Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt für den Geltungszeitraum 12.12.2014
bis 11.06.2015 rechtswidrig gewesen ist.
Der im Jahre 1966 geborene Kläger bezieht seit dem Jahre 2005 von dem Beklagten fortlaufend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Mit Bescheid vom 12.12.2014 erließ der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt. Hierin wurde u.a. geregelt,
dass der Kläger im genannten Zeitraum pro Monat im Durchschnitt vier Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse unternimmt und gegenüber dem Beklagten nachweist. Als Gegenleistung unterstützt der Beklagte den
Kläger, indem er das Bewerberprofil in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit anonym veröffentlicht, Vermittlungsvorschläge
dem Kläger unterbreitet, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen, und nach vorheriger Antragstellung 5 € für jede nachweislich
getätigte Bewerbung per Post und Reisekosten zu einem Vorstellungsgespräch unter bestimmten Bedingungen erstattet. Hiergegen
erhob der Kläger Widerspruch, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2015 als unbegründet zurückwies.
Der Kläger hat am 19.06.2015 Klage erhoben. Die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt sei ein Diktat und verletze
seine verfassungsmäßigen Rechte.
Der Beklagte hat mitgeteilt, dass der Kläger seinen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nachgekommen sei; es habe
keine Sanktionen gegeben.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.04.2016 abgewiesen. Eine durch Auslegung zu Gunsten des Klägers
angenommene Fortsetzungsfeststellungsklage sei unbegründet, da die Eingliederungsvereinbarung rechtmäßig sei. Auf die Einzelheiten
der Entscheidung wird verwiesen.
Gegen den ihm am 08.04.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06.05.2016 Berufung eingelegt (Aktenzeichen L
12 AS 890/16). Er trägt im Wesentlichen vor, dass die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt ein Diktat sei, Nötigung bewirke und
dem Wesen nach keine Vereinbarung sei. Sie würde ihm verbindlich vorschreiben, wie oft er sich um Arbeit zu bemühen habe.
Gleichzeitig fehle eine verbindliche Zusage des Beklagten, wie viele Stellenangebote ihm unterbreitet würden. Das geschehe
nur, wenn geeignete Stellenangebote vorlägen. Ihm würden jedoch verbindliche Eigenbemühungen vorgeschrieben, auch wenn keine
geeigneten Stellenangebote vorliegen würden. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 13.03.2017 hat die Berichterstatterin die Beteiligten dazu angehört, dass beabsichtigt sei, die Berufung
nach §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf sie zu übertragen. Ein Übertragungsbeschluss ist in der Folge nicht ergangen.
Am 19.07.2017 hat - ebenso wie in 11 weiteren Streitsachen des Klägers - eine mündliche Verhandlung stattgefunden, bei der
der Senat mit der Berichterstatterin als Vorsitzende sowie zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt war. Der Kläger hat in der
mündlichen Verhandlung beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 01.04.2016 zu ändern und den Bescheid vom 12.12.2014
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2015 aufzuheben. Der Senat hat in der vorgenannten Sitzung durch Urteil
vom 19.07.2017 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Mit Telefax vom 20.07.2017 hat der Kläger "sofortige Beschwerde" eingelegt und erklärt, er sehe sich beschwert. Denn ihm müsse
der Rechtsweg offenstehen. Auf die Einzelheiten seiner Begründung wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 10.09.2017 ergänzte
er seine Ausführungen und beantragte aufgrund des dokumentierten widerrechtlichen Handels des Beklagten eine Erstattung seiner
Rechtsmittelkosten und Kostenfestsetzung durch das Gericht. Des Weiteren forderte der Kläger nochmals das Gericht auf, die
streitgegenständlichen Bescheide und Gerichtsentscheidungen aufzuheben, weil sie u. a. höherrangiges Recht verletzen würden.
Auf die Einzelheiten wird Bezug genommen.
Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des Landessozialgerichts vom 19.07.2017 (L 12 AS 890/16) aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückgewiesen (B 14 AS 172/18 B). Es habe an einem Übertragungsbeschluss auf die Berichterstatterin gefehlt (vgl. §
153 Abs.
1 i.V.m. §
142 Abs.
1 und §
134 SGG). Hierdurch beruhe das Urteil auf einem Verfahrensmangel i.S.d. §
160 Abs.
2 Nr.
3 SGG und der Anspruch des Klägers auf den gesetzlichen Richter sei verletzt (Art.
101 Abs.
1 S. 2
GG; vgl. auch die weiteren Beschlüsse des BSG vom 21.03.2019, B 14 AS 171/17 B, B 14 AS 173/18 B bis B 14 AS 176/18 B, zu allen in der mündlichen Verhandlung am 19.07.2017 in dieser Spruchkörperbesetzung entschiedenen Streitverfahren des
Klägers).
Nach Wiedereintragung beim Landessozialgericht (L 12 AS 635/19 ZVW) und Anhörung hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 11.07.2019 auf die Berichterstatterin übertragen.
Mit Schriftsatz vom 08.10.2019 hat der Kläger zahlreiche aus anderen Verfahren gerichtsbekannte Anträge gestellt.
Die Ladung zum Verhandlungstermin ist mit Postzustellungsurkunde vom 06.02.2020 dem Kläger zugegangen. Zur mündlichen Verhandlung
ist der Kläger nicht erschienen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten des Beklagten
Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.02.2020 in der Sache verhandeln und eine Entscheidung treffen,
obwohl der Kläger nicht erschienen und auch nicht vertreten gewesen ist. Denn alle Beteiligten sind rechtzeitig und ordnungsgemäß
geladen und dabei nach Maßgabe von §
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
110 Abs.
1 S. 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle ihrer Abwesenheit verhandelt und entschieden werden könne.
Der Senat hat seiner Entscheidung den Antrag des Klägers zugrunde gelegt, welchen der Kläger in der öffentlichen Sitzung am
19.07.2017 gestellt hat: den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.04.2016 zu ändern und den Bescheid vom
12.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2015 aufzuheben.
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die schon erstinstanzlich interessengerecht als Fortsetzungsfeststellungsklage auszulegende Klage zu
Recht abgewiesen. Bescheid vom 12.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2015 ist rechtmäßig. Der Beklagte
hat die Eingliederungsvereinbarung rechtmäßig durch einen Verwaltungsakt erlassen; der Inhalt des Verwaltungsakts begegnet
keinen Bedenken.
Richtige Klageart ist aufgrund des Zeitablaufs nach §
131 Abs.
1 S. 3
SGG die Fortsetzungsfeststellungsklage. Nach dieser Vorschrift kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines
zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse
an dieser Feststellung hat. Der angefochtene Bescheid hat sich mit Ablauf seiner Geltungsdauer (11.06.2015) erledigt (§ 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB XII)). Der Umstand, dass sich der Bescheid bereits vor Klageerhebung in diesem Sinne erledigt hat, steht dabei einer entsprechenden
Feststellung nicht entgegen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage 2017, §
131 Rn. 7d). Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bestehen. Wiederholungsgefahr
ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen
und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (BSG Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R). Dies ist hier der Fall. Der Beklagte hat nach Erlass des Bescheides vom 12.12.2014 weitere Bescheide nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II (in der damaligen Fassung; a. F.) erlassen wie zum Beispiel den Bescheid vom 14.01.2019 (vgl. Urteil des Senates vom 29.01.2020,
L 12 AS 1752/18).
Die danach zulässige Klage ist jedoch nicht begründet.
Der Beklagte war befugt, einen Eingliederungsbescheid zu erlassen. Nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II a. F. sollen die Regelungen einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung
nicht zustande kommt. Der Kläger war nicht zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung dieses Inhalts bereit.
Die dem Kläger durch den Eingliederungsverwaltungsakt auferlegte Verpflichtung, innerhalb eines Monats im Durchschnitt vier
Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und dies gegenüber dem Beklagten
nachzuweisen, ist weder nach ihrer Art noch nach der aufgegebenen Frequenz der Bewerbungen zu beanstanden (zur Frequenz vgl.
hiesiger Senat bzgl. des Klägers bereits Urteil vom 29.01.2020, L 12 AS 1752/18; LSG NRW Beschluss vom 12.06.2013, L 7 AS 40/13 B; BSG Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 18/05 R, wonach die Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, sich zweimal die Woche schriftlich
zu bewerben, unter keinen denkbaren Aspekt unzumutbar ist; vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 21.12.2015, L 12 AS 1884/15 B). Es handelt sich um eine Konkretisierung der in § 2 Abs. 1 SGB II geregelten Selbsthilfeobliegenheit des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Die Bewerbung um ein Beschäftigungsverhältnis
stellt den ersten Schritt zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit dar (vgl. LSG NRW
Urteil vom 17.02.2014, L 19 AS 749/13). Auch im Übrigen begegnet der Eingliederungsverwaltungsakt keinen Bedenken. Die Leistungen des Beklagten sind klar umrissen
und beinhalten zudem eine konkrete Kostenzusage für nachgewiesene Bewerbungen.
Eine Verletzung von Grundrechten durch den Erlass des hier streitigen Eingliederungsverwaltungsakts liegt nach Auffassung
des Senats nicht vor. Wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat, verstößt der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes
insbesondere nicht gegen die in Art.
2 Grundgesetz (
GG) garantierte Vertragsfreiheit und schränkt auch die freie Berufswahl bzw. -ausübung (Art.
12 GG) nicht rechtswidrig ein (hierzu bereits Urteile des Senates vom 09.10.2019, L 12 AS 1862/17 und vom 29.01.2020, L 12 AS 1752/18; LSG NRW Beschluss vom 20.03.2014, L 19 AS 373/14 B ER und Beschluss des hiesigen Senates vom 21.12.2015, L 12 AS 1884/15 B ER).
Soweit der Schriftsatz des Klägers vom 08.10.2019 sich konkret auf das hiesige Verfahren bezieht, wird auf die obigen Ausführungen
Bezug genommen. Der Schriftsatz enthält keine Argumentation, die zu einer anderen Bewertung hinsichtlich der Begründetheit
der Berufung führen könnte. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Ausführungen wird auf die Hinweise in den Urteilen des
Senats vom 29.01.2020 in den Parallelverfahren L 12 AS 1690/18, L 12 AS 1752/18 und L 12 AS 1752/18 Bezug genommen. Für eine weitergehende Auseinandersetzung besteht aus den dort genannten Gründen keine Veranlassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.