Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags
Leistungen nach dem SGB II für KdU in tatsächlicher Höhe
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts (SG) Stade, mit dem ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU)
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) abgelehnt wurde. Heizkosten sind dabei nicht betroffen.
Die am 11. Juli 1983 geborene Antragstellerin zu 1) (im Folgenden: Antragstellerin) ist polnische Staatsangehörige und die
Mutter des am 7. August 2011 geborenen Antragstellers zu 2) sowie des am 13. November 2019 geborenen Antragstellers zu 3)
(Bl. 70ff der elektronischen Verwaltungsakte - eVA). Sie hat ein drittes Kind, die am 31. Januar 2006 geborene Tochter X..
Nach ihren Angaben trennte sie sich im November 2019 von ihrem Ehemann, der der Vater ihrer Kinder ist, und blieb zunächst
mit den Kindern weiterhin in der gemeinsamen Unterkunft. Sie entschloss sich dann, mit ihren Kindern eine eigene Unterkunft
zu beziehen und nahm Kontakt zum Antragsgegner auf.
Am 6. Mai 2020 ging beim Antragsgegner ein Schreiben der Antragstellerin vom 1. Mai 2020 mit einem Antrag auf Gewährung von
SGB II-Leistungen ab dem 1. Juli 2020 ein (Bl. 1ff. eVA). Die Antragstellerin gab an, vom Antragsgegner die Aufgabe bekommen zu
haben, drei Mietangebote einzureichen. Sie habe – bedingt durch die Corona-Krise – nur ein Mietangebot bekommen. Dazu reichte
die Antragstellerin einen auf den 25. April 2020 datierten nur teilweise leserlichen Mietvertrag ein, der nur von den Vermietern
unterschrieben war (Bl. 3ff eVA). Der Mietvertrag betrifft eine 5-Zimmer-Wohnung in der J. 1, K. mit einer Größe von 138 m²
für eine Bruttokaltmiete von 935 € (785 € Kaltmiete, 150 € Nebenkosten). Die Antragstellerin schrieb dem Antragsgegner, sie
wisse, dass die Wohnung teurer als besprochen sei. Am 13. Mai 2020 gelangte ein leserliches Exemplar des Mietvertrages zu
den Akten, wiederum nicht von der Antragstellerin unterschrieben und mit Orts- und Datumsangabe „L., 25.04.2020“ (Bl. 62 eVA).
Mit Bescheid vom 13. Mai 2020 (Bl. 55 eVA) lehnte der Beklagte eine Zustimmung zu dem geplanten Umzug ab. Der Miethöchstbetrag
in M. betrage für 4 Personen 625 € für die Bruttokaltmiete. Das vorgelegte Mietangebot übersteige diesen Betrag um 310 €.
Ab dem 1. Juli 2020 würden im Fall der Anmietung nur die angemessenen Mietkosten übernommen; die Differenz müsse die Antragstellerin
tragen.
Dagegen erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 21. Mai 2020 Widerspruch (Bl. 167, 201 eVA). Eine nach den Vorstellungen
des Antragsgegners passende Wohnung habe sie nicht bekommen. Sie habe den Mietvertrag als Vorlage anfertigen lassen, er sei
noch nicht zustande gekommen. Der potentielle Vermieter habe ihr eine letzte Frist bis zum 28. Mai 2020 für die Annahme gesetzt.
Die Antragstellerin bat um Übernahme der Miete in voller Höhe, ggf. könne sie auch etwas dazuzahlen. Sie bat auch um Übernahme
der Kaution und der Umzugskosten, notfalls um ein entsprechendes Darlehen. Sie reichte zu ihrem Schreiben Ausdrucke ihrer
elektronischen Kommunikation zwischen Januar und April 2020 im Zusammenhang mit der Wohnungssuche ein (Bl. 169ff. eVA). Mit
Schreiben vom 28. Mai 2020 (Bl. 215 eVA) teilte die Antragstellerin mit, dass sie sich dafür entschieden habe, den Mietvertrag
zu unterschreiben. Sie legte dazu einen von den Vermietern und von ihr selbst unterschriebenen Mietvertrag mit den bekannten
Konditionen, datierend vom 26. Mai 2020 vor (Bl. 219ff. eVA).
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2020 (zugestellt am 25. Juni 2020, Bl. 277 eVA) wies der Antragsgegner den Widerspruch
zurück (Bl. 267 eVA). Die dagegen erhobene Klage (S 32 AS 362/20; Bl. 318ff. eVA) wurde zurückgenommen (Bl. 489 eVA).
Mit Bescheid vom 30. Juni 2020 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern und X. in Anbetracht des erwarteten Erwerbseinkommens
vorläufig Leistungen für den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 in Höhe von insgesamt 672,18 € monatlich (Bl. 282 eVA; zur Höhe
der Einzelansprüche vgl. die dem Bescheid beigefügten Berechnungsbögen). Die KdU berücksichtigte der Antragsgegner dabei in
Höhe von monatlich 625 € (ohne Heizkosten; Anm.: Die Antragstellerin hatte angegeben, erst im Folgejahr die Heizkostenabrechnung
zu bekommen, Bl. 243 eVA). Mit Bescheid vom 15. Juli 2020 und Widerspruchsbescheid vom 9. September 2020 lehnte der Antragsgegner
die darlehensweise Übernahme der Mietkaution und die Gewährung einer Beihilfe zu den Umzugskosten ab (Bl. 302, 428 eVA).
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. Juni 2020 erhoben die Antragsteller und X. am 28. Juli 2020 Widerspruch (Bl. 325 eVA,
Widerspruchsbegründung: Bl. 329 eVA). Als KdU seien die tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen. Unter Beifügung einer von
der Antragstellerin geschalteten Anzeige und weiterer digitaler Kommunikation (vgl. Bl. 338ff. eVA) wiesen sie darauf hin,
dass die Antragstellerin weit über 24 Bewerbungsschreiben auf Mietangebote verfasst habe.
Am 11. August 2020 erging ein Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Verden (Aller). Dort wurde ausgeführt, dass die
familiären Verhältnisse ausgesprochen problematisch seien, insbesondere auch im Hinblick auf eine Kindeswohlgefährdung in
Bezug auf X. und den Antragsteller zu 2) (Bl. 418ff. eVA). Der Beschluss regelt, dass der Lebensschwerpunkt des Antragstellers
zu 2) und der von X. bis auf weiteres beim Kindesvater liegt; ein Umgang zwischen der Antragstellerin und X. sollte sich nach
X.s Wünschen richten, der mit Erik (Antragsteller zu 2)) nach den Schichtdienstzeiten des Vaters. Laut Meldebescheinigung
(Bl. 479ff. eVA) sind X. und der Antragsteller zu 2) seit dem 1. Juli 2020 lediglich mit einer Nebenwohnung bei der Antragstellerin
gemeldet.
Mit Bescheid vom 1. September 2020 (Bl. 396 eVA) setzte der Antragsgegner die Leistungen für die Antragsteller und X. für
die Monate Juli und August 2020 endgültig fest, jeweils unter Berücksichtigung von KdU in Höhe von lediglich 625 € (Bl. 399ff.
eVA). Die gegenüber dem Bescheid vom 30. Juni 2020 höheren Leistungen ergaben sich aus der Anrechnung von niedrigerem Erwerbseinkommen.
Mit Änderungsbescheid vom 1. September 2020 bewilligte der Antragsgegner daraufhin auch für die Monate September bis Dezember
2020 vorläufig höhere Leistungen (insgesamt 826,10 € monatlich, vgl. im Einzelnen Bl. 406ff. eVA), weiterhin unter Anerkennung
von KdU in Höhe von 625 €. Mit Änderungsbescheid vom 23. September 2020 (Bl. 452 eVA) änderte der Antragsgegner den Bescheid
vom 30. Juni 2020 und vom 1. September 2020 und berechnete die Leistungsansprüche für die Monate Oktober bis Dezember 2020
neu unter Berücksichtigung der Kosten für eine Gaslieferung, des für den Antragsteller zu 3) (Lukas) gezahlten Unterhalts
und des Umstandes, dass der Antragsteller zu 2) und X. ihren Lebensschwerpunkt ab dem 7. August 2020 bei ihrem Vater hatten.
Für die Monate Oktober bis Dezember 2020 erließ der Antragsgegner später noch weitere Änderungsbescheide (Bescheid vom 4.
November 2020 - Bl. 538 eVA – und Bescheide vom 8. Dezember 2020, Bl. 617 eVA und Bl. 630 eVA). In allen Bescheiden erkannte
er KdU immer nur in Höhe von 625 € an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2020 gab der Antragsgegner dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Juni 2020
im Hinblick auf die Einkommensanrechnung teilweise statt. Im Übrigen, insbesondere im Hinblick auf die Höhe der KdU, wies
er den Widerspruch zurück. Der Mietvertrag, mit dem die Angemessenheitsgrenze deutlich überschritten werde, sei in Kenntnis
des zu erwartenden SGB II-Leistungsbedarfs und der mit Bescheid vom 13. Mai 2020 mitgeteilten Höchstbeträge abgeschlossen worden.
Dagegen erhoben die Antragsteller und X. am 13. Oktober 2020 unter dem Aktenzeichen S 32 AS 471/20 Klage vor dem SG (Bl. 492, 643 eVA).
Am selben Tage haben die Antragsteller und X. vor dem SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Ziel, den Antragsgegner zur Gewährung von Leistungen unter Anerkennung
der tatsächlichen KdU zu verpflichten. Den Mietvertrag habe die Antragstellerin (schon) am 25. April 2020 unterschrieben.
Die Antragsteller seien zwar bei ihrem Umzug, nicht aber beim Eingehen des Mietverhältnisses hilfebedürftig gewesen. Soweit
Obliegenheiten des Hilfebedürftigen bestünden, seien diese an das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit gekoppelt. Die Miete müsse
immer voll übernommen werden, wenn die Leistungsberechtigten erst kurz vor dem Leistungsbezug in eine unangemessen teure Wohnung
gezogen seien. Bei Abschluss des Mietvertrages sei die Hilfebedürftigkeit nicht vorhersehbar gewesen und beim Mietvertragsabschluss
sei auch nicht vorhersehbar gewesen, dass der Antragsteller zu 2) und X. ab dem 7. August 2020 ihren Lebensmittelpunkt wieder
beim Vater haben würden. Die Antragstellerin habe über vier Monate lang erfolglos versucht, eine angemessene Mietwohnung zu
finden. Es werde bestritten, dass im fraglichen Zeitraum eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung vorhanden
gewesen sei. Die Wohnungssuche sei in die Zeit des Lockdowns und der Corona-Pandemie gefallen. Durch die hohe Unterdeckung
von 310 € sei die Existenz der Antragsteller gefährdet. Die Antragsteller seien vermögenslos und verfügten über keinerlei
finanzielle Mittel. Wenn die Angemessenheitsgrenze überschritten werde, müsse zunächst die Miete immer in voller Höhe übernommen
werden. Die Kostensenkungsaufforderung sei erstmalig mit dem Bewilligungsbescheid vom 30. Juni 2020 erfolgt. Der Antragsteller
zu 2) werde an 13 Werktagen im Monat und an mindestens zwei Wochenenden von der Antragstellerin betreut, womit annährend hälftige
Kindesbetreuung vorliege. Insbesondere aber sei die Angemessenheitsprüfung für die Bewilligungszeiträume vom 1. März 2020
bis 31. Dezember 2020 nach § 67 Abs. 3 SGB II ausgesetzt. Eine Verlängerung bis zum 31. März 2021 sei beschlossen worden.
Der Antragsgegner ist dem Vorbringen entgegengetreten. Mangels „schlüssigen Konzepts“ sei für die Angemessenheit auf die Werte
der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Aufschlages von 10% abzustellen. Die Bruttokaltmiete von 935 € liege erheblich darüber.
Die Wohnflächengrenze liege bei 85 m² für einen Vierpersonenhaushalt und sei mit 138 m² unangemessen. Nach sozialrechtlichen
Maßstäben sei sie für einen 10-Personen-Haushalt angemessen. Einen Übergangszeitraum von 6 Monaten könnten die Antragsteller
wegen Bösgläubigkeit nicht beanspruchen. Angesichts der konfliktreichen ehelichen Beziehung habe die Antragstellerin auch
nicht von bereitwilligen Unterhaltszahlungen des Ehemannes ausgehen können (Bezugnahme auf Bl. 1, 497 eVA). In seinem Zuständigkeitsbereich
gebe es auch in ausreichendem Maße angemessene Unterkünfte. Der Vortrag zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses widerspreche
dem Vorbringen der Antragstellerin im Schreiben vom 21. Mai 2020.
Zwischenzeitlich gelangte ein Exemplar des Mietvertrages zu den Akten, das sowohl von den Vermietern als auch von der Antragstellerin
unterschrieben wurde und das Datum 25. April 2020 trägt (Bl. 513 eVA).
Mit Beschluss von 23. November 2020 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es fehle am Anordnungsgrund. Ein Eilbedarf bestehe nur dann, wenn ein
Verlust der Wohnung drohe. Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Der Antragsteller zu 2) und X. hätten in der streitigen
Wohnung noch nicht einmal den Hauptwohnsitz. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Antragsteller nicht den Ehemann
bzw. Vater auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch nähmen.
Gegen den am 24. November 2020 zugestellten Beschluss (Empfangsbekenntnis: Bl. 29a der Gerichtsakte – GA) wenden sich die
Antragsteller (ohne X.) mit ihrer am 30. November 2020 eingelegten Beschwerde. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II i. V. mit der Verordnung zur Verlängerung des Zeitraums für das vereinfachte Verfahren für den Zugang zu den Grundsicherungssystemen
und für Bedarfe für Mittagsverpflegung aus Anlass der COVID-19-Pandemie vom 25. Juni 2020. Die Angemessenheitsprüfung für
Bewilligungszeiträume, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2020 begännen, sei ausgesetzt. Aber auch nach allgemeinen
Grundsätzen sei ein Anordnungsanspruch gegeben. Die Antragsteller wiederholen insoweit ihr erstinstanzliches Vorbringen. Auch
ein Anordnungsgrund liege angesichts der sehr hohen Unterdeckung vor, ohne dass es dazu einer Räumungsklage bedürfe. Das Existenzminimum
sei bedroht. In Bezug auf den Antragsteller zu 2) liege eine annähernd hälftige Kindesbetreuung auf Seiten der Antragstellerin
vor. Für X. sei aktuell vereinbart worden, dass diese sich mit dem Antragsteller zu 2) an zwei Wochenenden im Monat im Haushalt
der Antragstellerin aufhalten solle.
Auf Anfrage des Senats teilt die Prozessbevollmächtigte zu den verschiedenen Versionen der Mietverträge mit, dass nicht zweifelsfrei
geklärt werden könne, warum zwei Mietverträge angefertigt worden seien. Auf weitere Nachfrage geben die Antragsteller an,
dass ein Bekannter der Antragstellerin (Herr N.) ein Darlehen in Höhe von 1.115 € (richtig wohl: 1.150 €, vgl. den vorgelegten
„Darlehensvertrag“) gewährt habe. Der Darlehensvertrag sei zunächst mündlich geschlossen und im Nachhinein am 30. Dezember
2020 schriftlich fixiert worden. Aus dieser Summe seien am 5. Oktober und 2. November 2020 zwei Bareinzahlungen auf das Konto
erfolgt (600 € und 550 €). Die Beträge seien für die am 3. Werktag eines Monats fälligen Mietzahlungen verwendet worden. Elterngeld
und Kindergeld würden Mitte des Monats überwiesen. Außerdem bestehe die Unterdeckung nicht nur in Höhe von 310 €, sondern
die Leistungen würden zunächst ohne Berücksichtigung des Antragstellers zu 2) und der Tochter X. ausgezahlt, obwohl ersterer
nahezu die Hälfte des Monats bei der Antragstellerin lebe. Ein weiteres Darlehen habe der Bruder der Antragstellerin gewährt,
und zwar in Höhe von 2.000 € für die Mietkaution und 1.000 € für die Gaslieferung (Rechnung vom 9. Oktober 2020). Der Darlehensvertrag
sei ebenfalls zunächst mündlich geschlossen und später am 30. Dezember 2020 schriftlich niedergelegt worden. Aus diesem Darlehen
sei die Einzahlung von 1.000 € auf das Konto bei der Volksbank O. erfolgt. Am selben Tag sei die Gasrechnung (1.161,60 €)
bezahlt worden. Der Betrag sei am 19. Oktober 2020 fällig gewesen und der Antragsgegner habe die Kosten erst mit Gutschrift
vom 23. Oktober 2020 übernommen, weswegen das Darlehen erforderlich geworden sei. Auch der Ehemann der Antragstellerin habe
ein Darlehen zur Verfügung gestellt (Bl. 86), und zwar am 5. Dezember 2020 in Höhe von 900 € für Mietzahlungen (Anm.: Laut
schriftlicher Bestätigung des Ehemannes vom 23. Dezember 2020 hat die Antragstellerin den Betrag am 11. Dezember 2020 zurückgezahlt).
Kontoeinzahlungen in Höhe von 400 € am 12. Dezember 2020 und in Höhe von 250 € am 7. Dezember 2020 gingen auf ein Darlehen
von Herrn N. zurück; der Vertrag sei mündlich geschlossen worden und schriftlich am 12. Januar 2021 niedergelegt worden (Anlage,
Bl. 102 GA). Die Antragstellerin sei darauf auch im Dezember angewiesen gewesen, weil der Antragsgegner die aus der temporären
Bedarfsgemeinschaft resultierenden Leistungen nicht im Voraus auszahle. Die Antragstellerin sei inzwischen hoch verschuldet
und die Bereitschaft ihrer Freunde und Bekannten zur Darlehensgewährung sei wohl ausgeschöpft. Ihren Zahlungsverpflichtungen
könne sie nicht mehr nachkommen, wie sich u. a. aus einer Bankmitteilung vom 5. Januar 2021 ergebe (Bl. 88 GA, Anlage). Aktuell
teilt die Antragstellerin noch mit, dass sie die Wohnung zum 1. Mai 2021 gekündigt habe.
Der Antragsgegner tritt dem Vorbringen unter erneutem Hinweis auf die Unangemessenheit der KdU entgegen. Bereits wegen der
Bösgläubigkeit bei der Anmietung scheide § 67 SGB II als Anspruchsgrundlage aus. Nach der Trennung hätte die Antragstellerin den ihr zustehenden Unterhalt auch einfordern müssen.
Der Antragsteller weist auf sein Schreiben vom 15. Juli 2020 hin, mit dem er den Ehemann zur Offenlegung seiner Einkommens-
und Vermögensverhältnisse aufgefordert hat (Bl. 4 des entsprechenden Verwaltungsvorgangs – Unterhalt -, geheftet nach Bl.
714 eVA). Auf eine weitere, an die Rechtsanwältin des Ehemannes gerichtete Anfrage des Antragsgegners vom 8. Dezember 2020,
wonach u. a. der Antragsteller zu 2) und X. für die Monate Juli bis September 2020 ohne Anrechnung von Unterhaltszahlungen
SGB II-Leistungen bezogen hätten, teilt die Anwältin mit, dass die Tochter X. und der Antragsteller zu 2) durchgehend beim Vater
gewohnt hätten. Die Antragstellerin habe beabsichtigt, die beiden Kinder mitzunehmen, aber dazu sei es nicht gekommen (Schreiben
der Rechtsanwältin P. vom 14. Dezember 2020, Bl. 25 eVA Unterhalt).
Der Antragsgegner hat zwischenzeitlich mit Bescheid vom 22. Dezember 2020 der Antragstellerin und dem Antragsteller zu 3)
(Bl. 704 eVA) Leistungen für den Zeitraum Januar bis Juni 2021 vorläufig in einer Gesamthöhe von 809,14 € monatlich bewilligt
und dabei weiterhin KdU in Höhe von 625 € anerkannt. Nachfolgend sind hierzu verschiedene Änderungsbescheide ergangen ohne
Auswirkungen auf die Höhe der KdU.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten
des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
I. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach §§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig. Sie ist nicht nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG ausgeschlossen, denn in der Hauptsache bedürfte die Berufung nicht der Zulassung. Die Antragsteller begehren SGB II-Leistungen für KdU in tatsächlicher Höhe, d. h. in Höhe des derzeit bestehenden „Fehlbetrages“ von monatlich 310 €. In der
Hauptsache begehren sie diesen Betrag für den gesamten Bewilligungsabschnitt, der von dem Bescheid vom 30. Juni 2020 in der
Fassung der Änderungsbescheide und des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2020 erfasst wird, also für die Monate Juli
bis Dezember 2020 in Höhe von (6 x 310€ =) 1.860 €. Damit ist der für die Zulässigkeit der Berufung erforderliche Beschwerdewert
von mehr als 750 € (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG) überschritten. Nichts anderes gilt, wenn man dabei berücksichtigt, dass im Rahmen eines Eilrechtsschutzverfahrens Leistungen
in der Regel lediglich für den Zeitraum ab der Einreichung des Eilantrages zugesprochen werden können. Nachdem der Antrag
beim SG am 13. Oktober 2020 gestellt worden ist, könnten die begehrten höheren Leistungen jedenfalls noch für die 19 verbleibenden
Tage im Oktober sowie für die Monate November und Dezember 2020 zugesprochen werden. Auch damit wäre die 750 €-Grenze überschritten,
denn der begehrte Betrag von 310 € würde anteilig für die 19 Tage im Oktober noch (310 € : 30 x 19 =) 196,33 € ausmachen und
hinzu kämen 620 € für die Monate November/Dezember 2020.
Die Beschwerde ist auch für die Antragsteller zu 2) und 3) zulässig, denn in dem angefochtenen Beschluss wurde auch ihr Antrag
auf Eilrechtsschutz abgelehnt; die Beschwerde wurde auch mit Zustimmung nicht nur der Antragstellerin als Kindesmutter, sondern
auch des Kindesvaters eingelegt (vgl. Bl. 40 GA).
II. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Eilrechtsschutz liegen nicht vor.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche
Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes
setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines materiell-rechtlichen
Anspruchs auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie
einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
begründet, voraus. Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) glaubhaft zu machen.
1. Gegenstand des Eilrechtsschutzbegehrens ist ausschließlich die Gewährung weiterer Leistungen für KdU für die Antragsteller
unter Berücksichtigung der tatsächlichen KdU. Die vorläufige Gewährung von Eilrechtsschutz kommt dabei nur für die Zeit ab
der Einreichung des Antrages beim SG am 13. Oktober 2020 bis zum Ende der Geltungsdauer des angefochtenen Bescheides - Ende Dezember 2020 - in Betracht (vgl.
Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, Kommentar, 13. Auflage 2020, §
86b Rn. 35a).
2. Ein streitiges Rechtsverhältnis liegt insoweit vor, denn die Antragsteller haben gegen den Bescheid vom 30. Juni 2020 in
Gestalt der danach ergangenen Änderungsbescheide und des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2020 Klage erhoben.
3. Der Senat lässt offen, ob der Antrag des Antragstellers zu 2) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig
ist, weil es ggf. an der Antragsbefugnis fehlt. Bei Kindern, die – wie der Antragsteller zu 2) – ihren Lebensmittelpunkt bei
dem anderen Elternteil (hier: dem Vater) haben, dürfte kein eigener grundsicherungsrechtlicher Bedarf in Bezug auf KdU bestehen.
Vielmehr sind höhere Wohnkosten, die aufgrund der Wahrnehmung des Umgangsrechts bestehen, ggf. als zusätzlicher Bedarf bei
dem umgangsberechtigten Elternteil (hier: der Mutter) zu berücksichtigen (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, Kommentar, 4. Auflage 2017, § 22 Rn. 86). Der Antrag ist jedenfalls unbegründet (siehe nachfolgende Ausführungen zu Ziffer 4.).
4. Der Antrag ist unbegründet, denn es fehlt am Anordnungsanspruch und am Anordnungsgrund.
a) Ein Anordnungsanspruch ergibt sich weder nach allgemeinen Grundsätzen im Zusammenhang mit der Anwendung von § 22 SGB II noch aus der pandemiebedingten Sonderregelung des § 67 SGB II. Den Antragstellern stehen keine höheren Leistungen für KdU zu.
aa) Dies folgt aus § 22 Abs. 1 SGB II. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen
sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige
Bedarf anerkannt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen,
sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft
nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen
zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Die Sonderregelung des § 67 Abs. 3 SGB II gilt hingegen im vorliegenden Fall nicht. Nach § 67 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1, Abs. 6 SGB II i. V. m. den Reglungen in der Vereinfachter–Zugang-Verlängerungsverordnung (VZVV) vom 25. Juni 2020 sowie der Ersten Verordnung
zur Änderung der Vereinfachter-Zugangs-Verlängerungsverordnung vom 16. September 2020 (inzwischen Geltungsdauer nach § 67 Abs. 1 SGB II in der Fassung vom 9. Dezember 2020 bis zum 31. März 2021 verlängert) ist § 22 Abs. 1 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass für Bewilligungszeiträume, die - wie vorliegend - im Zeitraum vom 1. März bis 31. Dezember
2020 beginnen, die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Dauer von sechs Monaten als angemessen gelten.
Das Sozialschutz-Paket insgesamt, in dessen Rahmen die Sonderregelung des § 67 SGB II erlassen worden ist, soll dazu beitragen, die erheblichen Auswirkungen der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 auf Wirtschaft
und Beschäftigung abzufedern (Groth, in: jurisPK-
SGB I, Stand 17. Dezember 2020, §
67 Rn. 12 unter Hinweis auf BT-Drs. 19/18107, S. 1). Zweifelsfrei sind mit dieser Regelung jene Personen geschützt, die im dort
geregelten Zeitraum SGB II-Leistungen neu beantragen - ggf. sogar wegen pandemiebedingter Einkommenseinbußen oder pandemiebedingten Arbeitsplatzverlustes
- und befürchten müssen, deswegen ihre bisherige Wohnung nicht mehr behalten zu können. Ihr Wohnraum soll - länger als nach
§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II möglich - gesichert bleiben, ohne dass das Damoklesschwert über ihnen schwebt, geringere Leistungen unter Einhaltung der
Angemessenheitsgrenzen zu erhalten und sich in Pandemiezeiten um neuen Wohnraum bemühen zu müssen. Auch solche Personen, die
zwar schon SGB II-Leistungen beziehen und unangemessen hohe KdU haben, bei denen aber noch kein Kostensenkungsverfahren durchgeführt wurde
bzw. dieses noch nicht abgeschlossen ist, werden nach Sinn und Zweck der Regelung erfasst. Auch dieser Personenkreis soll
nicht in Pandemiezeiten Nachteile erleiden und gezwungen werden, sich gerade dann auf die Suche nach einer neuen Unterkunft
begeben zu müssen (Sicherung des status quo). Die Regelung ist aber nicht auf Personen zu erstrecken, die erstmals SGB II-Leistungen beantragen und zur gleichen Zeit aus Gründen, die nichts mit der Pandemie zu tun haben, neuen Wohnraum beziehen
wollen (und auch nicht auf SGB II-Bezieher, die pandemieunabhängig eine neue Wohnung beziehen wollen). Soweit diese Personen die Wohnungssuche ohnehin und
trotz der bestehenden Verhältnisse aus Gründen auf sich nehmen (müssen), die in keinerlei Zusammenhang mit der Pandemie stehen,
wäre es nicht nachvollziehbar, wenn in solchen Fällen, in denen es von vornherein nicht um die Beibehaltung der vorhandenen
Unterkunft gehen kann, die Angemessenheitsgrenzen nicht gelten sollten. Die gesetzlich gewollte Verhinderung eines Umzuges
bzw. Sicherung der bisherigen Wohnung ist in diesen Fällen von vornherein nicht erreichbar. Selbstverständlich bleibt auch
für diesen Personenkreis ein Umzug möglich, aber unter Einhaltung der bisher geltenden Regeln. Dass der Gesetzgeber nicht
„unangemessenen Wohnraum für alle“ finanzieren wollte, hat er jedenfalls auch mit der Einschränkung deutlich gemacht, dass
§ 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht in den Fällen gilt, in denen im vorangegangenen Bewilligungszeitraum die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen
als Bedarf anerkannt wurden. Damit ist der Personenkreis erfasst, der durch die – fortbestehende – Beschränkung auf die angemessenen
Kosten keinen neuen Nachteil erleiden würde. Genauso liegt es bei Personen, die neuen Wohnraum von sich aus ohne pandemiebedingte
Veranlassung suchen – sie müssen sich ohnehin auf geänderte Verhältnisse einstellen und ein besonderer Schutzbedarf ist nicht
gegeben. Diese Auslegung entspricht auch der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Intention des Gesetzgebers
für die Regelung in § 67 Abs. 3 SGB II. Demnach sollen die Sonderregelungen in § 67 SGB II wirtschaftliche Auswirkungen der COVID-19-Pandemie abmildern (BT-Drs. 19/18107 Seite 25 zu Nummer 2). Sinn und Zweck der
Sonderregelung in Absatz 3 ist es, dass die „von der Auswirkung der Pandemie Betroffenen“ sich „nicht auch noch um ihren Wohnraum
sorgen müssen“. Der in diesen Formulierungen deutlich zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers bei der Schaffung der Regelung
des § 67 Abs. 3 SGB II ist in Anbetracht der aus dem Gewaltenteilungsprinzip abgeleiteten Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) an die
Gerichte, die gesetzgeberische Grundentscheidung zu respektieren und den Willen des Gesetzgebers möglichst zuverlässig zur
Geltung zu bringen (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 918/10 -, juris Rn. 53), im Rahmen der Auslegung der Vorschrift von besonderer Bedeutung und von den Gerichten daher besonders zu
beachten.
Die Antragsteller gehören im Hinblick auf ihre Hilfebedürftigkeit bzw. die anfallenden KdU nicht zu den von den Auswirkungen
der Pandemie Betroffenen. Vielmehr hat sich die Antragstellerin nach der Entscheidung, sich von ihrem Ehemann zu trennen,
ohnehin um eine neue Unterkunft bemüht und sich dagegen entschieden, weiter in der ehelichen Wohnung zu bleiben. „Ihren“ Wohnraum,
nämlich die gemeinsame Unterkunft beim Ehemann, hat sie aufgegeben. Es ist kein Grund erkennbar, warum hier die üblichen Angemessenheitsgrenzen
nicht gelten sollten. Dass der Zeitpunkt des Auszugs der Antragstellerin, die sich nach Aktenlage seit langer Zeit mit dem
Gedanken getragen haben soll, sich von ihrem Ehemann zu trennen, gerade in den Zeitraum der Corona-Pandemie fällt, kann ihr
hinsichtlich der Höhe der ihr zustehenden KdU nicht zugutekommen. Wenn sie sich von vornherein eine (viel zu) teure Wohnung
sucht – und ihr war dies aufgrund der vorherigen Anfrage ebenso bewusst wie die Tatsache, dass sie auf SGB II-Leistungen angewiesen sein würde -, gibt es keinen objektiven Grund dafür, die zu hohen tatsächlichen Kosten zu übernehmen.
Soweit der 11. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen die Auffassung vertritt, die Sonderregelung des § 67 Abs. 3 SGB II greife ohne Weiteres ein, wenn es nach einem tatsächlich erfolgten Umzug aufgrund der Deckelung der KdU-Leistungen auf die
Angemessenheitsgrenze zu einer Deckungslücke zwischen den anfallenden KdU einerseits und den vom Jobcenter gewährten KdU-Leistungen
andererseits komme und deswegen die aktuell bewohnte Wohnung bedroht sei (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.
September 2020 – L 11 AS 508/20 B ER), folgt der erkennende Senat dieser Auffassung aus den vorgenannten Gründen nicht. Jedenfalls dann, wenn erstmalig und
unabhängig von der derzeit herrschenden Pandemie SGB II-Leistungen beantragt werden und der Beginn der Hilfebedürftigkeit mit dem Beginn eines neuen Mietverhältnisses zusammenfällt,
kann die Angemessenheitsprüfung nicht nach § 67 Abs. 3 SGB II entfallen. Eine weitergehende Auslegung der Vorschrift würde geradezu den umgekehrten Anreiz schaffen – es würde nicht nur
die Erhaltung von bestehendem unangemessen teurem Wohnraum erfolgen, sondern die Neuanmietung von und Umzüge in unangemessen
teuren Wohnraum würden belohnt werden, und dies auch in Fällen, in denen die Hilfebedürftigkeit völlig unabhängig von der
derzeit herrschenden Pandemie eintritt bzw. fortbesteht.
Der Senat teilt deshalb nicht die Auffassung, dass derjenige, der Fakten schafft und in Kenntnis der zu hohen Kosten gleichwohl
eine zu teure Wohnung anmietet, sich hinterher darauf berufen kann, er verliere diese Wohnung, wenn das Jobcenter die Kosten
dafür nicht in voller Höhe übernehmen würde. Die Folgen eines derartigen Verhaltens hat nicht die Allgemeinheit, sondern der
Betroffene selbst zu tragen, denn dabei geht es nicht um Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit (§
1 Abs.
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB I), sondern um Verantwortung und Konsequenzen für selbstbestimmtes Handeln. Diese Grenze gilt es aufzuzeigen und einzuhalten.
Jeder andere, der eine für seine Verhältnisse (zu) teure Wohnung anmietet und dann feststellt, dass die dafür anfallenden
Kosten ihn finanziell überfordern, müsste genauso entsprechende Konsequenzen ziehen. Warum sollte derjenige, für dessen Existenzsicherung
die Allgemeinheit einsteht, der also seine KdU nicht selbst aufbringt, insoweit besser gestellt werden? Alles andere würde
darauf hinauslaufen, dass derjenige, der bewusst das finanzielle Risiko eingeht (oder gar – auf die Spitze getrieben - nach
dem Prinzip „Frechheit siegt“ handelt), durch sozialgerichtliche Entscheidungen in seinem Vorgehen noch bestärkt wird. Diesen
Grundsatz kennt das Sozialrecht aber zu Recht nicht, und dementsprechend ist es auch abzulehnen, eine derartige Haltung durch
sozialgerichtliche Entscheidungen zu fördern und diese durch individuelles Verhalten provozierten Kosten auf die Allgemeinheit
abzuwälzen (und der großen Mehrheit der sich an die Angemessenheitsgrenzen haltenden Leistungsempfänger damit außerdem zu
signalisieren, dass besonders offensives Auftreten oder bewusst unvernünftiges Verhalten zu einem „Mehr“ an staatlichen Leistungen
führt; stattdessen ist aufzuzeigen, dass für alle die gleichen Maßstäbe gelten).
Das gegenteilige Ergebnis, das zur Folge hätte, dass jeder – auch derjenige, der bereits eine Wohnung zu angemessenen Kosten
innehat - derzeit jede Wohnung zu jedem Preis anmieten könnte und ggf. dafür sogar noch Umzugs- und weitere Folgekosten beanspruchen
könnte (nebst nochmaliger Inanspruchnahme derartiger Leistungen nach dem Auslaufen der Regelung des § 67 SGB II), widerspräche dem bereits oben herausgearbeiteten gesetzgeberischen Willen. Und dieser kommt nicht nur an der erwähnten
Stelle zum Ausdruck. Darauf gilt es in Anbetracht der Stimmen, die auf diesen Willen z.T. bislang nicht abstellen, nochmals
gesondert hinzuweisen. Vielmehr wird er bereits in der Überschrift und den einleitenden Abschnitten A. („Problem und Ziel“)
und B. („Lösung“) des Gesetzentwurfs „für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung (…) aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2“
(BT-Drs. 19/18107) deutlich. Hier wird ausgeführt, dass es mit dem Gesetz um das Auffangen derjenigen geht, die aufgrund der
Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus vorübergehend erhebliche Einkommenseinbußen erfahren (Hervorhebung durch den Senat), und dass die daraus folgende existenzielle Not aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen
der Corona-Krise vermieden werden soll. Deshalb solle eine zeitnahe Unterstützung der Betroffenen durch ein vereinfachtes
Verfahren erfolgen, dadurch erfolge außerdem eine Unterstützung der Arbeitsfähigkeit der Jobcenter (BT-Drs. 19/18107, Seiten
1 und 2). Erreicht werden soll damit ersichtlich der Personenkreis, bei dem – pandemiebedingt – Einkommen wegfällt, darunter
insbesondere diejenigen, die - wie Kleinunternehmer und Solo-Selbständige - weder über nennenswerte Rücklagen verfügen und
auch keinen Zugang zu anderen Absicherungen wie Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- oder Insolvenzgeld haben oder z.B. Einkommenseinbußen
durch die Einführung von Kurzarbeit haben (vgl. auch BT-Drs. 19/18107, S. 24). Zu § 67 Abs. 1 SGB II führt die Gesetzesbegründung aus, dass der Zeitraum der Geltung der Sonderregelungen berücksichtigt, dass Personen durch
die Auswirkungen (insbesondere) der im Laufe des Monats März 2020 in Kraft getretenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens
durch die COVID-19-Pandemie hilfebedürftig geworden sind und deshalb einen Leistungsantrag stellen, der in diesem Zeitraum
wirksam wird (S. 25). Zu der konkreten Regelung des § 67 Abs. 3 SGB II wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, wo bereits dargelegt worden ist, dass der Gesetzgeber ausdrücklich den Gesetzeszweck
formuliert, dass die von den Auswirkungen der Pandemie Betroffenen sich nicht auch noch um ihren Wohnraum sorgen müssen. Es
soll also vermieden – oder besser verhindert – werden, dass diejenigen, die von den wirtschaftlichen Auswirkungen der pandemiebedingten
Maßnahmen betroffen sind, ihren bisherigen Wohnraum verlieren.
§ 67 Abs. 3 Satz 3 SGB II steht dem nicht entgegen. Dieser Vorschrift kann dreierlei entnommen werden. Erstens sorgt sich der Gesetzgeber in den Zeiten
der Pandemie um den Erhalt von Wohnraum (– und nicht um Neuanmietungen). Zweitens stellt er klar heraus, dass gerade nicht
jeder von der Fiktion des § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II profitieren soll. Es wird vielmehr deutlich, dass der Gesetzgeber nicht jedem pandemieunabhängig unangemessenen Wohnraum
finanzieren wollte – was mit dem in erster Linie mit dem Gesetz erstrebten „erleichterten Zugang zu Sozialer Sicherung“ auch
nicht in Einklang stünde. Insofern erscheint es nur konsequent, ein eindeutiges und für jedermann klares Abgrenzungskriterium
zu wählen, aus dem dies deutlich wird. Und ein klares und handhabbares Abgrenzungskriterium ist nun einmal ein bereits abgeschlossenes
Kostensenkungsverfahren – und die Gewährung angemessener Kosten. Dieser Personenkreis muss nicht mehr pandemiebedingt geschützt
werden. Dass in Absatz 3 Satz 3 auf vorausgehende Bewilligungszeiträume Bezug genommen wird, erscheint dabei nur auf den ersten
Blick möglicherweise nicht ganz konsequent. Tatsächlich ist aber davon auszugehen, dass aus dem in der Gesetzesbegründung
hervorgehobenen Personenkreis (Kleinunternehmer, Solo-Selbständige, Aufstocker) einige auch schon vor dem 1. März 2020 ergänzende
SGB II-Leistungen bezogen haben. Hätte der Gesetzgeber in § 67 SGB II nur auf Neuanträge abgestellt, hätte man diesen Personenkreis von der Regelung des § 67 Abs. 3 SGB II von vornherein ausgeschlossen. Es trifft zwar zu, dass dadurch auch andere, „normale“ SGB-II-Bezieher von der Regelung profitieren (nämlich diejenigen, die – noch - in unangemessenen Wohnungen leben und bei denen noch
kein Kostensenkungsverfahren durchgeführt und abgeschlossen worden ist). Das ist vor dem Hintergrund des zentralen gesetzgeberischen
Anliegens, während der Corona-Pandemie bestehenden Wohnraum zu erhalten, aber zum einen gut vertretbar und zum anderen auch
vor dem Hintergrund, dass eine noch präzisere gesetzliche Formulierung zur punktgenauen Abgrenzung äußerst schwierig wäre,
hinzunehmen. Keineswegs zulässig ist es, daraus zu schließen, es werde nun „freier Wohnraum“ zu jedem Preis und jeder Wohnungsgröße
für alle und jeden finanziert. Für den Personenkreis, dem bereits (nach abgeschlossenen Kostensenkungsverfahren oder wegen
von vornherein angemessen hoher tatsächlicher Kosten) angemessene KdU gewährt werden, kann nichts anderes gelten, wenn er
ab dem 1. März 2020 eine neue Wohnung beziehen will oder bezieht. Bei ihm bleibt es bei den bisherigen Angemessenheitsgrenzen.
Anderenfalls würden diese bisher für ihn geltenden Angemessenheitsgrenzen nämlich durch die Hintertür doch ausgehebelt. Das
entspricht weder dem Sinn und Zweck des Gesetzes noch dem gesetzgeberischen Willen. Gerade mit dem Verweis auf die bisherigen
Angemessenheitsgrenzen macht der Gesetzgeber deutlich, dass der Gesetzgeber für den davon betroffenen Personenkreis daran
festhalten will. Es wäre geradezu widersinnig, wenn ein Leistungsbezieher, bei dem wegen zu hoher tatsächlicher Kosten (ggf.
auch zu großer Wohnfläche) ein Kostensenkungsverfahren durchgeführt und abgeschlossen worden ist, nun eine gleich teure oder
teurere und ggf. auch größere Wohnung anmietet (z.B. in einem Mehrfamilienhaus die gleich große und gleich teure Nachbarwohnung)
und dies aus Steuermitteln finanziert werden soll.
Nicht ausgeblendet werden darf bei der Auslegung auch der Gesamtzusammenhang, der zu den Regelungen des Sozialschutzpaketes
geführt hat. So stand die Bundesrepublik im März 2020 vor der bislang noch nicht dagewesenen Situation einer Pandemie mit
der Notwendigkeit, das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben massiv herunterzufahren. Dementsprechend bemühten sich
die staatlichen Institutionen zügig um Lösungen, um einerseits die Pandemie zu bekämpfen und andererseits die Folgen für die
Betroffenen abzumildern oder gar aufzufangen. Wenn zu diesem Zweck ein „Sozialschutzpaket“ erstellt und in diesem Kontext
die hier in Rede stehende Regelung des § 67 Abs. 3 SGB II erlassen wird, kann dies bei der Auslegung der Regelung nicht unberücksichtigt bleiben. Sinn und Zweck der zur Bekämpfung
der Pandemiefolgen erlassenen Regelung ist es dementsprechend nicht, Gelder in Bereichen zu "versenken“, die mit der Pandemie
in keinem Zusammenhang stehen (und auch keiner Regelung bedürften), und dadurch letztendlich nur „Mitnahmeeffekte“ auszulösen
und Steuermittel unnötig zu vergeuden. Diese Steuermittel werden im Übrigen zur Zeit dringend gebraucht, um die erforderlichen
Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung und deren Folgen abzufedern. Es besteht weder Anlass noch Grund, diese Mitnahmeeffekte zu
fördern, selbst wenn der Wortlaut dies ggf. noch zuließe. Ein Zurückziehen auf den Wortlaut einer Regelung erscheint an dieser
Stelle zu kurz gegriffen. Deshalb sei nur ergänzend erwähnt, dass der Gesetzgeber an keiner Stelle des § 67 SGB II (oder in der Gesetzesbegründung) von Neuanmietungen spricht.
Soweit gelegentlich der Begriff des „handwerklichen Fehlers“ bemüht wird, um ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen, ist festzuhalten,
dass ein derartiger „handwerklicher Fehler“ hier nicht erkennbar ist, sondern dass es lediglich einer sachgerechten und lebensnahen
Auslegung bedarf, um den Anwendungsbereich des § 67 Abs. 3 SGB II zutreffend zu bestimmen. Nur am Rande weist der Senat darauf hin, dass es von vielen Seiten immer wieder Beschwerden darüber
gibt, dass gesetzliche Regelungen in der Bundesrepublik zunehmend kleinteiliger werden. Darüber braucht man sich allerdings
nicht zu wundern oder gar zu beschweren, wenn trotz erkennbaren gesetzgeberischen Willens Auslegungen vorgenommen werden,
die diesem Willen nicht entsprechen. Die getroffene Regelung erscheint vollkommen ausreichend, um das oben genannte gesetzgeberische
Ziel – Erhalt von Wohnraum, Abfedern von Folgen pandemiebedingter wirtschaftlicher Einschränkungen - umzusetzen und unberechtigte
Ansprüche auf (zu) teuren neuen Wohnraum abzuwehren.
Zudem würde das mit der Schaffung der Regelung ebenfalls verfolgte Ziel der Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Jobcenter
nicht erreicht, sondern konterkariert. Denn damit entstünde für die Jobcenter durch die dann nachträglich erforderlich werdenden
Kostensenkungsverfahren nebst ggf. nachfolgenden Widerspruchs- und Klageverfahren auch erheblicher zusätzlicher Arbeitsaufwand.
Auch aus der Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II - Erhöhung der KdU nach nicht erforderlichen Umzug – ergibt sich kein Argument, dass zu einer anderen Bewertung der oben
diskutierten Fragen führen könnte. Es wäre ohnehin bereits fraglich, ob diejenigen, die einen besonders weiten Anwendungsbereich
des § 67 SGB II ohne jegliche Einschränkungen annehmen, diese Regelung überhaupt anwenden würden. Nur der Vollständigkeit halber weist der
Senat darauf hin, dass die Vorschrift die Kosten nur in bestimmten Konstellationen begrenzt – z.B. nicht im hier zu entscheidenden
Fall. Davon abgesehen ist – wie dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist - auch die Frage der Erforderlichkeit in der
Praxis nicht immer schnell und eindeutig zu beantworten mit der Folge, dass den Jobcentern zusätzlicher Verwaltungsaufwand
entstehen würde, der aber gerade vermieden werden soll.
Zusammengefasst: Weshalb aus § 67 Abs. 3 SGB II geschlussfolgert werden sollte, dass SGB II-Empfänger, die während des laufenden Leistungsbezuges umziehen oder wie hier, mit bzw. kurz nach dem Leistungsantrag und
zeitgleich zum Leistungsbeginn eine teure Wohnung überhaupt erst anmieten wollen, die über den Angemessenheitsgrenzen liegenden
Kosten finanziert bekommen sollen, und was dies mit dem gesetzgeberischen Ziel, die erheblichen Auswirkungen der Verbreitung
des Coronavirus SARS-CoV-2 auf Wirtschaft und Beschäftigung abzufedern, zu tun haben könnte, erschließt sich nicht. Und es
kommt noch ein Aspekt hinzu: Das Befürworten einer derartig freigiebigen Finanzierung von (der Sache nach) unangemessenem
Wohnraum – zudem in einer Pandemiezeit, die bei vielen Bürgern Existenznöte auslöst - wäre insbesondere gegenüber denjenigen
einkommensschwachen Personen und Familien, die knapp oberhalb der SGB II-Bedürftigkeitsgrenzen leben, ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren müssen (und aus den von ihnen gezahlten Steuern auch
zur Finanzierung der SGB II-Leistungen beitragen), und die sich selbst die Anmietung teurer Wohnungen nicht leisten könnten, nicht zu rechtfertigen.
Dies könnte ggf. sogar den bisher funktionierenden Zusammenschluss der Gesellschaft in der Pandemie gefährden und damit Einfluss
auf den sozialen Frieden haben. Diese möglichen Folgen gerichtlicher Entscheidungen auszublenden, erscheint bedenklich. Hinzu
kommen erhebliche (und völlig unnötige) Ausgaben für die Steuerzahler, wenn aus SGB II-Mitteln nicht nur über einen längeren Zeitraum die unangemessene Miete nebst Heizkosten gezahlt werden müsste, sondern später
ein Kostensenkungsverfahren durchzuführen wäre und womöglich zwei Umzüge finanziert werden müssten (in die unangemessene Wohnung
und später in die dann angemessene). Auf den dadurch ausgelösten (ebenfalls aus Steuermitteln zu zahlende) zusätzlichen Verwaltungsaufwand
sowie weitere Kosten für eventuelle Rechtsbehelfs- und Gerichtsverfahren ist bereits eingegangen worden.
bb) Nach den zu § 22 SGB II entwickelten Grundsätzen ist der Antragsgegner nicht zur Anerkennung der tatsächlichen unangemessenen KdU verpflichtet.
(1) Mangels Vorliegens eines sog. schlüssigen Konzepts ergibt sich die Angemessenheitsgrenze vorliegend aus den Vorgaben des
§ 12 Wohngeldgesetz (WoGG) und den Beträgen laut Anlage 1 (Wohngeldtabelle) zuzüglich eines 10-prozentigen Sicherheitszuschlages (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R, Rn. 30). Stellt man zugunsten der Antragsteller darauf ab, dass bei Bezug der Unterkunft dort vier Personen – die Antragsteller
und X. – wohnen sollten, so ergibt sich zunächst nach den o. g. Grundsätzen bei der für den Landkreis Verden geltenden Mietenstufe
I für vier Personen ein Betrag von 568 €. Zuzüglich des Sicherheitsaufschlages von 10% liegt die Angemessenheitsgrenze damit
bei dem vom Antragsgegner zugrunde gelegten Betrag von 625 €. Auf diese Grenze ist vorliegend abzustellen mit der Folge, dass
die tatsächliche Bruttokaltmiete von 935 € als unangemessen anzusehen ist. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass den
Antragstellern konkret gar nicht die Anmietung einer preiswerteren, die Angemessenheitsgrenzen einhaltenden Unterkunft möglich
gewesen wäre. Die vorgelegten Auszüge aus Chats mit potentiellen Vermietern belegen nicht in ausreichendem Maße ernsthafte
Bemühungen um angemessenen Wohnraum. Sie sind kaum aussagekräftig und lassen größtenteils überhaupt nicht erkennen, um welche
Art Wohnraum zu welchen Kosten sich die Antragstellerin bemüht hat.
Für den Fall, dass ein Leistungsberechtigter - wie vorliegend - kurz vor dem Beginn des Leistungsbezuges eine Wohnung mit
unangemessen hohen Kosten anmietet, wird grundsätzlich angenommen, dass nicht sofort die Pflicht zur Kostensenkung eintritt,
sofern er keine Kenntnis von der Unangemessenheit der Kosten hat (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 19/09 R, Rn. 16f. und vom 30. August 2020 – B 4 AS 10/10 R, Rn. 21). Etwas anderes gilt aber in Fällen, in denen zurechenbar sowohl in Kenntnis des zu erwartenden SGB II-Leistungsbezuges als auch in Kenntnis der Unangemessenheit der Kosten beispielsweise ein Mietvertrag über eine sehr teure
Wohnung abgeschlossen wird. In solchen Fällen der Bösgläubigkeit brauchen die unangemessenen Kosten je nach Lage des Einzelfalls
nicht oder jedenfalls nicht für sechs Monate vom Grundsicherungsträger übernommen zu werden (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a. a. O. Rn. 17 und vom 30. August 2020, a. a. O.). In derartigen Konstellationen, in denen
ein Missbrauch anzunehmen ist, kann auch ohne vorherige Kostensenkungsaufforderung ein Fall vorliegen, in dem die Aufwendungen
für die Unterkunft von vornherein nur in abgesenktem Umfang zu übernehmen sind (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Rn. 17).
Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin den Mietvertrag tatsächlich
am 26. Mai 2020 abgeschlossen hat – zu einem Zeitpunkt also, als der Bescheid vom 13. Mai 2020 mit dem Hinweis auf die Unangemessenheit
der Miete bereits ergangen war. Einen Vertragsschluss schon für den 25. April 2020 konnten die Antragsteller nicht glaubhaft
machen. Für diese Einschätzung ist Folgendes maßgeblich:
Dem Schreiben vom 1. Mai 2020, mit dem SGB II-Leistungen beantragt wurden, war ein Mietvertrag bzw. eine Kopie mit dem Datum „25.04.2020“ beigefügt, der nur von den Vermietern
unterschrieben war (Bl. 6 eVA). Da das Exemplar nur zu einem kleinen Teil leserlich war, erfolgte auf Anforderung durch den
Antragsgegner (Schreiben vom 8. Mai 2020, Bl. 37 eVA) am 12. Mai 2020 die Übersendung einer Vermieterbescheinigung vom 8.
Mai 2020 (Bl. 52 bis 54 eVA). Daraufhin erging umgehend der Bescheid vom 13. Mai 2020 über die Ablehnung der Kostenübernahme
und Ablehnung einer Zustimmung zu dem Umzug (Bl. 55 eVA). Am selben Tage ging nochmals ein Mietvertragsexemplar bzw. eine
Kopie beim Antragsgegner ein, die diesmal vollständig leserlich war und nach Art der handschriftlichen Ergänzungen, Schriftbild
und Unterschriften identisch mit dem bereits übersandten Exemplar war und wiederum nur die Unterschriften der Vermieter trug
und das Datum „25.04.2020“ aufwies (Bl. 62ff. eVA). Im Widerspruchsschreiben vom 21. Mai 2020 teilte die Antragstellerin dann
u. a. mit, dass der Mietvertrag bislang nur eine Vorlage sei, die sie habe anfertigen lassen. Er sei noch nicht zustande gekommen
(Bl 201 eVA). Sie habe eine letzte Frist zur Annahme bis zum 28. Mai 2020. Am 2. Juni 2020 ging dann ein Schreiben der Antragstellerin
vom 28. Mai 2020 mit einem Mietvertragsexemplar (oder dessen Kopie) ein, das von den Vermietern und der Antragstellerin unterschrieben
war und das Datum 26. Mai 2020 trägt (Bl. 219ff. eVA). Erst nachdem die Antragstellerin im Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz
mitgeteilt hatte, sie habe den Mietvertrag bereits am 25. April 2020 unterschrieben und der Antragsgegner demgegenüber auf
einen Vertragsschluss am 26. Mai 2020 hingewiesen hatte, teilte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit, dass ihr
ein Mietvertrag in Kopie vorliege, der von Vermieter- und Mieterseite am 25. April 2020 unterschrieben worden sei. Das Vertragsexemplar
bzw. die Kopie gelangte zu den Akten des Antragsgegners (Bl. 511ff. eVA) und ist dem Schriftbild und dem Inhalt der handschriftlichen
Zusätze nach ganz offensichtlich das bereits ohne die Unterschrift der Antragstellerin eingereichte Exemplar mit Datum 25.
April 2020. Auf Bl. 589ff. eVA findet sich dann noch einmal das Exemplar, das am 26. Mai 2020 vollständig unterschrieben wurde.
Der vollständig unterschriebene Mietvertrag mit dem Datum 26. Mai 2020 wurde mit Schreiben vom 4. November 2020 auch zur Erklärung
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen des PKH-Verfahrens eingereicht. Der so datierte Vertrag
ist ganz offenbar der, den die Antragstellerin selbst für maßgeblich hält, wenn es nicht auf das genaue Datum ankommt. Und
das ist auch zur Überzeugung des Senats das maßgebliche Vertragsdatum. Die Antragstellerin hatte im Widerspruchsschreiben
vom 21. Mai 2020 (Bl. 167 eVA) noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Vertrag noch gar nicht zustande gekommen sei.
Erst als sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Vertragsunterzeichnung am 26. Mai 2020 als nachteilig
herausstellte, gelangte ein auch von ihr unterzeichnetes und auf den 25. April 2020 datiertes Exemplar zu den Akten. Die von
der Antragstellerin dazu abgegebenen Erklärungen überzeugen nicht. So hat sie im Schriftsatz vom 6. November 2020 (Bl. 16
GA) mitgeteilt, sie habe, nachdem der Antragsgegner auf die Unleserlichkeit des eingesandten Vertragsexemplars hingewiesen
hatte, den erstmalig bereits am 25. April 2020 von allen Mietvertragsparteien unterzeichneten Vertrag nicht mehr finden können
und geglaubt, ihn im Original an eine andere Behörde geschickt zu haben; daraufhin habe sie die Vermieter gebeten, einen Mietvertrag
neu aufzusetzen. Später hat sie erklärt, dass der Beschwerdegegner ihr auf Nachfrage erklärt habe, es werde die Vorlage eines
nicht unterschriebenen Mietvertrages verlangt (Schriftsatz vom 21. Dezember 2020, Bl. 65 GA) und dass zunächst beide Seiten
den Mietvertrag unterschrieben hätten, sie aber von Bekannten gehört habe, dass dies falsch sei und ein Mietangebot nicht
unterschrieben sein dürfe. Daher habe der Vermieter zwei Verträge ausgestellt. Als dann die Antwort des Antragsgegners gekommen
sei, wonach er jetzt einen richtigen Mietvertrag brauche, habe sie nochmals einen Mietvertrag unterschrieben und an den Antragsgegner
gesandt. Das gesamte Vorbringen ist bereits wegen seiner Widersprüchlichkeit nicht glaubhaft. Schließlich kommt hinzu, dass
allein der mit Datum 26. Mai 2020 vollständig unterschriebene Vertrag einen handschriftlichen Zusatz über die Haustierhaltung
trägt (Zustimmung zur Haltung eines Katers, Bl. 219, 592 eVA; dieser Zusatz fehlt auf dem vermeintlich vom 25. April 2020
stammenden Vertrag (vgl. Bl. 64 eVA).
Im Übrigen war sich die Antragstellerin auch schon über die Unangemessenheit der KdU im Klaren, bevor der Antragsgegner den
Bescheid vom 13. Mai 2020 erlassen hat, denn in ihrem Schreiben vom 1. Mai 2020 hatte sie unter Bezugnahme auf bereits zuvor
stattgehabte Kontakte im Hinblick auf die Wohnung erklärt: „Ich weiß sie ist teurer als besprochen,..“.
Die Antragstellerin - und ihnen zurechenbar die Antragsteller zu 2) und 3) - wussten damit jedenfalls vor Vertragsschluss
um die Unangemessenheit der Kosten; zu diesem Zeitpunkt wusste die Antragstellerin auch, dass sie hilfebedürftig werden würde.
Gegen die sich anbahnende Hilfebedürftigkeit kann hier nicht eingewendet werden, dass den Antragstellern Unterhaltsansprüche
zustehen würden – es wäre dann nicht nachvollziehbar, warum überhaupt ein Antrag auf SGB II-Leistungen gestellt worden ist. Die Anmietung der Wohnung in dem Bewusstsein, dass sie unangemessen teuer war und dass mit
dem Beginn des Mietverhältnisses Hilfebedürftigkeit zu erwarten war, ist als missbräuchlich anzusehen mit der Folge, dass
den Antragstellern kein Anspruch auf höhere Leistungen für KdU zusteht.
b) Neben dem Anordnungsanspruch fehlt es auch nach wie vor am Anordnungsgrund. Eine besondere Eilbedürftigkeit ist nicht erkennbar.
Wie der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 15. Januar 2021 ausgeführt hat, sind der Antragstellerin erhebliche Beträge
zugeflossen, die zum Ausgleich der Fehlbeträge in Höhe von monatlich 310 € verwendet werden konnten. Dabei bestehen Zweifel,
ob die der Antragstellerin von dritter Seite zur Verfügung gestellten Beträge tatsächlich als Darlehen gewährt wurden und
die Antragstellerin dabei ernsthaften Rückforderungsansprüchen ausgesetzt ist. Dagegen spricht, dass größtenteils erst nachträglich
eine schriftliche Ausformulierung erfolgt ist. Ferner hat die Antragstellerin eine Zuwendung des Ehemannes in Höhe von 900
€ vom 5. Dezember 2020 schon am 11. Dezember 2020 zurückgezahlt (vgl. die entsprechende schriftliche Bestätigung vom 23. Dezember
2020). Dies ist angesichts wahrscheinlich bestehender Unterhaltsansprüche der Antragstellerin nicht verständlich. Vor diesem
Hintergrund ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Fehlbetrag zwischen anerkannten KdU und tatsächlichen KdU in Höhe von
310 € nicht aus den zur Verfügung stehenden Mitteln und Zuwendungen Dritter beglichen werden kann. Schließlich hat die Antragstellerin
inzwischen auch mitgeteilt, dass sie die Wohnung zum 1. Mai 2021 gekündigt hat. Dass noch vorher Wohnungslosigkeit eintreten
wird, ist ganz und gar unwahrscheinlich. Eine Eilbedürftigkeit für den streitigen Zeitraum vom 13. Oktober 2020 bis 31. Dezember
2020 besteht nicht.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
IV. Der am 30. November 2020 gestellte Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen, denn
die Rechtsverfolgung hat aus den dargestellten Gründen nicht die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg, §§ 73a
SGG, 114
Zivilprozessordnung (
ZPO).
V. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).