Besetzung eines halben Vertragsarztsitzes nach partieller Entsperrung eines Planungsbereichs
Offensive Konkurrentenklage
Wegfall einer Überversorgung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Besetzung eines halben Vertragsarztsitzes nach partieller Entsperrung des Planungsbereichs
Landkreis J..
2017 beschloss der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Niedersachsen die Aufhebung der für den Planungsbereich
angeordneten Zulassungssperre für die Arztgruppe der Chirurgen im Umfang eines halben Vertragsarztsitzes. Nach Ausschreibung
des halben Sitzes im Niedersächsischen Ärzteblatt (Nds ÄBl, Heft 12/2017, S 62) gingen beim zuständigen Zulassungsausschuss
K. drei Bewerbungen ein, darunter die des Beigeladenen zu 1. und die des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) am L., dessen
Trägerin die Klägerin ist.
Der 1955 geborene Beigeladene zu 1. ist seit dem 22. Mai 1986 approbiert, seit dem 25. März 1995 Facharzt für Chirurgie und
seit dem 18. September 2007 Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Seit dem 1. Januar 2017 ist er als Facharzt für Orthopädie
und Unfallchirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung im Umfang eines halben Vertragsarztsitzes mit Praxissitz in M. zugelassen
und außerdem seit dem 23. August 2016 in die Warteliste für einen Vertragsarztsitz im Planungsbereich Landkreis J. eingetragen.
Die Klägerin beabsichtigt die Anstellung des 1963 geborenen Dr. Ralf N. in ihrem MVZ. Er ist seit dem 6. Juli 1995 approbiert
und seit dem 26. Februar 2000 Facharzt für Chirurgie. Seit 2006 ist er als Chefarzt am L. in Vollzeit beschäftigt und seit
2013 Ärztlicher Direktor des Krankenhauses.
Mit Beschluss vom 14. Februar 2018 erteilte der Zulassungsausschuss K. dem Beigeladenen zu 1. die Zulassung als Facharzt für
Chirurgie, Unfallchirurgie für den Vertragsarztsitz O. 2 in P. im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrags. Gleichzeitig
lehnte er die Anträge der übrigen Bewerber ab, mithin auch die von der Klägerin beantragte Genehmigung der Anstellung von
Dr. N.. Zur Begründung führte er aus, dass er unter mehreren Bewerbern eine Auswahlentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen
zu treffen und dabei die dafür maßgeblichen Kriterien im Einzelfall abzuwägen habe. Bei dieser Entscheidung habe er das Kriterium
„bestmögliche Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes“ am stärksten gewichtet,
weshalb der halbe Versorgungsauftrag an den Standort P. zu vergeben sei. Lediglich der Beigeladene zu 1. und Dr. N. beabsichtigten
eine Tätigkeit an diesem Standort, sodass die Auswahl zwischen ihnen zu treffen sei. Bei den Kriterien Approbationsalter und
Dauer der ärztlichen Tätigkeit seien diese beiden Bewerber gleichzusetzen, da beide vor mehr als fünf Jahren die Facharztausbildung
abgeschlossen hätten. Als Chirurgen böten beide ein konservativ-chirurgisches Behandlungsspektrum an, sodass sie auch bei
dem Kriterium „Versorgungsgesichtspunkte“ gleichzusetzen seien. Damit habe der Ausschuss das von ihm am wenigsten stark gewichtete
Kriterium „Wartelisteneintragung“ für die Auswahl heranzuziehen. Durch die Eintragung in die Liste werde der Wille zur vertragsärztlichen
Tätigkeit nach außen dokumentiert. Der Beigeladene zu 1. sei im Gegensatz zu Dr. N. in die Warteliste eingetragen. Danach
habe der Ausschuss dem Beigeladenen zu 1. die Zulassung für den hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, allein sie biete die Gewähr dafür, dass das Versorgungsangebot
kurzfristig in P. zur Verfügung stehe und dauerhaft dort bleibe. Demgegenüber bestünden erhebliche Zweifel am Willen des Beigeladenen
zu 1., sich am Standort P. niederzulassen. Dagegen spreche schon die Tatsache, dass er seine Tätigkeit am Vertragsarztsitz
auch über zwei Monate nach der Zulassung noch nicht aufgenommen habe. Überdies werde in den einzigen Praxisräumen des von
ihm benannten Praxissitzes seit dem 14. Mai 2018 eine Zahnarztpraxis betrieben. Damit stehe zu vermuten, dass der Beigeladene
zu 1. nie einen Mietvertrag oder eine Mietoption für den Standort besessen und auch nie vorgehabt habe, dort Tätigkeiten auszuüben.
Bei diesem Sachverhalt liege die Vermutung nahe, dass die Entscheidung auf einer Täuschung des Zulassungsausschusses fuße.
Der Beigeladene zu 1. sei nicht zulassungsfähig, da er keinen Vertragsarztsitz benennen könne. Zudem könne nicht von einer
identischen Eignung der Bewerber im Hinblick auf Versorgungsgesichtspunkte ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung seiner
Qualifikation und entsprechend der Antragsbegründung werde Dr. N. einen Schwerpunkt im Bereich der konservativen Chirurgie
ausüben. Zu bedenken seien daneben aber seine Weiterbildung im Bereich der Ernährungsmedizin und die feste Absicht, ein überregionales
Netzwerk zur Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden aufzubauen. Ein solches Angebot fehle im Planungsbereich gänzlich,
und diesen besonderen Versorgungsbedarf könne nur die Klägerin mit Dr. N. bedienen. Schließlich spielten bei der Auswahlentscheidung
auch die Barrierefreiheit der Praxis und damit die Belange von Menschen mit Behinderung eine Rolle; die Räumlichkeiten des
MVZ der Klägerin seien vollständig barrierefrei und wiesen sanitäre Einrichtungen auch für Menschen mit Behinderung auf. Das
Kriterium der Eintragung in die Warteliste habe bei einer Beteiligung von MVZ an Auswahlverfahren von vornherein außer Betracht
zu bleiben. Da die Auswahlkriterien bei MVZ auf die anzustellenden Ärzte anzuwenden seien, diese in der Regel nicht in die
Warteliste eingetragen seien und MVZ sich nicht selbst in die Warteliste eintragen lassen könnten, wären MVZ bei Anwendung
dieses Auswahlkriteriums regelmäßig benachteiligt. Ohnehin stehe der Beigeladene zu 1. erst seit nicht einmal eineinhalb Jahren
auf der Warteliste. Anders als er habe sich die Klägerin bereits 2015 mit Dr. N. auf einen freien Sitz beworben. Im Übrigen
sei bei einer Bewerberkonkurrenz regelmäßig zu prüfen, ob ein schon älterer Vertragsarzt noch langfristig an der Versorgung
der Versicherten teilnehmen wolle. Daran bestünden hinsichtlich des Beigeladenen zu 1. aber ernsthafte Zweifel.
Mit Beschluss vom 13. Juni 2018 - ergänzt am 15. August 2018 - wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die
gesetzliche Aufzählung der Auswahlkriterien sei nicht abschließend; die Zulassungsgremien könnten hiervon abweichen oder weitere
Erwägungen in ihre Abwägung einstellen. Dabei komme es nicht auf eine an den subjektiven Merkmalen des Bewerbers orientierte
„Bestenauslese“ an, sondern - in Bezug auf die Eignung - auf die bestmögliche Versorgung der Versicherten. Die Kriterien Approbationsalter
und Dauer der ärztlichen Tätigkeit seien bei beiden Bewerbern als gleichwertig zu gewichten, da sie jeweils über eine mehr
als fünfjährige ärztliche Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung verfügten und eine noch längere Tätigkeit keinen weiteren
Vorzug eines Bewerbers begründe. Hinsichtlich ihrer beruflichen Eignung seien beide Bewerber für die Besetzung des Vertragsarztsitzes
gleich geeignet, da sie jeweils über die Facharztanerkennung als Chirurg verfügten. Die weiteren Qualifikationen der Bewerber
führten nicht zu einer Bevorzugung, da die zusätzlichen Weiterbildungen bzw Qualifikationen im gleichen Maße vorteilhaft für
die Versicherten einzusetzen wären. Beide Bewerber hätten Vertragsarztsitze in P. beantragt, sodass auch dieses Kriterium
nicht ausschlaggebend sein könne. Dabei sei es nicht erforderlich, im Rahmen des Antragsverfahrens Mietverträge vorzulegen.
Der Vertragsarzt trage selbst die Verantwortung dafür, dass der von ihm beantragte Vertragsarztsitz auch realisierbar ist.
Anderenfalls könne er nur über eine Praxissitzverlegung an anderer Stelle tätig werden. Rückschlüsse auf die Motivation des
Beigeladenen zu 1. seien nicht möglich; vielmehr sei nachvollziehbar, dass aufgrund der Dauer und der fehlenden Rechtskraft
von Beschlüssen Mietverträge erst dann realisiert werden können, wenn Bestandskraft vorliege. Allerdings werde darauf hingewiesen,
dass eine Praxissitzverlegung durch den Beigeladenen zu 1. nach außerhalb von P. nicht infrage komme, weil wesentlicher Aspekt
der Auswahlentscheidung die Realisierung eines Vertragsarztsitzes in P. sei. Da die genannten Kriterien keinen Vorzug für
einen der Bewerber ergeben hätten, sei letztlich der Wartelisteneintrag des Beigeladenen zu 1. ausschlaggebend. Dem Einwand
der Klägerin, dass diese nicht selbst eintragungsfähig sei, folge der Berufungsausschuss nicht. Dr. N. habe sein Interesse
an einer Niederlassung gleich in welcher Rechtsform bekunden können; ein Wartelisteneintrag für den Planungsbereich liege
aber nicht vor. In einem engen Bewerberfeld könne der Wartelisteneintrag durchaus ausschlaggebend sein.
Am 4. September 2018 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Hannover Klage erhoben und dort geltend gemacht, dass zu ihren Gunsten eine Ermessensreduzierung auf Null vorliege; damit
sei ihr die Genehmigung der Anstellung von Dr. N. zu erteilen. Im Gegensatz zu ihr habe der Beigeladene zu 1. keinen vollständigen
Antrag gestellt. Der Nachweis der Zulassungsvoraussetzungen und ein vollständiger Antrag müssten spätestens zur Sitzung des
Zulassungsausschusses vorliegen. Es stehe aber fest, dass in der Sitzung des Zulassungsausschusses weder der geforderte Lebenslauf
noch das polizeiliche Führungszeugnis des Beigeladenen zu 1. vorgelegen hätten. Überdies könne er keinen Vertragsarztsitz
nachweisen.
Hilfsweise hat die Klägerin einen Anspruch auf Neubescheidung geltend gemacht. Der Beklagte habe sich nicht mit der Frage
auseinandergesetzt, ob der Beigeladene zu 1. überhaupt noch langfristig an einer Versorgung der Versicherten teilnehmen will.
Daran müssten angesichts seines Alters, des fehlenden Vertragsarztsitzes und der Tatsache, dass er bereits über einen halben
Versorgungsauftrag in M. verfüge, ernsthafte Zweifel bestehen. Zudem könnten die Ausführungen des Beklagten zum Vertragsarztsitz
nicht nachvollzogen werden. Insoweit sei die bestmögliche Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des
Vertragsarztsitzes ebenso entscheidend wie weitere Versorgungsgesichtspunkte, insbesondere auch die Barrierefreiheit. Ein
Bewerber, der dieses Kriterium nicht anhand eines Mietvertrages nachweisen könne, könne zwar grundsätzlich zulassungsfähig
sein. Wenn sich ein solcher Bewerber im Auswahlverfahren mit einem Bewerber messen lassen müsse, der sofort mit der Versorgung
in geeigneten Räumlichkeiten beginnen könne, müsse die Bewerbung ohne konkrete Räumlichkeiten jedoch zurücktreten, zumal wenn
alle anderen Auswahlkriterien mit Ausnahme der Eintragung in die Warteliste vom konkurrierenden Bewerber in gleicher Weise
erfüllt würden. Schließlich könne das Kriterium des Eintrags in die Warteliste hier keinen Ausschlag geben.
Mit Urteil vom 27. Februar 2019 hat das SG den „Bescheid des Beklagten vom 20.08.2018“ aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin erneut
zu entscheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei hinsichtlich des Hilfsantrages begründet;
der Beklagte habe im Rahmen einer Neubescheidung eine erneute Auswahlentscheidung zu treffen. Seine Entscheidung verstoße
gegen verbindliche Vorgaben der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), da der Beigeladene zu 1. weder Lebenslauf noch Führungszeugnis und somit keine vollständigen Unterlagen vorgelegt habe.
Mit seinem Hinweis auf das Vorliegen beider Dokumente aufgrund des vorangegangenen Zulassungsverfahrens seien die Vorgaben
des § 18 Abs 2 Nr 1 und 2 Ärzte-ZV nicht erfüllt gewesen, weil der Wortlaut der Vorschrift nicht danach differenziere, ob der Bewerber bereits Inhaber einer
Zulassung (mit hälftigem Versorgungsauftrag) ist oder er sich neu um eine Zulassung bewerbe. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift
lasse sich eine einschränkende Auslegung für den hier vorliegenden Fall nicht begründen. Die Vorlage des Führungszeugnisses
diene dem Zulassungsausschuss zur Prognose über die ordnungsgemäße Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch den Bewerber.
Eine solche Prognose sei auch bei der beabsichtigten Erweiterung des Umfangs der vertragsärztlichen Tätigkeit anzustellen.
Eine Möglichkeit zur Prüfung hätten die Zulassungsgremien nur bei Vorliegen eines aktuellen Führungszeugnisses; ein ca 1,5
Jahre altes Führungszeugnis erfülle diese Funktion nicht mehr. Auch die Mitteilungspflichten in Strafsachen könnten nicht
sicherstellen, dass die Zulassungsgremien von derartigen Mitteilungen in zuverlässiger Weise Kenntnis erlangen. Der Beklagte
werde im Rahmen einer Neubescheidung die fehlenden Unterlagen anfordern und bewerten müssen. Der Beigeladene zu 1. sei insoweit
nicht vom weiteren Verfahren ausgeschlossen. Zwar enthalte § 26 Abs 4 Nr 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) eine Ausschlussfrist. Jedoch komme eine Verlängerung dieser Frist in Betracht, wenn außergewöhnliche Umstände
vorgetragen oder ersichtlich seien. Das Gericht gehe vom Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls aus, denn der Beigeladene zu
1. habe die fehlenden Unterlagen nur deshalb nicht vorgelegt, weil er geglaubt habe, eine erneute Vorlage sei aufgrund des
vorangegangenen Zulassungsverfahrens nicht notwendig. Dieser Sachverhalt biete einen hinreichenden Grund dafür, dass der Berufungsausschuss
dem Beigeladenen zu 1. ausnahmsweise durch Verlängerung der Bewerbungsfrist Gelegenheit zur Nachreichung von Lebenslauf und
Führungszeugnis zu geben habe. Die Auswahlentscheidung des Beklagten sei auch deshalb fehlerhaft, weil sie letztlich ausschließlich
mit der Wartelisteneintragung begründet worden sei. Dieses Kriterium könne bei Konkurrenzen unter Beteiligung eines MVZ nicht
herangezogen werden, weil das MVZ sich nicht in die Warteliste eintragen lassen könne. Der Verweis auf die Eintragungsmöglichkeit
von potenziell anzustellenden Ärzten überzeuge die Kammer nicht. Im Ergebnis würden MVZ in unzulässiger Weise gegenüber Ärzten
benachteiligt, die eine eigene Vertragsarztzulassung anstrebten und sich in die Warteliste eintragen könnten. Die Entscheidung
des Beklagten sei hingegen nicht deshalb fehlerhaft, weil er es unterlassen habe, das Alter des Beigeladenen zu 1. zu beurteilen.
Zwar könne das Alter eines Bewerbers Anlass zur Prüfung von dessen langfristiger Teilnahmeabsicht bieten; dieser Aspekt dürfe
aber nicht allein ausschlaggebend sein, da es anderenfalls zu einer Diskriminierung älterer Bewerber kommen würde. Weitergehende
Anhaltspunkte für eine fehlende Absicht des Beigeladenen zu 1. zur längerfristigen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
habe die Klägerin nicht geltend gemacht. Schließlich sei die Vorlage eines Mietvertrages grundsätzlich nicht Voraussetzung
für eine Zulassung.
Gegen das ihnen am 6. bzw 7. März 2019 zugestellte Urteil haben der Beklagte am 26. März 2019, der Beigeladene zu 1. am 1.
April 2019 und die Beigeladene zu 2. am 19. März 2019 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass bereits zugelassene Vertragsärzte die Voraussetzungen des § 18 Abs 2 Ärzte-ZV nicht erneut nachzuweisen hätten. Die Eignung als Vertragsarzt sei in diesem Fall bereits festgestellt worden. Ein weiterer
Versorgungsauftrag könne danach nur versagt werden, wenn zeitgleich entsprechende Entziehungsgründe vorliegen. Zulassungsrelevante
Veränderungen seien den Berufskammern und dem Niedersächsischen Zweckverband zur Approbationserteilung mitzuteilen; damit
sei sichergestellt, dass die zuständigen Stellen von Sachverhalten, die zur Überprüfung bereits erteilter Zulassungen führen,
Kenntnis erhalten. Die erneute Vorlage eines Führungszeugnisses sei deshalb sinnlos. Inzwischen habe der Beigeladene zu 1.
allerdings ein aktuelles Führungszeugnis vorgelegt. Unzutreffend sei ferner die Auffassung des SG, dass das Entscheidungskriterium „Eintragung in die Warteliste“ nicht anwendbar sei, wenn unter mehreren Bewerbern ein MVZ
beteiligt sei. Dieses Kriterium sei auch im Rahmen der Regelungen über Nachfolgezulassungen gesetzlich normiert und ausdrücklich
auch dann anwendbar, wenn ein MVZ den Vertragsarztsitz übernehmen und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten
Arzt in der Einrichtung weiterführen wolle. Der Gesetzgeber habe also gesehen, dass MVZ als solche nicht eintragungsfähig
seien, gleichwohl aber dieses Kriterium im Rahmen von Praxisnachfolgeverfahren für anwendbar erklärt. Gleichermaßen sei der
Normgeber der BedarfsplRL befugt gewesen, den Zulassungsausschüssen dieses Kriterium für die Auswahlentscheidung nach partieller
Entsperrung zur Berücksichtigung aufzugeben. Da sich das MVZ um eine Anstellungsgenehmigung für einen bestimmten Arzt bewerbe,
könne dieser Arzt sehr wohl in einer Warteliste eingetragen sein. Insbesondere sei es sog Krankenhaus-MVZ jederzeit möglich,
ihre angestellten Klinikärzte in eine Warteliste eintragen zu lassen. Schließlich habe die Klägerin auch keine Gründe vorgetragen,
die die durch den Beigeladenen zu 2. beabsichtigte Dauer der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung infrage stellen
könnten; sein Alter könne für sich genommen kein ausreichender Anhaltspunkt sein.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Februar 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene zu 1. schließt sich den Ausführungen des Beklagten an. Überdies trägt er vor, dass sich das MVZ der Klägerin
Anfang 2019 in einem weiteren Auswahlverfahren zur Besetzung eines halben Vertragsarztsitzes mit einem Antrag auf Erteilung
einer Anstellungsgenehmigung beworben habe. Dabei sei der von ihr benannte Arzt unter sieben Mitbewerbern am längsten in die
Warteliste für den Planungsbereich eingetragen gewesen; das belege, dass auch ein MVZ sich mit eingetragenen Bewerbern um
einen Vertragsarztsitz bewerben könne.
Der Beigeladene zu 1. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Februar 2019 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Beigeladene zu 2. schließt sich ebenfalls den Ausführungen des Beklagten an. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage
sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend; somit sei durch die mittlerweile erfolgte Vorlage des Führungszeugnisses
dieser vom SG beanstandete Punkt entfallen. Die Vorlage eines neuerlichen Lebenslaufs sei entbehrlich, da von diesem Schriftstück keinerlei
Schutzfunktion für die Rechtsordnung ausgehe und nicht ersichtlich sei, dass der damalige Lebenslauf nicht mehr aktuell wäre.
Die Beigeladene zu 2. beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Februar 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufungen des Beklagten, des Beigeladenen zu 1. und der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen,
2. im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Februar 2019 zu ändern und den Beklagten zu
verpflichten, über ihren Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Sie wiederholt und vertieft ihre bisherige Argumentation und hebt hervor, dass in der Abwägung der Eignung der verschiedenen
Kandidaten die Frage einzubeziehen sei, ob bei dem mittlerweile 64-jährigen Beigeladenen zu 1. ein ernstzunehmender Niederlassungswille
bestehe. Sie gehe davon aus, dass dies nicht der Fall sei; es sei vielmehr zu erwarten, dass er seine Tätigkeit nur kurzfristig
ausüben werde, um die übernommene Zulassung dann zu „versilbern“ und in eine andere Einrichtung einzubringen. Schließlich
habe der Beklagte in seinem Bescheid auch nicht dargelegt, dass und warum es im vorliegenden Fall auf die Versorgungsaspekte,
insbesondere die Ausstattungsmerkmale der Praxis im Hinblick auf die Barrierefreiheit nicht ankommen sollte.
Der Beigeladene zu 1. beantragt ferner,
die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die übrigen Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakten
und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen des Beklagten, des Beigeladenen zu 1. und der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des SG Hannover vom 27. Februar
2019 sind zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG den Bescheid des Beklagten vom 20. August 2018 (Beschlussdatum: 13. Juni 2018, ergänzt am 15. August 2018) aufgehoben und
den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet. Die Entscheidung des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht
in ihren Rechten; die auf eine Neubescheidung gerichtete, zulässige Anschlussberufung der Klägerin erweist sich deshalb als
unbegründet.
A. Alleiniger Gegenstand der Klage ist der am 15. August 2018 ergänzte Beschluss des Beklagten vom 13. Juni 2018 (vgl zu dieser
verfahrensrechtlichen Besonderheit in vertragsarztrechtlichen Statusstreitigkeiten ausführlich Bundessozialgericht <BSG>,
Urteil vom 27. Januar 1993 - 6 RKa 40/91, SozR 3-2500 § 96 Nr 1) , mit dem der Widerspruch der Klägerin gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 14. Februar
2018 zurückgewiesen worden ist. Dies beinhaltet als Sachentscheidung die Zulassung des Beigeladenen zu 1. als Facharzt für
Chirurgie, Unfallchirurgie im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrags für den Vertragsarztsitz O. 2 in P. und gleichzeitig
die Ablehnung des Antrags der Klägerin, die Anstellung von Dr. N. in ihrem MVZ im Umfang von 20 Wochenstunden zu genehmigen.
Insoweit schließt der Beschluss des Berufungsausschusses die vorangegangene Entscheidung des Zulassungsausschusses ein bzw
geht Letztere im Beschluss des Beklagten auf (vgl BSG, Urteil vom 22. Oktober 2014 - B 6 KA 36/13 R, SozR 4-2500 § 95 Nr 28 mwN) .
Diesen bereits in seiner Sitzung am 13. Juni 2018 gefassten Beschluss (vgl dazu das an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin
gerichtete Schreiben des Beklagten vom 15. Juni 2018) hat der Beklagte in seiner Sitzung am 15. August 2018 lediglich dahingehend
ergänzt, dass er den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Anordnung der sofortigen Vollziehung abgelehnt hat.
B. Die Berufungen sind zulässig.
1. Insbesondere sind die (Haupt-)Berufungsführer durch die angefochtene Entscheidung des SG jeweils beschwert (vgl zu diesem Erfordernis näher Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, vor §
143 Rn 5 ff) . Das folgt in Bezug auf den Beklagten ohne weiteres daraus, dass das SG seinem Antrag auf Klagabweisung nicht entsprochen hat. Der Beigeladene zu 1. ist infolge der Aufhebung der ihn begünstigenden
Entscheidung des Beklagten materiell beschwert; dabei ist unerheblich, dass er in der Vorinstanz keinen Antrag gestellt hatte
(vgl dazu näher Keller aaO, Rn 8 sowie B. Schmidt ebenda, § 75 Rn 19 jeweils mwN) . Die Rechtsmittelbefugnis der Beigeladenen
zu 2. ergibt sich daraus, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) aufgrund ihres Sicherstellungsauftrags die Verantwortung
für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung trägt.
Sie ist durch die Entscheidungen der Zulassungsgremien daher stets und unmittelbar in ihren eigenen Rechten betroffen (vgl
BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 - B 6 KA 11/14 R, SozR 4-2500 § 95 Nr 29 mwN) .
2. Die Anschlussberufung ist gemäß §
202 S 1
SGG iVm §
524 Abs
1 S 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) zulässig. Insbesondere konnte sie wirksam noch in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Gerichts eingelegt werden
(vgl dazu Keller aaO, § 143 Rn 5e mwN) .
C. Die Berufungen des Beklagten, des Beigeladenen zu 1. und der Beigeladenen zu 2. sind auch begründet.
I. Die Klage ist als sog offensive Konkurrentenklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie setzt sich aus einer Anfechtungsklage
gemäß §
54 Abs
1 SGG (gerichtet gegen die den Beigeladenen zu 1. begünstigende Auswahlentscheidung) und einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
zusammen, mit der die Klägerin zunächst das Ziel verfolgt hat, auch die sie belastende Ablehnung des eigenen Antrags kassieren
zu lassen und den Beklagten zu verpflichten, die Anstellung von Dr. N. in ihrem MVZ zu genehmigen (vgl dazu BSG, Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 81/03 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 2; Urteil vom 12. Februar 2020 - B 6 KA 19/18 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 29) .
Allerdings hat die Klägerin ihrerseits keine selbstständige Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt; ihre Anschlussberufung
hat sie auf den ursprünglich nur hilfsweise geltend gemachten Neubescheidungsanspruch beschränkt. Demzufolge ist die Entscheidung
des SG in Rechtskraft erwachsen, soweit damit die auf eine Verurteilung des Beklagten zur Erteilung der Anstellungsgenehmigung gerichtete
Verpflichtungsklage (im erstinstanzlichen Verfahren gestellter Hauptantrag) abgewiesen worden ist.
II. In der Sache kann die Klage aber keinen Erfolg haben. Die Entscheidung des Beklagten, den Antrag der Klägerin auf Genehmigung
der Anstellung von Dr. N. abzulehnen und stattdessen den Beigeladenen zu 1. zur vertragsärztlichen Versorgung im Umfang eines
hälftigen Versorgungsauftrags zuzulassen, ist nicht zu beanstanden.
1. Ist - wie hier - in einem bislang überversorgten Planungsbereich die Überversorgung später entfallen und sind deshalb zuvor
angeordnete Zulassungsbeschränkungen gemäß §
103 Abs
3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) partiell aufgehoben worden, sind für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen
Versorgung §
95 Abs
2 S 1 bis 6, S 9 und 10
SGB V und für Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem MVZ §
95 Abs
2 S 7 bis 10
SGB V als gesetzliche Rechtsgrundlagen maßgeblich (vgl BSG, Urteil vom 15. Mai 2019 - B 6 KA 5/18 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 27) . Ergänzend zu beachten sind die Vorgaben in § 26 BedarfsplRL (hier anwendbar idFd Beschlusses
vom 16. Mai 2019, BAnz AT 28. Juni 2019 B6) des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) sowie die Regelungen der Ärzte-ZV.
Dabei sind in Zulassungsstreitigkeiten grundsätzlich alle Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse bis zur mündlichen Verhandlung
in der letzten Tatsacheninstanz zu berücksichtigen (vgl dazu ausführlich BSG, Urteil vom 29. November 2017 - B 6 KA 31/16 R, SozR 4-2500 § 95 Nr 33 mwN) . Änderungen des anzuwendenden Rechts gegenüber dem Zeitpunkt des Zulassungsantrags sind hingegen
nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sich zugunsten des Antragstellers auswirken. Das entspricht dem Grundsatz, dass bei
einer durch Art
12 Abs
1 Grundgesetz (
GG) geschützten Berufszulassung auf die jeweils für den Antragsteller günstigste Rechtslage abzustellen ist (BSG aaO mwN) . In Fällen der Drittanfechtung gelten diese Grundsätze mit der Maßgabe, dass der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung
maßgeblich ist, sofern sich für die Berufszulassung des begünstigten Dritten die Rechtslage in diesem Zeitpunkt vorteilhafter
darstellt (vgl BSG, Urteil vom 23. Februar 2005 aaO; hinsichtlich der Präzisierung der dort dargelegten Grundsätze vgl ferner Urteil vom 29.
November 2017 aaO) .
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den Beigeladenen zu 1. überhaupt bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt
hat. Der Beigeladene zu 1. ist weder wegen eines unvollständigen Antrags vom Auswahlverfahren ausgeschlossen noch steht seiner
Berücksichtigung im Verfahren und seiner Zulassung entgegen, dass er an dem Vertragsarztsitz, für den die Zulassung beantragt
und erteilt worden ist, tatsächlich keine vertragsärztliche Tätigkeit ausüben kann und er bislang noch keinen anderen konkreten
Vertragsarztsitz benannt hat.
a) Nach § 26 Abs 4 Nr 2 S 2 BedarfsplRL berücksichtigt der Zulassungsausschuss bei dem Auswahlverfahren nur die nach der Bekanntmachung
(des Beschlusses des Landesausschusses über die partielle Entsperrung gemäß § 26 Abs 4 Nr 1 iVm Abs 1 BedarfsplRL) fristgerecht
und vollständig abgegebenen Zulassungsanträge. Bei der insoweit nach § 26 Abs 4 Nr 2 S 1 BedarfsplRL bekanntzumachenden Frist,
innerhalb der potentielle Bewerber ihre Zulassungsanträge abzugeben und die hierfür erforderlichen Unterlagen gemäß § 18 Ärzte-ZV beizubringen haben, handelt es sich um eine Ausschlussfrist, bei deren Versäumung zwar keine Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand nach § 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erfolgen, die aber nach § 26 Abs 7 SGB X verlängert werden kann (zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 23 Abs 3 S 1 Nr 2 BedarfsplRL vgl BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 6 KA 20/11 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 10) .
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin lag aber bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses ein iSd
§ 26 Abs 4 Nr 2 S 2 BedarfsplRL vollständiger Zulassungsantrag des Beigeladenen zu 1. vor.
aa) Der Vollständigkeit dieses Antrags steht nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 1. zu dem im Januar 2019 gestellten Zulassungsantrag
weder einen Lebenslauf vorgelegt noch ein polizeiliches Führungszeugnis beigebracht hat, denn hierzu war er nicht verpflichtet.
(1) Gemäß § 18 Abs 2 Nr 1 und 2 Ärzte-ZV sind dem Zulassungsantrag ein Lebenslauf und ein polizeiliches Führungszeugnis beizufügen. Der Senat ist aber im Ergebnis
mit dem Beklagten der Auffassung, dass die Vorschrift auf den hier maßgebenden Antrag des zum Zeitpunkt der Antragstellung
bereits an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Beigeladenen zu 1. keine Anwendung findet.
Das ergibt sich bei der vorliegenden Sachlage aus dem Rechtsgedanken des § 19a Abs 3 Ärzte-ZV. Nach § 19a Abs 1 Ärzte-ZV verpflichtet die Zulassung den Arzt, die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. Der Arzt ist aber nach Abs 2 S
1 der Vorschrift berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf
die Hälfte des Versorgungsauftrages nach Abs 1 zu beschränken. Die Beschränkung des Versorgungsauftrages wird entweder im
Rahmen eines Beschlusses nach § 19 Abs 1 oder durch gesonderten Beschluss festgestellt (§ 19a Abs 2 S 2 Ärzte-ZV). In diesem Fall einer Teilzulassung kann eine Beschränkung des Versorgungsauftrages nach Abs 2 S 2 auf Antrag des Arztes
durch Beschluss gemäß § 19a Abs 3 S 1 Ärzte-ZV aufgehoben werden. Für einen solchen Fall bestimmt § 19a Abs 3 S 3 Ärzte-ZV eine Geltung der „Vorschriften dieses Abschnitts“, mithin des VI. Abschnitts der Ärzte-ZV. Keine Anwendung findet danach die Vorschrift des § 18 Ärzte-ZV, die systematisch dem V. Abschnitt zugeordnet ist und formale Erfordernisse für einen wirksamen Zulassungsantrag regelt (vgl
Ladurner, Ärzte-ZV, Zahnärzte-ZV, § 18 Rn 1) . Im Falle eines Antrags auf Aufhebung der Beschränkung gemäß § 19a Abs 3 Ärzte-ZV sind also grundsätzlich nur alle materiellen Voraussetzungen für eine (Erweiterung der) Zulassung zu prüfen - insbesondere
die Eignung des Arztes nach den Kriterien der §§ 20 und 21 Ärzte-ZV -, nicht aber die formellen Voraussetzungen des § 18 Ärzte-ZV (vgl Ladurner aaO, § 19a Rn 18) .
Nichts anderes kann für den hier vorliegenden Fall gelten, in dem der Arzt bereits eine Teilzulassung im Umfang eines hälftigen
Versorgungsauftrags innehat und sich um eine weitere Teilzulassung im Umfang eines weiteren hälftigen Versorgungsauftrags
bewirbt. Die Sach- und Interessenlage ist insoweit in wesentlicher Hinsicht vergleichbar mit dem unmittelbar in § 19a Abs 3 Ärzte-ZV normierten Fall. In beiden Fällen nimmt der Arzt bereits im Umfang eines halben Versorgungsauftrags an der vertragsärztlichen
Versorgung teil, und ebenso wie der Antrag nach § 19a Abs 3 S 1 und 2 Ärzte-ZV zielt auch ein Antrag auf Erteilung einer weiteren Teilzulassung auf eine Erweiterung des bereits bestehenden vertragsärztlichen
Status um einen weiteren hälftigen Versorgungsauftrag. In beiden Fällen sind sämtliche formellen Voraussetzungen, die nach
§ 18 Ärzte-ZV zu belegen sind, notwendigerweise bereits im vorangegangenen Zulassungsverfahren geprüft und festgestellt worden. Es besteht
daher kein Grund, den Antrag des Beigeladenen zu 1. im Hinblick auf die formellen Zulassungsvoraussetzungen allein aus dem
Grunde anders zu behandeln als einen Antrag auf Aufhebung der Beschränkung der Zulassung gemäß § 19a Abs 3 Ärzte-ZV, dass der Beigeladene zu 1. die angestrebte weitere vertragsärztliche Tätigkeit nicht am bereits bestehenden Vertragsarztsitz
in M. und auch nicht im selben Fachgebiet (Orthopädie und Unfallchirurgie) ausüben will, für das er bereits eine Teilzulassung
innehat, sondern an einem anderen Vertragsarztsitz (P.) und in einem anderen Fachgebiet (Chirurgie).
Dementsprechend sind die Zulassungsgremien im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass es keiner erneuten Vorlage eines Lebenslaufs
sowie eines polizeilichen Führungszeugnisses des Beigeladenen zu 1. bedurfte.
(2) Selbst wenn man dies jedoch anders sehen wollte und auch in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich die (nochmalige)
Vorlage eines Lebenslaufs und eines polizeilichen Führungszeugnisses gemäß § 18 Abs 2 Nr 1 und 2 Ärzte-ZV für erforderlich hielte, führte dies zu keinem anderen Ergebnis.
(a) Der Vollständigkeit des Antrags des Beigeladenen zu 1. stünde dann nicht entgegen, dass nicht erneut ein Lebenslauf vorgelegt
worden ist.
Der Beigeladene zu 1. hat in seinem Schreiben vom 26. Januar 2018 ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Lebenslauf aufgrund
seiner Zulassung in M. dem Zulassungsausschuss bereits vorliege. Das traf ausweislich der von der Beigeladenen zu 2. vorgelegten
Abschrift des auf den 2. August 2016 datierten und vom Beigeladenen zu 1. unterzeichneten Lebenslaufs zu (vgl Anlage zum Schriftsatz
vom 5. Februar 2019) und wäre bei Annahme einer Anwendbarkeit von § 18 Abs 2 Nr 1 Ärzte-ZV auch ausreichend gewesen.
Die Vorlage des Lebenslaufs hat den Zweck, die Eignung des Antragstellers für die vertragsärztliche Tätigkeit zu prüfen (vgl
Ladurner aaO, § 18 Rn 29) . Dieser Zweck konnte mit dem noch hinreichend aktuellen Lebenslauf vom 2. August 2016 ohne weiteres
erreicht werden. Der Lebenslauf ist bis dahin chronologisch vollständig; die danach - seit dem 1. Januar 2017 - ausgeübte
vertragsärztliche Tätigkeit in M. war dem Zulassungsausschuss und dem Beklagten aufgrund des im Zulassungsverfahren vorliegenden
Arztregisterauszugs ebenfalls bekannt. Anhaltspunkte dafür, dass der Lebenslauf vom 2. August 2016 in wesentlicher Hinsicht
unvollständig oder unrichtig sein könnte oder in der Zeit danach wesentliche, gegen die Eignung des Beigeladenen zu 1. sprechende
Umstände aufgrund der Nichtvorlage eines aktualisierten Lebenslaufs unbekannt geblieben seien könnten, sind weder von der
Klägerin dargelegt worden noch ansonsten ersichtlich. Bei dieser Sachlage durften die Zulassungsgremien den Antrag insoweit
als vollständig ansehen und mussten keinen aktualisierten Lebenslauf vom Beigeladenen zu 1. anfordern. Letzteres wäre eine
bloße Förmelei gewesen und hätte ersichtlich keine zusätzlichen Erkenntnisse über die Eignung des Bewerbers erbracht.
(b) Nachdem dem Beklagten mittlerweile ein einfaches Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde (vom 5. März 2019, dort
eingegangen am 11. März 2019) zugegangen ist, kann auch in dieser Hinsicht nicht von einem unvollständigen Antrag des Beigeladenen
zu 1. ausgegangen werden. Diese Änderung der Sachlage ist auch zugunsten des Beigeladenen zu 1. zu berücksichtigen; ein Fristversäumnis
mit der Folge seines Ausschlusses vom Auswahlverfahren liegt insoweit nicht vor.
In diesem Zusammenhang hat sich das SG zu Recht auf die Rechtsprechung des BSG gestützt, nach der eine Verlängerung der in § 26 Abs 4 Nr 2 S 2 BedarfsplRL normierten Antragsfrist in Betracht kommt, wenn außergewöhnliche Umstände vorgetragen oder ersichtlich sind
(vgl dazu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 6 KA 20/11 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 10) . Eine wirksame Fristsetzung (vgl zu diesem Erfordernis näher BSG aaO) unterstellt lag ein solcher Fall aus den schon vom SG genannten Gründen vor: Der Beigeladene zu 1. war übereinstimmend mit der Rechtsauffassung der Zulassungsgremien der Ansicht,
dass hinsichtlich der geforderten Unterlagen eine Bezugnahme auf die dem Zulassungsausschuss bereits aufgrund des vorangegangenen
Zulassungsverfahrens vorliegenden Unterlagen genüge. Diese Bezugnahme ist im Schreiben des Beigeladenen zu 1. vom 26. Januar
2018 erfolgt, und nach seinem unwidersprochen gebliebenen und glaubhaften Vorbringen im Termin zur mündlichen Verhandlung
vor dem SG ist ihm auf Nachfrage die Vollständigkeit der Antragsunterlagen durch den Zulassungsausschuss telefonisch bestätigt worden.
Wäre diese Auskunft unzutreffend gewesen, könnte dem Beigeladenen zu 1. aus dem dann anzunehmenden Rechtsirrtum umso weniger
ein Rechtsnachteil erwachsen, als die Klägerin das Fehlen des Lebenslaufs und des polizeilichen Führungszeugnisses erstmals
im Klageverfahren beanstandet hat, obwohl ihren Prozessbevollmächtigten bereits im Widerspruchsverfahren Akteneinsicht gewährt
worden war und die Rüge des Fehlens der formellen Zulassungsvoraussetzungen deshalb bereits im Verfahren beim Beklagten möglich
gewesen wäre. Vielmehr hätte der Beklagte dem Beigeladenen zu 1. aufgrund dieser Sachlage - wie vom SG zutreffend erkannt - Gelegenheit geben müssen, das Führungszeugnis nachträglich beizubringen.
Mit der noch vor Einlegung der Berufungen im März 2019 erfolgten Vorlage eines aktuellen Führungszeugnisses ist nunmehr aber
auch diese Voraussetzung erfüllt. Insofern bedarf es auch keiner Aufhebung der Auswahlentscheidung und Verurteilung des Beklagten
zur erneuten Entscheidung mehr, weil dieser von einem zutreffenden Sachverhalt - dem Fehlen zulassungsrelevanter Eintragungen
im Bundeszentralregister - ausgegangen ist und ihm zumindest bei dieser Sachlage kein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum
zukommt.
bb) Der Beteiligung des Beigeladenen zu 1. am Auswahlverfahren und seiner Zulassung steht auch nicht entgegen, dass er bis
zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keinen Vertragsarztsitz benannt hat, an dem er seine vertragsärztliche Tätigkeit
aufgrund des Beschlusses vom 13. Juni 2018/15. August 2018 auszuüben beabsichtigt.
Gemäß §§
95 Abs
1 S 5
SGB V, 24 Abs 1 Ärzte-ZV erfolgt die Zulassung für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Dementsprechend ist die Zulassung nach §
18 Abs 1 S 2 Ärzte-ZV für einen konkreten Vertragsarztsitz zu beantragen; gemeint ist damit die konkrete Praxisanschrift (vgl BSG, Urteil vom 13. Mai 2015 - B 6 KA 25/14 R, SozR 4-5520 § 19 Nr 3 mwN) .
Diesen formellen Anforderungen genügte der Antrag des Beigeladenen zu 1., mit dem er die Zulassung für den Vertragsarztsitz
O. 2 in P. beantragt hatte (unter dem 26. Januar 2018 ausgefülltes und unterzeichnetes Antragsformular). Unter dieser Anschrift
befand sich vormals die Praxis des am 22. November 2017 verstorbenen Arztes Dr. Michael K., deren Räumlichkeiten allerdings
bereits vor der Bekanntgabe des Beschlusses des Zulassungsausschusses K. (vgl Schreiben des Beigeladenen zu 1. vom 12. Juni
2018) an eine Zahnärztin und einen Zahnarzt vermietet worden waren, die dort ausweislich der von der Klägerin im Widerspruchsverfahren
vorgelegten Ankündigung seit dem 14. Mai 2018 niedergelassen sind.
Die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerten Vermutungen bieten aber keinerlei konkrete tatsächliche Anhaltspunkte
dafür, dass der Beigeladene zu 1. die Zulassungsgremien über seine Absicht, sich am angegebenen Vertragsarztsitz niederzulassen,
getäuscht haben könnte. Der Beigeladene zu 1. hat insoweit nachvollziehbar vorgetragen, dass die Praxisräume zum Zeitpunkt
seines Antrags noch frei waren und ihm hierzu ein Exposé vorgelegen hat; das ist im Hinblick auf die zeitlichen Abläufe (Ableben
des vormaligen Praxisinhabers, Antragsstellung durch den Beigeladenen zu 1. und Umzug der Zahnarztpraxis) ohne weiteres plausibel.
Dabei sind keine Gründe dafür ersichtlich, warum ihm das Exposé für bereits anderweitig vergebene Praxisräume zur Verfügung
gestellt worden sein sollte. Insoweit trifft die Vermutung der Klägerin, der Beigeladene zu 1. habe nicht die Möglichkeit
zur Anmietung dieser Räume gehabt, nicht zu. Zudem sprechen die Beschaffung des Exposés und die Angabe des Vertragsarztsitzes
auch für einen Willen des Beigeladenen zu 1., sich an der angegebenen Anschrift niederzulassen. Der Beklagte musste danach
keine weiteren Ermittlungen hierzu - etwa zum Zeitpunkt der Vermietung der Praxisräume an die Zahnärzte - durchführen. Derartige
Ermittlungen sind auch im gerichtlichen Verfahren nicht veranlasst.
Dass der Beigeladene zu 1. von der ihm erteilten Zulassung für den Vertragsarztsitz O. 2 in P. tatsächlich keinen Gebrauch
mehr machen kann, hat keine Rechtswidrigkeit der Zulassung zur Folge. Denn der Beigeladene zu 1. ist bei der hier gegebenen
Sachlage nicht gehindert, die Anschrift des Vertragsarztsitzes bis zum Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Beschlusses
des Beklagten formlos zu ändern. Dass ein zunächst als Vertragsarztsitz ins Auge gefasstes und im Zulassungsantrag benanntes
Objekt tatsächlich nicht mehr zur Verfügung steht, ist für sich genommen nicht ungewöhnlich, sondern entspricht durchaus der
Lebenserfahrung (vgl BSG, Urteil vom 2. September 2009 - B 6 KA 27/08 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 5) . Solange der Zulassungsbescheid noch nicht bestandskräftig und der darin genannte Vertragsarztsitz
damit festgeschrieben worden ist, ist es in derartigen Fällen im Grundsatz sachgerecht und ausreichend, den Vertragsarztsitz
formlos zu ändern (vgl BSG aaO) .
Diese Änderung hat der Beigeladene zu 1. im Ansatz auch bereits angekündigt, indem er im Widerspruchsverfahren eindeutig seine
Absicht zum Ausdruck gebracht hat, die vertragsärztliche Tätigkeit nach der anderweitigen Vermietung der möglichen Praxisräume
im O. 2 an einem anderen Standort in P. auszuüben. Die Ernsthaftigkeit dieser Absicht wird dadurch untermauert, dass er sich
fortlaufend nach alternativen Räumlichkeiten umgesehen und dazu wiederholt jeweils aktuell in Betracht kommende freie und
zur Vermietung angebotene Räumlichkeiten in P. mitgeteilt hat (vgl Schreiben vom 12. Juni 2018: zwei mögliche Standorte sowie
Schriftsatz vom 8. Februar 2019: drei freie Objekte) . Bei dieser Sachlage ist eine über die Ortsbezeichnung hinausgehende
konkrete Benennung der Anschrift der Praxis ausnahmsweise entbehrlich. Denn dem Beigeladenen zu 1. kann nicht zugemutet werden,
Räumlichkeiten in P. anzumieten, um eine Adresse für eine Praxis vorweisen zu können, in der er angesichts der Erfolglosigkeit
seines Antrags auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses über seine Zulassung und der danach gegebenen aufschiebenden
Wirkung der Anfechtungsklage der Klägerin (noch) nicht vertragsärztlich tätig werden darf (vgl BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 - B 6 KA 7/14 R, SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 für den Fall der Drittanfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung) .
Mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art
19 Abs
4 GG des durch die Entscheidung der Zulassungsgremien begünstigten Bewerbers wäre es nicht vereinbar, wenn dieser aufgrund der
aufschiebenden Wirkung der Drittanfechtung von seiner Zulassung keinen Gebrauch machen könnte und ihm gleichzeitig der Wegfall
der ins Auge gefassten Räumlichkeiten entgegengehalten würde (vgl dazu und zum Folgenden BSG aaO) . Auch wenn der Beigeladene zu 1. andere Räumlichkeiten angemietet hätte, um eine neue Adresse für den Vertragsarztsitz
angeben zu können, wäre er Gefahr gelaufen, diese ebenfalls in absehbarer Zeit nicht nutzen zu können. Das vorliegende Verfahren
bestätigt, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Drittanfechtung regelmäßig ein so langer Zeitraum vergeht,
dass in Aussicht genommene Räumlichkeiten nicht ohne erhebliche Kosten vorgehalten werden können. In einer derart rechtlich
ungesicherten Position über einen Zeitraum von mittlerweile zweieinhalb Jahren kann vom Beigeladenen zu 1. nicht erwartet
werden, andere Räumlichkeiten in P. nur für die Möglichkeit der Angabe eines konkreten Vertragsarztsitzes anzumieten (vgl
zu alledem BSG aaO) . Aus alledem folgt auch, dass es für die Wirksamkeit eines Antrags auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung
keines Nachweises eines bereits geschlossenen Mietvertrags bedarf, und aus dessen Fehlen kann deshalb für sich genommen auch
nicht auf das Fehlen eines Niederlassungswillens geschlossen werden.
Demzufolge kann der Beigeladene zu 1. noch bis zum Eintritt der Bestandskraft des ihn begünstigenden Verwaltungsakts den Vertragsarztsitz
formlos ändern. Dabei wird er allerdings - wie der Beklagte im angefochtenen Beschluss sinngemäß bereits zutreffend ausgeführt
hat - zu berücksichtigen haben, dass die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes in P. ein wesentliches Kriterium bei der Auswahlentscheidung
gewesen ist. Demzufolge wird der Beigeladene zu 1. einen Praxissitz in P. zu wählen haben. Dasselbe gilt, sofern er erst nach
dem Eintritt der Bestandskraft des Zulassungsbeschlusses Räumlichkeiten anmieten (können) sollte und dann einen Antrag auf
Verlegung des Vertragsarztsitzes zu stellen hätte (BSG, Urteil vom 27. September 2009 aaO) . In diesem Fall dürften bei ansonsten unveränderter Versorgungslage im Planungsbereich
Gründe der vertragsärztlichen Versorgung einer Praxissitzverlegung an einen anderen, außerhalb von P. gelegenen Ort des Planungsbereichs
entgegenstehen (§ 24 Abs 7 S 1 Ärzte-ZV).
3. Die Auswahlentscheidung des Beklagten ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
a) Die Entscheidung zwischen mehreren Bewerbern hat anhand der Regelung in § 26 Abs 4 BedarfsplRL zu erfolgen. Diese Vorschrift
gilt nach ihrem Wortlaut zwar nur für Anträge auf (Neu-)Zulassung. Das BSG (Urteil vom 15. Mai 2019 - B 6 KA 5/18 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 27; Urteil vom 13. Mai 2020 - B 6 KA 11/19 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 30) hat aber mit überzeugender Begründung dargelegt, dass bei der Vergabe eines nach partieller Entsperrung
neu besetzbaren Vertragsarztsitzes Anträge auf Zulassungen und Anträge auf Anstellungsgenehmigungen in diesem Zusammenhang
gleichermaßen zu berücksichtigen sind (vgl auch Senatsurteil vom 28. Oktober 2020 - L 3 KA 50/19) .
Nach § 26 Abs 4 Nr 3 BedarfsplRL entscheiden die Zulassungsgremien unter mehreren Bewerbern nach pflichtgemäßem Ermessen unter
Berücksichtigung folgender Kriterien: Berufliche Eignung, Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, Approbationsalter, Dauer
der Eintragung in die Warteliste gemäß §
103 Abs
5 S 1
SGB V, bestmögliche Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes, Entscheidung nach Versorgungsgesichtspunkten
(s zB Fachgebietsschwerpunkt, Feststellungen nach § 35) und Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung.
Das zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten im Klammerzusatz zum Kriterium „Entscheidung nach Versorgungsgesichtspunkten“
noch zusätzlich angeführte Beispiel der Barrierefreiheit ist in dem nunmehr umfassenderen Kriterium der Belange von Menschen
mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung aufgegangen, bei dem es nach den Tragenden Gründen zum Beschluss des GBA vom 16.
Mai 2019 „um Maßnahmen zum Beispiel zum Abbau von baulichen Barrieren oder Barrieren bei der Kommunikation oder Informationsweitergabe“
geht.
Daraus, dass die Auswahlentscheidung im Ermessen der Prüfgremien liegt, folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt
ist, ob das Ermessen gemäß §
54 Abs
2 S 2
SGG fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (BSG, Urteil vom 27. Juni 2018 - B 6 KA 33/17 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 26; Urteil vom 13. Mai 2020 aaO) . Die Gerichte haben mithin nur zu prüfen, ob die Behörde von einem
vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und
von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 6 KA 19/12 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 12) . Dazu ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass den Zulassungsgremien ein weiter
Spielraum bei der Gewichtung der Auswahlkriterien zukommt; die Kriterien sind nicht zu beachten, sondern lediglich zu berücksichtigen
(vgl BSG, Urteil vom 27. Juni 2018 - B 6 KA 33/17 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 26 zur Vorgängerregelung in § 23 Abs 3 Bedarfs-plRL; vgl ferner BSG, Urteil vom 20. März 2013 aaO zur Auswahlentscheidung im Rahmen von Nachfolgezulassungen gemäß §
103 Abs
3a und
4 SGB V) . Damit wird keine strikte Verbindlichkeit vorgegeben; der Begriff „berücksichtigen“ beinhaltet vielmehr allein, dass die
Zulassungsgremien die gesetzlich vorgegebenen Kriterien nicht gänzlich außer Betracht lassen dürfen, sondern sie in ihre Überlegungen
mit einbeziehen - in Erwägung ziehen - müssen; es steht ihnen aber frei, hiervon aus Sachgründen abzuweichen (vgl BSG, Urteil vom 20. März 2013 aaO) .
b) Nach diesen Maßgaben ist die Auswahlentscheidung des Beklagten ermessensfehlerfrei ergangen.
aa) Dabei steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit, dass die Merkmale Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit
und Approbationsalter für die Auswahlentscheidung nicht von maßgeblicher Bedeutung sind, weil insoweit zwischen dem Beigeladenen
zu 1. und Dr. N. keinerlei relevante Unterschiede bestehen. Beide Ärzte weisen nach Abschluss der hier maßgebenden Weiterbildung
zum Facharzt für Chirurgie eine mehr als fünfjährige ärztliche Tätigkeit auf, sodass weder die darüber hinausgehende Dauer
der ärztlichen Tätigkeit noch das unterschiedliche Approbationsalter einen Eignungsvorsprung eines Bewerbers begründen können
(vgl dazu BSG, Urteil vom 27. Juni 2018 aaO; ferner BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 6 KA 19/12 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 12) .
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auch kein Ermessensfehler in dem Umstand begründet, dass der Beklagte den Beigeladenen
zu 1. und Dr. N. im Hinblick auf ihre berufliche Eignung als gleichermaßen geeignet angesehen hat.
In diesem Zusammenhang ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte im Ergebnis allein die bei beiden Ärzten gegebene Anerkennung
als Facharzt für Chirurgie als maßgebend angesehen hat (vgl dazu Geiger in: Hauck/Noftz,
SGB V, Ergänzungslieferung 2/21 - Februar 2021, K §
103 Rn 95 f zu dem identischen Auswahlkriterium bei Entscheidungen über Nachfolgezulassungen) . Dabei hat er - wie bereits zuvor
der Zulassungsausschuss - zugrunde gelegt, dass der auszuwählende Arzt in erster Linie Leistungen des konservativ-chirurgischen
Behandlungsspektrums zu erbringen haben werde. Das entspricht dem ausgeschriebenen Praxisprofil („Chirurgie“), für das keine
zusätzlichen qualifikationsbezogenen Gesichtspunkte benannt waren. Für den danach maßgebenden Versorgungsbedarf kommt es folglich
nicht auf Zusatzqualifikationen an, sodass die berufliche Eignung beider Ärzte durch die abgeschlossene Weiterbildung gegeben
und als gleichwertig einzustufen ist. Im Übrigen hat der Beklagte die zusätzlichen Qualifikationen gesehen und in seine Überlegungen
mit einbezogen, ihnen aber keine abweichende Gewichtung beigemessen. Das ist nicht zu beanstanden.
Aus denselben Gründen ist es auch nicht ermessensfehlerhaft, dass der Beklagte den zusätzlichen Qualifikationen der Ärzte
im Rahmen des Kriteriums der Entscheidung nach Versorgungsgesichtspunkten keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, sondern
angenommen hat, dass die zusätzlichen Weiterbildungen und Qualifikationen beider Ärzte „im gleichen Maße vorteilhaft für die
Versicherten einzusetzen wären“.
cc) Zwischen Dr. N. und dem Beigeladenen zu 1. bestehen auch keine relevanten Unterschiede in Bezug auf das Kriterium der
bestmöglichen Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes. Dazu ist oben bereits
ausgeführt worden, dass der Beigeladene zu 1. auch nach dem Wegfall der Möglichkeit einer Anmietung von Praxisräumen unter
der ursprünglich angegebenen Anschrift gehalten ist, sich im Bereich der Stadt P. niederzulassen. Das entspricht auch seiner
bis zuletzt bekundeten Absicht, an deren Ernsthaftigkeit der Senat keinen Zweifel hat.
dd) Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Beklagte nicht berücksichtigen, wie lange der im Zeitpunkt seiner Entscheidung
im Juni 2018 62-jährige Beigeladene zu 1. voraussichtlich noch an der Versorgung der Versicherten teilnehmen wird bzw will.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20. März 2013 - B 6 KA 19/12 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 12) können die Zulassungsgremien bei der Auswahl des Nachfolgers im Rahmen eines Praxisnachfolgeverfahrens
auch den Umstand berücksichtigen, ob ein Bewerber deutlich mehr die (prognostische) Gewähr für eine länger andauernde kontinuierliche
Patientenversorgung („Versorgungskontinuität“) bietet als andere. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass eine dementsprechende
Prüfung auch stets und unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls vorzunehmen wäre. Vielmehr steht den Zulassungsgremien
auch dahingehend ein weiter Spielraum zu, ob neben den normativ vorgegebenen Kriterien weitere Gesichtspunkte wie der Aspekt
der Versorgungskontinuität berücksichtigt werden (vgl BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2018 - B 6 KA 23/18, juris mwN) . In jedem Fall ist unter Diskriminierungsgesichtspunkten eine
zurückhaltende Anwendung dieses Aspekts geboten; er darf nicht zu einer strukturellen Bevorzugung jüngerer vor älteren Bewerbern
hinauslaufen (vgl BSG, Urteil vom 20. März 2013 aaO) .
Maßgebend kann deshalb nur sein, ob die Umstände des Einzelfalls Anlass zur Prüfung geben, ob ein Bewerber tatsächlich noch
langfristig an der Versorgung der Versicherten teilnehmen will. Das hat das BSG im Fall einer Bewerberkonkurrenz zwischen einem 65-jährigen und einem zehn Jahre jüngeren Bewerber angenommen (Urteil vom
19. Oktober 2011 - B 6 KA 20/11 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 10) . Ein vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor.
Dabei könnte das Lebensalter des Arztes nur dann die Prüfung eines langfristigen Zulassungswillens erfordern, wenn sich daraus
bereits für sich genommen Zweifel an einem solchen Willen ergeben. Das kann etwa anzunehmen sein, wenn der Arzt - wie in dem
vom BSG entschiedenen Fall (aaO) - das regelmäßige Renteneintrittsalter bereits erreicht hat oder dies zumindest unmittelbar bevorsteht.
Das traf auf den Beigeladenen zu 1. zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten aber nicht zu, und aus Gründen des effektiven
Rechtsschutzes (Art
19 Abs
4 GG) kann die Dauer des von der Klägerin angestrengten gerichtlichen Verfahrens (mit der Folge eines weiter vorangeschrittenen
Lebensalters) auch nicht zu seinen Lasten gehen.
Nachdem für Vertragsärzte keine gesetzliche Altersgrenze mehr besteht, kann in diesem Zusammenhang nur auf allgemeine rentenrechtliche
Regelungen zurückgegriffen werden. Nach der Übergangsregelung in §
235 Abs
2 S 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) hätte der am 13. Juli 1955 geborene Beigeladene zu 1. die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erst
mit Vollendung eines Lebensalters von 65 Jahren und neun Monaten, also zum 13. März 2021 erreicht. Ähnliches gilt für die
Altersrente nach § 15 Abs 1 der Alterssicherungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen. Danach wäre ein Renteneintritt mit
dem Erreichen eines Lebensalters vom 65 Jahren und sechs Monaten möglich gewesen, mithin erst zum 13. Januar 2021 und damit
in noch erheblichem zeitlichen Abstand zur Entscheidung des Beklagten.
Sonstige Umstände, die für sich allein betrachtet oder in der Zusammenschau mit dem Lebensalter des Beigeladenen zu 1. geeignet
wären, Zweifel an dessen Willen zur langfristigen Niederlassung in P. zu begründen, sind weder von der Klägerin dargelegt
worden noch erkennbar. Die Auffassung der Klägerin, dass solche Zweifel bereits im Hinblick auf den vom Beigeladenen zu 1.
benannten Vertragsarztsitz begründet seien, trifft aus den oben genannten Gründen nicht zu. Demgegenüber spricht der im Berufungsverfahren
vom Beigeladenen zu 1. vorgelegte Mietvertrag über seine Praxisräume in M. dafür, dass er zumindest die dortige vertragsärztliche
Tätigkeit noch bis zum Jahr 2027 auszuüben beabsichtigt.
Nach alledem musste der Beklagte weder Zweifel an der Gewährleistung einer hinreichenden Versorgungskontinuität durch den
Beigeladenen zu 1. haben noch war er gehalten, zugunsten der Klägerin eine voraussichtlich längere Versorgungskontinuität
durch die von ihr beabsichtigte Anstellung von Dr. N. zu berücksichtigen.
ee) Ermessensfehlerhaft ist die Entscheidung des Beklagten auch nicht aus dem Grunde, dass der Beklagte der von der Klägerin
angeführten Barrierefreiheit ihres MVZ keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat.
Maßgebende Bedeutung kommt diesem Gesichtspunkt schon deshalb nicht zu, weil der Beigeladene zu 1. bisher keinen Vertragsarztsitz
benennen kann und dies aus den oben dargelegten Gründen auch nicht muss. Der ihm aus diesen Gründen zu gewährende effektive
Rechtsschutz wäre aber praktisch entwertet, wenn zugunsten der Klägerin unterstellt würde, dass die Praxisräume des MVZ den
Belangen von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung besser entsprechen als die noch unbekannten und damit insoweit
noch gar nicht beurteilbaren künftigen Praxisräume des Beigeladenen zu 1. Bei dieser Sachlage reicht die Bereitschaft des
Arztes aus, einen barrierefreien Zugang zur Praxis zu schaffen (vgl dazu auch Pawlita in: jurisPK-
SGB V, 4. Aufl 2020, Stand: 18. Januar 2021, §
103 Rn 262 mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung zur Einführung des Kriteriums der Belange von Menschen mit Behinderung beim
Zugang zur Versorgung in §
103 Abs
4 S 5 Nr
8 SGB V) . An dieser Bereitschaft des Beigeladenen zu 1. hat der Senat keine Zweifel. Bereits im Widerspruchsverfahren hat er sinngemäß
zum Ausdruck gebracht, dass eine Barrierefreiheit bei der Wahl der Praxisräume für ihn selbstverständlich ist (Schreiben vom
12. Juni 2018). Darüber hinaus hat er in Bezug auf die Suche nach geeigneten Praxisräumen dargelegt, dass aktuell drei jeweils
im Erdgeschoss gelegene Objekte in P. zur Vermietung angeboten würden und somit nicht die Gefahr bestehe, dass bei Bestandskraft
des Zulassungsbeschlusses keine barrierefreien Praxisräumlichkeiten in P. gefunden werden könnten (Schriftsatz vom 8. Februar
2019). Dieses Vorbringen belegt ausreichend, dass er bereits gezielt nach (barrierefreien) Räumlichkeiten im Erdgeschoss gesucht
hat.
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Beklagten, dem Kriterium der Barrierefreiheit keine relevante Bedeutung für
die Auswahlentscheidung beizumessen, nicht zu beanstanden.
ff) Entgegen der Auffassung des SG durfte der Beklagte zugunsten des Beigeladenen zu 1. die Dauer seiner Eintragung in die Warteliste gemäß §
103 Abs
5 S 1
SGB V berücksichtigen.
Dem steht nicht entgegen, dass MVZ als solche sich nicht in diese Warteliste eintragen lassen können. Der Beklagte weist in
diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber in §
103 Abs
4c S 2
SGB V die entsprechende Anwendung des Katalogs der Auswahlkriterien bei Bewerbungen von MVZ in Praxisnachfolgeverfahren angeordnet
hat, ohne das Kriterium der Warteliste hiervon auszunehmen. Ebenso wie in solchen Verfahren ist insoweit aber auch im Rahmen
der Auswahlentscheidung nach § 26 BedarfsplRL auf die Person des anzustellenden Arztes abzustellen (vgl BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 aaO) . Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2.
können sich in die Warteliste auch solche Ärzte eintragen lassen, die eine Anstellung in einem MVZ in dem gesperrten Planungsbereich
anstreben (vgl dazu auch Geiger aaO, Rn 114; Pawlita aaO, Rn 275 und 333) . Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass die
Klägerin selbst in einem weiteren Auswahlverfahren im Jahr 2019 eine Genehmigung zur Anstellung eines Arztes beantragt hat,
der in der Warteliste eingetragen ist. Insofern ist schon generell keine Schlechterstellung von MVZ gegenüber zulassungswilligen
Ärzten anzunehmen. Dass Dr. N. versucht hätte, sich auf die Warteliste setzen zu lassen und dieser Versuch gescheitert wäre,
behauptet auch die Klägerin nicht.
Die Dauer der Eintragung des Beigeladenen zu 1. in die Warteliste bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses
ist mit annähernd anderthalb Jahren auch nicht derart unbedeutend, dass eine Berücksichtigung von vornherein als nicht sachgerechtes
Kriterium angesehen werden müsste. Der Beklagte durfte dieses Kriterium folglich nicht außer Betracht lassen, sondern musste
es zumindest in seine Überlegungen mit einbeziehen. Dass dies letztlich den Ausschlag gegeben hat für die Entscheidung, den
Beigeladenen zu 1. zuzulassen und die von der Klägerin begehrte Genehmigung der Anstellung des nicht in der Warteliste eingetragenen
Arztes abzulehnen, begründet keinen Ermessensfehler.
gg) Nach alledem erweisen sich die Zulassung des Beigeladenen zu 1. und die gleichzeitige Ablehnung der Genehmigung der Anstellung
von Dr. N. als rechtmäßig.
D. Danach konnte die Anschlussberufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs
2 SGG), sind nicht ersichtlich.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus der Anwendung von §
197a Abs
1 S 1 Halbs 1
SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1, Abs 2 S 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei der Zeitpunkt der den Rechtszug einleitenden Antragstellung maßgeblich ist (§ 40 GKG).
Dabei ist im vorliegenden Berufungsverfahren zu berücksichtigen, dass der Streitwert durch den Wert des Streitgegenstands
des ersten Rechtszugs begrenzt ist (§ 47 Abs 2 S 1 GKG). Maßgebend ist insoweit aber nicht der in erster Instanz festgesetzte, sondern der objektiv angemessene Streitwert (vgl
dazu auch BSG, Beschluss vom 19. September 2006 - B 6 KA 30/06 B, juris) . Dafür ist nach mittlerweile stRspr des Senats das mit der beantragten Genehmigung der Anstellung von Dr. N. zu
erwartende Einkommen der Klägerin aus vertragsärztlicher Tätigkeit für einen Zeitraum von drei Jahren maßgebend (grundlegend
hierzu Senatsbeschluss vom 14. Juli 2005 - L 3 KA 360/03; vgl ferner BSG, Beschluss vom 27. November 2006 - B 6 KA 38/06 B, juris) . Der vom Beklagten unter Bezugnahme auf den Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit vorgeschlagene Rückgriff auf den Regelstreitwert gemäß § 52 Abs 2 GKG scheidet insofern aus, weil der Sach- und Streitstand genügend Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts bietet.
Bei der somit anzustellenden Einkommensprognose geht der Senat im ersten Schritt von den durchschnittlichen Einnahmen chirurgischer
Praxen in Niedersachsen in den letzten vier vor Einlegung der Berufung abgerechneten Quartalen aus (IV/2017: 66.612,41 Euro
<NdsÄBl 2018, Heft 5, S 43>; I/2018: 71.471,38 Euro <NdsÄBl 2018, Heft 8, S 39>; II/2018: 72.221,27 Euro <NdsÄBl 2018, Heft
11, S 41>; III/2018: 68.601,03 Euro <NdsÄBl 2019, Heft 2, S 39> ). Der Gesamtbetrag dieser Einnahmen (278.906,09 Euro) ist
zu halbieren, da lediglich eine Anstellung im Umfang einer halben Stelle im Streit steht. Von den danach zu erwartenden jährlichen
Einnahmen iHv 139.453,05 Euro sind Praxiskosten in Höhe einer Quote von 64% (vgl dazu Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar
2021) und das Gehalt des anzustellenden Arztes abzuziehen, das sich nach dem von der Klägerin vorgelegten „Dienstvertrag“
vom 15. Dezember 2017 auf 24.000 Euro jährlich belaufen soll. Das hieraus folgende jährliche Einkommen (26.203,10 Euro) ist
auf den Zeitraum von drei Jahren hochzurechnen (Rechtsgedanke aus § 42 Abs 1 S 1 GKG); daraus ergibt sich ein zu erwartendes Einkommen iHv 78.609 Euro als festzusetzender Streitwert.