Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Anforderungen an die Anerkennung eines Mehrbedarfs aufgrund kostenaufwändiger Ernährung
Keine verfassungsrechtliche Diskriminierung von Männern gegenüber Frauen
Tatbestand
Der Kläger begehrt zuletzt, die verfassungsrechtliche Diskriminierung von Männern gegenüber Frauen bei der Ernährung zu unterlassen.
Der im Jahre 1966 geborene Kläger bezieht seit dem Jahre 2005 von dem Beklagten fortlaufend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Mit Anträgen vom 25.11.2013 und 02.12.2013 begehrte der Kläger von dem Beklagten die Gewährung eines Mehrbedarfes für Ernährung.
Mit Bescheid vom 13.08.2015 lehnte der Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, es werde kein höherer Regelbedarf bzw. Mehrbedarf
für Ernährung aufgrund eines höheren Kalorienverbrauchs gewährt, da Ernährung bereits im Regelbedarf nach § 20 SGB II enthalten sei. Ein Mehrbedarf aus medizinischen Gründen für eine kostenaufwändige Ernährung bedürfe eines ärztlichen Nachweises.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2015 als unbegründet zurückwies.
Der Kläger hat am 14.10.2015 Klage erhoben; ihm sei ein Mehrbedarf für Ernährung (erhöhter Kalorienverbrauch) zu gewähren.
Der Beklagte hat auf die Gründe seines Bescheides verwiesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 06.01.2016 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Mehrbedarf
für Ernährung wegen eines erhöhten Kalorienverbrauchs. Nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II umfasse der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes u.a. insbesondere die Ernährung. Der Regelbedarf zur Sicherung
des Lebensunterhaltes enthalte damit die laufenden Kosten, die für eine ausgewogene Ernährung erforderlich seien. Dem Kläger
stünde auch nicht aus krankheitsbedingten Gründen ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II zu, da er weder medizinische Gründe noch eine kostenaufwändige Ernährung geltend gemacht habe, sondern allein - grundsätzlich
unabhängig von Krankheit - einen höheren Kalorienverbrauch bei Männern/jungen Menschen im Unterschied zu Frauen/alten Menschen
geltend mache. Auf die Einzelheiten der Entscheidung wird verwiesen.
Gegen den ihm am 11.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.02.2016 Berufung eingelegt (Aktenzeichen L
12 AS 216/16). Er trägt im Wesentlichen vor, dass der geschilderte Tatbestand nicht der Wahrheit entspreche. Er sei durch den Gerichtsbescheid
beschwert und in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt. Die Menschenwürde und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
seien verfassungsrechtlich geschützt. Ernährung diene der Aufrechterhaltung des Lebens einschließlich der Gesundheit. Männer
und junge Menschen hätten einen höheren Ernährungsbedarf und könnten sich mit der Regelleistung des SGB II nicht gleichermaßen ausgewogen und gesund ernähren. Sie würden in ihrer Menschenwürde und Entscheidungsfreiheit verdeckt
benachteiligt. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 13.03.2017 hat die Berichterstatterin die Beteiligten dazu angehört, dass beabsichtigt sei, die Berufung
nach §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf sie zu übertragen. Ein Übertragungsbeschluss ist in der Folge nicht ergangen.
Am 19.07.2017 hat - ebenso wie in 11 weiteren Streitsachen des Klägers - eine mündliche Verhandlung stattgefunden, bei der
der Senat mit der Berichterstatterin als Vorsitzende sowie zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt war. Der Kläger hat in der
mündlichen Verhandlung beantragt, die verfassungsrechtliche Diskriminierung von Männern gegenüber Frauen bei der Ernährung
zu unterlassen. Der Senat hat in der vorgenannten Sitzung durch Urteil vom 19.07.2017 die Berufung des Klägers zurückgewiesen
und die Revision nicht zugelassen.
Mit Telefax vom 20.07.2017 hat der Kläger "sofortige Beschwerde" eingelegt und erklärt, er sehe sich beschwert. Denn ihm müsse
der Rechtsweg offenstehen. Auf die Einzelheiten seiner Begründung wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 10.09.2017 ergänzte
er seine Ausführungen und stellte klar, dass er keinen Mehrbedarf beantrage. Er habe Leistungen beantragt, weil Männer/junge
Menschen grundsätzlich (unabhängig von Krankheit) einen höheren Ernährungsbedarf hätten als Frauen und ältere Menschen. Er
sei nicht gleichberechtigt im Sinne des
Grundgesetzes, da er aufgrund der nicht bedarfsrechten SGB II Regelleistung sich nicht gleichermaßen gesund und abwechslungsreich ernähren könnte wie eine Frau. Er fordere nochmals das
Gericht auf, die streitgegenständlichen Bescheide und Gerichtsentscheidungen aufzuheben, weil sie u. a. höherrangiges Recht
verletzen würden. Auf die Einzelheiten wird Bezug genommen.
Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des Senates vom 19.07.2017 (L 12 AS 216/16) aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückgewiesen (B 14 AS 171/18 B). Es habe an einem Übertragungsbeschluss auf die Berichterstatterin gefehlt (vgl. §
153 Abs.
1 i.V.m. §
142 Abs.
1 und §
134 SGG ). Hierdurch beruhe das Urteil auf einem Verfahrensmangel i.S.d. §
160 Abs.
2 Nr.
3 SGG und der Anspruch des Klägers auf den gesetzlichen Richter sei verletzt ( Art.
101 Abs.
1 S. 2
GG ; vgl. auch die weiteren Beschlüsse des BSG vom 21.03.2019, B 14 AS 172/17 B bis B 14 AS 176/18 B, zu allen in der mündlichen Verhandlung am 19.07.2017 in dieser Spruchkörperbesetzung entschiedenen Streitverfahren des
Klägers).
Nach Wiedereintragung beim Landessozialgericht (L 12 AS 636/19 ZVW) und Anhörung hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 11.07.2019 auf die Berichterstatterin übertragen.
Mit Schriftsatz vom 08.10.2019 hat der Kläger zahlreiche aus anderen Verfahren gerichtsbekannte Anträge gestellt.
Die Ladung zum Verhandlungstermin ist mit Postzustellungsurkunde vom 06.02.2020 dem Kläger zugegangen. Zur mündlichen Verhandlung
ist der Kläger nicht erschienen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten des Beklagten
Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.02.2020 in der Sache verhandeln und eine Entscheidung treffen,
obwohl der Kläger nicht erschienen und auch nicht vertreten gewesen ist. Denn alle Beteiligten sind rechtzeitig und ordnungsgemäß
geladen und dabei nach Maßgabe von §
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
110 Abs.
1 S. 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle ihrer Abwesenheit verhandelt und entschieden werden könne.
Der Senat hat in seiner Entscheidung den Antrag des Klägers zugrunde gelegt, welchen der Kläger in der öffentlichen Sitzung
am 19.07.2017 gestellt hat: die verfassungsrechtliche Diskriminierung von Männern gegenüber Frauen bei der Ernährung zu unterlassen.
Dieses Berufungsbegehren ist nun noch allgemeiner, als es das Klagebegehren bereits war. Vor diesem Hintergrund hat der Senat
geprüft, ob es dem allgemeinen Unterlassungsbegehren des Klägers bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung
des hiesigen Berufungsverfahrens fehlt.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung und muss bei jeder Rechtsverfolgung, das heißt
jedem an ein Gericht adressierten Antrag, vorliegen. Demnach hat nur derjenige einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung,
der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt. Das Gericht
muss in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen prüfen, ob das Rechtsschutzbedürfnis (noch) vorliegt (Senatsbeschluss vom
17.11.2016, L 12 SO 579/16 B ER; Sächsisches Landessozialgericht Beschluss vom 27.06.2011, L 3 AS 521/11 B PKH ). Zugunsten des Klägers hat der Senat das Berufungsbegehren großzügig ausgelegt und angenommen, dass der Kläger trotz
der allgemeinen Formulierung auch eine entsprechende Unterlassung des Beklagten gegenüber ihm begehrt.
Die so verstandene Berufung ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Soweit der Kläger einen höheren Regelbedarf begehrt hat, wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung des
Sozialgerichts wird Bezug genommen (vgl. §
153 Abs.
2 SGG ). Der Bescheid vom 13.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2015 ist rechtmäßig, dies hat das Sozialgericht
ausführlich dargestellt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Mehrbedarf für Ernährung wegen eines höheren Kalorienverbrauchs.
Die danach zulässige Klage ist nicht begründet. Des Weiteren ist dieses Anliegen des Klägers bereits Gegenstand zahlreicher
Verfahren gewesen (vgl. LSG NRW Beschluss vom 29.03.2010, L 12 AS 70/09; Urteil vom 19.02.2013, L 2 AS 2081/12 ). Soweit der Kläger einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Beklagten wegen verfassungsrechtlicher Diskriminierung von
Männern gegenüber Frauen bei der Ernährung geltend macht, scheitert dieser schon daran, dass die von dem Kläger behauptete
verfassungsrechtliche Diskriminierung von Männern gegenüber Frauen bei der Ernährung nicht existiert. Denn die streitigen
Bescheide des Beklagten sind offensichtlich rechtmäßig. Der Kläger hat im Berufungsverfahren zur Sache auch nichts Neues vorgebracht.
Seine kompletten Schriftsätze enthalten - wie dem Senat bereits aus zahlreichen Verfahren bekannt - stereotypische Wiederholungen.
Soweit der Schriftsatz des Klägers vom 08.10.2019 sich durch Nennung des Aktenzeichens konkret auf das hiesige Verfahren bezieht,
wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Der Schriftsatz enthält keine sachliche Argumentation, die zu einer anderen
Bewertung hinsichtlich der Begründetheit der Berufung führen könnte. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Ausführungen
wird auf die Hinweise in den Urteilen des Senats vom 29.01.2020 in den Parallelverfahren L 12 AS 635/19 ZVW, L 12 AS 1690/18, L 12 AS 1752/18 und L 12 AS 1752/18 Bezug genommen. Für eine weitergehende Auseinandersetzung besteht aus den dort genannten Gründen keine Veranlassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG .
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.