Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung streitig.
Mit Bescheid vom 02.04.2013 setzte der Beklagte die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2012
bis zum 31.01.2013 endgültig fest und forderte eine Betrag von 1.036,00 EUR zurück. Hiergegen legten die Kläger, vertreten
durch den Beschwerdeführer, am 09.04.2013 Widerspruch ein.
Am 06.11.2013 erhoben die sechs Kläger, vertreten durch den Beschwerdeführer, Untätigkeitsklage.
Durch Beschluss vom 04.11.2013 bewilligte das Sozialgericht den Klägern Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer
bei. Durch Widerspruchsbescheid vom 20.12.2013 wies der Beklagte den Widerspruch teilweise zurück und übernahm 50% der Kosten
des Widerspruchsverfahrens. Mit Schreiben vom 09.01.2014 erklärten die Kläger das Verfahren für erledigt.
Der Beschwerdeführer hat beantragt,
seine Vergütung aus der Staatskasse auf insgesamt 856,80 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von:
Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV RVG
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350,00 EUR
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Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG
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350,00 EUR
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Auslagenpauschale Nr. 7002 VV
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RVG 20,00 EUR
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19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG
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136,80 EUR.
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Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 10.01.2104 auf 440,30 EUR festgesetzt in Höhe von:
Verfahrensgebühr Nr. 3102,1008 VV RVG
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350,00 EUR
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Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG
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20,00 EUR
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19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG
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70,30 EUR.
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Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, da eine besondere anwaltlich Mitwirkung nicht festzustellen sei. Die Überschreitung
der doppelten Mindestgebühr (100,00 EUR) um 20% sei nicht unbillig anzusehen, da sich der Beschwerdeführer in der Klageschrift
auch zum "Fernziel" der Klage geäußert habe.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt. Durch den Erlass des Widerspruchsbescheides sei die Erledigungsgebühr
angefallen. Er habe über den für das Klagevorbringen notwendigen Vortrag in der Sache selbst vorgetragen. Die im Widerspruchsbescheid
erfolgte Abhilfe sei aufgrund der in der Klageschrift vorgebrachten materiell-rechtlichen Einwendungen erfolgt. Soweit der
Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid Abhilfe geschaffen habe, habe sich dieser seinen Ausführungen angeschlossen. Die anwaltliche
Tätigkeit sei über die für die Entscheidung über den erhobenen Anspruch - Vorliegen der Voraussetzungen der Untätigkeit -
und damit über die allgemeine Wahrnehmung der verfahrensmäßigen Interessen der Kläger hinausgegangen. Ausweislich der Begründung
der Abhilfeentscheidung sei sein Vorbringen kausal für die Abhilfe gewesen.
Der Beschwerdegegner hat gegen die Kostenfestsetzung Erinnerung mit dem Begehren eingelegt, dass die Vergütung auf 321,30
EUR festgesetzt wird. Die Verfahrensgebühr sei in beantragter Höhe sei unbillig.
Durch Beschluss vom 15.06.2015 hat das Sozialgericht Köln die Erinnerungen zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer habe mit seiner
Klage inhaltlich einen für die Untätigkeitsklage überdurchschnittlichen Aufwand betreiben, da er sich nicht nur zum Untätigsein
der Behörde, sondern ausführlich auch zu den materiell-rechtlichen Fragen geäußert und damit ein Tätigwerden des Beklagten
im Sinne seiner Mandanten herbeigeführt habe. Die Erledigungsgebühr sei nicht angefallen.
Gegen den am 18.06.2015 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 25.06.2015 beim Sozialgericht Beschwerde eingelegt.
Er verfolgt sein Begehren weiter.
Das Sozialgericht hat Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Der Senat entscheidet durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin (§§ 1 Abs. 3, 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 RVG), da die Sache keine besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtsache keine grundsätzliche
Bedeutung hat.
A.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 1 Abs. 3, 56 Abs. 2 RVG).
Die Beschwerde ist statthaft. Die Beschwer des Beschwerdeführers übersteigt den Betrag von 200,00 EUR. Der Beschwerdeführer
wendet sich gegen die Festsetzung seiner Vergütung durch die Urkundsbeamtin des Geschäftsstelle auf 440,30 EUR und begehrt
die Festsetzung einer Vergütung von 856,80 EUR. Die Differenz zwischen festgesetzter und begehrter Vergütung beträgt mehr
als 200,00 EUR. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 3 RVG) ist gewahrt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 S. 1 RVG).
B.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Dem Beschwerdegegner steht gegenüber der Staatskasse kein höherer Vergütungsanspruch als festgesetzt zu. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens
nach § 56 Abs. 2 RVG ist die gesamte Kostenfestsetzung, nicht nur die einzelne Gebühr, gegen deren Versagung sich die Beschwerde richtet (vgl.
LSG Thüringen, Beschluss vom 15.04.2015 - L 6 SF 331/15 B mit Wiedergabe des Meinungstandes; siehe auch Rechtsprechung des BSG Urteile vom 02.04.2014 - B 4 AS 27/13 R, vom 17.12.2013 - B 11 AL 15/12 R und vom 09.01.2010 - B 13 R 63/09 R, wonach die Gebühren nur Berechnungsfaktoren der Kostenfestsetzung sind). Die Überprüfung wird allerdings ggf. durch den
Antrag des Rechtsanwalts und das Verbot der "reformatio in peius" begrenzt (vgl. Beschlüsse des Senats vom 30.09.2015 - L
19 AS 1453/15 B, vom 22.08.2011 - L 19 AS 634/10 B, vom 25.10.2010 - L 19 AS 1513/10 B, vom 16.05.2012 - L 19 AS 250/10 B und vom 12.06.2014 - L 19 AS 724/ 14 B; LSG Thüringen, Beschluss vom 15.04.2015 - L 6 SF 331/15 B; LSG Bayern, Beschlüsse vom 08.01.2013 - L 15 SF 232/12 B E und vom 03.12.2008 - L 15 B 964/08 SF KO). Legt die Staatskasse - wie im vorliegenden Fall - selbst keine Beschwerde ein, garantiert letzteres nur die Festsetzung
auf die Gesamthöhe der von der Vorinstanz zuerkannten Gebühren, nicht jedoch die - nicht angegriffene - Höhe einzelner Gebühren.
1.
Das Sozialgericht hat zutreffend den Anfall einer Erledigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1002 VV RVG verneint. Nach Nr. 1002 VV RVG, deren tatbestandliche Voraussetzungen auch bei Nr. 1006 VV RVG zu berücksichtigen sind, entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtsache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder
Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch anwaltliche Tätigkeit erledigt. Das gleiche gilt,
wenn sich eine Rechtsache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt. Nr. 1002 VV
RVG gilt in außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren, deren Gegenstand ein begehrter oder ein mit einem Rechtsbehelf angefochtener
oder abgelehnter Verwaltungsakt ist (siehe Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., VV 1002 Rn. 3). Auf eine Untätigkeitsklage
nach §
88 SGG, deren Gegenstand nicht ein Verwaltungsakt, sondern die bloße Bescheidung eines Antrags oder Widerspruchs ist, ist der Gebührentatbestand
der Nr. 1002 VV RVG daher grundsätzlich nicht anwendbar (Beschluss des Senats vom 05.05.2008 - L 19 B 24/08 AS).
Auch erfordert der Anfall einer Erledigungsgebühr ein qualifiziertes Tätigwerden des Rechtsanwalts, das auf den Erfolg einer
Erledigung der Sache ohne förmliche Entscheidung abzielt. Als Mitwirkungshandlungen reichen weder die Einlegung und die Begründung
einer Klage, die Vorlage von (präsenten) Beweismitteln, die Mitwirkung an Ermittlungen noch die Abgabe einer verfahrensbeendenden
Erledigungserklärung aus (BSG, Urteile vom 17.12.2013 - B 11 AL 15/12 R, vom 14.02.2013 - B 14 AS 62/12 R - SozR 4-1300 § 63 Nr. 19; vom 05.05.2010 - B 11 AL 14/09 R, vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30; vom 05.05.2009 - B 13 R 137/08 R; vom 21.03.2007 - B 11a AL 53/06 R und vom 07.11.2006 - B 1 KR 13/06 R). Diese auf den Erfolg in der Sache gerichteten Verfahrenshandlungen werden durch die Tätigkeitsgebühren, vorliegend die
Verfahrensgebühr, abgegolten. Als Mitwirkungshandlung reichen daher weder die Erhebung noch die Begründung der Untätigkeitsklage
noch die bloße Erledigungserklärung aus (vgl. Beschlüsse des Senats vom 01.12.2014 - L 19 AS 2043/14 B - und vom 05.05.2008 - L 19 B 24/08 AS). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass sich der Beklagte in dem während des Klageverfahrens erlassenen Widerspruchsbescheides
seinen materiell-rechtlichen Ausführungen angeschlossen habe, die er ergänzend zu den Klagevoraussetzungen der Untätigkeit
in der Klageschrift vorgetragen habe, und damit dieser Vortrag erkennbar dazu gedient habe, dass Verfahren für die Kläger
erfolgreich im Sinne einer Erledigung der Sache ohne förmliche Entscheidung abzuschließen, hat das Sozialgericht zutreffend
ausgeführt, dass diese Tätigkeit - materiell-rechtliche Begründung des Widerspruchs - durch die Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV
RVG für das Betreiben eines Widerspruchsverfahrens abgegolten wird. Insoweit ist anzumerken, dass die in der Klageschrift enthaltene
materiell-rechtliche Begründung des Widerspruchs auch inhaltlich der im Schriftsatz vom 09.04.2013 vom Beschwerdeführer abgegebenen
Widerspruchsbegründung entspricht, also wiederholt, und keine weiteren zu berücksichtigende Gesichtspunkte aufzeigt.
Auch wird diese Tätigkeit - materiell-rechtliche Begründung des Widerspruchs- nicht vom Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers
aus § 45 RVG umfasst. Dieser bestimmt sich nach § 48 Abs. 1 RVG nach dem Beschluss, durch den die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist
(Beschluss des Senats vom 03.02.2016 - L 19 AS 1256/15 B; LSG Hessen, Beschlüsse vom 23.06.2014 - L 2 AS 568/13 B -, vom 26.05.2011 - L 7 AS 371/10 B und vom 24.01.2011 - L 2 SF 30/09 E -; siehe auch LSG Thüringen, Beschluss vom 07.12.2015 - L 6 SF 850/15 B). Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist damit nach Grund und Höhe vom Umfang der Beiordnung abhängig, der Grund
der Beiordnung bestimmt sich nach dem Streitgegenstand des Verfahrens. Die Erledigung von weiteren, über den eigentlichen
Streitstoff hinausreichende Streitgegenstände, die ggfs. in anderen Verfahren anhängig sind oder werden könnten, ist für die
Entstehung einer Einigungsgebühr bzw. Erledigungsgebühr ohne Bedeutung (vgl. Beschluss des Senats vom 03.02.2016 - L 19 As
1256/15 B; LSG Hessen, Beschluss vom 26.05.2011 - L 7 AS 371/10 B; vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 48 Rn. 154). Vorliegend ist Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens ausschließlich eine Untätigkeitsklage gewesen. Unbeschadet
des Interesses eines Klägers am materiell-rechtlichen Ausgang des Verwaltungs- und Vorverfahrens zielt eine Untätigkeitsklage
nur auf die Bescheidung eines Antrags oder Widerspruchs ab und erschöpft sich prozessual im Zweck der Verfahrensförderung.
Sämtliche Aktivitäten, die auf eine Klärung der zwischen den Beteiligten materiell-rechtlichen Rechtsfragen zielen, sind nicht
im Rahmen einer Untätigkeitsklage, sondern in dem laufenden außergerichtlichen Verfahren zu entfalten und damit auch nicht
im Rahmen des Vergütungsanspruchs aus § 45 RVG zu berücksichtigen.
2.
Eine (fiktive) Terminsgebühr i.S.v. Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG ist auch nicht angefallen. Durch den Erlass des begehrten Verwaltungsakts und der darauf folgenden (einseitigen) Erledigungserklärung
des Klägers wird im Fall einer Untätigkeitsklage nach §
88 SGG nicht der Anfall einer (fiktiven) Terminsgebühr ausgelöst. Der Erlass des begehrten Bescheides und der Abgabe einer Erledigungserklärung
nach §
88 Abs.
1 SGG stellt kein materiell-rechtlich angenommenes Anerkenntnis i.S.v. §
101 Abs.
2 SGG dar (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08.09.2015 - B 1 KR 1/15 R - SozR 4-1500 § 101 Nr. 2). Durch die außergerichtliche Handlung eines Beteiligten - den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes
- wird die Erledigung der Hauptsache bewirkt und entfällt damit das Rechtschutzbedürfnis der Klage. Das Verfahren wird nach
dem Entfall des Rechtsschutzbedürfnisses durch die (einseitige) Erledigungserklärung des Klägers beendet. Diese Erledigungsart
steht einem angenommenen Anerkenntnis nach §
101 Abs.
2 SGG nicht gleich (Beschlüsse des Senats vom 27.05.2015 - L 19 AS 778/15 NZB - und vom 01.12.2014 - L 19 AS 2043/14 B - m.w.N.; LSG NRW, Beschlüsse vom 07.01.2015 - L 12 SO 302/14 B -, vom 08.09.2014 - L 20 SO 5/14 B -, vom 09.03.2011 -
L 7 B 255/09 AS und vom 05.05.2008 - L 19 B 24/08 AS, LSG Thüringen, Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B ; LSG Sachsen, Beschluss vom 18.10.2013 - L 8 AS 1254/12 B KO; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2014 - L 32 AS 1145/14 B zum Charakter des Erlasses eines Widerspruchsbescheides als Realakt und nicht als Willenserklärung; a. A. LSG Hessen, Beschluss
vom 13.01.2104 - L 2 As 250713 B).
3.
Eine zu Lasten des Beschwerdeführers gehende Korrektur der vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzten Verfahrensgebühr
ist dem Senat wegen des im Beschwerdeverfahren geltenden Verschlechterungsverbotes verwehrt.
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 S. 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).