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LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30.06.2016 - 7 AS 414/16
Vollständiger Wegfall des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II infolge einer wiederholten Pflichtverletzung Warn- und Steuerungsfunktion Standardisierte Rechtsfolgenbelehrung
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Senats ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Leistungsabsenkung wegen einer Pflichtverletzung die Erteilung einer vorherigen Rechtsfolgenbelehrung, die den Hilfebedürftigen über die Konsequenzen eines etwaigen Fehlverhaltens belehren muss.
2. Aufgrund ihrer Warnfunktion muss sich die Belehrung konkret auf die jeweilige Obliegenheit beziehen, mit dieser in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen sowie konkret, verständlich, richtig und vollständig sein, weil nur eine verständliche Rechtsfolgenbelehrung die mit den Sanktionen verfolgte Zweckbestimmung, das Verhalten des Hilfebedürftigen zu steuern, verwirklichen kann.
3. Erforderlich ist insbesondere eine Umsetzung der in Betracht kommenden Verhaltensanweisungen und möglichen Maßnahmen auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls.
4. Aufgrund der schwerwiegenden Wirkung der Herabsetzung der Grundsicherungsleistungen sind insoweit strenge Anforderungen an den Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung zu stellen, weshalb maßgeblich für eine hinreichende Belehrung auch nicht das Kennen oder Kennenmüssen der Rechtsfolgen ist, sondern allein der objektive Erklärungswert der Belehrung.
5. Die Warn- und Steuerungsfunktion geht danach verloren, wenn der Grundsicherungsträger die Rechtsfolgenbelehrung derart standardisiert, dass mehrere Varianten zur Auswahl gestellt werden und der genaue Inhalt nur unter Hinzuziehung des Gesetzestextes zu erschließen ist.
Normenkette:
SGB II § 31
Vorinstanzen: SG Braunschweig 22.04.2016 S 44 AS 141/16 ER
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 22. April 2016 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23. März 2016 gegen den Bescheid vom 8. März 2016 angeordnet.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin deren notwendige außergerichtliche Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt D., E., ohne Anordnung von Ratenzahlung.

Entscheidungstext anzeigen: