Vorläufiger Rechtsschutz gegen einen Beitragsnacherhebungsbescheid
Verlagerung des Vollzugsrisikos bei Beitragsbescheiden
Überwiegendes Aufschubinteresse
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Beitragsnacherhebungsbescheid vom 4. April 2018. Mit diesem
hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Heranziehung von § 28p
SGB IV zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung für die Tätigkeit der Zusteller/innen F., G. und H. (im Folgenden:
streitbetroffene Zusteller) im Prüfzeitraum September 2013 bis Dezember 2015 in einer Gesamthöhe von 94.960,28 EUR (einschließlich
26.925 EUR Säumniszuschläge) herangezogen.
Die Antragstellerin befasst sich insbesondere auch im Auftrag eines bundesweit tätigen Paketdienstes mit der Auslieferung
von Paketen im regionalen Bereich. Sie verfügte 2015/16 über rund 30 bis 40 Angestellte. Die zuzustellenden Sendungen wurden
(auch schon im streitbetroffenen Zeitraum) zunächst von dafür eingeteilten Angestellten, den Disponenten, täglich auf die
zur Verfügung stehenden Zusteller verteilt. Als Zusteller wurden zum einen fest angestellte Mitarbeiter, für die von Seiten
der Antragstellerin auch Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt wurden, und zum anderen Personen eingesetzt, die - wie
auch die streitbetroffenen Zusteller - von Seiten der Antragsteller formal als selbständige Subunternehmer eingestuft wurden.
Von den streitbetroffenen Zustellern wurde taggleiche Erledigung der ihnen für den jeweiligen Arbeitstag erteilten Zustellaufträge
erwartet. Besonderes Augenmerk hatten sie auf die fristgerechte Zustellung von Eilsendungen zu legen. Konkrete Einzelheiten
vermögen sich diesbezüglich schon angesichts eines sprachlich teilweise nicht mehr konkret nachvollziehbaren Vortrages der
anwaltlich vertretenen Antragstellerin (vgl. etwa die Ausführungen auf S. 2 des Schriftsatzes vom 28. September 2018: "Wichtig
war nur, dass bei Eilsendungen das innerhalb desselben Tages, egal im Wesentlichen aber als exakte Uhrzeit, gemacht werden
musste.") nicht zu erschließen.
Für die Zustellung mussten die streitbetroffenen Zusteller selbst beschaffte Auslieferungsfahrzeuge einsetzen.
Diese war äußerlich als Fahrzeuge des Paketdienstes kenntlich zu machen (vgl. etwa den sog. Subunternehmervertrag zwischen
der Antragstellerin und H., Bl. 64 VV, unter § 2 Ziffer 6). Auch bezüglich der Kleidung waren ihnen detaillierte Vorgaben
gemacht worden (vgl. etwa § 2 Ziffer 8. des genannten Vertrages), mit Hilfe derer bei den Kunden der Eindruck erweckt werden
sollte, dass es sich um Mitarbeiter des Paketdienstes handelte.
Die Antragstellerin honorierte die streitbetroffenen Zusteller, indem sie diesen für jedes zugestellte Paket 0,90 EUR und
für jeden zugestellten Katalog 0,50 EUR zahlte (vgl. etwa die - von Seiten der Antragstellerin und nicht etwa von Seiten des
beauftragten Zustellers erstellte - Abrechnung für Mariusz Janowski für den Monat August 2014, Bl. 91 VV, wonach diesem für
1798 zugestellte Pakete 1642,70 EUR und für 49 Kataloge 24,50 EUR gutgeschrieben worden sind). Soweit der Empfänger beim ersten
Zustellversuch nicht angetroffen wurde und derZusteller daraufhin ihn etwa am Folgetag erneut zur Übergabe des Pakets aufsuchen
musste, erhielt der Zusteller das Entgelt von 0,90 EUR nur einmal (vgl. § 5 Ziffer 2 des genannten Vertrages).
Ausgehend von der Bewertung, dass die streitbetroffenen Zusteller ihre Tätigkeit im streitbetroffenen Zeitraum im Rahmen abhängiger
Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt hatten, zog die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit dem angefochtenen Bescheid vom
4. April 2018 zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen in einer Gesamthöhe von 94.960,28 EUR (einschließlich 26.925
EUR Säumniszuschläge) heran. Dagegen richtet sich der Widerspruch der Antragstellerin vom 5. April 2018.
Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch Feststellung, hilfsweise durch Anordnung, der aufschiebenden Wirkung
dieses Widerspruchs hat das Sozialgericht Hannover mit Beschluss vom 1. August 2018 abgelehnt. Im Rahmen der im vorliegenden
Eilverfahren allein möglichen summarischen Bewertung seien keine rechtlichen Bedenken bezüglich des angefochtenen Bescheides
festzustellen. Insbesondere sei von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen zwischen der Antragstellerin und den keine unternehmerischen
Risiken tragenden - streitbetroffenen Zustellern auszugehen. Diese hätten sich funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess
der Antragstellerin beteiligt.
Mit ihrer am 27. August 2018 eingelegten Beschwerde verweist die Antragstellerin auf Zeugenerklärungen von zwei der streitbetroffenen
Zusteller im Rahmen des gegen ihren Geschäftsführer vor dem Amtsgericht Hannover (224 Ds 5261 Js 52790/17 [29/18]) geführten Strafverfahren (in dem nach Aktenlage bislang keine abschließende Entscheidung ergangen ist).
Die streitbetroffenen Zusteller hätten mehrere Auftraggeber und einen Steuerberater gehabt, sie hätten über eigene Betriebsstätten
verfügt und ihren Polen Gewerbeanmeldungen vorgenommen. Sie hätten die Zustellungen mit eigenen Fahrzeugen vorgenommen.
Sie beantragt,
1. den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 1. August 2018 aufzuheben und
2. die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der der Antragsgegnerin vom 4. April 2018 herzustellen,
hilfsweise diese Wirkung festzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der zur Überprüfung gestellte (personenbezogene) Beitragsnacherhebungsbescheid
lässt im Rahmen der im vorliegenden Eilverfahren allein möglichen summarischen Beurteilung keine Rechtsfehler zulasten der
Antragstellerin erkennen.
1. Nach §
7a Abs.
7 SGB IV haben Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt, aufschiebende Wirkung. In der Rechtsprechung
wird unterschiedlich beurteilt, ob diese Regelung auch maßgeblich ist, wenn im Rahmen einer nach § 28p
SGB IV durchgeführten Betriebsprüfung Feststellungen über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu treffen sind (vgl. etwa
verneinend: Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29. Oktober 2014 - L 5 R 868/14 B ER -, juris; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 07. September 2015 - L 5 KR 147/15 B ER -, juris; bejahend: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01. Dezember 2017 - L 1 R 312/17 B ER -, juris; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 03. Juni 2015 - L 12 R 539/15 B ER -, juris).
Der Senat teilt im Ausgangspunkt schon unter systematischen Gesichtspunkten die erstere Auffassung, wonach nur bei einem -
im Ausgangspunkt regelmäßig in die Zukunft gerichteten - Anfrageverfahren nach §
7a SGB IV der im 7. Absatz dieser Vorschrift normierte Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen zu berücksichtigen ist.
Mit der Einführung des Anfrageverfahrens nach §
7a SGB IV wollte der Gesetzgeber gerade "außerhalb einer Arbeitgeberprüfung (§ 28p)" ein neues eigenständiges Anfrageverfahren einführen,
welches den Beteiligten Rechtssicherheit darüber verschaffen soll, ob sie selbständig tätig oder abhängig beschäftigt sind
(BT-Drs. 14/1855, S. 7). Der Wille zur Einführung eines neuen eigenständigen Verfahrens verdeutlicht zugleich, dass dessen
verfahrensrechtliche Ausgestaltung unter Einschluss der Vorgaben des § 7a Abs. 7 sich auch nur auf das neu eingeführte Verfahren
und damit nicht etwa auch auf hergebrachte Betriebsprüfungen nach Maßgabe des § 28p
SGB IV beziehen sollen.
Der Gesetzgeber ist mit der Regelung in §
7a Abs.
7 SGB IV von dem in §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG normierten Grundsatz abgewichen, wonach die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen insbesondere bei Entscheidungen über
eine Versicherungspflicht und bei Beitragsanforderungen gerade entfallen soll (vgl. auch Keller in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 12. Aufl., §
86a Rn. 13b). Hätte der Gesetzgeber allen Rechtsbehelfen namentlich auch gegen im Rahmen von Betriebsprüfungen ergangenen Beitragsbescheiden
eine aufschiebende Wirkung zusprechen wollen (solange jedenfalls von Seiten des Inanspruchgenommenen - und sei auch nur formal
- die Beurteilung einer statusrechtlichen Vorfrage in Zweifel gezogen wird), dann hätte er einer solche Regelungsabsicht durch
eine entsprechende Neufassung des § 86a Abs. 2 Nr. 1
SGB IV zum Ausdruck gebracht.
Mit der in §
7a Abs.
7 SGB IV zum Ausdruck gebrachten Privilegierung will der Gesetzgeber in der Sache insbesondere die Bereitschaft zur Einleitung von
Statusfeststellungsverfahren nach dieser Vorschrift im Interesse der Rechtssicherheit und der Sicherung des Beitragszuflusses
an die Sozialversicherungsträger fördern. Die Privilegierung knüpft im Rahmen einer typisierenden Betrachtung an die üblicherweise
(soweit es sich nicht um einen - seinerseits eine entsprechende Meldung des Arbeitgebers voraussetzenden - Antrag der Einzugsstelle
nach §
7a Abs.
1 Satz 2
SGB IV handelt) anzunehmende Freiwilligkeit der Einleitung eines entsprechenden Verfahrens nach §
7a SGB IV an, mit der der Antragsteller von sich aus - typischerweise frühzeitig - die Aufmerksamkeit der Sozialleistungsträger auf
den maßgeblichen Sachverhalt ungeachtet des Risikos einer für ihn nachteiligen Beurteilung lenkt.
Sehen hingegen die Beteiligten des in Betracht kommenden Beschäftigungsverhältnisses von einer entsprechenden Befassung der
Sozialleistungsträger im Rahmen des Verfahrens nach §
7a SGB IV ab (womit nicht selten die Hoffnung verbunden sein wird, dass der gesamte Vorgang diesen Trägern verborgen bleiben möge)
und wird der zu prüfende Sachverhalt erst im Rahmen einer Betriebsprüfung in der Rückschau aufgedeckt und beurteilt, dann
entfällt die maßgebliche Grundlage für die mit §
7a Abs.
7 SGB IV vorgesehene Privilegierung.
2. Auch nach Auffassung des Senates gibt der vorliegende Sachverhalt keinen Anlass, in Anwendung von §
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder auch nur teilweise anzuordnen. Im Rahmen der gebotenen wechselseitigen
Interessen besteht kein rechtfertigender Anlass, den im Grundsatz vom Gesetzgeber mit der Regelung in §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG als vorzugswürdig eingestuften Interessen der Sozialversicherungsträger an der alsbaldigen Durchsetzung ihrer Beitragsforderungen
im vorliegenden Fall als nachrangig gegenüber den Interessen des Antragstellers an einer vorläufigen Verschonung von der Erfüllung
der festgesetzten Beitragsforderungen zu werten.
Da §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier der Anfechtungsklage,
zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Maßgebend ist im Ausgangspunkt, ob nach der Sach- und Rechtslage zum
Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (Landessozialgericht
für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07. Januar 2011 - L 8 R 864/10 B ER -, NZS 2011, 906). Im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch nach derzeitigem Sach- und Streitstand davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin
zutreffend den Antragsteller zu den festgesetzten Beitragsforderungen herangezogen hat.
Auch auf Seiten der Antragstellerin fehlt ein substantiierter Vortrag, der auch nur bezüglich eines der betroffenen Arbeitskräfte
durchgreifende Zweifel an der Annahme des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung begründen könnte.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und damit einer Versicherungspflicht in den genannten
Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung ist §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Feststellung einer entsprechenden
Beschäftigung richtet sich nach den Grundsätzen, die Lehre und Rechtsprechung zum Begriff des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses
in der Sozialversicherung bzw. zur Beschäftigung als "nichtselbständige Arbeit" iS des §
7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) entwickelt haben. Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Erforderlich ist insbesondere
eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes
Weisungsrecht des Arbeitgebers (BSG, U.v. 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 1 mwN). Das Gesetz bringt diese Grundsätze mit der Formulierung zum Ausdruck, dass Anhaltspunkte für
eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sind
(§
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV).
Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein
(BSG, Urteil v. 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -).
Bei Einzelaufträgen muss für die Beurteilung, ob der Betroffene in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation
eingegliedert war, auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein)
hierauf bestanden (BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -, juris).
Maßgebliches Tatbestandsmerkmal ist nach §
7 Abs.
1 SGB IV die Ausübung einer "nichtselbständigen Arbeit". Der - nicht selten auch zu Missverständnissen führende - Begriff einer sog.
"Scheinselbständigkeit" wird hingegen im Tatbestand des §
7 Abs.
1 SGB IV nicht aufgeführt. Entscheidend ist mithin das Vorliegen einer "nichtselbständigen Arbeit", und zwar letztlich unabhängig
von der weiteren Frage, ob diese womöglich zugleich auch - was nicht zuletzt vom konkreten inhaltlichen Verständnis dieses
Begriffes abhängt - als "Scheinselbständigkeit" zu qualifizieren sein könnte.
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen
(BSG, U.v. 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -).
Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab,
geben letztere den Ausschlag (BSG, U.v. 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - NZS 2006, 318 mwN).
Dabei ist vorsorglich klarzustellen, dass zum maßgeblichen Tatbestand des §
7 Abs.
1 SGB IV weder eine "Festanstellung" noch der Abschluss eines - was auch immer darunter im Detail zu verstehen sein mag - "typischen"
Arbeitsvertrages zählt. Der gesetzliche Typus eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses umfasst vielmehr eine große Bandbreite
in Betracht kommender - seien sie als mehr oder auch als weniger "typisch" einzuschätzen - Ausformungen, bei denen insbesondere
sog. "Festanstellungen" nur einen Teil der in Betracht kommenden Ausprägungen darstellen.
Dementsprechend kann es schon im rechtlichen Ausgangspunkt nicht ausschlaggebend allein darauf ankommen, ob es im betrieblichen
Alltag tatsächliche Unterschiede zwischen fest angestellten Mitarbeitern und mitwirkenden Arbeitskräften, die aus Sicht des
Unternehmens als selbständige Subunternehmer herangezogen werden, geben mag. Tatsächliche Unterscheidungsmerkmale - etwa in
dem Sinne, dass (rein beispielhaft) die festangestellten Mitarbeiter Jacken mit einem dunkelblauen Emblem und die geltend
gemachten Subunternehmer mit einem hellblauen Emblem tragen - kann der Auftraggeber naturgemäß im Rahmen der ihm obliegenden
organisatorischen Entscheidungen in vielfältiger Hinsicht erzeugen. Er vermag aber mit solchen organisatorischen Mitteln nicht
die in den gesetzlichen Regelungen insbesondere der §§
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V, 20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB XI, 1 Satz 1 Nr. 1
SGB VI und §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB III getroffenen Vorgaben über die soziale Pflichtversicherung der abhängig Beschäftigten außer Kraft zu setzen.
Angesichts der gesetzgeberischen Entscheidung für die soziale Pflichtversicherung der abhängig Beschäftigten genügt nicht
die Herbeiführung lediglich einzelner Unterschiede in der tatsächlichen Ausgestaltung des Arbeitsalltags. Ein Auftraggeber,
der mitwirkende Kräfte nicht im Rahmen von abhängigen und damit grundsätzlich (zu Einschränkungen vgl. insbesondere §§
5 Abs.
2 SGB VI, 8
SGB IV) der Sozialversicherungspflicht unterliegenden Beschäftigungsverhältnissen heranziehen will, muss vielmehr auf deren unternehmerische
Ausrichtung achten. Wenn eine Mitwirkung von selbständigen Kräften gewünscht wird, muss deren Heranziehung so ausgestaltet
werden, dass diese nach ihrer strukturellen Ausrichtung durch unternehmerische Merkmale geprägt wird, so dass im Ergebnis
die grundlegenden tatbestandlichen Voraussetzungen für eine abhängige Beschäftigung fehlen. Der Einsatz selbständiger Subunternehmer
muss sich mithin durch maßgebliche unternehmerische Freiheiten und Risiken und auch eine damit korrespondierende Ausgestaltung
der Entlohnung auszeichnen.
Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens sind keine Zweifel erkennbar, dass die von dem angefochtenen Bescheid
erfassten Zusteller im Betrieb der Antragstellerin abhängig beschäftigt worden sind. Die Tätigkeiten der betroffenen Arbeitskräfte
im Betrieb der Antragstellerin betrifft deren eigene Sphäre. Vor diesem Hintergrund obliegt ihr natürlich ein substantiierter
Vortrag zu Einzelheiten der streitbetroffenen Tätigkeitsverhältnisse.
Die Antragstellerin weist selbst im Beschwerdeverfahren darauf hin, dass den Zustellern die am jeweiligen Arbeitstag zuzustellenden
Sendungen von Seiten der von ihr eingesetzten Disponenten mit dem Auftrag zur taggleichen Auslieferung zugewiesen worden seien.
Bereits damit sind Ort und Zeitpunkt der Zustellung und damit der von den Zustellern zu erbringenden Arbeitsleistungen in
ihren wesentlichen Grundzügen vorgegeben worden.
Die streitbetroffenen Zusteller hatten nicht einmal effektiv nutzbare Möglichkeiten, sich dagegen zu verwahren, dass ihnen
im Rahmen der Zuteilung der zuzustellenden Pakete in wirtschaftlicher Hinsicht besonders ungünstige Kontingente (bei denen
im Durchschnitt ein besonders hoher Zeitaufwand für die Zustellung zu erwarten war) zugewiesen wurden.
Auch bezüglich der Art und Weise der zu erbringenden Arbeitsleistungen gab es maßgebliche Vorgaben von Seiten der Antragstellerin.
Diese hat beispielsweise die Zusteller in den formal abgeschlossenen Subunternehmerverträgen sogar zu Tragung bestimmter Bekleidungsstücke
und zur Meldung von Veränderungenin dem von ihrer Seite eingesetzten "Fuhrpark" (gemeint: Änderungen des vom Zusteller bereitzustellenden
und eingesetzten Zustellfahrzeugs) verpflichtet. Der Sache nach hat sie überdies alle ihr von Seiten des Paketdienstes übertragenen
Verpflichtungen hinsichtlich der Einzelheiten der Durchführung und Dokumentation der Zustellungen auch auf die streitbetroffenen
Zusteller übertragen (vgl. etwa § 2 Ziffer 9 des Vertrages zum Berichtswesen).
Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 mwN), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird,
der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko
nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung
des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. etwa BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 mwN) oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (vgl. etwa BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris - mwN). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft
ggfs. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (vgl. zum Vorstehenden insbesondere
auch BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 25). Ein solches Risiko haben die vom Antragsteller beauftragten streitbetroffenen Zusteller nicht
in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß getragen.
Nach den getroffenen Absprachen war ihnen auch die von Seiten der Antragstellerin zugesagte (bescheidene) Entlohnung gewiss.
Sie hatten keine unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten, um einen höheren Gewinn erzielen zu können.
Soweit die streitbetroffenen Zusteller für ihre Tätigkeit ein Zustellfahrzeug zur Verfügung stellen müsste, begründete dies
kein spezifisches unternehmerisches Risiko. Die Unterhaltskosten der für die Zustellung von Paketen üblicherweise eingesetzten
Kleintransporter entsprechen größenordnungsmäßig den bei Personenkraftwagen zu erwartenden Kosten. Solche Fahrzeuge lassen
sich auch zu privaten Zwecken einsetzen.
Entsprechende Kosten weisen kein für die Annahme eines relevanten unternehmerischen Risikos hinreichendes Gewicht auf, zumal
ohnehin der ganz überwiegende Teil der Haushalte mit jedenfalls einem Kraftfahrzeug ausgestattet ist und da auch abhängig
Beschäftigte vielfach zum Erreichen ihres Arbeitsplatzes auf ein eigenes Kraftfahrzeug angewiesen sind. Darüber hinaus erwarten
auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse nicht wenige Arbeitgeber von ihren Beschäftigten, dass sie für den Einsatz
bei dienstlichen Fahrten ein eigenes Kfz bereithalten (vgl. auch § 3 Abs. 3 KfzHV)
Dem Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte kommt für Beschäftigung und gegen selbstständige Tätigkeit indizielle Bedeutung
in der Regel dann zu, wenn eine solche Betriebsstätte bei Tätigkeiten der fraglichen Art zu erwarten oder notwendig ist (BSG, Urteil vom 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50). Bei Tätigkeiten wie der vorliegend zu beurteilenden Zustelltätigkeit ist ohnehin keine eigene Betriebsstätte im engeren
Sinne auf Seiten der Zusteller zu erwarten.
Als ein Indiz gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ist überdies auch zu werten, wenn die Vergütung betragsmäßig
im Bereich dessen lag, was eine entsprechende abhängig beschäftigte (Fach-)Kraft tariflich oder einzelvertraglich als Vergütung
erhalten hätte (BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15, Rn. 29).
Soweit sich dies anhand der vagen Angaben der Antragstellerin und der von ihr beigebrachten Zeugenaussagen der Zusteller im
Strafverfahren erschließt, haben diese bei wöchentlich sechs Arbeitstagen mit jeweils oft deutlich mehr als neun Arbeitsstunden
(vgl. etwa Zeugenaussage Dorota Wasielewska: Zwischen 7 und 8 Uhr morgens angefangen, dann bis 18 Uhr, mitunter auch nur bis
15 Uhr gearbeitet) ein monatliches (nach Stückzahlen berechnetes) Entgelt in der Größenordnung von etwa 2.200 EUR erhalten
(die drei exemplarisch sich bei den Verwaltungsvorgängen auf Bl. 91 bis 93 befindlichen Monatsabrechnungen ergeben einen Durchschnittswert
von 2214 EUR); dies entspricht je Arbeitstag rund 92 EUR.
Davon waren zunächst die Kosten der von Seiten der Zusteller bereitzustellenden Zustellfahrzeuge zu finanzieren, deren Kosten
überschlägig mit jedenfalls 20 EUR je Zustelltag zu veranschlagen sind. Auch wenn im Durchschnitt nur neun Stunden am Tag
gearbeitet worden sein sollten, verbliebe damit als Entgelt für den Einsatz der Arbeitskraft nur ein Stundenlohn von 8 EUR
für jede effektiv geleistete Stunde, aus dem nach den Vorstellung der Antragstellerin auch noch alle Beiträge zur Sozialversicherung
einschließlich der bei Arbeitnehmern vom Arbeitgeber zu tragenden Anteile zu entrichten gewesen wären. Zudem hat die Antragstellerin
keine Entgeltfortzahlung an Feier- und Urlaubstagen sowie im Krankheitsfall an die streitbetroffenen Zusteller erbracht.
Wirtschaftlich sollten mithin die streitbetroffenen Zusteller so gestellt werden, wie Arbeitnehmer darstünden, die einen nominellen
Stundenlohn von ca. 5,75 EUR erhalten.
Als Entlohnung der festangestellten Zusteller hat die Antragsgegnerin auf Nachfrage des Senates (im Rahmen ihres auch insoweit
wenig differenzierten und insbesondere nicht nach einzelnen Beschäftigungszeiträumen unterscheidenden) Vortrages einen Stundenlohn
von 9,50 EUR angeführt. Es wird im Ergebnis jedenfalls deutlich, dass die den streitbetroffenen Zustellern gewährte Entlohnung
nicht nur im Bereich dessen lag, was eine entsprechende abhängig beschäftigte Kraft einzelvertraglich als Vergütung erhalten
hätte, sondern dass sie diesen Bereich sogar nachdrücklich unterschritten hat. Ob bereits ein Lohnwucher im strafrechtlichen
Sinne zu konstatieren sein mag, ist für die statusrechtliche Einordnung nicht ausschlaggebend.
Erst recht bieten die Entgeltvereinbarungen keinen Raum für die Annahme, dass das Entgelt so hoch bemessen gewesen sein könnte,
dass eine - eine unternehmerische Tätigkeit regelmäßig prägende - Delegation der tatsächlichen Erledigung der übernommenen
Zustellaufträge auf andere Arbeitskräfte in wirtschaftlicher Hinsicht ernsthaft in Betracht gekommen wäre. Es ist gerade nicht
davon auszugehen, dass die Höhe der von Seiten der Antragstellerin gezahlten Entgelte insbesondere auch unter Berücksichtigung
der ortsüblichen Höhe der Löhne für Hilfskräfte eine wirtschaftliche tragfähige Grundlage für eine mehr als nur vereinzelte
Einbeziehung Dritter in die Auftragserfüllung geboten haben könnte. Für eine solche Annahme ist umso weniger Raum, als diesbezüglich
auch sich die im Falle einer eventuellen Heranziehung Dritter für die Zustellaufträge (von Seiten der dann insoweit Arbeitgeberfunktion
übernehmenden Zusteller) ergebenden weiteren wirtschaftlichen Belastungen insbesondere in Form der Pflicht zur Abführung von
Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung und zur Lohnfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall mit in die Beurteilung einzubeziehen
wären.
Der Anmeldung eines Gewerbebetriebes auf Seiten der eingesetzten Hilfskräfte kommt keine ins Gewicht fallende eigenständige
Aussagekraft zu. Dabei ist wiederum schon im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Sozialversicherungspflicht
von abhängig Beschäftigten (und entsprechend die Pflicht zur Abführung von Beitragsanteilen für geringfügig Beschäftigte nach
§§ 249b
SGB V, 172 Abs. 3
SGB VI) als Pflichtversicherung ausgestaltet hat (vgl. insbesondere auch §
32 SGB I). Diese steht als solche nicht zur freien Disposition der Beteiligten.
Ohnehin hat jeder Bürger das Recht, die Ausübung eines Gewerbes bei der zuständigen Behörde anzumelden. Im Rahmen dieses Anmeldungsverfahrens
erfolgt überhaupt keine inhaltliche Prüfung auf Seiten der die Anmeldung entgegennehmenden Behörde, ob die angemeldete Tätigkeit
sich überhaupt nach Maßgabe rechtlicher Beurteilungsmaßstäbe oder gar speziell im sozialrechtlichen Sinn als eine selbständige
Tätigkeit darstellt oder ob sie im Ergebnis etwa im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt wird. Für die vorliegend
gebotene Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung zu einer selbständigen Tätigkeit bringt bei dieser Ausgangslage der Anmeldung
eines Gewerbebetriebes allenfalls die subjektive Einschätzung des Anmeldenden (soweit die Anmeldung nicht ohnehin auf wirtschaftlichen
Druck des Auftraggebers vorgenommen worden ist und soweit sie überhaupt mit einem spezifischen Bezug auf die nachfolgend konkret
ausgeübte Tätigkeit erfolgt sein sollte) zum Ausdruck, dass er selbst von der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit ausgehen
mag. Eine solche Selbsteinschätzung kann im vorliegenden Zusammenhang schon angesichts der erläuterten für abhängige Beschäftigungen
sprechende strukturelle Ausgestaltung der Tätigkeit der streitbetroffenen Arbeitskräfte keine ins Gewicht fallende Relevanz
erlangen.
Es bedarf keiner weiteren Prüfung, ob und ggfs. in welchem Ausmaß eventuell in Teilen des streitbetroffenen Zeitraums die
streitbetroffenen Zusteller mitunter auch anderweitig beruflich tätig gewesen sein könnten. Viele Arbeitnehmer gehen neben
einer abhängigen Beschäftigung noch weiteren beruflichen Tätigkeiten nach, mag es sich dabei um selbständige (Neben-)Tätigkeiten
oder um weitere abhängige Beschäftigungsverhältnisse handeln.
Insbesondere - in der Praxis jedoch nicht nur - Teilzeitbeschäftigte haben die Möglichkeit, in nennenswertem Umfang nebeneinander
für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Auch solche Beschäftigte müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten
überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind. Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erst
in der Zusammenschau mit weiteren - im vorliegenden Zusammenhang fehlenden - typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit
(BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, BSGE 120, 99).
Zutreffend hat die Antragsgegnerin die zwischen der Antragstellerin und den streitbetroffenen Zustellern bestehenden Beschäftigungsverhältnisse
auch als illegal im Sinne von §
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV eingeordnet.
Vor allem der Umstand, dass "illegale Beschäftigung" mit dem SchwarzArbG 2002 und dem SchwarzArbG 2004 in einen engen Zusammenhang mit dem Tatbestand der "Schwarzarbeit" gestellt worden ist, zeigt, dass der Begriff "illegales
Beschäftigungsverhältnis" im Sinne von §
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV einerseits weit zu verstehen ist und infolgedessen bei allen Erscheinungsformen illegaler "Schattenwirtschaft (Beschäftigung)"
anzuwenden, andererseits aber auf bestimmte beschäftigungsbezogene Pflichtverletzungen (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchwarzArbG 2004) beschränkt werden muss (BSG, Urteil vom 09. November 2011 - B 12 R 18/09 R -, BSGE 109, 254-265, SozR 4-2400 § 14 Nr 13). Insoweit sollten mit der in dem neuen Satz 2 aufgestellten (unwiderlegbaren) Vermutung einer
Nettoarbeitsentgeltvereinbarung zuvor bestehende Schwierigkeiten beim Nachweis einer solchen (legalen) Vereinbarung beseitigt
werden. Dabei steht die angestrebte Klärung dieser unbefriedigenden Ausgangssituation dahingehend, dass bei derartigen Zahlungen
"unter der Hand" für die Beitragsbemessungsgrundlage nunmehr vom Bruttoarbeitsentgelt auszugehen war, in einem untrennbaren
Zusammenhang mit der zugleich im Interesse der verfolgten Gesetzesziele angestrebten Abschreckungswirkung.
Hieran anknüpfend ist die Bedeutung der "Illegalität" eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von §
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV auch mit Blick auf den Gesetzeszweck auf die Verletzung von Pflichten zu beschränken, die eine Affinität zur Beschäftigung
(selbst) oder einen im öffentlichen Recht wurzelnden, spezifischen Bezug zu ihr haben (BSG, Urteil vom 09. November 2011 - B 12 R 18/09 R -, BSGE 109, 254 mwN).
Für die Frage, in welchem Grade die die Illegalität im Sinne von §
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV begründenden Pflichtverstöße von einem subjektiven Element getragen sein müssen, ist in Ermangelung anderer Maßstäbe an die
für die Verjährung vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge geltende Regelung des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV (Verlängerung der Verjährungsfrist von vier auf dreißig Jahre) anzuknüpfen. Danach ist für den Eintritt dieser qualifizierten
Folge ebenfalls (mindestens bedingter) Vorsatz erforderlich (BSG, aaO).
Im vorliegenden Zusammenhang handelt es sich letztlich um einen klassischen Fall der Schwarzarbeit. Die Antragstellerin beschäftigte
zahlreiche Arbeitnehmer, für die sie regelmäßig Sozialversicherungsbeiträge abführte.
Mit den entsprechenden Pflichten war sie mithin gut vertraut. Ihrem Geschäftsführer war auch bekannt, dass die Tätigkeit der
streitbetroffenen Zusteller keine relevanten strukturellen Unterschiede im Vergleich zu den von angestellten Mitarbeitern
wahrgenommenen Zustelltätigkeiten aufwies (vgl. auch die Zeugenaussage von F.: Subunternehmer oder auch angestellte Fahrer,
alle haben dasselbe gemacht). Die streitbetroffenen Zusteller hatten weder gewichtige unternehmerische Risiken zu tragen noch
waren ihnen unternehmerische Freiheiten eingeräumt worden. Soweit die Antragstellerin mit ihnen formal schriftliche Verträge
über eine Mitwirkung als Subunternehmer abgeschlossen hat, ist ausgehend von den Zeugenaussagen im Strafverfahren sogar davon
auszugehen, dass sie jedenfalls teilweise den Inhalt dieser Verträge schon aufgrund unzureichender Kenntnisse der deutschen
Sprache gar nicht verstehen konnten.
Nach derzeitigem Sach- und Streitstand ist kein Raum für eine anderweitige Wertung des Sachverhalts erkennbar, als dass dem
Geschäftsführer der Antragstellerin der Vorwurf einer jedenfalls bedingt vorsätzlichen Beitragshinterziehung zu machen ist.
Ohnehin ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine den Vorsatz indizierende Kenntnis von der Beitragspflicht regelmäßig
anzunehmen, wenn für das gesamte typische Entgelt insbesondere bei sog. "Schwarzarbeit" - wie auch im vorliegenden Zusammenhang
- überhaupt keine Beiträge entrichtet werden (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 12 R 11/14 R -, SozR 4-2400 § 28p Nr. 6 mwN).
Auf der Basis der damit entsprechend §
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV gebotenen "Hochrechnung" der tatsächlich netto zur Auszahlung gelangten Entgelte auf ein hypothetisches Bruttoarbeitsentgelt,
wie sie von der Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Einzelheiten näher erläutert worden ist, ist
von Seiten der Antragstellerin nicht, und zwar auch nicht in Bezug nur auf einzelne der in dem angefochtenen Bescheid der
geltend gemachten Teilbeitragsforderungen, etwas dafür hinreichend substantiiert aufgezeigt worden, dass richtigerweise von
einem geringeren der Beitragsbemessung zugrunde zu legenden Entgelt auszugehen sein könnte (vgl. hinsichtlich der Darlegungslast
auch BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 12 R 11/14 R -, BSGE 120, 209, zur "ausnahmslosen Aufzeichnungspflicht" des Arbeitgebers, welche gerade dazu dient, Fragen der Versicherungs- und Beitragspflicht
rückwirkend prüfen zu können und deren Missachtung - auch unabhängig von einem Verschulden auf Seiten des Arbeitgebers - eine
Schätzungsbefugnis auf Seiten des Rentenversicherungsträgers auslöst).
Ergänzend verweist der Senat auf die zutreffenden Begründungen in dem angefochtenen Bescheid.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG. Angesichts der bei wirtschaftlicher Betrachtung erheblichen Relevanz des vorliegend angestrebten vorläufigen Rechtsschutzes
erscheint es angemessen, die Höhe des Streitwertes mit der Hälfte der streitbetroffenen Forderungen in Ansatz zu bringen (vgl.
auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Februar 2014 - L 1 KR 361/13 B ER -, juris; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12. November 2013 - L 4 KR 383/13 B ER -, juris).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).