidersprochen gebliebenen Vortrag getroffen, um eine
doppelte (negative) Betroffenheit durch das Zusammentreffen des bundesweiten Orientierungswertes und der bundeseinheitlichen
Honorarverteilungsquote abzumildern und Honorarverwerfungen zu vermeiden. Die Simulation der Honorarzuwächse, die auf der
Grundlage der Beschlüsse des EBA durchgeführt worden waren, hatten in den alten Bundesländern zu stark differenzierten Honorarzuwächsen
und damit zu einer Protestwelle der hiervon negativ betroffenen Kassenärztlichen Vereinigungen geführt (vgl. Grabow/FB., Neuordnung
der vertragsärztlichen Vergütung, KV 2008, S. 282 ff., 284). Es sollte deshalb ein finanzneutrales Anpassungsverfahren durchgeführt
werden mit dem Ziel, die Vergütung je Versicherten in den kassenärztlichen Vereinigungen anzugleichen. Dazu wurden die Vergütung
in kassenärztlichen Vereinigungen mit unterdurchschnittlichem Wert (doch eine Erhöhung der HVV-Quoten) angehoben und umgekehrt
wurde die Vergütung in kassenärztlichen Vereinigungen mit überdurchschnittlichen Vergütungen je Versichertem in der HVV-Quote
abgesenkt. Vor dem Hintergrund des dargelegten Gestaltungsspielraums und der im Einzelnen bestehenden Beurteilungsspielräume
und Einschätzungsprärogativen des EBA ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
Mit §
87 d Abs.
2 SGB V (m. W. v. 22. September 2010 eingefügt durch Art. 1 Nr. 8 Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung -GKV-Finanzierungsgesetz
- GKV-FinG- vom 22. Dezember 2010, BGBl I 2309) ist die asymmetrische Verteilung gesetzlich geregelt und damit inhaltlich
bestätigt worden. Der Behandlungsbedarf je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung ist nach dieser
Vorschrift für das Jahr 2011 je Krankenkasse um einen nicht nach Krankenkassen differenzierten regionalen Anpassungsfaktor
zu erhöhen, soweit sich nach Berechnungen gemäß Satz 7 ein Anpassungsbedarf ergibt (Satz 3). Entgegen der Rechtsauffassung
der Klägerin Ziffer 8 kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass erst mit dieser Vorschrift eine gesetzliche Grundlage
für das asymmetrische Verteilungsverfahren geschaffen worden ist. Eine ausreichende Rechtsgrundlage war mit §
87a Abs.
4 SGB V bereits vorhanden. Soweit die Klägerin Ziffer 8 weiter meint, dieser Vorschrift könne eine Ermächtigung zu einer asymmetrische
Verteilung wegen des Parlamentsvorbehalts, d. h. dem Gebot, dass der parlamentarische Gesetzgeber alles Wesentliche selbst
regeln müsse, nicht entnommen werden, so kann dem - auch aus der Sicht der letztlich hiervon hinsichtlich der Höhe ihrer Honoraransprüche
betroffenen Vertragsärzte - nicht gefolgt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen einschlägigen Entscheidungen (vgl. etwa BVerfGE 33, 125 (160); 171 (183); BVerfG Beschluss vom 23. August 2010, 1 BvR 1141/10) ausdrücklich zwischen Beschränkungen der Berufswahl und Berufsausübung differenziert und nur für Regelungen im erstgenannten
- hier nicht einschlägigen - Bereich besonders strenge Maßstäbe angelegt. Für Eingriffe in die Berufsausübung macht es den
Umfang, in dem der parlamentarische Gesetzgeber selbst Regelungen treffen muss, von der Eingriffsintensität abhängig. Die
regionale Differenzierung der Honorarverteilungsquoten bei der Festlegung der Leistungsmenge durch den EBA bedingt für die
der Klägerin Ziffer 8 zugehörenden Vertragsärzte eine unterschiedliche Zuwachsrate ihrer Honoraransprüche von wenigen Prozent,
die im Einzelnen zwischen den Beteiligten unterschiedlich errechnet wird, ihrer Höhe und Bedeutung nach verfassungsrechtlich
aber sicherlich nicht durch den Gesetzgeber selbst festgelegt werden muss.
Dies gilt auch für den konkret vorliegenden Fall, nachdem nach den ebenfalls unbestritten gebliebenen Berechnungen des Beigeladenen
Ziffer 9 die Steigerungsrate der Gesamtvergütung 2009 für die Klägerin Ziffer 8 tatsächlich noch deutlicher als ursprünglich
simuliert über der durchschnittlichen Steigerungsrate der alten Bundesländer lag.
Die Revision wird nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG zugelassen.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a Abs.
1 S. 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 S. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Er war nach § 52 Abs. 4 GKG auf 2.500.000,00 Euro zu begrenzen.