Einstweiliger Rechtsschutz
Verweigerung oder Beschränkung von Akteneinsicht
Keine selbständige Anfechtbarkeit
1. Nach §
56a SGG können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen
Rechtsbehelfen geltend gemacht werden; dies gilt nur dann nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden
können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
2. Indem die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit einer Verfahrenshandlung grundsätzlich nur im Rahmen des Rechtsbehelfs gegen
die Sachentscheidung selbst möglich sein soll, dient die Regelung der Vereinfachung und Beschleunigung des behördlichen und
gerichtlichen Verfahrens.
3. Die Behörden und Gerichte sollen nicht mit Streitfällen befasst werden, obwohl noch offen ist, ob der Betroffene überhaupt
durch das Ergebnis des Verfahrens in der Sache beschwert ist.
4. Die Vorschrift gilt auch für Anträge im vorläufigen Rechtsschutz.
5. Zu den Verfahrenshandlungen, die danach nicht selbständig angegriffen werden können, gehört auch die Verweigerung oder
Beschränkung von Akteneinsicht.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen
Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist bereits unzulässig. Dies folgt aus dem durch das Gesetz zur Neuorganisation
der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 19.10.2013 (BGBl. I 3836) eingefügten und seit dem 25.10.2013 geltenden §
56a SGG. Nach dieser Vorschrift können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung
zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden (S. 1). Dies gilt nur dann nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt
werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen (S. 2). Indem die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit einer Verfahrenshandlung
grundsätzlich nur im Rahmen des Rechtsbehelfs gegen die Sachentscheidung selbst möglich sein soll, dient die Regelung der
Vereinfachung und Beschleunigung des behördlichen und gerichtlichen Verfahrens (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl., §
56a Rn. 2). Die Behörden und Gerichte sollen nicht mit Streitfällen befasst werden, obwohl noch offen ist, ob der Betroffene
überhaupt durch das Ergebnis des Verfahrens in der Sache beschwert ist. Die Vorschrift gilt auch für Anträge im vorläufigen
Rechtsschutz (vgl. zu §
44a VwGO etwa BVerwG, Beschluss vom 06.04.2006 - 2 VR 2/05).
Zu den Verfahrenshandlungen, die danach nicht selbständig angegriffen werden können, gehört auch die Verweigerung oder Beschränkung
von Akteneinsicht (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 07.11.2014 - L 6 AS 722/14 B ER; Keller, a.a.O, §
56a Rn. 8; vgl. für die Zeit vor Inkrafttreten von §
56a SGG LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.08.2007 - L 7 AS 874/07 - sowie BSG, Urteil vom 10.12.1992 - 11 RAr 71/91), welche der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin begehrt. Eine Ausnahme und damit eine selbständige gerichtliche
Kontrolle der Entscheidung zur Akteneinsicht kommt nur dann in Betracht, wenn diese zur Wahrung der Grundrechte oder des rechtlichen
Gehörs sofort erfolgen muss, weil andernfalls das Recht auf effektiven Rechtsschutz nicht gewahrt werden könnte (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 24.10.1990 - 1 BvR 1028/90 - SozR 3-1300 § 25 Nr. 1 - und im Anschluss daran etwa BayVGH, Beschluss vom 19.12.2013 - 3 CE 13.1453).
Eine solche Ausnahmesituation, in der zur Erlangung hinreichenden Rechtsschutzes die Gewährung von Akteneinsicht für den Antragsteller
erforderlich wäre, liegt hier nicht vor. Da eine auf §
48 SGB I beruhende Abzweigung einer laufenden Geldleistung in den Rechtskreis des Leistungsberechtigten eingreift, ist diesem vor
der Entscheidung über die Abzweigung nach § 24 Abs. 1 SGB X - und mithin als Beteiligtem des Verwaltungsverfahrens - Gelegenheit zu geben, sich zu den dafür erheblichen Tatsachen zu
äußern (vgl. BSG, Urteil vom 29.10.1987 - 11b RAr 61/86 - SozR 1200 §
48 Nr. 13; Voelzke/Didong in jurisPK-
SGB I, §
48 Rn. 24). Die Entscheidung, nach §
48 SGB I eine Abzweigung vorzunehmen, ist dem Leistungsberechtigten auch bekanntzugeben, damit sie diesem gegenüber nach §§ 37 Abs. 1, 39 Abs. 1 und 2 SGB X überhaupt wirksam wird (vgl. BSG, Urteil vom 17.01.1991 - 7 RAr 72/90 - BSGE 68, 107). Vor diesem Hintergrund wird der Rechtsschutz für den Antragsteller nicht verkürzt.
Die Anwendung des §
56a S. 1
SGG ist vorliegend auch nicht gemäß §
56a S. 2
SGG ausgeschlossen. Danach gilt die Rechtsbehelfsbeschränkung u.a. dann nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen gegen einen
Nichtbeteiligten ergehen. Der Antragsteller ist hingegen kein Nichtbeteiligter im Sinne dieser Regelung. Insoweit kommt es
auch nicht darauf an, ob er die Voraussetzungen eines Beteiligten nach § 12 SGB X erfüllt. Die Ausnahmeregelung in §
56a S. 2
SGG beruht auf der Erwägung, dass Nichtbeteiligten im Sinne dieser Vorschrift ein Anfechtungsrecht gegen die Sachentscheidung
nicht zusteht. Dies aber ist bei dem Antragsteller, der gegen eine etwaige Abzweigungsentscheidung Widerspruch und Anfechtungsklage
erheben könnte, nicht der Fall. Im Übrigen hat es die Antragsgegnerin angesichts der abgelehnten Abzweigung in der Sache gerade
abgelehnt, in die Rechtssphäre des Antragstellers "einzugreifen", so dass für diesen ohnedies keine Beschwer gegeben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, §
177 SGG.