Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Mitgliedschaft in einer berufsständischen
Kammer
Verlust der Regelungswirkung einer Befreiungsregelung durch den Wechsel in eine andere Tätigkeit
Erledigung des Befreiungsbescheides auf sonstige Weise
Tatbestand
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).
Der 1962 geborene Kläger ist Volljurist. Er war ab dem 00.00.1992 bei der Firma L Industrietechnik in E als "Jurist für den
Bereich Recht innerhalb des Zentralbüros Recht/Patente/Versicherungen des Zentralbereiches Vorsitzender der Geschäftsführung"
versicherungspflichtig beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 00.00.1992). Zum 1.5.1993 ging das Arbeitsverhältnis auf die P GmbH
über. Die P GmbH firmierte anschließend in L-Fördertechnik GmbH um. Zum 1.2.1997 wechselte der Kläger auf die Stelle eines
Referenten in der Zentralfunktion Recht/Patente bei der L Fördertechnik GmbH (Arbeitsvertrag vom 28.1.1997). Zum 1.4.1999
wurde ihm die Leitung des Funktionsbereiches "Recht/Patente" übertragen. Die Firma L Fördertechnik GmbH firmierte 1999 in
U Fördertechnik GmbH um. Ab dem 1.1.2012 war der Kläger als Geschäftsführer (Arbeitsvertrag vom 9.12.2011), ab dem 1.2.2013
als Geschäftsbereichsleiter und Mitglied der erweiterten Geschäftsführung (Arbeitsvertrag vom 18.2.2013) und ab 1.10.2014
zusätzlich unter Abgabe der Führung der Rechtsabteilung als "Chief Executive Officer (CEO) Services" der "C" (Ergänzungsvereinbarung
vom 29.9./7.10.2014) bei der U Fördertechnik GmbH tätig. Das Unternehmen U Fördertechnik GmbH verschmolz nachfolgend mit der
U Q AG, welche in U Ressource Technologies AG umfirmierte. Nach Durchführung weiterer Verschmelzungen firmiert die U Ressource
Technologies AG nunmehr als U Industrial Solutions AG (im Folgenden einheitlich: Beigeladene). Das Beschäftigungsverhältnis
zwischen dem Kläger und der Beigeladenen endete am 30.6.2018. In seinem Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 30.8.1994,
gerichtet an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf, gab der Kläger als Kanzleisitz "G-Straße 00, E, bei c/o L
Fördertechnik GmbH" an. Der Kläger ist seit dem 1.2.1995 als Rechtsanwalt zugelassen und seit dem 2.3.1995 aufgrund seiner
Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer I durchgehend Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande
Nordrhein-Westfalen. Unter dem 10.5.1995 stellte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte (BfA), einen Antrag auf Kontenklärung. Darin gab er als zuletzt ausgeübten Beruf "Rechtsanwalt" an. Ebenfalls
unter dem 10.5.1995 beantragte er bei der BfA mit dem Formblatt "Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht" die Befreiung
von der Versicherungspflicht in der GRV für seine "seit dem 00.00.1992" bestehende versicherungspflichtige Tätigkeit bei der
L Fördertechnik GmbH in E. Er gab an, seit dem 2.3.1995 Pflichtmitglied bei dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande
Nordrhein-Westfalen und derzeit bei der "Firma L-G GmbH, G-Straße 00, E" beschäftigt zu sein. Eine nähere Tätigkeitsbezeichnung
fehlte.
Die BfA befreite den Kläger von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten ab dem 1.4.1995
(Formularbescheid vom 9.8.1995). Der Bescheid trägt die Überschrift "Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach §
6 Abs.
1 Nr.
1 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VI)" und regelt - nach der Anredeformel "Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt!" - mit im Wesentlichen vorgedrucktem Text:
"Auf Ihren Antrag werden Sie von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit. Eingangsdatum des
Befreiungsantrags: 16.05.95 Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. der Versicherungspflicht 00.02.92 Beginn der Mitgliedschaft
in der Versorgungseinrichtung (iSv §
6 Abs
1 Nr
1 SGB VI) 02.03.95 Beginn der Befreiung: 01.04.95 antragsgemäß" Weiter heißt es: "Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft
und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft
in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge
zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Sie ist grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige
Tätigkeit beschränkt.
Die Befreiung erstreckt sich auch auf andere versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge
ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind und insoweit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge zur
Versorgungseinrichtung gezahlt werden."
Es folgt die Rechtsbehelfsbelehrung. Sodann heißt es in gleicher Textform weiter:
"Die BfA hat bei Wegfall der Voraussetzungen des §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch zu widerrufen.
Sie sind daher verpflichtet, der BfA die Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen.
Dies ist insbesondere der Fall, wenn
- die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung endet - Versorgungsabgaben nicht mehr in der dem Einkommen entsprechenden
Höhe zu entrichten sind. Die Befreiung endet erst mit dem förmlichen Widerruf durch die BfA. Die als Anlage beigefügte Bescheinigung
über die Befreiung ist dem Arbeitgeber bzw. der Stelle auszuhändigen, die sonst zur Zahlung der Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung
der Angestellten verpflichtet wäre.
Falls Sie inzwischen Ihren Arbeitgeber gewechselt haben, bitten wir den früheren (vorherigen) Arbeitgeber von der Befreiung
zu verständigen. ( ...)."
Nach Bekanntwerden der von der Beklagten (auf der Basis der Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. April 2014) veröffentlichten neuen Befreiungskriterien meldete die Beigeladene den Kläger ab dem 1.1.2015 (vorsorglich)
in der GRV an, um erhebliche Beitragsnachzahlungen zu vermeiden, und stellte die Zahlungen an das Versorgungswerk ein.
Der Kläger bat daraufhin die Beklagte um schriftliche Bestätigung, dass der Bescheid über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht
vom 9.8.1995 bestandskräftig sei und über den 1.1.2015 hinaus Gültigkeit habe. Ein Widerruf oder eine Aufhebung dieses Bescheides
seien nicht erfolgt. Eine Bescheinigung der Beigeladenen, dass sich seit Beginn der Beschäftigung keine wesentliche Änderung
des Arbeitsgebietes/Aufgabenfeldes ergeben hätte, könne er nicht beibringen. Er sei seit Beginn seiner Tätigkeit in 1992 bis
zum 31.3.2014 (richtig wohl: 30.9.2014) im Rechtsbereich eingesetzt worden. Zum 1.4.2014 (richtig wohl: 1.10.2014) habe er
die Leitung des Rechtsbereichs abgegeben und eine Managementposition übernommen. Für die Reichweite der Befreiung spiele diese
Veränderung der beruflichen Stellung keine Rolle. Etwaige Ausführungen zur Art und Weise und zu den Inhalten des Beschäftigungsverhältnisses
seien weder im Aufnahmeantrag des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen noch in dem Befreiungsantrag
an die BfA enthalten gewesen. Das sei auch nicht erforderlich gewesen, denn die erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht
in der GRV knüpfe nur an die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung an. Diese bestehe bei
ihm ohne Unterbrechung fort. Wenn die konkrete Tätigkeit innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses sowohl im Antrag als
auch im Bescheid keine Rolle spielten, könne auch der Wechsel der konkreten Tätigkeit im Rahmen eines fortdauernden Beschäftigungsverhältnisses
nicht dazu führen, dass sich ein Bescheid in seinen Wirkungen von selbst erledige oder dass ein rechtmäßiger bestandskräftiger
Bescheid rechtswidrig werde (Schreiben vom 1.2./22.3.2015).
Die Beklagte entschied, dass der Befreiungsbescheid vom 9.8.1995 nicht auf die ab dem 1.1.2015 ausgeübte Beschäftigung des
Klägers fortwirke. Der Kläger sei in seiner aktuellen Beschäftigung als Mitarbeiter im Management versicherungspflichtig in
der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Befreiungsbescheid vom 9.8.1995 habe sich ausschließlich auf die konkrete Beschäftigung
als Referent bezogen, für die die Befreiung beantragt und ausgesprochen worden sei. Mit der Aufgabe dieser Beschäftigung habe
sich die Befreiung erledigt. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die derzeit ausgeübte Beschäftigung im Wesentlichen der
befreiten Beschäftigung entspreche, was jedoch nicht der Fall sei. Nach Erteilung des Befreiungsbescheides im Jahr 1995 habe
sich die Tätigkeit des Klägers spätestens ab dem 1.10.2014 wesentlich geändert. Dies belegten die eigenen Ausführungen des
Klägers, nach denen er nunmehr mit Management-Aufgaben betraut sei (Bescheid vom 23.4.2015; Widerspruchsbescheid vom 14.10.2015).
Der Kläger hat am 10.11.2015 Klage erhoben. Der 1995 erteilte Befreiungsbescheid enthalte keinen Bezug zu einer konkreten
Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber und habe einen solchen auch nicht enthalten müssen. Die maßgebliche Rechtslage in 1995 habe
für die Befreiung nur die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung erfordert. Seine konkrete
Tätigkeit sei dafür nicht erheblich gewesen. Sie sei auch aus dem Befreiungsantrag nicht ersichtlich gewesen und habe deshalb
für die Beklagte bei der Befreiungsentscheidung keine Rolle spielen können. Eine Veränderung der konkret ausgeübten Tätigkeit
im Rahmen des Arbeitsverhältnisses könne deshalb für die Frage der fortwirkenden Bestandskraft des rechtmäßigen Verwaltungsaktes
keine Bedeutung zukommen.
Die Beklagte hat den angegriffenen Bescheid und die in ihm getroffene Feststellung weiterhin für zutreffend erachtet.
Das Sozialgericht (SG) hat die U Industrial Solutions AG zum Verfahren beigeladen (Beschluss vom 3.5.2017).
Die Beigeladene hat sich in der Sache nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Das SG hat der Klage stattgegeben: Im Bescheid vom 9.8.1995 sei bindend geregelt, dass der Kläger (auch) in seiner Beschäftigung
als "Chief Executive Officer" (Manager) bei der Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GKV befreit sei. Die Beklagte
habe ohne Bezugnahme auf ein konkretes Beschäftigungsverhältnis festgestellt, dass der Kläger von der Versicherungspflicht
zur GRV befreit sei. Sprachlich werde die Befreiungsdauer (nur) an eine Mitgliedschaft im Versorgungswerk geknüpft, die beim
Kläger bis heute fortbestehe. Der Kläger sei durchgehend bei dem Arbeitgeber beschäftigt, den er bereits 1995 im Antragsformular
angegeben hat (Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 9.4.2018, der Beklagten am 13.4.2018 bekannt gegeben).
Dagegen hat die Beklagte am 3.5.2018 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG entfalte der Befreiungsbescheid vom 9.8.1995 im streitigen Zeitraum keine Wirkung mehr, sondern habe sich bereits zuvor auf
sonstige Weise erledigt. Die Befreiung sei auf die konkret ausgeübte jeweilige Beschäftigung beschränkt gewesen. Sie werde
mit einer inhaltlichen Umgestaltung des Arbeitsplatzes, mit einem Wechsel des Aufgabengebietes oder mit der Aufgabe der Beschäftigung
gegenstandslos, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung des Befreiungsbescheides bedürfe. Jeder Arbeitsplatz- oder Arbeitgeberwechsel
erfordere ein neues Befreiungsverfahren, das von einem Antrag eingeleitet werde und mit einem Bescheid abzuschließen sei.
Der Befreiungsbescheid vom 9.8.1995 beziehe auf die Beschäftigung als Jurist im Bereich Recht innerhalb des Zentralbüros Recht/Patente/Versicherungen.
Spätestens die am 1.10.2014 übernommene Tätigkeit als Manager bei gleichzeitiger Aufgabe der Leitung des Rechtsbereichs sei
damit nicht mehr deckungsgleich. Nach Urteilen des BSG vom 31.10.2012 sei mit einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht geregelt. Die
Anknüpfung an die konkrete Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit entspreche der durch §
6 Abs
5 Satz 1
SGB VI beschränkten Wirkung einer Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung. Daher ende die Befreiung auch unabhängig von einem
Arbeitgeberwechsel mit der Aufgabe der befreiten Beschäftigung oder Tätigkeit.
Der Senat hat das Versorgungswerk der Rechtanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen beigeladen (fortan: Beigeladener; Beschluss
vom 31.7.2019).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 9.4.2018 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, die vom BSG entwickelten Kriterien könnten nicht auf einen Befreiungsbescheid angewendet werden, der auf Grundlage des bis zum 31.12.1995
geltenden Rechts erlassen worden; das Gesetz messe einer solchen Befreiung ausdrücklich Bestandsschutz bei. Für die Befreiung
sei es nach dem Gesetzeswortlaut nicht darauf angekommen, welche Funktion der Kläger bei seinem Arbeitgeber ausübe. Für die
Befreiung sei nach dem bis zum 31.12.1995 geltenden Recht nur die Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk maßgeblich
gewesen. Diese habe der BfA als Entscheidungsgrundlage genügt. Über die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm hinausgehende
Erwägungen könnten offenkundig nicht zum Gegenstand des Befreiungsbescheides geworden sein. Er nehme für sich Bestandsschutz
in Anspruch. Er erfülle nach wie vor die Tatbestandsmerkmale des Befreiungstatbestandes in der bis zum 31.12.1995 geltenden
Fassung. Der Umstand, dass sich im Laufe seines vom 17.2.1992 bis zum 30.6.2018 ununterbrochen fortdauernden Beschäftigungsverhältnisses
seine konkrete Funktion im Unternehmen geändert hat, spiele keine Rolle. Die Veränderung von Umständen, die bei der Befreiungsentscheidung
weder tatsächlich noch rechtlich eine Rolle gespielt haben, könne für die fortdauernde Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen
einer Norm und damit im weiteren Sinne für die Bestandskraft eines auf ihrer Grundlage erlassenen Bescheides keine Bedeutung
erlangen. Entgegen der Ansicht der Beklagten komme es nicht auf die konkrete Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsverhältnisses
an. Ausreichend sei, dass sein Beschäftigungs- bzw. Arbeitsverhältnis seit 1992 ununterbrochen fortbestehe. Darauf stelle
auch die Bestandsschutzregelung des §
231 Abs
2 SGB VI ab.
Er sei nicht davon ausgegangen, dass die zum 1.10.2014 eingetretene inhaltliche Veränderung seiner beruflichen Tätigkeit von
langer Dauer sein würde. Zum 1.10.2016 sei er in die Abteilung Contract- and Risk-Management gewechselt und sei dort auch
wieder juristisch tätig gewesen. Die Beigeladene sei dann zu der Auffassung gelangt, dass er für diese Position "zu teuer"
sei. Er sei deshalb zum 31.5.2017 unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt worden. Bei der vom 1.10.2016
bis zum 31.5.2017 ausgeübten Tätigkeit habe es sich von der Wertigkeit her in etwa um eine Tätigkeit gehandelt, die mit der
vor dem 1.10.2014 von ihm zuletzt verrichteten Tätigkeit vergleichbar sei.
Die Beigeladene hat sich dem Vorbringen des Klägers angeschlossen und sich auf das Urteil des erkennenden Senats vom 14.3.2017
berufen. Der Bescheid vom 9.8.1995 sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der eine die Beteiligten bindende bestandskräftige
Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht des Klägers regele, solange er eine Beschäftigung bei der Beigeladenen
ausübe.
Der Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert.
Wegen der Darstellung der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten
der Beklagten Bezug, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
A. Die zulässige Berufung ist begründet.
Das SG hat zu Unrecht gemäß dem Klageantrag erkannt. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23.4.2015
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 (§
95 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)) ist entgegen der Auffassung des SG rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, §
54 Abs
2 Satz 1
SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf gerichtliche Feststellung, dass er aufgrund des Bescheides der BfA vom 9.8.1995 auch
für die ab dem 1.10.2014 ausgeübte Beschäftigung als "Chief Executive Officer (CEO) Services" (Mitarbeiter im Management)
von der Versicherungspflicht in der GRV befreit ist.
Gegenstand der insoweit statthaften kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (BSG SozR 4-2600 § 231 Nr 5, juris Rdnr 15) ist die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der GRV für seine ab dem 1.10.2014 ausgeübte
Beschäftigung als "Chief Executive Officer (CEO) Services" der "C" und die bis zum 30.6.2018 nachfolgenden Beschäftigungen
bei der Beigeladenen. Nur darüber hat die Beklagte im Bescheid vom 23.4.2015 ("Ihre derzeitige Beschäftigung bei der U Industrial
Solutions AG"; "Ihre aktuelle Beschäftigung als Mitarbeiter im Management") und Widerspruchsbescheid vom 14.10.2015 ("Ihre
ab dem 01.04.2014 aufgenommene Beschäftigung als Mitarbeiter im Management") entschieden. Nur gegen diese Entscheidung wendet
sich der Kläger folglich mit seinem Aufhebungs- und Feststellungsantrag. Dafür, dass er etwa einen weitergehenden Feststellungsanspruch
(für die Zeit vor dem 1.10.2014) mit einer allgemeinen Feststellungsklage verfolgt, gibt der Sachverhalt nichts her. Die Beklagte
hat nämlich in einer dem Widerspruchsbescheid vom 14.10.2015 beigefügten "Anlage" deutlich gemacht, dass alte Befreiungsbescheide
so lange (idR längstens bis zum 31.12.2014) weitergelten wie sich Arbeitgeber oder Tätigkeitsfeld nicht bzw. nicht signifikant
ändern. Folgerichtig hat sie auch im gerichtlichen Verfahren deutlich gemacht, dass sie die Befreiungswirkung des Bescheides
vom 9.8.1995 bis zum 30.9.2014 nicht ernstlich anzweifelt, wenn sie sich auf den Standpunkt stellt, die Befreiungswirkung
sei jedenfalls bzw. spätestens zum 1.10.2014 entfallen. Wegen der Zulässigkeit der Klage im Übrigen nimmt der Senat zur Vermeidung
von Wiederholungen auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug, §
153 Abs
2 SGG.
In der Sache ist die Klage unbegründet. Der geltend gemachte Feststellungsanspruch besteht nicht. Der Fortbestand der mit
Bescheid vom 9.8.1995 ausgesprochenen Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für die (Folge-)Beschäftigungen
bei der Beigeladenen ab dem 1.10.2014 ergibt sich weder aus §
231 Abs
2 SGB VI (1.) noch unmittelbar aus der im Bescheid vom 9.8.1995 verbindlich getroffenen Regelung (2.). Daran ändert nichts, dass der
Kläger ab dem 1.10.2016 wieder eine einer Rechtsanwaltstätigkeit vergleichbare Tätigkeit im Unternehmen ausgeübt haben will
(3).
1. Nach §
231 Abs
2 SGB VI bleiben Personen, die aufgrund eines bis zum 31.12.1995 gestellten Antrags spätestens mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an
nach §
6 Abs
1 Nr
1 SGB VI in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung von der Versicherungspflicht befreit waren, in der jeweiligen Beschäftigung
oder selbstständigen Tätigkeit von der Versicherungspflicht befreit. Die Vorschrift regelt im Kern (nur), dass eine vor dem
1.1.1996 erteilte Befreiung nicht durch die zum 1.1.1996 eingetretene Rechtsänderung (Erfordernis der Pflichtmitgliedschaft
in einer berufsständischen Kammer) unrichtig bzw. rechtswidrig wird, und gewährt insoweit Bestandsschutz. Einen weiterreichenden
(generellen) Bestandsschutz regelt die Vorschrift nicht. Denn die §§ 228ff
SGB VI ergänzen die Vorschriften der vorangehenden Kapitel (nur) für Sachverhalte, die von dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der
Vorschriften der vorangehenden Kapitel nicht mehr oder nur noch übergangsweise eintreten können, §
228 SGB VI (vgl dazu auch: BSGE 80, 250ff = SozR 3-2940 §
7 Nr
4, juris Rdnr 23 zu einem Fall des §
231 Abs
1 SGB VI; später dazu BSG SozR 4-2600 §
231 Nr
5 ebenfalls zu §
231 Abs1
SGB VI, juris Rdnrn 17ff). Auch in den Anwendungsfällen des §
231 Abs
2 SGB VI richtet sich der Fortbestand der in einem Befreiungsbescheid durch Verwaltungsakt(e) getroffenen Regelungen im Übrigen nach
§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ((SGB X); vgl BSG. AaO.). Da der Bescheid vom 9.8.1995 nicht aufgehoben wurde, hängt die Fortgeltung der darin geregelten Befreiung allein
davon ab, ob sich der diese regelnde Verwaltungsakt durch Zeitablauf oder auf sonstige Weise erledigt hat, § 39 Abs 2 SGB X. Dies wiederum hängt entscheidend davon ab, für welche "jeweilige Beschäftigung" die Befreiung am 9.8.1995 erteilt worden
ist; dies ist durch Auslegung zu ermitteln (dazu im Folgenden unter 2.).
Selbst wenn aber - wie der Kläger offenbar meint - §
231 Abs
2 SGB VI eine Regelung enthielte, die bei vor dem 1.1.1996 erteilten Befreiungen generell Bestandsschutz gewährt, ergäbe sich aus
der Vorschrift nicht der vom Kläger geltend gemachte Feststellungsanspruch. Denn es ist höchstrichterlich bereits geklärt,
dass die - aus §
6 Abs
5 Satz 1
SGB VI entnommene - gesetzliche Bezugnahme auf die "jeweilige Beschäftigung" sich ausschließlich auf diejenige Beschäftigung bezieht,
die im Befreiungsantrag angegeben worden ist, und sich nicht einmal auf folgende gleichartige Beschäftigungsverhältnisse erstreckt.
Eine andere als die "jeweilige Beschäftigung" liegt schon vor, wenn eine (gleichartige) Beschäftigung bei einem neuen Arbeitgeber
aufgenommen wird (BSGE 112, 108ff =SozR 4-2600 § 6 Nr 9, juris Rdnrn 16ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen; BSG. Urt v 5.12.2017, Az B 12 KR 11/15 R; s auch bereits BSGE 83, 74, 78f = SozR 3-2600 § 56 Nr12 S 59f; BSG. Urteil vom 7.12.2000, Az B 12 KR 11/00 R; anders das Urt BSG SozR 4 - 2600 § 231 Nr 5, juris Rdnrn 21ff, worin der Begriff "dieselbe Beschäftigung" des §
231 Abs
1 SGB VI geklärt wird). Dies muss erst recht gelten, wenn - auch ohne einen Arbeitgeberwechsel - eine "wesentliche" Änderung des Tätigkeitsbereichs
eingetreten ist, und die neue Tätigkeit nicht mehr der Berufsgruppe (iS von §
6 Abs
1 Nr
1 SGB VI aF) zuzurechnen ist, für die die Befreiung ursprünglich erteilt wurde (so auch: Segebrecht in: Kreikebohm.
SGB VI. GRV. Kommentar, 5. Aufl. 2017, Rdnr 44a; Gürtner in: KassKomm, 106. EL September 2019, §
6 SGB VI, Rdnr 31). Denn dann besteht - anders als in den Fällen des bloßen Arbeitgeberwechsels - kein Bezug mehr zu der Tätigkeit,
die zu der Befreiung geführt hat. Wesentlich ist ein solcher Tätigkeitswechsel (beim gleichen Arbeitgeber), wenn für die neue
Tätigkeit unter Zugrundelegung der zum Befreiungszeitpunkt (hier also am 1.4.1995) geltenden Rechtslage eine Befreiung von
der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nicht hätte ausgesprochen werden dürfen. Das ist nach
dem eigenen Vorbringen des Klägers ab dem 1.10.2014 der Fall, weil der Kläger jedenfalls ab diesem Zeitpunkt eine von der
Berufsgruppe der angestellten Rechtsanwälte typischerweise verrichtete Tätigkeiten nicht mehr ausgeübt hat. Zum Zeitpunkt
der Bekanntgabe des Bescheides vom 9.8.1995 übte der Kläger (noch) eine anwaltsähnliche Tätigkeit als Jurist bei der Beigeladenen
bzw deren Rechtsvorgängerin aus. Aus diesem Bereich wechselte der Kläger (spätestens) ab dem 1.10.2014 unter Abgabe der Führung
der Rechtsabteilung in die Funktion des "Chief Executive Officer (CEO) Services" der "C" und war seitdem ausschließlich mit
Managementaufgaben betraut. Diese qualitative Änderung im Tätigkeitsbild ist wesentlich, weil die ab 1.10.2014 ausgeübte Tätigkeit
keine Berufsausübung mehr beinhaltete, die einen Zugang zur Rechtsanwaltschaft und damit eine Pflichtmitgliedschaft in der
berufsständischen Versorgung iSv §
6 Abs
1 Nr
1 SGB VI ermöglicht hätte. Dabei ist ohne Belang, dass der Kläger im Rechtssinne (vgl §
613a Bürgerliches Gesetzbuch, auch über § 324 Umwandlungsgesetz) durchweg bei dem Arbeitgeber angestellt war, den er bereits 1995 im Antragsformular angegeben hatte. Gleiches gälte im Übrigen,
wenn der Kläger (beim gleichen Arbeitgeber) in eine geringfügige, versicherungsfreie Beschäftigung gewechselt wäre, §
5 Abs
2 S 1 Nr
1 SGB VI iVm §
8 Abs
1 Nr
2 oder §
8a iVm §
8 Abs
1 Nr
2 SGB IV (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2018, Az B 5 RE 1/18 R; BSGE, SozR 4-2600 §
6 Nr
18). Beschäftigungen, die nach §
6 Abs
1 SGB VI idF vom 1.4.1995 damals nicht hätten befreit werden können, sind nicht mehr "jeweilige Beschäftigung" iS von §
231 Abs
2 SGB VI. Diese Grundsätze galten auch bereits bei Bekanntgabe des Bescheides vom 9.8.1995 (vgl BSG, Urteil vom 22.10.1998, Az B 5/4 RA 80/97 R).
Die Auslegung des Gesetzes ist allerdings für die Auslegung des konkreten Bescheides nicht präjudiziell. Die Auslegung eines
Verwaltungsaktes kann nämlich auch ergeben, dass dieser nicht dem Gesetz entspricht, also rechtswidrig ist. Auch ein bestandskräftiger
rechtswidriger Verwaltungsakt ist wirksam und enthält verbindliche Regelungen, die nur unter den in § 39 Abs 2 SGB X geregelten Voraussetzungen entfallen (BSG. Beschl v 7.3.2018, juris Rdnr 35).
2. Der geltend gemachte Feststellungsanspruch ergibt sich auch nicht unmittelbar aus der durch den Bescheid vom 9.8.1995 zwischen
den Beteiligten bestandskräftig und damit verbindlich getroffenen Befreiungsregelung. Die Auslegung dieser Befreiungsregelung
ergibt vielmehr, dass die Befreiung für die Ausübung einer (rechtsanwaltsähnlichen) Tätigkeit als Jurist für den Bereich Recht
erteilt worden ist und (spätestens) mit dem Wechsel des Klägers in die Funktion des "Chief Executive Officer (CEO) Services"
der "C" der (damaligen) U Fördertechnik GmbH zum 1.10.2014 ihre Regelungswirkung verloren hat. Mit diesem Zeitpunkt hat sich
der Bescheid vom 9.8.1995 deshalb eo ipso auf sonstige Weise erledigt, § 39 Abs 2 SGB X.
Die in §
77 SGG geregelte Bindungswirkung eines Verwaltungsakts bestimmt sich nach den in seinen Verfügungssätzen getroffenen Regelungen
(vgl BSG. Urt vom 20.6.1984, Az 7 RAr 91/83 = SozR 4100 § 112 Nr 23 mwN; Urt vom 28.6.1990, Az 7 RAr 22/90 = SozR 3-4100 § 137 Nr 1; BSG, Urt vom 30.10.2013, Az B 12 AL 2/11 R = SozR 4-2400 § 27 Nr 5). Maßstab für die Inhaltsbestimmung dieser Regelungen ist - wie generell bei Willenserklärungen,
vgl §§
133; 157 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) - die Auslegung der sprachlichen Äußerungen nach dem "Empfängerhorizont" eines verständigen (objektiven) Beteiligten, der
die Zusammenhänge berücksichtigt, die die Behörde nach ihrem wirklichen (oder mutmaßlichen) Willen erkennbar in ihre Entscheidung
einbezogen hat (vgl BSG SozR 1200 § 42 Nr 4 S 14 mwN). Zur Erforschung dieses Willens sind die Begründung der Entscheidung (sofern vorhanden), aber auch sonstige
Umstände heranzuziehen, die erkennbar in Zusammenhang mit der getroffenen Regelung stehen (BSG SozR 4-2600 § 6 Nr 16, juris Rdnr 21; BSG SozR 4-5075 § 3 Nr 1 Rdnr 15 mwN; BSG Urteil vom 20.3.2013, Az B 5 R16/12 R, juris Rdnr 18). Will die Behörde die Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes durch Zusätze
einschränken, müssen diese inhaltlich bestimmt, klar, verständlich und widerspruchsfrei sein. Unklarheiten gehen zu ihren
Lasten (vgl BSGE 37, 155, 160 = SozR 4600 § 143 f Nr 1). Lassen Begründung oder Zusätze bzw. Hinweise mehrere Auslegungen zu, muss sich die Behörde
diejenige entgegenhalten lassen, die der Bescheidempfänger vernünftigerweise zugrunde legen darf, ohne die Unklarheit, Unbestimmtheit
oder Unvollständigkeit des Bescheides willkürlich zu seinen Gunsten auszunutzen (vgl BSGE 62, 32, 37 = SozR 4100 § 71 Nr 2 mwN).
Unter Beachtung dieser Vorgaben regelt der Bescheid vom 9.8.1995 aus Sicht eines (gedachten) objektiven Erklärungsempfängers,
dass die dem Kläger erteilte Befreiung sich ausschließlich auf die von ihm bei Antragstellung verrichtete Beschäftigung bei
der Beigeladenen bezieht. Eine spätere andersartige Beschäftigung ist von der Befreiungswirkung nicht mehr umfasst. Der Bescheid
vom 9.8.1995 regelt ausdrücklich (oder enthält den die getroffene Regelung erläuternden, für die Auslegung heranzuziehenden
Hinweis), dass die Befreiung grundsätzlich auf die "jeweilige Beschäftigung" beschränkt ist, und gibt damit den (damaligen
wie heutigen) Gesetzeswortlaut des §
6 Abs
5 Satz 1
SGB VI wieder. Es ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass auch der in den Formularbescheiden der früheren BfA verwendete
Begriff "jeweilig" keine Variable im Sinne von "jeweils ausgeübte Beschäftigung", sondern eine Konstante im Sinne von "konkret
im Antrag angegebene befreiungsbegründende Beschäftigung" enthält (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2018, Az B 5 RE 1/18 R; BSGE, SozR 4-2600 § 6 Nr 18). Die weiteren (erläuternden) Hinweise zur Fortdauer
der Befreiung für die sich an eine Pflichtmitgliedschaft anschließende freiwillige Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung
und Formulierung auf der Rückseite des Bescheids, wonach die Befreiung "erst mit dem förmlichen Widerruf durch die BfA" endet,
geben zu einer abweichenden Auslegung keine Veranlassung. Auch insoweit ist höchstrichterlich entschieden, dass die Regelungen
in den früheren Formular-Befreiungsbescheiden der BfA (die Verfügungssätze des Bescheides) - auch unter Mitberücksichtigung
der ergänzenden Hinweise und der erteilten Befreiungsbescheinigung - nur die Befreiung von der Versicherungspflicht in der
GRV für die im Antrag genannte, zum Zeitpunkt der Befreiung ausgeübte konkrete Beschäftigung regeln. Sie enthalten damit entgegen
der Auffassung des Klägers keine - möglicherweise rechtswidrige, aber aufgrund der Bestandskraft des Bescheides maßgebliche
- Regelung dahingehend, dass die Befreiung für alle Folgebeschäftigungen bei dem gleichen Arbeitgeber gelten (BSG. Urt vom 13. Dezember 2018, Az B 5 RE 3/18 R und B 5 RE 1/18 R; BSG. Urt vom 22. März 2018, Az B 5 RE 5/16 R; BSG SozR 4-2600 § 6 Nr 16). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Dabei weicht er nicht von seiner früheren Rechtsprechung ab (LSG NRW.
Urt vom 14.3.2017, Az L 18 R 852/16, im Ergebnis bestätigt durch BSG. Beschl v 7.3.2018, Az B 5 RE 3/17 R). Denn für die damalige Entscheidung war wesentlich, dass der dortige Kläger auch nach
dem Arbeitgeberwechsel noch die gleiche Beschäftigung ausübte, für die die Befreiung rechtmäßig erteilt worden war. Dies ist
beim Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr der Fall.
Es war für einen objektiven Erklärungsempfänger (hier den Typus des zugelassenen Rechtsanwalts, der für eine von ihm ausgeübte
versicherungspflichtige Beschäftigung die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV begehrt) auch erkennbar, dass
für die mit Bescheid vom 9.8.1995 ausgesprochene Befreiung die Zulassung als Rechtsanwalt und eine in dieser Funktion konkret
ausgeübte Tätigkeit maßgeblich waren. Die Abfrage der Anschrift seines Arbeitgebers und des Beginns des "derzeitigen" Beschäftigungsverhältnisses
(17.2.1992) im Formblatt "Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht" verdeutlichen zunächst, dass das Bestehen einer
konkret bestehenden versicherungspflichtigen Beschäftigung notwendige Voraussetzung für die Befreiung von der Versicherungspflicht
war. Es trifft bei objektiver Betrachtung nicht zu, dass daneben für die Befreiung allein die Pflichtmitgliedschaft beim Beigeladenen
als Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung maßgeblich war, eine Befreiung also unabhängig
davon erteilt wurde, ob der Kläger als Manager, als Rechtsberater oder als Hausmeister bei der Beigeladenen tätig war. Maßgeblich
war nach den Gesamtumständen vielmehr, dass der Kläger eine Tätigkeit der Berufsgruppe ausübte, die die Mitgliedschaften in
der berufsständischen Versorgungseinrichtung vermittelte, also hier die (damalige) Tätigkeit des Klägers als Jurist für den
Bereich Recht innerhalb des Zentralbüros Recht/Patente/Versicherungen des Zentralbereiches Vorsitzender der Geschäftsführung.
Diese Gesamtumstände der Befreiung machen deutlich, dass nicht ein Nebeneinander von Zulassung als Rechtsanwalt (und damit
Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung, hier beim Beigeladenen) und irgendeiner versicherungspflichtigen
Beschäftigung für die Befreiung genügten, sondern dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
und der versicherten Tätigkeit, für die die Befreiung erteilt wurde, bestehen muss, die Befreiung also für eine rechtsanwaltliche
oder rechtsanwaltsähnliche versicherte Beschäftigung erteilt wurde. Dass dieses Junktim auch dem Kläger bewusst war, ergibt
sich bereits daraus, dass er in seinem Zulassungsantrag vom 30.8.1994 die Anschrift seiner damaligen Arbeitgeberin als Kanzleisitz
angegeben hat. Die Angaben des Klägers in beiden unter dem 10.5.1995 gestellten Anträgen unterstreichen dies. Dort hat er
als zuletzt ausgeübten Beruf "Rechtsanwalt" angegeben. Damit bezog er sich nach den Umständen eindeutig auf die seit dem 17.2.1992
durchgehend bei der Beigeladenen ausgeübte Tätigkeit. Damit war auch ihm klar, dass sich die Befreiung auf seine Beschäftigung
"als Rechtsanwalt" bei der Beigeladenen bezog, selbst wenn dies so konkret im Bescheid vom 9.8.1995 nicht ausgesprochen wird.
Auch die bereits erwähnte Beschränkung der Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit belegen
für den objektiven Erklärungsempfänger die Tätigkeitsbezogenheit der Befreiung. Der Begriff "jeweilig" bedeutet nämlich nach
seinem objektiven Erklärungsgehalt "entsprechend" (Synonym "augenblicklich"), "gerade anwesend" bzw "gegenwärtig" (mit den
Synonymen "aktuell, akut, derzeit, derzeitig, heute, jetzt, zeitweilig, momentan") oder "zu einer bestimmten Zeit gerade bestehend,
herrschend, vorhanden, in einem bestimmten Einzelfall, Zusammenhang gerade bestehend, herrschend, vorhanden, vorliegend" (BSG. Urt vom 13. Dezember 2018, Az B 5 RE 3/18 R und B 5 RE 1/18 R) objektiv die Bedeutung. Diese Begriffe beschreiben - nach
Auffassung des BSG - mehr oder weniger deutlich einen statischen, unveränderlichen Zustand, der zukünftige Änderungen in der Ausgestaltung des
Beschäftigungsverhältnisses gerade nicht automatisch einschließt.
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich aus der von ihm angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung nichts Anderes.
Die Formulierung im Urteil des BSG vom 22.3.2018 (Az B 5 RE 5/16 R), wonach Beschäftigung nicht die Tätigkeit als solche bzw einen bestimmten Beruf oder ein
Berufsbild, sondern die für einen Weisungs- bzw. Arbeitgeber verrichtete Tätigkeit meint, spricht im Ergebnis nicht für die
vom Kläger vertretenen Auffassung. Auch wenn man maßgeblich auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers abstellte, um die Reichweite
der erteilten Befreiung zu definieren, kann sich die Befreiung hier nur auf die seit 2/1992 ausgeübte Tätigkeit als Jurist
für den Bereich Recht innerhalb des Zentralbüros Recht/Patente/Versicherungen des Zentralbereiches Vorsitzender der Geschäftsführung
beziehen. Denn die zum Zeitpunkt der Befreiung bestehende arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis bezog sich (nur) hierauf. Die
seit 1.10.2014 ausgeübte Tätigkeit ist andersartig und konnte dem Kläger nicht im Wege der Weisung zugewiesen werden. Vielmehr
bedurfte es jeweils neuer Arbeitsverträge, um die Direktionsmacht des Arbeitgebers neu zu definieren (zuletzt durch Ergänzungsvereinbarung
vom 29.9./7.10.2014). Auch aus den Ausführungen des BSG (Urteil vom 31.10.2012, Az B 12 R 5/10 R), wonach die Fortwirkung einer Befreiung von der Versicherungspflicht nicht über materielle Merkmale der Beschäftigung
oder selbstständigen Tätigkeit wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflicher Status definiert werde,
kann der Kläger für sich nichts herleiten. Sie dienen dem BSG lediglich für die Begründung seines Standpunktes, dass die Befreiung bei Arbeitgeberwechsel auch dann endet, wenn der Beschäftigte
weiter in der Berufsgruppe beschäftigt ist, für die die Befreiung erteilt wurde. Hier übt der Kläger aber eine solche berufsgruppenspezifische
juristische Tätigkeit seit dem 1.10.2014 nicht mehr aus.
3. Der streitige Feststellungsanspruch ergibt sich für die Beschäftigung vom 1.10.2014 bis zum 30.9.2016 auch nicht aus §
6 Abs
5 Satz 2
SGB VI. Das gilt unabhängig davon, ob es insoweit eines gesonderten Antrags und damit gesonderten Entscheidung der Beklagten bedurfte,
die hier fehlen (s dazu BSGE12, 1088ff = SozR 4-2600 § 6 Nr 9 = Urt v 31.10.2012, juris Rdnr 30 aE). Denn es kann bereits
nicht festgestellt werden, dass die ab dem 1.10.2014 vom Kläger ausgeübte Beschäftigung im Management im Voraus zeitlich begrenzt
war. Aus dem Arbeitsvertrag vom 18.2.2013 und der Ergänzungsvereinbarung vom 29.9./7.10.2014 ergibt sich dies nicht. Die Angabe
des Klägers, er sei davon ausgegangen, dass die Tätigkeit nicht von langer Dauer sein würde, spricht ebenfalls nicht für eine
zeitliche Begrenzung im Voraus, sondern allenfalls für eine entsprechende Vorahnung des Klägers.
Schließlich ist die begehrte Feststellung auch nicht für die Zeit vom 1.10.2016 bis zum 30.6.2018 auszusprechen, in der der
Kläger wieder eine rechtsanwaltsähnliche Tätigkeit bei der Beigeladenen ausgeübt haben will. Der Bescheid vom 9.8.1995 war
nach dem zuvor Gesagten auf die bis zum 30.9.2014 ausgeübte Beschäftigung begrenzt und hat sich mit deren Aufgabe auf sonstige
Weise erledigt, § 39 Abs 2 SGB X. Damit kommt er als Rechtsgrundlage für die Zeit ab dem 1.10.2016 nicht mehr in Betracht. An einem erneuten Befreiungsantrag
und einer erneuten originären Entscheidung der Beklagten fehlt es offensichtlich, so dass eine unmittelbar darauf gerichtete
Feststellungsklage subsidiär, also nicht statthaft und damit unzulässig ist.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183 Satz 1,
193 Abs
1 Satz 1
SGG.
C. Der Senat lässt die Revision zu, weil er die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich ein Befreiungsbescheid auch ohne
Arbeitgeberwechsel auf sonstige Weise erledigt, für grundsätzlich und klärungsbedürftig hält, §
160 Abs
2 Nr
1 SGG.