Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Regelaltersrente.
Der am 00.00.1943 in Oberschlesien (damals: Deutsches Reich, danach bis heute: Polen) geborene Kläger war von Juli 1961 bis
April 1982 im polnischen Steinkohlenbergbau versicherungspflichtig beschäftigt. Im Mai 1982 verlegte er seinen Wohnsitz in
die Bundesrepublik Deutschland (über Q/Schleswig-Holstein nach C/Nordrhein-Westfalen) und wurde hier als Vertriebener anerkannt
(Vertriebenenausweis A des Kreises Q vom 25.5.1982). Der Kläger war in Deutschland bis Januar 1994 weiter im Steinkohlenbergbau
versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog er Anpassungsgeld. Die Beklagte bewilligte ihm Rente für Bergleute
ab November 1996, Knappschaftsausgleichsleistung ab Oktober 1998, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Januar 2001. Auf
Antrag des Klägers gewährte sie ihm ab dem 1.10.2008 Regelaltersrente in Höhe von (zunächst) 1.718,09 € monatlich. Dabei berücksichtigte
sie die in Polen zurückgelegten Zeiten vom 21.7.1961 bis zum 7.4.1982 als (nachgewiesene) Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) so, als hätte der Kläger diese Zeiten in Deutschland zurückgelegt (Bescheid vom 17.6.2010). Der Bescheid enthält auf Seite
4 den Hinweis, dass eine unverzügliche Mitteilung an die Beklagte erfolgen müsse, wenn der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt
in die neuen Bundesländer verlege. Für die Dauer eines gewöhnlichen Aufenthalts in den neuen Bundesländern könne sich die
Rentenhöhe vermindern. Sie (die Beklagte) wolle über einen solchen Sachverhalt möglichst frühzeitig informiert werden, damit
vorher mitgeteilt werde könne, ob und in welcher Höhe die Rente dann zu zahlen sei.
Am 18.10.2015 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz nach Sachsen, ohne die Beklagte zu informieren. Nachdem die Beklagte über
die Krankenkasse des Klägers von dem Wohnortwechsel erfahren hatte, stellte sie die Höhe des Rechts auf Regelaltersrente ab
dem 1.11.2015 neu fest. Dabei legte sie für die nach dem FRG berücksichtigten Zeiten nunmehr (durch Multiplikation der Entgeltpunkte mit dem niedrigeren aktuellen Rentenwert <aRW> Ost
ermittelte) Entgeltpunkte Ost (EP Ost) zugrunde. Dadurch verringerte sich der monatliche Zahlbetrag der Regelaltersrente ab
dem 1.11.2015 um 86,68 € (Bescheid vom 13.11.2015). In der Folge wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass es für die
in Polen zurückgelegten Zeiten auch dann bei EP Ost verbleibe, wenn er seinen Wohnsitz wieder in die alten Bundesländer zurückverlegen
sollte (nachgeholte Anhörung vom 15.12.2015). Der gegen den Bescheid vom 13.11.2015 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg
(Widerspruchsbescheid vom 8.9.2016). Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Dresden (Aktenzeichen S 22 KN 1439/16) verlegte der Kläger seinen Wohnsitz zum 1.4.2017 zurück nach C/Nordrhein-Westfalen. Im Klageverfahren wies er darauf hin,
dass einziger Anlass für diese Entscheidung die bislang mit seinem Umzug nach Sachsen verbundene tatsächliche Rentenkürzung
sei. Seine Klage nahm er nach Hinweis des SG auf deren Aussichtslosigkeit am 28.6.2017 zurück.
Unter dem 9.8.2017 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Zurückverlegung seines Wohnsitzes nach C, die Rentenzahlung
in den Stand von vor 2015 zu versetzen, da er mittlerweile wieder in einem der alten Bundesländer ansässig sei.
Die Beklagte lehnte ab, ihm ab dem 1.4.2017 wieder höhere Regelaltersrente zu gewähren. Es verbleibe für die in Polen zurückgelegten
Zeiten auch dann bei EP Ost, wenn der Wohnsitz von den neuen wieder in die alten Bundesländer zurückverlegt werde. Eine Änderung
in der Rentenzahlung ergebe sich aus dem erneuten Umzug nicht (mit "Rentenzahlung" überschriebenes Schreiben vom 24.8.2017
ohne Rechtsbehelfsbelehrung). Zur Begründung seines Widerspruchs führte der Kläger aus, mit der Ablehnung nicht einverstanden
zu sein. Es gehe nicht um die in Polen erlangten Entgeltpunkte, sondern um die Zurücksetzung der Rentenbezüge in den Zustand
vor der Wohnsitzverlegung nach Ostdeutschland. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017).
Mit seiner Klage vom 3.11.2017 hat der Kläger ausgeführt, der Gesetzgeber habe den Fall des Rückumzugs in die alten Bundesländer
nicht vor Augen gehabt. Der Wiederumzug sei im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Wenn Ziel des Gesetzes die Sicherung eines
angemessenen Lebensstandards im jeweiligen Gebiet sei, müsse nunmehr eine Bewertung wieder nach Entgeltpunkten (anstelle von
EP Ost) erfolgen. Ansonsten laufe sein Recht auf Freizügigkeit leer. Auch liege gegenüber dauerhaft im alten Bundesgebiet
verbliebenen Berechtigten nach dem FRG eine Ungleichbehandlung vor, da diese ihre Rente auch insoweit weiter auf der Basis von Entgeltpunkten erhalten würden. Im
Übrigen sei auf die Gründe für den Umzug und die Gegebenheiten des Einzelfalls nicht eingegangen worden. Er und seine Ehefrau
hätten aufgrund größerer Pflegebedürftigkeit in der Nähe des Sohnes leben wollen. Die ärztliche Versorgung in Sachsen sei
jedoch mit der Versorgung im Ruhrgebiet nicht zu vergleichen und eine Integration in die Nachbarschaft habe nicht stattgefunden,
weshalb man den Entschluss gefasst habe, in die gewohnte Umgebung nach C zurückzukehren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.8.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2017 zu verurteilen,
die ihm gewährte Regelaltersrente unter Berücksichtigung der Zeiten nach dem Fremdrentengesetz mit Entgeltpunkten neu festzustellen und ab dem 1.4.2017 eine entsprechende erhöhte Rentenleistung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Für den Fall der Wiederverlegung des Wohnsitzes aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne
das Beitrittsgebiet verbleibe es für Zeiten nach dem FRG bei den ermittelten EP Ost.
Das SG hat die Klage abgewiesen: Höhere Rente ab dem 1.4.2017 stehe dem Kläger nicht zu. Es verbleibe bei den ermittelten EP Ost,
obwohl der Kläger inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet (Sachsen) in das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland ohne das Beitrittsgebiet (Nordrhein-Westfalen) zurückverlegt habe. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken
bestünden nicht (Urteil vom 3.6.2019, dem Kläger zugestellt am 17.7.2019)
Mit seiner dagegen am 16.8.2019 eingelegten Berufung trägt der Kläger vor, der im Gesetz geregelte Sachverhalt solle nur für
den Fall greifen, dass ein Berechtigter, der seine Altersrente ursprünglich in den Beitrittsgebieten bezogen habe, im Falle
eines Umzugs in das alte Bundesgebiet nicht bessergestellt werde als vorher. Ziel des Gesetzgebers sei 1992 gewesen, einen
massiven Umzug von Berechtigten aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer zu verhindern. Somit sollte allein für den
Fall, dass ein Berechtigter erstmals eine Rente nach den EP Ost beziehe, verhindert werden, dass hier ein Anreiz gesetzt werde,
bei Umzug in das alte Bundesgebiet einen höheren Rentenanspruch zu erhalten. Er sei aus dem alten Bundesgebiet in das Beitrittsgebiet
verzogen und habe hier die faktische Kürzung der Rente durch die Berücksichtigung von EP Ost in Kauf genommen. Er sei aus
persönlichen Gründen wieder in die alten Bundesländer verzogen. Dieser Fall werde von dem ursprünglichen Zweck der Regelung
nicht erfasst. Nach dem Sinn des Rentenrechts sei dem Bezieher im jeweiligen Bundesland ein angemessener Lebensstandard zu
sichern. Aus diesem Grunde müsse daher wieder eine Bewertung mit EP (und nicht mit EP Ost) erfolgen.
Die Beklagte verweist auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, der Prozessakten
S 22 KN 1439/16 des SG Dresden sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Diese sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, §
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 24.8.2017 (in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 10.10.2017, §
95 SGG). Bei dem Schreiben der Beklagten vom 24.8.2017 handelt es sich um einen Verwaltungsakt, obwohl es nicht als "Bescheid" bezeichnet
ist und eine Rechtsbehelfsbelehrung fehlt. Denn die Beklagte trifft darin objektiv erkennbar eine unmittelbare Entscheidung
gegenüber dem Kläger dahingehend, dass sie den geltend gemachten Anspruch auf höhere Regelaltersrente ab dem 1.4.2017 (erneute
Wohnsitznahme in C) ablehnt, § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage abgewiesen. Der Bescheid vom 24.8.2017 (in der Gestalt des Widerspruchbescheides
vom 10.10.2017) ist rechtmäßig und beschwert den Kläger daher nicht, §
54 Abs
2 SGG. Ein Anspruch auf höhere Regelaltersrente ab dem 1.4.2017 durch Bewertung der in Polen zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten
mit den höheren EP anstelle der von der Beklagten herangezogenen EP Ost besteht nicht.
Die Voraussetzungen des hier einzig als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X liegen nicht vor. Danach ist ein Dauerverwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit eine wesentliche Änderung
in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eintritt, die bei seinem Erlass vorgelegen haben. Die durch den Rückumzug
des Klägers in die alten Bundesländer am 1.4.2017 eingetretene Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist keine für die
Rentenberechnung wesentliche Änderung im Sinne von § 48 SGB X, weil sie auf die bindende Feststellung der Höhe des (Stamm-)Rechts auf Regelaltersrente von Rechts wegen keine Auswirkung
hat. Sie führt einfach-rechtlich zu keiner Änderung dieses Rechts. Eine solche ist auch nach dem
Grundgesetz (
GG) nicht geboten. Es verbleibt daher auch nach der Rückverlegung des Wohnsitzes bei der Berechnung der Rente nach den EP Ost.
Auf der Grundlage des nach Zurücknahme der Klage vor dem SG Dresden bindenden Bescheids vom 13.11.2015 steht zwischen den
Beteiligten fest, dass in die Rentenformel (§§ 63 Abs 6, 64 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VI>) zur Berechnung der Regelaltersrente
des Klägers ab dem 1.11.2015 EP Ost zu berücksichtigen sind, Art 6 § 4 Abs 6 Satz 1 Buchstabe c des Gesetzes zur Neuregelung
des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts [...] - Fremdrenten- und Auslandsrentenneuregelungsgesetz (FANG). Einen rechtlichen
Anknüpfungspunkt für das hier allein zu beurteilende Begehren des Klägers, seine Regelaltersrente nach dem Rückumzug wieder
anzuheben, gibt es nicht.
Zunächst kann sich der Kläger dazu nicht mehr auf den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 17.6.2010 berufen, weil dieser
Verwaltungsakt durch den bestandskräftigen Bescheid vom 13.11.2015 in diesem Punkt aufgehoben worden ist und seine Regelungswirkung
dadurch verloren hat, § 39 Abs 2 SGB X.
Ein Anspruch aus Vertrauenshaftung (oder Rechtsscheinhaftung) besteht ebenfalls nicht. Die Beklagte hat durch den Bescheid
vom 17.6.2010 nicht zurechenbar den Rechtsschein gesetzt, dass der Berechnung der Rente des Klägers dauerhaft - also auch
nach einer zwischenzeitlichen Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in das Beitrittsgebiet - EP (und nicht EP Ost) zugrunde
gelegt werden. Sie hat in diesem Bescheid im Gegenteil darauf hingewiesen, dass eine solche Verlegung Einfluss auf die Höhe
der Rente haben könne und dem Kläger empfohlen, sie vorzeitig zu informieren, damit sie die Folgen einer solchen Verlegung
feststellen und mitteilen könne. Wäre der Kläger dieser Empfehlung gefolgt, hätte er - ggf. nach Beratung - unter Umständen
von vorneherein von einer Wohnsitzverlegung Abstand genommen. Später hat die Beklagte im Anhörungsschreiben vom 15.12.2015
darauf hingewiesen, dass es für die in Polen zurückgelegten Zeiten nach dem FRG auch dann bei EP Ost verbleibe, wenn der Kläger seinen Wohnsitz wieder in die alten Bundesländer zurückverlegen sollte. Die
Ursache der eingetretenen dauerhaften (jedenfalls bis 2024 andauernden, §
255a SGB VI) Rentenkürzung liegt damit wesentlich im Verhalten bzw. Unterlassen des Klägers begründet. Ein von der Beklagten zurechenbar
gesetzter Vertrauenstatbestand, auf den der Kläger konkret vertraut haben könnte, ist nicht erkennbar.
Im einfachen kodierten Gesetzesrecht findet sich ebenfalls kein Anknüpfungspunkt für das Begehren des Klägers auf höhere Regelaltersrente
bzw. "Versetzung der Rentenzahlung in den Stand von vor 2015" ab dem 1.4.2017. Dieser Fall ist, wie der Kläger zutreffend
bemerkt, im Gesetz nicht explizit geregelt. Im Gegenteil ist in Art 6 § 4 Abs 6 Satz 3 FANG - klarstellend - ausdrücklich
geregelt, dass die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
ohne das Beitrittsgebiet nicht zu einer Neuberechnung der EP führt. Diese Vorschrift findet nach ihrem Wortlaut, ihrer Entstehungsgeschichte,
ihrer systematischen Stellung im Gesetz und ihren Sinn und Zweck auch auf den Kläger Anwendung. Sie gilt für jeden Fall der
Verlegung des ständigen Aufenthalts aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch Berechtigte
im Sinne von Art 6 § 4 Abs 6 Satz 1 Buchstabe c FANG unabhängig davon, ob bereits früher einmal ein Anspruch auf Altersrente
bei Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet bestanden hat.
Nach ihrem Wortlaut findet die Vorschrift auf den Kläger unmittelbar Anwendung, da er seinen Wohnsitz am 1.4.2017 aus Sachsen
nach Nordrhein-Westfalen verlegt hat. Der Wortlaut bietet für die vom Kläger behauptete einschränkende Auslegung in Fällen
der "Rückverlegung" keinen Anhaltspunkt. Auch der Wille des Gesetzgebers war von Anfang an darauf gerichtet, mit der Norm
auch die Fälle der Zurückverlegung zu erfassen (BundestagsDrucks 12/405 vom 23.4.1991, S 168). Das kann systematisch nur die Fälle meinen, in denen zuvor bereits ein Rentenanspruch auf der Basis von EP bestanden hat,
da es ansonsten keinen Sinn machte, den Fall der Zurückverlegung ausdrücklich zu erwähnen. Schließlich gilt der Sinn und Zweck
der Norm, FRG-Auslandszeiten deutscher Versicherter (Vertriebener) nicht besser als Zeiten Versicherter in der früheren DDR zu bewerten,
gleichermaßen weiter (s. dazu auch SG Hamburg, Urt v 12.6.2017, Az S 10 R 58/12, juris Rnrn 42f). Der Gesetzgeber hat damit für diese besondere Konstellation bewusst in Kauf genommen, dass im Fall des Rückumzugs die Rentenleistung
nicht mehr dem allgemeinen Lebensstandard im neuen Aufenthaltsgebiet entspricht, weil er jedenfalls rentenrechtlich keinen
Anreiz für eine solche Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts setzen wollte (SG Hamburg, aaO, Rn 44). Dieser Gesetzeszweck gilt gleichermaßen für den Erst- wie für den Rückumzug. Ob der im Klageverfahren vor dem SG Dresden
angegebene Grund (Rentenkürzung) oder die im streitigen Verfahren aufgeführten Gründe (fehlende Integration am neuen Aufenthaltsort)
für die Rückverlegung des Wohnsitzes nach C maßgeblich war bzw. waren, ist rechtlich ohne Belang, da die Norm auf den geregelten
Sachverhalt generell - und damit unabhängig vom Motiv der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts - Anwendung findet.
Die Beibehaltung der EP Ost für die FRG-Zeiten des Klägers nach seinem Rückumzug in das Gebiet der alten Bundesländer verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten
aus Art
14 Abs
1, 11 Abs
1 oder 3 Abs
1 GG, so dass keine Veranlassung besteht, das Verfahren nach Art
100 Abs
1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Nach Auffassung des Senats gelten für den vorliegenden
Sachverhalt die gleichen Erwägungen, die das BSG im Urteil vom 12.4.2017 zur Verringerung der Altersrente bei der erstmaligen Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in das
Beitrittsgebiet für maßgeblich gehalten hat (BSG, Urt v 12.04.2017, Aktenzeichen <Az> B 13 R 12/15 R = BSGE 123, 98ff = SozR 4-5060 Art 6 § 4 Nr 4). In dieser Entscheidung hat das BSG im Rahmen breit angelegter Ausführungen gleichzeitig deutlich gemacht, dass auch bei einem Rückumzug in das alte Bundesgebiet
kein Verstoß gegen das
Grundgesetz vorliegt, wenn es bei der Zugrundelegung von EP Ost verbleibt (vgl besonders BSG, aaO, juris Rnrn 41, 49ff, 52). Die Ausführungen in dieser Entscheidung (Rnrn 20ff) macht sich der Senat für die (entsprechende) Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts zu Eigen. Danach ergibt sich Folgendes:
Ein Verstoß gegen Art
14 Abs
1 GG liegt nicht vor. Danach werden das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze
bestimmt. Art
14 Abs
1 GG schützt Rentenansprüche und Rentenanwartschaften, soweit dies im Geltungsbereich des
GG erworben worden sind. Ansprüche nach dem FRG gegen die Deutsche Rentenversicherung unterliegen nicht dem Schutz des Art.
14 Abs
1 GG, jedenfalls wenn diese ausschließlich auf Beitrags- und Beschäftigungszeiten beruhen, die in den Herkunftsgebieten erbracht
oder zurückgelegt wurden. Die zu fremden Versicherungssystemen entrichteten Beiträge haben keine anzuerkennende Rechtsposition
in der zur Leistung verpflichteten deutschen Rentenversicherung geschaffen (vgl BSG, aaO). Selbst wenn man die aus dem FRG abgeleiteten Ansprüche und Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art
14 Abs
1 Satz 1
GG für den Fall unterstellen wollte, dass sie sich, wie hier, zusammen mit dem in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik
Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften zu einer rentenrechtlichen Einheit verbinden, hat der Gesetzgeber mit der Regelung
des Art 6 § 4 Abs 6 Halbs 1 Buchstabe c FANG jedenfalls zulässig Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt, Art
14 Abs
1 Satz 2
GG. Dasselbe gilt für Art 6 § 4 Abs 6 Satz 3 FANG. Im Hinblick auf die notwendige Anpassung des FRG an die im Zuge der Deutschen Einheit veränderten wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ist auch diese Vorschrift
durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und auch verhältnismäßig (vg. hierzu BSG, Urt v 12.4.2017, aaO, juris Rn 24/25).
In das Grundrecht des Klägers auf Freizügigkeit gemäß Art
11 Abs
1 GG wird durch die Beibehaltung der EP Ost nach seinem Rückumzug in die alten Bundesländer weder unmittelbar noch mittelbar eingegriffen.
Ein unmittelbarer Eingriff in die Freizügigkeit liegt nicht vor. In den Schutzbereich der Freizügigkeit greifen insbesondere
gesetzliche Regelungen oder Maßnahmen ein, die die Einreise in das oder den dauerhaften Aufenthalt Deutscher im Bundesgebiet
beschränken bzw. den Umzug von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen oder Genehmigungen abhängig machen. Dies ist vorliegend
nicht der Fall. Ein mittelbarer Eingriff in das Recht des Klägers auf Freizügigkeit ist ebenfalls zu verneinen. Art
11 Abs.
1 GG schützt nicht vor jedem auf staatliche Maßnahmen zurückgehenden mittelbaren Nachteil, den ein Ortswechsel nach sich ziehen
kann und auch nicht dagegen, dass der Aufenthalt an einem bestimmten Ort aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen mit Konsequenzen
verbunden ist, die zu dem Schluss veranlassen können, von einem Aufenthalt abzusehen (BSG, Urt v 12.04.2017, aaO, juris Rnrn 49f). Mit der Anordnung der dauerhaften Zugrundelegung von EP Ost zielt der Gesetzgeber nicht auf die Verhinderung eines Ortswechsels
ab, sondern will damit lediglich positive Anreize für einen Umzug vermeiden.
Eine unzulässige Ungleichbehandlung nach Art
3 Abs
1 GG mit den im alten Bundesgebiet dauerhaft verbliebenen FRG-Berechtigten liegt ebenfalls nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen bedürfen
stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind.
Eine Verletzung des Gleichheitssatzes ist erst dann gegeben, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich
zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht
bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BSG, Urt v 28.6.2018, Az B 5 R 12/17 R, juris Rn 17 mwN = BSGE 126,118ff = SozR 4-2600 § 307d Nr 3).
Nach diesen Maßstäben ist es gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden, dass es auch bei der Rückverlegung des Wohnsitzes
in die alten Bundesländer bei den EP Ost verbleibt. Der Kläger hat seinen Wohnsitz freiwillig in die neuen Bundesländer verlegt.
Diese Wohnsitzverlegung war nicht auf Zeit, sondern auf unbestimmte Zeit angelegt. Daraus resultiert die Eingliederung des
Klägers in das Rentengefüge des Beitrittsgebiets und damit die dauerhaften Zuordnung von EP Ost (§
254d Abs.
1 und
2 SGB VI). Damit steht der Kläger den Rentnern gleich, die rentenrechtliche Zeiten im Beitrittsgebiet erworben haben und ihren gewöhnlichen
Aufenthalt (nach dem 18.5.1990) ins Gebiet der alten Bundesrepublik Deutschland verlegen. Auch diese können bei einem Umzug
in die alten Bundesländer keine höheren Rentenleistungen erhalten. Für beide gilt der Grundsatz: Einmal EP Ost, immer EP Ost.
Würde der Rückumzug in das alte Bundesgebiet bei einem Berechtigten nach dem FRG anders behandelt als ein Erstumzug aus dem Beitrittsgebiet, läge im Gegenteil eine Ungleichbehandlung vor, wie sie der Gesetzgeber
ausdrücklich vermeiden wollte. Dann würden Zeiten nach dem FRG besser behandelt als solche, die in der ehemaligen DDR zurückgelegt wurden. Im Falle der Zurückverlegung des gewöhnlich Aufenthalts
vom Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer bewirkt bereits die vorangegangene erstmalige Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts
in das Beitrittsgebiet ("das bewusste eigenverantwortliche Verlassen der Schutzzone") einen strukturellen Unterschied zu denjenigen
FRG-Berechtigten, die dauerhaft in den alten Bundesländern verblieben sind. Deshalb besteht nach Art
3 Abs
1 GG gerade keine Veranlassung, diese unterschiedlichen Sachverhalte gleich zu behandeln.
Überdies würde eine etwaige Ungleichbehandlung durch die im Gesetz vorgesehene zeitliche Begrenzung für den aRW Ost bis 2024
(§
255a SGB VI) in ihrer Bedeutung weiter relativiert.
Schließlich wird der Kläger im vorliegenden Kontext auch nicht wegen seiner Herkunft oder Heimat diskriminiert, Art
3 Abs
3 Satz 1
GG. Die rentenrechtliche Bewertung der FRG-Zeiten ist allein darin begründet, dass die FRG-Berechtigten ihre Versicherungsbiografie in einem anderen Land als der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt haben (vgl. BVerfGE 116, 96 ff).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183 Satz 1,
193 Abs
1 Satz 1
SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, §
160 Abs
2 SGG. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die Beantwortung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen
lässt sich zweifelsfrei aus dem Gesetz entnehmen und ist - unter verfassungsrechtlichen Aspekten - durch das Urteil des BSG vom 12.4.2017 höchstrichterlich geklärt.