Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II
Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Leistungsanspruchs auf "Null"
Anforderungen an eine ordnungsgemäße schriftliche Belehrung im Falle einer nicht erfolgten Vorlage geforderter Nachweise
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 09.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2018, mit dem
der Beklagte die Leistungen des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) endgültig auf "Null" festgesetzt hat.
Der 1960 geborene Kläger lebt gemeinsam mit seiner 1965 geborenen Ehefrau K C und seinem 1995 geborenen Sohn A in einer Wohnung
in N. Der Kläger hat bis September 2018 als Einzelunternehmer ein Reisegewerbe betrieben.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger und seiner Familie mit Bescheid vom 29.09.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom
26.11.2016 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für Oktober 2016 i.H.v. 1.368,28 € für November bis Dezember 2016 i.H.v. 1.400,68 € und für Januar bis März 2017 i.H.v. 1.444,34
€ im Monat.
Mit Schreiben vom 31.03.2017 forderte der Beklagte den Kläger auf, seine tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum
unter Benutzung des Formulars "Anlage EKS" sowie unter Einreichung entsprechender Unterlagen zu den Betriebseinnahmen und
-ausgaben nachzuweisen. Für die Vorlage der Unterlagen setzte er dem Kläger eine Frist unter Hinweis auf die Rechtsfolgen
bei Fristversäumnis bis zum 31.05.2017. Unter anderem heißt es in der Rechtsfolgenbelehrung:
"Sollten Sie bis zum 31.05.2017 keine Rückmeldung gegeben haben, darf ich Sie schon jetzt darauf hinweisen, dass nach Ablauf
dieses Zeitraumes der Leistungsanspruch auch ohne Angaben von Ihnen durch mich festgesetzt wird. In diesem Falle werden die
Leistungen nur für diejenigen Kalendermonate abschließend festgesetzt, für die Angaben vorliegen. Für die übrigen Kalendermonate
wird festgestellt, dass kein Leistungsanspruch bestand (§ 41a Abs. 3 SGB II). Die vorläufig gewährten Leistungen sind in diesen Fällen vollständig zu erstatten."
Nachdem der Kläger bis März 2018 keine Unterlagen bei dem Beklagten eingereicht hatte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom
09.03.2018 die dem Kläger und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zustehenden Leistungsansprüche nach dem
SGB II endgültig auf 0,00 € fest.
Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass seine Akten bei seiner ehemaligen Steuergehilfin
seien, die zwischenzeitlich verstorben sei. Er komme derzeit nicht an die Unterlagen heran. Sobald sie ihm vorliegen würden,
werde er die endgültige EKS einreichen. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2018 als unbegründet
zurück. Der Kläger habe innerhalb der gesetzten Frist keine Unterlagen zu seinen Einnahmen vorgelegt und auch keine Hinderungsgründe
genannt. Erst nach Erlass des endgültigen Festsetzungsbescheides habe er vorgetragen, dass seine Steuerberaterin verstorben
sei und er deshalb nicht an die Unterlagen käme. Dieses Vorbringen werte er als reine Schutzbehauptung.
Dagegen hat der Kläger im eigenen Namen am 11.06.2018 mit der Begründung Klage erhoben, ihm und seiner Bedarfsgemeinschaft
stünden im streitigen Bewilligungszeitraum endgültig höhere Leistungen zu. Er habe keine Unterlagen zu seinem Gewinn vorlegen
können, da seine Steuerberaterin verstorben sei. Um die Unterlagen habe sich nun seine Ehefrau gekümmert. Daher habe er im
Klageverfahren die ausgefüllte "Anlage EKS" für sein Reisegewerbe betreffend den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 vorgelegt.
Hieraus ergebe sich insgesamt ein Gewinn i.H.v. 685,00 € für den gesamten streitigen Bewilligungszeitraum.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Festsetzungsbescheides vom 09.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2018
zu verpflichten, über seinen Sozialleistungsanspruch und der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft verbundenen Angehörigen für den
Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 31.03.2017 neu zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe die ihm für die Vorlage der Unterlagen zu den Einnahmen aus seinem Gewerbe
gesetzte Frist fruchtlos verstreichen lassen. Nun sei er nach § 41a Abs. 3 SGB II mit weiterem Vortrag präkludiert.
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 09.10.2018 den Bescheid vom 09.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2018 aufgehoben
und den Rechtsstreit, ohne in der Sache zu entscheiden, nach §
131 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) an den Beklagten zurückverwiesen. § 41a Abs. 3 SGB II enthalte keine Präklusionsvorschrift, so dass der Beklagte zur weiteren Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf die im Klageverfahren
vorgelegten Unterlagen zum Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit verpflichtet sei und nach Aufklärung der Richtigkeit
der geltend gemachten Einnahmen und Ausgaben sowie der Absetzbeträge und des Gewinns erneut selbst in der Sache entscheiden
müsse.
Das Urteil ist dem Beklagten am 08.11.2018 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 20.11.2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung
trägt er vor, der Kläger sei mit den vorgelegten Unterlagen, der Anlage EKS, im Klageverfahren präkludiert. Nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) hätte er diese nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens vorlegen können. Seine Unterlagen seien daher nicht zu berücksichtigen
und das Urteil aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.10.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er mit der Vorlage seiner Unterlagen im Klageverfahren nicht präkludiert sei. § 41a Abs. 3 SGB II enthalte keine Ausschlussfrist, so dass die im Gerichtsverfahren vorgelegten Unterlagen noch Berücksichtigung finden müssen
Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung u.a. erklärt, die Klage nur deshalb im eigenen
Namen erhoben zu haben, weil nur er in dem maßgeblichen Zeitraum selbständig gewesen sei, nicht aber die Ehefrau und sein
Sohn. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, des Sitzungsprotokolls
und der Verwaltungsakte des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Köln vom 09.10.2018 ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem Urteil des SG der Bescheid vom 09.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2018, durch den der Beklagte die Bewilligung
von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 31.03.2017 gestützt auf § 41a Abs. 3 S. 3 SGB II auf null Euro festgesetzt hat. Dabei beschränkt sich der Streitgegenstand allein auf die Ansprüche des Klägers und erstreckt
sich nicht auch auf die Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft. Bezüglich der Ehefrau und des Sohns des Klägers ist der vorgenannte
Bescheid mangels fristgerechter Klageerhebung bestandskräftig geworden. Die Klage hat der anwaltlich vertretene Kläger lediglich
im eigenen Namen erhoben. Auf Nachfrage des Senats im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, diese deshalb
nur im eigenen Namen erhoben zu haben, weil allein er selbständig tätig gewesen sei. Diese Erklärung lässt keinen Spielraum
für eine Auslegung, nach der die Klage für sämtliche, zudem volljährige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erhoben worden
ist (vgl. BSG Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 12/18 R, bei juris Rn. 11f).
Die Zurückverweisungsentscheidung des SG an die Verwaltung nach §
131 Abs.
5 SGG erfolgte zu Recht. Das SG hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung zutreffend entschieden, dass für die abschließende Entscheidung weitere Ermittlungen
erforderlich sind, deren Umfang es rechtfertigt, diese Aufgabe dem Beklagten zu übertragen. Der Senat hat auf die Berufung
des Beklagten die Entscheidung des SG, den Rechtsstreit nach §
131 Abs.
5 SGG zurückzuverweisen, hierbei nur auf Ermessensfehler zu prüfen.
Nach §
131 Abs.
5 Satz 1 und
5 SGG kann das Gericht, hält es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt
und den Widerspruchsbescheid innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten seit Eingang der Behördenakten aufheben, soweit nach
Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange
der Beteiligten sachdienlich ist. Hiernach ist die fristgerechte Zurückverweisungsentscheidung des SG im Rahmen seines Ermessens nach §
131 Abs.
5 SGG ("kann es ... den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben") nicht zu beanstanden. Vielmehr durfte es die weiteren
Ermittlungen für die zu treffende abschließende Entscheidung nach Art und Umfang als erheblich und den Beklagten dafür als
besser ausgestattet ansehen. Hinzu kommt, dass er die Unterlagen des Klägers bislang ganz ungeprüft gelassen hat und diese
deshalb auf dieselbe Art und Weise zu prüfen hätte wie das SG. Die Unterlagen des Klägers zu seiner selbständigen Tätigkeit im streitigen Zeitraum sind auch berücksichtigungsfähig.
Nach § 41a Abs. 3 SGB II in der ab 01.08.2016 geltenden Fassung entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den
monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht
oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. Die leistungsberechtigte Person und die mit
ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sind nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet, die von den Trägern
der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen
nachzuweisen; die §§
60,
61,
65 und
65a Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (
SGB I) gelten entsprechend. Kommen die leistungsberechtigte Person oder die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihrer
Nachweis- oder Auskunftspflicht bis zur abschließenden Entscheidung nicht, nicht vollständig oder trotz angemessener Fristsetzung
und schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgemäß nach, setzen die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
den Leistungsanspruch für diejenigen Kalendermonate nur in der Höhe abschließend fest, in welcher seine Voraussetzungen ganz
oder teilweise nachgewiesen wurden. Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand.
Die Voraussetzungen des § 41a Abs. 3 S. 2 SGB II liegen indes nicht vor. Das Schreiben des Beklagten vom 31.03.2017 erfüllt nicht die Voraussetzungen an eine ordnungsgemäße
schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen im Falle der nicht erfolgten Vorlage der geforderten Nachweise.
Der Beklagte hatte über die vom Kläger für die Zeit vom 01.10.2016 bis 31.03.2017 beanspruchten SGB II - Leistungen mit Bescheid vom 29.09.2016 vorläufig entschieden. Zum Zeitpunkt des Schreibens des Beklagten vom 31.03.2017
war der Bewilligungszeitraum abgelaufen. Mit diesem Schreiben wurde der Kläger aufgefordert, leistungserhebliche Tatsachen
im Hinblick auf sein Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit zum Erlass einer abschließenden Entscheidung nachzuweisen.
Der Beklagte forderte den Kläger auf, bis zum 31.05.2017 die Anlage EKS mit Nachweisen zu seinen Betriebseinnahmen und -ausgaben
vorzulegen. Auch wenn diese Frist von zwei Monaten auf den ersten Blick nicht unangemessen erscheint, kann das im Ergebnis
ebenso dahinstehen wie die Frage, ob der Kläger eine etwaige Fristversäumnis ausreichend entschuldigt hätte. Denn es fehlt
jedenfalls an einer ordnungsgemäßen schriftlichen Belehrung über die Rechtsfolgen im Falle der nicht erfolgten Vorlage der
geforderten Nachweise.
Die geforderten Nachweise zum Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit umfassen leistungserhebliche Tatsachen, da diese für
Grund und Höhe der Leistung nach dem SGB II wesentlich sind. Der Kläger war auch im Sinne einer Mitwirkungsobliegenheit verpflichtet, die vom Beklagten geforderten Nachweise
zu seinem Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit zu erbringen. Richtet sich die abschließende Entscheidung über eine vorläufig
bewilligte Leistung nach § 41a SGB II, gelten dafür nach § 41a Abs. 3 SGB II ergänzend zu den allgemeinen Vorschriften besondere Vorgaben zu den Mitwirkungsobliegenheiten der Leistungsberechtigten sowie
zu den Folgen ihrer Verletzung. Danach ist in Konkretisierung von §
60 SGB I ausdrücklich geregelt, dass die leistungsberechtigte Person und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nach
Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet sind, die von den Grundsicherungsträgern zum Erlass einer abschließenden Entscheidung
geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen (Satz 2 Halbsatz 1). Kommen sie dem "bis zur abschließenden Entscheidung
nicht, nicht vollständig oder trotz angemessener Fristsetzung und schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgemäß
nach", ist der Leistungsanspruch nur für die Monate und in der Höhe abschließend festzusetzen, in welcher seine Voraussetzungen
nachgewiesen wurden (Satz 3). Ansonsten ist nach Satz 4 festzustellen, "dass ein Leistungsanspruch nicht bestand" (BSG Urteil vom 12.09.2018, B 4 AS 39/17 R). Nach der genannten Rechtsprechung des BSG sind daher im Widerspruchsverfahren vorgelegte Unterlagen zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen bei abschließenden
Entscheidungen nach § 41a Abs. 3 SGB II zu berücksichtigen (BSG a.a.O.). Da das Widerspruchsverfahren lediglich ein besonderer Teil eines einheitlichen Verwaltungsverfahren ist (vgl. Schmidt
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage 2017, Vor §
77 Rn. 4a), ergeht, soweit ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist, mithin die abschließende Entscheidung des Leistungsträgers
mit dem Widerspruchsbescheid. Dementsprechend können nach der Rechtsprechung des BSG bis zu diesem Zeitpunkt die geforderten Nachweise noch vorgelegt werden. § 41a Abs. 3 S. 3 SGB II steht dem nicht entgegen. So hat das BSG konstatiert, aus dem Wortlaut des § 41a Abs. 3 S. 3 SGB II sei nicht erkennbar, dass bei den vom Gesetzgeber normierten Zeitvorgaben wie der Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung
sowie die datumsmäßig gesetzte Frist, der gesetzten Frist der Vorrang zukäme. Hieraus schlussfolgert das BSG, dass im Widerspruchsverfahren vorgelegte Unterlagen zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen bei abschließenden Entscheidungen
nach § 41a Abs. 3 SGB II zu berücksichtigen sind.
Der Beklagte war somit grundsätzlich berechtigt, die mit Schreiben vom 31.03.2017 geforderten Nachweise zu fordern. Der Kläger
kam dieser Aufforderung zwar weder innerhalb der vom Beklagten gesetzten Frist noch bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens
nach, dennoch war der Beklagte nicht berechtigt, den Leistungsanspruch auf "Null" festzusetzen. Denn die Rechtsfolgenbelehrung
ist jedenfalls vor dem Hintergrund der zuvor gemachten Ausführungen nicht ordnungsgemäß, weil der Leistungsberechtigte nicht
lediglich bis zum "genannten Termin", also bis zum 31.05.2017, sondern nach der dargestellten Rechtsprechung des BSG seiner Nachweis- und Auskunftspflicht zumindest bis zur abschließenden Entscheidung des Leistungsträgers nachkommen darf,
bevor für ihn nachteilige Rechtsfolgen eintreten. Die erteilte Rechtsfolgenbelehrung ist damit fehlerhaft und erweckt beim
Leistungsberechtigten den Eindruck, seine Mitwirkungsobliegenheit nach dem genannten Termin nicht mehr erfüllen zu können.
Dies kann zur Folge haben, dass es der Leistungsberechtigte unterlässt, ihr jedenfalls noch bis zur abschließenden Entscheidung
des Leistungsträgers zu genügen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg Beschluss vom 09.04.2019, L 32 AS 816/18 B PKH).
Die Rechtsfolgen, insbesondere nach § 41a Abs. 3 S. 4 SGB II sind schwerwiegend. Soweit die Nullfeststellung wegen der Einwirkung auf die mit der Antragstellung zunächst entstandenen
Ansprüche nicht ohnehin einen materiell-rechtlichen Gehalt hat, gestaltet sie jedenfalls das Verfahrensrechtsverhältnis zwischen
den Beziehern vorläufig bewilligter Leistungen nach dem SGB II und den Grundsicherungsträgern grundlegend um. Unbeschadet der damit verbundenen Wirkungen im Einzelfall muss einer derartigen
Ausgestaltung verfassungsrechtlich wegen des zu gewährleistenden Existenzminimums nicht nur zu entnehmen sein, für welche
Zeiträume diese Vorschrift Geltung beansprucht (BSG Urteil vom 12.09.2018, B 4 AS 39/17 R), sondern es müssen auch für den Leistungsberechtigten die Rechtsfolgen eindeutig und klar erkennbar sein. Dies erfordert,
dass die Rechtsfolgenbelehrung in jeglicher Hinsicht zutreffend ist (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.). Ob und gegebenenfalls
inwieweit den Regelungen des § 41a Abs. 3 S. 3 und 4 SGB II materielle Präklusionswirkung zukommt, ist für die Anforderungen einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung nicht von Bedeutung.
Somit genügt die Rechtsfolgenbelehrung im Schreiben vom 31.03.2017 nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung,
so dass die in § 41a Abs. 3 S. 3 und 4 SGB II genannten Rechtsfolgen nicht eintreten können. Der Kläger war daher berechtigt, seine Unterlagen zum Nachweis seines Einkommens
aus der selbständigen Tätigkeit noch nach Ablauf der von dem Beklagten gesetzten Frist vorzulegen. Auf die Frage, ob der Norm
des § 41a Abs. 3 SGB II Präklusionswirkung für erst nach Erteilung des Widerspruchsbescheides vorgelegte Unterlagen zukommt, kam es vor diesem Hintergrund
nicht an.
Die bislang getroffenen Ermittlungen des Beklagten lassen noch keine abschließende Entscheidung über die dem Kläger endgültig
zuzuerkennenden Leistungen zu. Der Beklagte muss mithin weitere Ermittlungen zur Einkommenshöhe des Klägers treffen. Damit
hat das SG auch zu Recht im Rahmen seines Ermessens davon Gebrauch gemacht, die angefochtenen Bescheide aufzuheben, ohne in der Sache
zu entscheiden.
Für die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung ist im Übrigen nicht maßgebend, aus welchem Grund die Unterlagen nicht als verspätet
anzusehen sind. Für das Ermessen im Sinne von §
131 Abs.
5 SGG ist allein die Frage entscheidend, ob der durch die Berücksichtigungsfähigkeit der Unterlagen entstehende Ermittlungsaufwand
es als sachdienlich erscheinen lässt, diesen von dem Beklagten erfüllen zu lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).