Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; vorläufiger Rechtsschutz bei Leistungsversagung wegen mangelnder Mitwirkung
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Gewährung laufender Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites
Buch (SGB II), die ihm wegen mangelnder Mitwirkung versagt worden sind.
Der im November 1949 geborene, ledige und nach seinen Angaben alleinstehende Antragsteller war nach seinem Vorbringen bis
zum April 1998 Mitinhaber eines großen Gewerbebetriebes in G. und aufgrund der mit dem Betrieb erzielten Einnahmen sehr vermögend.
Er war u. a. nach eigenem Vorbringen Eigentümer mehrerer wertvoller Pkws, eines Ferienhauses in dem Königreich der Niederlande,
einer Motoryacht (wohl mit einem Heimathafen in den Niederlanden), Inhaber zahlreicher Bankkonten in Luxemburg, in den Niederlanden,
Spanien, Großbritannien und im Inland. Nach seinem Vorbringen habe er in den Jahren 1999/2000 sein gesamtes Vermögen aufgrund
seiner Spielsucht im Wesentlichen in Casinos in H. und I. verbraucht. Später bemühte er sich - wohl erfolglos - nach seinem
Vorbringen, von den Spielbankenbetreibern Schadensersatz zu erlangen, weil diese von seiner krankhaften Spielsucht gewusst
hätten. Im Jahr 2003 bezog der Kläger zeitweise laufende Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz in I.; zum Ende des Jahres 2006 erhielt er auch kurzzeitig laufende Leistungen nach dem SGB II im Gebiet des Landkreises
J ...
Am 02. August 2007 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von laufenden Leistungen. Diese forderte
von ihm die Vorlage verschiedener Nachweise und Urkunden und lehnte später mit Bescheid vom 17. August 2007 die Gewährung
von Leistungen ab. Später bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 12. September 2007 dem Antragsteller Leistungen
im Zeitraum von September bis Oktober 2007 als Darlehn; für einen danach folgenden Zeitraum versagte sie zunächst wiederum
Leistungen, wobei sie im Wesentlichen darauf abstellte, dass der Antragsteller nicht Auskunft und Belege über den Verbleib
der folgenden Vermögensgegenstände nicht bzw. nicht vorgelegt hätte, und zwar:
- Auflösung und Verbleib der Wertpapiere im Depot einer bestimmten Bank in Luxemburg,
- Nachweise und Verbleib von Barguthaben auf Konten in Spanien, Großbritannien und den Niederlanden, die der Antragsteller
in seinem Schreiben vom 04. Februar 2007 angesprochen hatte,
- Auflösung und Verbleib der Vermögensgegenstände Motoryacht, Ferienhaus in den Niederlanden und diverser Pkws, die der Antragsteller
ebenfalls in seinem Schreiben vom 04. Februar 2007 angesprochen hatte.
Wegen der tatsächlichen Versagung der Leistungen ab dem 01. November 2007 wandte sich der Antragsteller an das Sozialgericht
(SG) Oldenburg mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtschutzes, das den Antrag mit Beschluss vom 31. Oktober 2007 ablehnte
(Aktenzeichen S 45 AS 1863/07 ER). Auf die dagegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 19. Dezember 2007
(Aktenzeichen L 13 AS 282/07 ER) die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit ab 01. November
2007 bis zum 29. Februar 2008, längstens jedoch bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, laufende Leistungen
zu gewähren.
Auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers vom 08. Februar 2008 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zunächst
Leistungen für den Zeitraum von März bis August 2008 und forderte ihn mit Schreiben vom 18. Juli 2008 u. a. auf, Nachweise
über die Auflösung aller Auslandskonten vorzulegen sowie die Belegenheit des Ferienhauses in den Niederlanden anzugeben und
einen Nachweis über dessen Verkauf zu führen. Mit Schreiben vom 10. August 2008 verzichtete daraufhin der Antragsteller auf
die Gewährung von Leistungen über den 06. August 2008 hinaus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Oktober 2008 wies die Antragsgegnerin die Widersprüche des Antragstellers gegen den Bescheid
vom 17. August 2007 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 12. September 2007 mit der Begründung zurück, dass er nicht
seinen Mitwirkungspflichten bei der Aufklärung des Sachverhalts nachgekommen sei. Dagegen hat der Antragsteller am 09. November
2008 Klage zum SG Oldenburg erhoben, die mit Gerichtsbescheid vom 18. August 2007 als unbegründet abgewiesen wurde (Aktenzeichen:
S 48 AS 2100/08). Die dagegen vom Antragsteller eingelegte Berufung ist beim Senat anhängig (Aktenzeichen: L 13 AS 313/09).
Am 04. November 2009 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin erneut, ihm laufende Leistungen nach dem SGB II
zu gewähren. Er gab dabei an, dass er mittellos sei. Er sei als selbständiger Unternehmensberater berufstätig; alle bestehenden
Aufträge in seinem Unternehmen seien abgerechnet worden und in der nächsten Zeit könne er keinerlei Einnahmen erwarten. Nachdem
die Antragsgegnerin dem Antragsteller am 09. November 2009 100,00 EURO in bar als Soforthilfe gewährt hatte, forderte sie
ihn mit Schreiben vom 17. November 2009 auf, bis zum 04. Dezember 2009 folgende Unterlagen vorzulegen:
- Auflösung und der Verbleib der Vermögenswerte auf den Auslandskonten in Luxemburg, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden,
- Nachweise über den Verkauf der Motoryacht, des Ferienhauses in den Niederlanden und der diversen Pkw,
- Erläuterungen darüber, wie er bisher seinen Lebensunterhalt bestritten habe,
- Gewinn- und Verlustrechnungen und Einkommenssteuerbescheide aus seiner selbständigen Tätigkeit in den Jahren 2007 und 2008,
- Vorlage des Mietvertrages über die Geschäftsräume im Gebiet der Gemeinde K. (Landkreis J.),
- Angabe über die Einnahmen aus dem von ihm veröffentlichten Buch "L. "
- Erläuterungen der Gutschriften für die bislang vorgelegten Kontoauszüge, da überwiegend die Einzahler geschwärzt worden
waren.
Mit Schreiben vom 29. November 2009 teilte daraufhin der Antragsteller mit, dass sämtliche Auslandskonten entweder nicht mehr
bestünden oder aber nur äußerst gering valutierten. Bereits im Jahre 2008 habe er dargelegt, dass er wegen seiner Spielsucht
die Motoryacht, das Ferienhaus und die diversen Kraftfahrzeuge verkauft und die Erlöse verspielt habe. Die Geschäftsräumlichkeiten
würden ihm von einem Geschäftsfreund kostenlos zur Verfügung gestellt. Honorare aus der Veröffentlichung seines Buches könne
er erst Ende des Jahres 2010 erwarten; zudem beliefe sich sein Anteil am Autorenhonorar lediglich auf ein Viertel, der Rest
stünde dem nach außen hin nicht genannten Mitautor des Buches zu. Bei den in den Kontoauszügen geschwärzten Gutschriften handele
es sich um Reisekosten und Honorare aus seiner Veröffentlichungstätigkeit im Zusammenhang mit der Veröffentlichung seines
Buches, das M. zum Gegenstand habe. Außerdem legte der Antragsteller ein Konvolut von Fotokopien von Bankauszügen einer Bank
aus den Niederlanden und aus Luxemburg vor. Des Weiteren legte er den Jahresabschluss seines Steuerberaters bezüglich seiner
Geschäftstätigkeit im Jahre 2007 vor. Mit Schreiben vom 04. Dezember 2009 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller u.
a. auf, eine Kopie des Verlagsvertrages vorzulegen.
Am 16. Dezember 2009 hat sich der Antragsteller an das SG Oldenburg mit der Bitte um Gewährung einstweiligem Rechtsschutz
gewandt. Er hat geltend gemacht, dass er seinerzeit in den Jahren 1999/2000 sein gesamtes Vermögen in den Niederlanden verkauft
und die aus den Verkäufen erzielten Einnahmen verspielt habe, auch habe er aus seiner aktuellen Geschäftstätigkeit keine Forderungen
mehr gegen Kunden. Hierzu legte er zwei eidesstattliche Versicherungen vom 25. November 2009 und 18. Dezember 2009 vor. Hinsichtlich
der zu erwartenden Einkünfte aus dem Verkauf seines Buches legte er ein Schreiben des N. -Verlages vom 19. November 2009 vor,
welches an einen der Gläubiger des Antragstellers gerichtet war. In diesem Schreiben heißt es u. a. sinngemäß, dass alle Einkünfte
aus dem Verkauf des Buches nicht an den Antragsteller, sondern an eine andere Person auszukehren wären. Später versicherte
der Antragsteller an Eides Statt, dass 75 v. H. der zu erwartenden Einnahmen aus dem Verkauf seines Buches an Herrn O. als
Mitautor auszukehren seien.
Mit Beschluss vom 11. Januar 2010 hat es das SG Oldenburg abgelehnt, dem Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren,
da durchgreifende Zweifel an seiner Hilfebedürftigkeit bestünden. Gegen den ihm am 18. Januar 2010 zugestellten Beschluss
führt der Antragsteller am 26. Januar 2010 Beschwerde. Er macht geltend: Zu Unrecht halte ihm die Antragsgegnerin eine mangelnde
Mitwirkung vor. Er habe bereits früher immer wieder deutlich gemacht, dass er das erhebliche Vermögen, welches er etwa im
Jahre 1998 besessen habe, wegen seiner Spielsucht veräußert und die Erlöse verspielt habe. Die Annahme, er habe Vermögen beiseite
geschafft oder verschleiert, über das er jetzt noch verfügen könne, sei in Anbetracht seiner Spielsucht völlig lebensfremd.
Allerdings könne er schriftliche Unterlagen über den Verkauf des Hauses in den Niederlanden nicht vorlegen, weil er seinerzeit
seine Papiere nicht ordnungsgemäß geführt habe. Er könne aber eine digitale Aufzeichnung einer Fernsehsendung vorlegen, bei
der er mit dem Erwerber des Grundstücks in den Niederlanden vor der Kamera gesprochen habe. Außerdem könne er ein (bearbeitetes)
Foto von der Verkaufsanzeige hinsichtlich dieses Grundstücks vorlegen.
Mit Bescheid vom 21. Januar 2010 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen ab dem 04. November 2009 mit der
Begründung ab, dass der Antragsteller nicht seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen sei. Dagegen hat der Antragsteller mit
Schreiben vom 12. Februar 2010 Widerspruch eingelegt, über den - soweit ersichtlich - bislang noch nicht entschieden worden
ist.
Die Antragsgegnerin verteidigt den angegriffenen Beschluss des SG Oldenburg vom 11. Januar 2010.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge
ergänzend Bezug genommen.
II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des SG Oldenburg vom 11. Januar 2010 ist zulässig (vgl. §§
172 Abs.
1 und
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), jedoch nicht begründet. Das SG Oldenburg hat die Sach- und Rechtslage im Ergebnis zutreffend beurteilt.
1. Allerdings richtet sich der einstweilige Rechtsschutz in vorliegenden Verfahren (nunmehr) nach Erlass des Bescheides vom
21. Januar 2010 nicht mehr nach §
86 b Abs.
2 Satz 2
SGG, sondern nach §
86 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage
keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Im vorliegenden
Fall hat der Widerspruch des Antragstellers vom 12. Februar 2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2010,
mit dem auf den Leistungsantrag des Antragstellers vom 04. November 2009 hin Leistungen versagt wurden, deswegen keine aufschiebende
Wirkung, weil gemäß § 39 Nr. 1 SGB II die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen in derartigen Fällen von Gesetzes wegen
ausgeschlossen ist. Denn auch die Versagung oder Entziehung von Leistungen wegen unterlassener Mitwirkung nach §
66 SGB I stellt eine Entscheidung "über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende" dar, für die keine aufschiebende Wirkung
nach dieser Vorschrift eingreifen soll (vgl. Eicher in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, München 2008, § 39 Rdn 12;
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. vom 29. Juni 2006 - L 9 AS 239/06 ER -). Durch die Neufassung des Gesetzes mit Wirkung ab 01. Januar 2009 (durch Artikel 2 Nr. 14, Artikel 8 Abs. 1 des Gesetzes
zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008, BGBl I Seite 2917) ist eine Änderung in der Sache, trotz etwas anderen Wortlautes bei der Versagung oder Entziehung von Leistungen wegen fehlender
Mitwirkung auf der Grundlage des §
66 Abs.
1 Satz 1
SGB I nicht eingetreten, weil nach der Begründung des Gesetzes in dieser Hinsicht eine Änderung nicht gewollt war. Vielmehr sollte
durch die Gesetzesänderung eine Erweiterung und Präzisierung der früheren Nr. 1 der Vorschrift erfolgen, welche nach allgemeiner
Ansicht auch die Bescheide auf der Grundlage von §
66 SGB I für sofort vollziehbar ansah (vgl. Conradis in: LPK - SGB II, 3. Auflage 2009, § 39 Rdn 1; Hengelhaupt in: Hauck/Notfz, SGB
II, Stand November 2009, § 39 Rdn 76; a. A.: Coseriu/Holzhey in: Linhart/Adolph, SGB II, Stand Dezember 2009, § 39 Rdn 10).
Nach Ansicht des Senats kann es bei der - sofortigen - Entziehung oder Versagung von Leistungen auf der Grundlage von §
66 SGB I nicht darauf ankommen, ob in eine bereits einmal erfolgte Leistungsbewilligung durch einen belastenden Verwaltungsakt eingegriffen
wird oder ob auf der Grundlage von mangelnder Mitwirkung eine Leistung versagt wird. Denn auch die Versagung einer Leistung
auf der Grundlage von nichteingehaltenen Mitwirkungspflichten stellt sich aus der Sicht des Bürgers als belastender Verwaltungsakt
dar, der - wenn er beseitigt wird - dem Leistungsträger die Möglichkeit eröffnet, bei Nachholung der Mitwirkung die Leistungen
nachträglich zu erbringen (vgl. §
67 SGB I) und der andererseits bei Bestandskraft einem Leistungsverlangen entgegensteht.
Richtige Klageart ist im Falle einer Versagung einer Leistung auf der Grundlage von §
66 SGB I nur die (isolierte) Anfechtungsklage und nicht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
4 SGG. Die Anfechtungsklage als Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung hat zur Folge, dass nur die Aufhebung des angefochtenen
Verwaltungsaktes in Betracht kommt (vgl. §
54 Abs.
1 Satz 1
SGG); eine darüber hinaus gehende Verurteilung zu einer Leistung ist ausgeschlossen (vgl. zum Vorstehenden: Bundessozialgericht
- BSG - Urteil vom 24. November 1987 - 3 RK 11/87 - zitiert nach juris; Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - in: SozR 4 - 1200 § 66 Nr. 1; Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 45/07 - ; Urteil vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R -, zitiert nach juris).
Der Gesetzgeber hat mit §
66 SGB I eine Sonderregelung geschaffen, die es der zuständigen Behörde erlaubt, allein aus verfahrensrechtlichen Gründen einen Antrag
vorläufig abzulehnen. Im Anfechtungsstreit um die Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes ist dann regelmäßig zu prüfen, ob
in rechtmäßiger Weise die betreffenden Mitwirkungshandlungen vom Antragsteller im Einzelnen verlangt werden durften und ob
der Adressat des Bescheides später seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Eine inhaltliche oder sachliche Überprüfung
des Leistungsanspruchs des Antragstellers durch die Verwaltung liegt in derartigen Fällen bislang noch nicht vor, so dass
es für die Erhebung einer Leistungsklage bereits an der vorherigen Durchführung bzw. dem Abschluss eines entsprechenden Verwaltungsverfahrens
fehlt (vgl. §
78 Abs.
2 SGG).
In derartigen Fällen hat sich einstweiliger Rechtsschutz an §
86 b Abs.
1 SGG zu orientieren, so dass es im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung (vgl. §
86 a Abs.
3 SGG) darauf ankommt, ob sich bei einer überschlägigen Prüfung die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des belastenden Verwaltungsaktes
überschauen lässt. Im vorliegenden Fall spricht gegenwärtig Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin aus zutreffenden
Gründen die Leistungen zunächst wegen mangelnder Mitwirkung des Antragstellers bei der Aufklärung des Sachverhalts versagt
hat. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Wie der Antragsteller selbst früher angegeben und auch im vorliegenden Verwaltungsverfahren eingeräumt hat, war er vor etwa
10 Jahren noch äußerst vermögend. Bei einer derartigen Sachlage ist es gerechtfertigt, im Einzelnen nach dem Verbleib von
Vermögensgegenständen zu fragen. Allein die allgemeine Behauptung (und sei sie durch ein Attest aus dem Jahre 2001 belegt),
man sei spielsüchtig gewesen und habe durch die Spielsucht sein gesamtes Vermögen verschleudert, schließt es weder nach der
allgemeinen Lebenserfahrung noch denknotwendig aus, dass nicht einzelne Vermögensgegenstände sich doch noch nach wie vor rechtlich
oder wirtschaftlich in der Verfügungsgewalt des Antragstellers befinden. Dem Senat erscheint es daher ohne weiteres nachvollziehbar
und gerechtfertigt, wenn die Antragsgegnerin die Belegenheit des Ferienhauses in den Niederlanden erfahren oder Nachweise
über den Verbleib der verschiedenen Kraftfahrzeuge vorgelegt wissen will, um so aufklären zu können, ob nicht bei "Strohmännern"
einzelne Vermögensgegenstände untergebracht worden sind. Dieser Gedanke wird noch dadurch unterstützt, dass die Antragsgegnerin
den Antragsteller bislang vergeblich zu Einzelheiten seiner geschäftlichen Tätigkeit als Unternehmensberater, die er in den
letzten Jahren ausgeübt haben will, befragt hat. So wurde z. B. die Frage nach dem Mietvertrag über das Geschäftslokal in
der P. von dem Antragsteller mit der nichtssagenden und völlig vagen Aussage beantwortet, dass ein Geschäftsfreund ihm den
Geschäftsraum unentgeltlich zur Verfügung stelle. Abgesehen davon, dass ein derartiges Vorgehen im Geschäftsleben nach allgemeiner
Lebenserfahrung eher unwahrscheinlich erscheint, sind vom Antragsteller keinerlei Gründe ersichtlich oder vorgetragen worden,
warum dann nicht der Name des Geschäftsfreundes, der ihm angeblich die Räumlichkeiten unentgeltlich zur Verfügung stellt,
angegeben werden kann. Ähnliches gilt für die Behauptung des Antragstellers, er habe anlässlich seiner Spielsucht in den Jahren
1999/2000 sämtliche Auslandskonten aufgelöst. Demgegenüber legt der Antragsteller selbst Unterlagen des auf ihn lautenden
Kontos einer Bank in Luxemburg vor, welche den Abschlussvermerk Dezember 2006 trägt, nach der er noch Inhaber von Wertpapieren
- nämlich Stammaktien der Firma Q. - ist. Über den Wert dieser Aktien ist aber nichts angegeben, zumal der Antragsteller in
dem von ihm unter dem 09. November 2009 vorgelegten Antragsformular angegeben hat, er besitze keinerlei Wertpapiere. Insbesondere
tauchen aber Unstimmigkeiten hinsichtlich des Verlagsvertrages zwischen dem Antragsteller und dem betreffenden Verlag in Süddeutschland
auf. Während der Antragsteller allgemein behauptet, er habe keine Auszahlungen vor dem Herbst 2010 zu erwarten, sei aber mit
etwa 25 v. H. an den zu erwartenden Einnahmen beteiligt, legt er andererseits ein Schreiben des Verlages vor, aus dem hervorgeht,
dass keinerlei Auszahlungen an den Antragsteller erfolgen sollten. Gerade dies rechtfertigt es, dass die Antragsgegnerin in
ihrem Schreiben vom 17. November 2009 und im späteren Schreiben vom 04. Dezember 2009 vom Antragsteller die Vorlage des betreffenden
Verlagsvertrages verlangt hat. Dies gilt umso mehr, als nach einer Veröffentlichung des Schicksals des Antragstellers dieser
angeblich gegenüber einem Journalisten gesagt haben soll, er habe freiwillig die Einkünfte aus seinem Buch seinen Kindern
zugewandt. In diesem Zusammenhang kann auch nicht übersehen werden, dass der Antragsteller die Aussagekraft der Kontoauszüge,
die er der Antragsgegnerin bei seinem Antrag vorgelegt hat, in wesentlichen Teilen dadurch "entwertet" hat, dass er an vielen
Stellen Schwärzungen vornahm, so dass nicht erkenntlich ist, ob nicht etwa eingetretene Zuflüsse auf einer Vorschusszahlung
des Verlages oder anderen turnusgemäßen Zuflüssen aus anderer, bislang unbekannter Quelle beruhen. Bei dieser Sachlage hat
die Antragsgegnerin zu Recht Mitwirkungshandlungen des Antragstellers verlangt, der diesen aber bislang nicht nachgekommen
ist. Auch im Übrigen sind die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit einer Versagung gestellt werden, erfüllt (schriftliche
Aufforderung, Folgenbelehrung, angemessene Frist, Ermessen: §
66 SGB I). Gegen die Rechtsmäßigkeit des belastenden Bescheides der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2010 bestehen mithin keine durchgreifenden
Bedenken.
2. Der Senat neigt zu der Ansicht, dass eine Rechtsschutzgewährung auf der Grundlage von §
86 b Abs.
2 Satz 2
SGG (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) nicht neben der unter Ziffer 1 geprüften Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
auf der Grundlage von §
86 b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs) in Betracht kommt. Denn nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes
wird in §
86 b Abs.
2 Satz 1, 1. Halbsatz
SGG ein klares Rangverhältnis zwischen den beiden Absätzen der Vorschrift hergestellt. Dort wird der Erlass einer einstweiligen
(Sicherungs- oder Regelungs-) Anordnung nur dann als zulässig angesehen, "soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt".
Das ist aber hier gegeben.
Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur eine andere Ansicht vertreten wird, weil allein eine Aussetzungsentscheidung
dem Rechtschutzziel des Bürgers - nämlich dem Erhalt von Sozialleistungen - nicht gerecht würde (so: LSG Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 18. Mai 2009 - L 25 AS 770/09 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Mai 2009 - L 19 B 105/09 AS ER -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 29. Mai 2009 - L 20 R 332/09 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14. Januar 2008 - L 7 AS 772/07 ER - in: FEVS 59, 469 = NZS 2009, 58 = NdsRpfl. 2008, 234), so überzeugt dies den Senat nicht. Denn diese Ansicht läuft darauf hinaus, dass das im Gesetz mit §
66 SGB I vorgesehene Zwischenverfahren der Versagung oder Entziehung von Leistungen wegen mangelnder Mitwirkung im sozialgerichtlichen
Eilverfahren zwar bei der Entziehung, nicht aber bei der Versagung eingreifen würde; es mithin der Antragsteller in der Hand
hätte, im Verwaltungsverfahren nicht mitzuwirken, um so direkten Zugang zu einer gerichtlichen Entscheidung im Eilverfahren
zu erhalten, ohne dass zuvor der Verwaltung abschließend Gelegenheit gegeben wäre, über den Anspruch eines Antragstellers
in der Sache zu entscheiden. Daher hat es auch in derartigen Fällen, in denen wegen unterlassener Mitwirkung zunächst im Zwischenverfahren
Leistungen versagt wurden, bei dem im Gesetz angeordneten Vorrang der Prüfungsfolge von §
86 b Abs.
1 SGG vor §
86 b Abs.
2 SGG zu verbleiben (so auch: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Oktober 2008 - L 13 AS 4562/08 ER - B - zit. nach juris; Bayrisches LSG, Beschluss vom 16. April 2009 - L 11 AS 140/09 B ER - zit. nach juris). Auch materiell sind keine guten Gründe dafür ersichtlich, warum es einem Hilfesuchenden möglich
sein soll, Zugang zum materiellen Rechtsschutz durch ein Sozialgericht zu erhalten, wenn zuvor der Leistungsträger - gegebenenfalls
mit guten Gründen, deren Stichhaltigkeit im Verfahren nach §
86 b Abs.
1 SGG überprüft werden kann - die Gewährung von Leistungen mangels ausreichender Mitwirkung versagt hat. Dass damit im Ergebnis
kein effektiver Rechtsschutz bewirkt würde (so: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. Januar 2010 - L 9 AS 1337/09 B ER -.
3. Selbst wenn man aber zugunsten des Antragstellers von einer Zulässigkeit des Antrages zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
nach §
86 b Abs.
2 SGG ausgehen wollte - als sogenannte Vornamesache im Sinne der zuvor genannten Rechtsprechung und Literatur - so hat der Antrag
des Antragstellers keinen Erfolg. Ein Hilfesuchender muss die materiellen Voraussetzungen vor das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs
glaubhaft darlegen. Dazu gehört auch seine Hilfebedürftigkeit und im Falle eines selbständig Berufstätigen die Vorlage von
glaubhaften Unterlagen über den Umfang seiner Geschäftstätigkeit und die anfallenden Ausgaben und Einnahmen. Der Antragsteller
hat es bislang durch seine völlig allgemeinen und mehr als unvollständigen Angaben zu seiner Betriebstätigkeit, die er als
Unternehmensberater angeblich seit Jahren betreibt, bislang verhindert, dass eine Berechnung seines Einkommens aus selbständiger
Arbeit nach § 3 Alg II-V vorgenommen werden kann. Weder hat er tatsächliche Ausgaben, noch tatsächliche Einnahmen dargelegt.
Die allgemeine Behauptung, er erziele keine Einnahmen und habe alle Aufträge abgewickelt, reicht bei dieser Sachlage nicht
aus. Auch fehlen jegliche Angaben über Betriebsausgaben etwa für Telefon, Internetauftritte, die Benutzung von Kraftfahrzeugen
oder ähnlichem. Hinzu kommt, dass auch über die publizistische Tätigkeit des Antragstellers keine Unterlagen vorgelegt wurden.
Hier sind die Einnahmen des Antragstellers aus Auftritten im Fernsehen und aus der schriftstellerischen Tätigkeit - insbesondere
der Verlagsvertrag - von Interesse. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2007 - L 13 AS 282/07 ER - auf die gewichtigen Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers hingewiesen und ausgeführt, dass es Sache des
Antragstellers ist, diese Zweifel weiter auszuräumen. Nun muss der Senat erkennen, dass der Antragsteller dazu nicht bereit
ist.
Mangels hinreichender Erfolgsaussichten war für das Beschwerdeverfahren auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu versagen
(vgl. §
73 a SGG i. V. m. §
114 Zivilprozessordnung).
Die Entscheidung über die Kostenlast beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).