Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II
Keine höheren Leistungen unter Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfes wegen einer Laktoseintoleranz
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung streitig.
Die am 00.00.2007 geborene Klägerin stand gemeinsam mit ihrer Mutter im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Der Klägerin wurden mit Bescheid vom 25.02.2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.05.2013 Leistungen für den Zeitraum
März 2013 bis August 2013 bewilligt. Am 16.05.2013 erschien die Mutter der Klägerin und beantragte bei der Beklagten einen
Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aufgrund einer bestehenden Laktoseintoleranz der Klägerin. Ergänzend reichte
sie eine ärztliche Stellungnahme ihres behandelnden Arztes Dr. X (Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin) ein, welcher attestierte,
dass die Klägerin einer mit deutlichen Mehrkosten verbunden Krankenkost wegen einer sonstigen schweren Erkrankung "mit erheblicher
Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes oder unter belastender Therapie: Erbrechen und Durchfälle" bedürfe. Als Diagnosen
nannte er eine Laktoseintoleranz, Dystrophie, somatische Entwicklungsverzögerung sowie Infektanfälligkeit. Die derzeitige
Therapie sei eine laktosefreie Diät. Mit weiterem Bewilligungsbescheid vom 29.08.2013 gewährte die Beklagte Leistungen für
September 2013 bis Februar 2014.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung mit Bescheid vom 04.12.2013 ab. Nach
dem aktuellen Stand der Medizin werde davon ausgegangen, dass bei vielen Erkrankungen, bei denen früher ein Mehrbedarf gewährt
worden sei, tatsächlich keine kostenaufwändige Ernährung notwendig sei. Oftmals reiche es bereits aus, bestimmte Lebensmittel
zu meiden oder den täglichen Speiseplan im Gegensatz zur "normalen Mischkost" lediglich anders zusammenzusetzen. Hierdurch
entstünden jedoch keine zusätzlichen Kosten. Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Sie leide seit ihrer Geburt an Laktasemangel
bzw. Laktoseintoleranz. Soweit die Klägerin keine laktosefreien Produkte zu sich nehme, reagiere sie mit Bauchschmerzen, Darmwinden,
Bauchkrämpfen, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, spontanen Durchfällen, Schlappheit, Müdigkeit sowie Kopf- und Gliederschmerzen.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2014 als unbegründet zurück. Grundsätzlich
bestehe bei Laktoseintoleranz kein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung, da sich die Therapie auf das Weglassen von
Laktose beschränke. Kostenaufwändiger als eine Ernährung mit Vollkost werde die Ernährung für die Klägerin dadurch jedoch
nicht.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.05.2014 Klage erhoben. Es sei zu berücksichtigen, dass sie zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses
sechs Jahre alt gewesen sei. Der durch den behandelnden Arzt Dr. X im Rahmen der üblichen Vorsorgeuntersuchungen angefertigten
Perzentilkurve in Bezug auf die Körpergröße und das Körpergewicht der Klägerin sei insbesondere mit zunehmenden Alter ein
doch deutlich bestehendes Untergewicht bei weit unterdurchschnittlicher Körpergröße zu erkennen gewesen. Es sei eine Einzelfallprüfung
anzustrengen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 04.12.2013 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 07.05.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihre Bewilligungsbescheide vom 25.02.2013, 29.05.2013 für März 2013 bis August 2013 und den Bescheid vom 29.08.2013 für September
2013 bis Februar 2014 abzuändern und ihr höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass die Voraussetzungen eines Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung nicht nachgewiesen seien.
Das Sozialgericht Detmold hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch Dr. I (Facharzt
für Innere Medizin, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin; Sozialmedizin, Rehabilitationswesen, physikalische
Therapie). Dieser hat festgestellt, dass bei der Klägerin seit Mai 2013 eine Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz)
bei tiefem Normalgewicht und tiefer Normalgröße in der P3 Perzentile bestehe. Es gebe keinen Hinweis auf eine Malabsorption.
Die Klägerin sei fast ein Jahr ohne wesentliche Beschwerden voll gestillt worden, was eine primäre Laktoseintoleranz ausschließe,
da Muttermilch zu den Milcharten gehöre, die den höchsten Laktosegehalt aufweise. Die Beobachtung, dass die Klägerin das Stillen
erst gut vertragen habe, als die Mutter selbst auf laktosehaltige Milch verzichtet habe, sei nicht mit einer Laktoseintoleranz
erklärbar, sondern am ehesten mit einer allergischen Reaktion auf fremde Eiweißstoffe, da die Mutter der Klägerin zu diesem
Zeitpunkt ungewöhnlich große Mengen Kuhmilch getrunken habe. Der Körperbau der Klägerin sei leptosom und normal proportioniert.
Er hat darauf hingewiesen, dass Werte zwischen P3 und P97 als normal gelten. Die Lebersyntheseleistung sowie die Nierenentgiftungsleistung
und der Mineralhaushalt seien regelgerecht. Die Betrachtung der praktizierten und vertragenen Ernährung der Klägerin lasse
keine Nahrungsmittelaversion erkennen und bei Verzicht auf laktosehaltige Milchprodukte sei keine Fehlernährung oder nutritive
Verengung zu befürchten. Die aus medizinischen Gründen erforderliche Ernährung bei Laktoseintoleranz umfasse grundsätzlich
eine ausgewogene Mischkost, wie sie für gesunde Kinder gelte. Zu vermeiden seien insbesondere Milch sowie Milchprodukte, die
nicht durch Milchsäurebakterien gereift seien. Ein Ersatz von laktosehaltigen Nahrungsmitteln sei nicht erforderlich, aber
bei einer laktosefreien Ernährung müsse auf eine ausreichende tägliche Calciumzufuhr geachtet werden. 100 g Hartkäse täglich
deckten den täglichen Bedarf der Klägerin an Calcium. Dabei lasse sich ein exemplarischer Ernährungsplan, der weitgehend den
Essgewohnheiten der Klägerin entspreche, erstellen, welche die Einnahme des Laktaseenzyms erübrige. Die Ernährungsweise mit
Nutzung von laktosefreien Industrieprodukten sei medizinisch nicht erforderlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
die schriftlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen verwiesen.
Zum Gutachten hat die Klägerin vorgetragen, dass der Sachverständige in der Annahme fehl gehe, dass es keine Hinweise auf
eine Malabsorption oder Maldigestion gebe. Sie leide an einer erhöhten Durchfallneigung. Der auch in Zusammenhang mit der
langjährigen Asthmaerkrankung und chronisch obstruktiven Bronchitis bestehende Reizzustand des Darms verhindere eine vernünftige
Lebensmittelverwertung. Sie leide an einem starken Untergewicht. Die Klägerin sei zudem hochgradig infektanfällig, weswegen
ihr für das zweite Halbjahr des Schuljahres 2015/2016 ein Nachteilsausgleich in einigen Schulfächern gewährt worden sei. Bei
Verzicht auf Milchprodukte entstünde ein Vitalstoffmangel zahlreicher Vitamine und Spurenelemente. Zudem könne von der minderjährigen
Klägerin nicht verlangt werden, Hartkäse in einem Umfang von 100 g pro Tag zu sich zu nehmen. Zudem sei es für die Mutter
der Klägerin teilweise schwierig bis unmöglich zu erkennen, ob Lebensmittel laktosefrei seien oder nicht.
Das Sozialgericht Detmold hat von dem gerichtlichen Sachverständigen eine ergänzende Stellungnahme zu den Ausführungen der
Klägerin eingeholt. Dieser hat ergänzend ausgeführt, dass die Durchfallneigung angesichts der praktizierten laktosefreien
Ernährung und zusätzlichen Enzymsubstitution nur eingeschränkt mit einer Laktoseintoleranz zu erklären sei. Bei der Untersuchung
sei der Wassergehalt der Haut normal gewesen; Austrocknungszeichen fehlten. Das Unterhautfettgewebe sowie das Bauchfett seien
normal vorhanden und die Muskulatur sei regelrecht entwickelt. Die Klägerin weise keine Kachexiezeichen auf. Die kinderärztlich
erhobenen Laborbefunde ließen keinen Eiweißmangel oder Elektrolytverschiebungen im Blut erkennen, die bei Malabsorption oder
Maldigestion Merkmal einer ungenügenden Nährstoffaufnahme seien. Trotz Durchfallneigung sei somit weder klinisch noch labordiagnostisch
eine dekompensierte Verdauungsleistung des Darms belegt. Zwar sei es zutreffend, dass der Bereich zwischen P3 bis P10 als
Untergewicht bezeichnet werde, jedoch sei sie nicht unterernährt. Nach den Unterlagen sei die körperliche Entwicklung seit
der Geburt verzögert. Anhand der vorliegenden Untersuchungen seien keine organischen Ursachen der Wachstumsverzögerung zu
erkennen, so dass diese am ehesten genetisch bedingt sei. Der Aussage der Klägerin, dass bei Verzicht auf Milch und Milchprodukten
ein Vitalstoffmangel entstehen könnte, sei zuzustimmen, sofern völlig auf diese verzichtet werde. Es sei sehr darauf zu achten,
dass die für Heranwachsende erforderliche Tagesmenge vom Calcium von etwa 1 g in der Nahrung garantiert sei. Hauptcalciumsquellen
seien dabei Milch bzw. Käseprodukte, die untereinander austauschbar seien. Das Milchprodukt "gereifter Käse" enthalte wegen
des bakteriellen Milchzuckerabbaus mit Ausnahme der Laktose weitgehend alle Kohlenhydrate, Proteine, Fette, Mineralien, Vitamine
und Spurenstoffe, die im Ausgangsprodukt Rohmilch enthalten seien. Insbesondere sei im Hinblick auf Calcium keine Mangelernährung
bei Verzicht auf Milch zu befürchten, wenn Hartkäse in ausreichender Menge verzehrt werde, also etwa 100 g täglich, entsprechend
etwa drei Scheiben Käse. Die Vitamin-D-Versorgung könne durch den Konsum von Fisch sichergestellt werden. Milch spiele dabei
eine untergeordnete Rolle. Die Verengung des Speiseplans sei nicht von der Hand zu weisen. Jedoch esse und vertrage die Klägerin
Hartkäse; eine Aversion hiergegen liege nicht vor.
Das Sozialgericht Detmold hat mit Urteil vom 18.05.2017 die Klage abgewiesen. Streitgegenständlich sei die Frage, ob die Klägerin
für den Zeitraum von März 2013 bis einschließlich April 2014 einen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung
habe. Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 12.02.2013 bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt gehabt habe, sei der Bescheid vom 04.12.2013 als Ablehnung des Antrages vom 16.05.2013 auf Abänderung des ursprünglichen
Bewilligungsbescheides unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für krankheitsbedingte kostenaufwändige Ernährung zu werten.
Da nach Stellung des Antrages im Mai 2013 und vor dessen Bescheidung im Dezember 2013 bereits mit Bewilligungsbescheid vom
29.08.2013 Leistungen für September 2013 bis Februar 2014 gewährt worden seien, sei im angefochtenen Bescheid vom 04.12.2013
zugleich auch die Ablehnung der Änderung der Leistungsbewilligung für diesen Zeitraum enthalten. Die Kosten für eine Ernährung
mit normaler Vollkost seien durch den Regelbedarf gedeckt. Es stehe vorliegend nicht fest, dass die Klägerin krankheitsbedingt
eine Kost benötige, die von der Ernährung mit Vollkost abweiche und einen zusätzlichen Kostenaufwand hervorrufe.
Gegen das Urteil hat die Klägerin am 27.07.2017 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung ihres Vortrages in erster Instanz trägt
die Klägerin vor, dass zwar keine ausdrückliche Aversion gegen Hartkäse bestehe, die Zusichnahme von 100 g Hartkäse pro Tag
sei jedoch schlichtweg unrealistisch. Sie verweigere eine Nahrung dann, wenn sie nicht abwechslungsreich sei. Im Übrigen sei
es für die Mutter der Klägerin schwierig zu erkennen, welche Nahrungsmittel laktosefrei seien. Es werde davon ausgegangen,
dass der behandelnde Arzt der Klägerin Dr. X das Fehlwachstum in Verbindung mit der schweren Erkrankung einer erheblichen
Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes in der Form von Erbrechen und Durchfällen durch Laktoseintoleranz gesehen habe, da
er andernfalls eine weitere diagnostische Abklärung vorgenommen bzw. veranlasst hätte. Ergänzend werde der Mehrbedarf wegen
krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung ebenfalls für den Folgezeitraum ab März 2014 im Wege des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs geltend gemacht.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18.05.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 04.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 07.05.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre Bewilligungsbescheide vom 25.02.2013, 29.05.2013 für März
2013 bis August 2013 und den Bescheid vom 29.08.2013 für September 2013 bis Februar 2014 abzuändern und ihr für die genannten
Zeiträume sowie für den Zeitraum ab März 2014 höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Mit Schreiben vom 29.12.2017 hat der Senat darauf hingewiesen, dass er eine Entscheidung durch Beschluss gemäß §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) beabsichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte
der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und deshalb eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise unzulässig, im Übrigen nicht begründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 04.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
07.05.2014 sowie der Bescheid vom 25.02.2013 in der Fassung des Änderungsbescheide vom 29.05.2013 sowie des Bewilligungsbescheides
vom 29.08.2013. Zwar kann die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung kein zulässiger isolierter Streitgegenstand
eines gerichtlichen Verfahrens sein (vgl. u.a. Bundessozialgericht (BSG) Urteile vom 22.11.2011, B 4 AS 138/10 R und vom 14.02.2013, B 14 AS 48/12 R a.a.O.). Der angefochtene Bescheid vom 04.12.2013 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 07.05.2014 ist insoweit jedoch
auszulegen, als dass mit ihm im Rahmen des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) über die Höhe der (Regelbedarfs-)Leistungen in dem jeweils laufenden Bewilligungsabschnitt entschieden wurde. Damit hat
die Beklagte entschieden, dass für die oben genannte Zeit der Klägerin keine höheren Leistungen (unter Berücksichtigung eines
Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung) zu bewilligen sind.
Bei der nunmehr von der Klägerin im Berufungsverfahren verfolgten Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung
ab März 2014 unter Heranziehung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs handelt es sich um eine Klageänderung
gem. §
99 SGG, da die Klägerin ihren zunächst gestellten Klageantrag um den Zeitraum ab März 2014 erweitert hat. Dieser Klageerweiterung
hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 04.10.2017 nicht widersprochen, so dass gem. §
99 Abs.
2 SGG eine Einwilligung zur Klageänderung anzunehmen ist. Diesbezüglich ist die Berufung unzulässig. Die Landessozialgerichte entscheiden
nach §
29 Abs.
1 SGG grundsätzlich im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der
Sozialgerichte. Der Zeitraum ab März 2014 ist nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Sozialgericht gewesen,
sondern neu zum Landessozialgericht erhoben worden. Die erstinstanzlich anwaltlich vertretene Klägerin hat ausdrücklich die
Abänderung der Bescheide für den Zeitraum März 2013 bis Februar 2014 beantragt. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts
in den besonderen Verfahren nach §
29 Abs.
2 bis
4 SGG ist nicht gegeben. Weitere spezialgesetzliche Regelungen über die erstinstanzliche Zuständigkeit von Landessozialgerichten
sind ebenfalls nicht einschlägig. Es liegt zudem kein Fall der §§
96,
153 Abs.
1 SGG vor.
Im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist durch den angefochtenen
Bescheid nicht in ihren Rechten gem. §
54 Abs.
2 S. 1
SGG beschwert. Denn dieser ist rechtmäßig. Sie hat keinen Anspruch auf höheren Leistungen nach dem SGB II. Insbesondere hat sie keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gem. § 21 Abs. 5 SGB II.
Voraussetzung für die Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 48/12 R), der der Senat folgt, dass der Leistungsberechtigte an einer Krankheit im Sinne der üblichen krankenversicherungsrechtlichen
Begriffsdefinition leidet, wobei bereits eine drohende Erkrankung ausreicht, dass sich der Leistungsberechtigte "besonders"
(im Sinne einer Krankenkost) ernähren muss und diese besondere Ernährung aufgrund der Krankheit medizinisch notwendig ist
(ursächlicher Zusammenhang) und dass die im Einzelfall erforderliche Kost gegenüber der in der Bevölkerung üblichen, im Regelbedarf
zum Ausdruck kommenden Ernährung, kostenaufwändiger ist. Ausgehend von der Konkretisierung des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger
Ernährung in Relation zum Regelbedarf ist "kostenaufwändiger" im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II eine Ernährung, die von dem im Regelbedarf umfassten typisierten Bedarf abweicht und von diesem nicht gedeckt ist (vgl. hierzu
BSG Urteil vom 20.02.2014, B 14 AS 65/12 R). Eine Ernährung mit Vollkost unterfällt dabei nicht § 21 Abs. 5 SGB II, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern um eine Ernährungsweise, die auf das
Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt (BSG Urteil vom 10.05.2011, B 4 AS 100/10 R). Da die Vollkosternährung von dem Regelbedarf gedeckt ist, besteht eine kostenaufwändige Ernährung grundsätzlich nur bei
einer besonderen, von der Vollkost abweichenden Ernährungsform (BSG Urteil vom 20.02.2014, B 14 AS 65/12 R).
Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Der Senat nimmt auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug und macht sich
diese in entsprechender Anwendung des §
142 Abs.
2 S. 3
SGG nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen. Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren erschöpft sich im Wesentlichen
in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrages. Der Vorwurf der Klägerin, dass eine einzelfallbezogene Prüfung nicht
erfolgt sei, ist nicht zutreffend. Es ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens.
Der Sachverständige hat die Klägerin untersucht und unter Berücksichtigung der aktenkundigen Unterlagen sein Gutachten erstellt.
Dabei hat er sich mit den Einwendungen der Klägerin in seiner ergänzenden Stellungnahme befasst. Soweit die Klägerin mit der
Schlussfolgerung des Sachverständigen nicht übereinstimmt, ist dies nicht geeignet, die Beweiskraft des gerichtlichen Sachverständigengutachtens
zu entkräften bzw. von einer Überzeugung der anspruchsvoraussetzenden Tatsachen auszugehen, für welche die Klägerin die Beweislast
trägt. Die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständen sind in sich schlüssig und überzeugend begründet. Sie decken sich
darüber hinaus mit den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 4. Auflage
2014. Diese stellen zwar kein antizipiertes Sachverständigengutachten dar - und sind folglich auch nicht alleine Entscheidungsgrundlage
-, jedoch können diese als Orientierungshilfe dienen (BSG Urteil vom 20.02.2014, B 14 AS 65/12 R). Sie entsprechen dem aktuellen wissenschaftlichen Stand der medizinischen Erkenntnisse. Die Klägerin hat ab dem 09.04.2014
das sechste Lebensjahr vollendet, so dass die Ausnahme der Empfehlungen ab diesem Zeitpunkt keine Bedeutung erlangt. Ebenfalls
hat der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeschlossen, dass bei der Klägerin ein angeborener Laktasemangel vorliegt.
Für den vorherigen Zeitraum fehlt es an einer entsprechenden Empfehlung des Deutschen Vereins; es ist eine entsprechende Einzelfallprüfung
vorzunehmen. Diese Einzelfallprüfung ist durch die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens unter Berücksichtigung
der vorhandenen medizinischen Unterlagen sowie Untersuchung der Klägerin erfolgt. Soweit die Klägerin ausführt, dass es für
sie unzumutbar sei, drei Scheiben Hartkäse pro Tag zu essen, so folgt hieraus nicht zwingend ein ernährungsbedingter Mehrbedarf.
Auch ohne die Zusichnahme von Hartkäse kann der Bedarf an Calcium gedeckt werden. Als alternative Calziumsquellen eignen sich
neben Hartkäse auch weitere Nahrungsmittel wie Brokkoli, Grünkohl, Rucola, calciumreiches Mineralwasser sowie einige Nüsse
(vgl. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. in ausgewählte Fragen und Antworten zu Calcium, Stand: Juni 2013, S. 3). Der
Vortrag der Klägerin, dass es für sie schwer festzustellen sei, welche Nahrungsmittel Laktose enthalten, führt ebenfalls nicht
zu einem Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt
hat, ist der vollkommene Verzicht auf laktosefreie Ernährung nicht erreichbar und auch nicht erforderlich. Im Übrigen vertritt
der Senat die Ansicht, dass die lebensnahe Praxis zeigt, dass die Auswahl der infrage kommenden Lebensmittel je nach grundsätzlichen
Ernährungsvorlieben und Bekömmlichkeiten nicht täglich neu getroffen werden muss. Entsprechend der Einkaufsgewohnheiten und
der örtlichen Begebenheiten werden - wie auch bei Menschen ohne Laktoseintoleranz - nach der ersten Auswahl und Identifizierung
die bevorzugten und verträglichen Lebensmittel wieder gewählt. Eine solche Erstauswahl ist auch zumutbar.
Ebenfalls lässt sich ein entsprechender Anspruch der Klägerin auf einen Mehrbedarf durch die Einnahme der Laktasetabletten
nicht aus § 22 Abs. 6 SGB II herleiten. Denn sie hat nicht zur Überzeugung nachweisen können, dass ein entsprechender Bedarf unabweisbar ist. Der gerichtliche
Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass eine Ernährung durch Weglassen der unverträglichen Lebensmittel möglich ist.
Eine Einnahme von Laktasetabletten sei medizinisch nicht indiziert. Auf die obigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen
verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht, §
160 SGG.