Gründe
I.
Mit Bescheid vom 16.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2011 hat der Antragsgegner die Bewilligung von
Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) an den Antragsteller im Hinblick
auf vorhandenes Vermögen, im Wesentlichen in Gestalt eines unbebauten Grundstücks, abgelehnt. Hingegen hat der Antragsteller
am 22.11.2011 in dem Verfahren S 27 AS 2701/11, SG Gelsenkirchen, Klage erhoben.
Mit am 28.11.2011 im vorliegenden Verfahren gestelltem Antrag hat der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners zur
Bewilligung, hilfsweise auch darlehensweisen Erbringung von Leistungen nach dem SGB II i.H.v. monatlich 364,00 EUR zzgl. Kosten
der Unterkunft i.H.v. 267,00 EUR monatlich begehrt und in der Begründung zu diesem Antrag auf die Gefährdung seines Krankenversicherungsschutzes
hingewiesen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14.12.2011, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht den Antragsgegner
verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit ab dem 28.11.2011 monatlich darlehensweise 364,00 EUR bis zum rechtskräftigen
Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch für sechs Monate, zu gewähren und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen.
Zudem hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, 25 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers
zu tragen.
Gegen den am 14.12.2011 per Fax übermittelten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 19.12.2011, mit
der er die Ablehnung seines Antrags auf Verpflichtung des Antragsgegners zur zumindest darlehensweisen Erbringung von Leistungen
für Unterkunft und Heizung sowie die Kostenentscheidung des Sozialgerichts angreift. Zu Unrecht nehme das Sozialgericht an,
dass die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung eine präsente
Gefährdung der Unterkunft voraussetze. Die Kostenquotelung des Sozialgerichts sei falsch, weil der Antragsteller mit seinem
Hilfsantrag zu 50 % obsiegt habe.
Mit Schreiben vom 19.01.2012 hat der Antragsteller zudem die Verpflichtung des Antragsgegners zur darlehensweisen Gewährung
von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung i.H.v. monatlich 149,63 EUR begehrt und sodann mit Schreiben vom 22.02.2012
mitgeteilt, er habe eine Steuererstattung i.H.v. 2.097,39 EUR erhalten, davon jedoch einen Betrag von 1.069,00 EUR zur Tilgung
von Rückforderungen bzw. Darlehensforderungen und weitere ca. 700,00 EUR zum Ausgleich einer Kontoüberziehung verwendet. Insoweit
tangiere die Steuererstattung das vorliegende Verfahren nicht. Eine Eilbedürftigkeit hinsichtlich der Verpflichtung zur Übernahme
von Unterkunftskosten bestehe schon im Hinblick auf die Regelung des §
569 Abs.
3 Nr.
2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB), weil er nach erstmaliger Kündigung wegen Mietrückstandes das Recht zur Abwendung einer erneuten Kündigung wegen Mietrückstandes
durch nachträgliche Zahlung der Mietrückstände verliere.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Dahinstehen mag, ob und für welche Zeiträume einem Obsiegen des Antragstellers im
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Steuererstattung von 2.097,39 EUR entgegensteht. Immerhin ist insoweit darauf
hinzuweisen, dass im Leistungsrecht des SGB II die Sicherung des aktuellen Lebensunterhalts durch eigene Mittel grundsätzlich
der Schuldentilgung vorgeht (z. B. Urteile des BSG vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R, vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R), was in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ganz regelmäßig zur Ablehnung von Verpflichtungsanträgen führt, auch
wenn das zugeflossene Einkommen aktuell nicht mehr zur Verfügung steht, weil es, z.B. im Rahmen einer Kontokorrentabrede zum
Ausgleich eines Debetsaldos verwendet worden ist (Beschluss des Senats vom 22.12.2010 - L 19 AS 2075/10 B ER).
Jedenfalls hat das Sozialgericht in Übereinstimmung mit der, soweit ersichtlich, einheitlichen Meinung aller Fachsenate des
LSG NW entschieden, dass ein Anordnungsgrund für die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen
für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II nicht glaubhaft gemacht ist, weil die Unterkunft des Antragstellers aktuell nicht
gefährdet ist. Dies ist frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen und zugleich darauf hinzuweisen, dass selbst
nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage noch zwei Monate Zeit bleiben, den Verlust der Wohnung abzuwenden. Nach §
569 Abs.
3 Nr.
2 BGB wird die auf Mietrückstände gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten
nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach
§
546a Abs.
1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (z.B. Beschlüsse des Senats vom 14.07.2010
- L 19 AS 912/10 B ER, vom 12.01.2012 - L 19 AS 1781/11 B ER). Fehl geht die Annahme des Antragstellers, bereits der Verlust des Abwendungsrechts im Wiederholungsfall einer Kündigung
wegen Mietrückstandes begründe eine nicht anders als durch Erlass einer einstweiligen Anordnung abwendbare Notlage i.S.d.
Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.
Abgesehen davon, dass der Antragsteller nicht einmal Mietrückstände glaubhaft gemacht hat, die eine Räumungsklage zuließen,
wäre selbst dann im Hinblick auf den Schutzmechanismus nach § 22 Abs. 9 SGB II (Mitteilung des Amtsgerichtes, bei dem die
Räumungsklage anhängig gemacht wird an den zuständigen Leistungsträger nach dem SGB II) anzunehmen, dass ein dringendes Regelungsbedürfnis
nicht besteht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30.03.2007 - 1 BvR 535/07 zur vorhergehenden gleichartigen Regelung in § 22 Abs. 5, 6 a.F. SGB II). Umso weniger löst daher der angeblich drohende
Verlust des Abwendungsrechts im Wiederholungsfall die aktuelle Eilbedürftigkeit aus.
Erfolglos bleibt auch der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Beiträge zur freiwilligen privaten
Krankenversicherung des Antragstellers.
Zweifel bestehen bereits hinsichtlich der Zulässigkeit des unmittelbar an das zweitinstanzliche Gericht adressierten Begehrens.
Über den einstweiligen Rechtsschutz nach §
86b SGG hat das Gericht der Hauptsache zu entscheiden, woraus grundsätzlich folgt, dass das Beschwerdegericht nur in dem Umfang über
das Rechtsschutzbegehren befindet, in dem das Sozialgericht als Hauptsachegericht hiermit befasst gewesen ist (z.B. Beschlüsse
des Senats vom 08.05.2009 - L 19 B 36/09 AS ER, vom 03.07.2009 - L 19 B 138/09 AS ER). Hieraus folgt, dass erstmalig zweitinstanzlich gestellte Anträge unzulässig sind.
Nähme man daher im Hinblick auf den Wortlaut des in der Antragsschrift vom 28.11.2011 formulierten Antrages an, der Antragsteller
habe ausschließlich die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach §§ 20, 22 SGB II begehrt, wäre der an den Senat gerichtete Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung
von Leistungen zur Sicherung der freiwilligen Krankenversicherung nach §§ 23, 26 SGB II als unzulässig anzusehen. Da der Antragsteller
jedoch in der Begründung zu seinem vor dem Sozialgericht gestellten Antrag auf die Gefährdung seines Krankenversicherungsschutzes
hingewiesen hat, könnte zu seinen Gunsten angenommen werden, dass auch die Frage seines Krankenversicherungsschutzes Bestandteil
des erstinstanzlichen Streitgegenstandes war.
Doch auch der so verstandene und in diesem Fall zulässige Antrag bleibt erfolglos, weil auch hinsichtlich der begehrten Verpflichtung
des Antragsgegners zur vorläufigen darlehensweisen Übernahme von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung i.H.v. monatlich
149,63 EUR kein Anordnungsgrund als Voraussetzung für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG glaubhaft gemacht worden ist.
Dieser setzt vielmehr voraus, dass der Antragsteller sich mit seinem Leistungsbegehren zuvor an den Leistungsträger gewendet
hat und dies erfolglos geblieben ist. Nach ständiger Rechtsprechung auch des hier befassten Senats ist die Notwendigkeit gerichtlichen
Eingreifens nur dann glaubhaft gemacht, wenn zuvor zumutbare Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, das erstrebte Ziel auch
ohne Einschaltung des Gerichts zu erreichen. Hierzu gehört insbesondere die vorherige Kontaktaufnahme mit den zuständigen
Verwaltungs- bzw. Leistungsträgern (Beschlüsse des Senats vom 04.01.2010 - L 19 B 338/09 AS m.w.N., vom 07.11.2011 - L 19 AS 1217/11 B).
Nicht ersichtlich ist zudem, dass das Sozialgericht die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens bei der entsprechend §
193 SGG getroffenen Kostenentscheidung verletzt haben könnte. Ganz offensichtlich widerspräche vielmehr die vom Antragsteller begehrte
Kostenquotelung von 50 v.H. dem Erfolg in der Sache. Denn der Antragsteller hat eine Verpflichtung zur zuschussweisen, hilfsweise
auch darlehensweisen Gewährung von Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 164,00 EUR monatlich zzgl. Kosten der Unterkunft i.H.v.
367,00 EUR monatlich bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache begehrt. Das Sozialgericht hat dem Antrag arithmetisch in
etwa zur Hälfte entsprochen, jedoch anstelle des in erster Linie begehrten Zuschusses lediglich ein Darlehen zugesprochen
und die Dauer der Leistungsgewährung zudem auf sechs Monate begrenzt. Dass dies ein Minus im Verhältnis zum Hauptantrag auf
unbefristete Zuschussgewährung darstellt, bedarf aus Sicht des Senats keiner weiteren Darlegung.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach §
177 SGG endgültig.