Ablehnung von Prozesskostenhilfe
Beschwerde
Nichterreichen des Beschwerdewertes
Streitgegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens
Gründe
Die Beschwerde ist unstatthaft und damit als unzulässig zu verwerfen (§§
202 S. 1
SGG,
572 Abs.
2 S. 2
ZPO).
Die Statthaftigkeit der Beschwerde richtet sich nach §
172 Abs.
3 Nr.
2 b)
SGG. Hiernach ist die gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gerichtete Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache
die Berufung der Zulassung bedürfte. Dies ist hier der Fall. Nach §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder
Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Nach S. 2 gilt dies nicht,
wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Dies gilt auch, wenn - wie hier - das Sozialgericht über die Erledigung des Rechtsstreits nach §
102 Abs.
2 SGG entschieden hat, denn auch bei Verfahren, die zunächst auf die Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahmefiktion nach
§
102 Abs.
2 S. 1
SGG beendeten Verfahrens gerichtet sind, bestimmt sich der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des §
144 Abs.
1 SGG nach dem Streitgegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens, denn dies ist das eigentliche Begehren des Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.07.2017 - L 9 AS 1068/17 -, Rn. 25 juris m.w.N). Dies folgt aus dem Gesetzeszweck des §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG, der auf eine Entlastung der Berufungsgerichte abzielt. Entscheidend ist hierbei, dass die Berufung einen Rechtsstreit von
geringem Wert betrifft. Auf die Klageart kommt es für die Anwendung des §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG nicht an (vgl. BSG, Beschluss vom 06.10.2011 - B 9 SB 45/11 B zur Untätigkeitsklage). Für den gleichgelagerten Fall einer Wiederaufnahme- oder Restitutionsklage wird dies aus §
591 ZPO abgeleitet (LSG Baden-Württemberg a.a.O.). Dafür, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes des fortgesetzten Verfahrens identisch
ist mit dem des ursprünglich mit der Klage verfolgten Begehrens, spricht zudem entscheidend, dass es andernfalls von der jeweiligen
Entscheidung des Gerichts abhängig wäre, ob die Berufung zulässig ist oder nicht. Das Sozialgericht entscheidet entweder dahin,
dass die Beendigung des Rechtsstreits durch die Klagerücknahme durch Endurteil festgestellt wird, oder, wenn die Klagerücknahme
verneint oder für unwirksam gehalten wird, in der Sache. Der Streit um die Fortsetzung des gemäß §
102 Abs.
2 SGG beendeten Verfahrens stellt daher lediglich einen Zwischenstreit dar, der nicht den Streitgegenstand bestimmt (LSG Baden-Württemberg
a.a.O. m.w.N.). Das Argument, so werde das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes eingeschränkt (so LSG Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 21.08.2012 - L 3 AS 133/12), überzeugt nicht. Das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes wird durch das mögliche Rechtsmittel einer Nichtzulassungsbeschwerde
gewahrt, da bei Verkennung der Voraussetzungen für eine fiktive Klagerücknahme nach §
102 Abs.
2,
3 SGG regelmäßig ein Verfahrensfehler i.S.d. §
144 Abs.
2 Nr.
3 vorliegt.
Vor diesem Hintergrund sind die beiden Voraussetzungen des §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG nicht erfüllt. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Ablehnung ihres Überprüfungsantrags mit Bescheid vom 02.05.2016
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.07.2016 und begehrt für den Zeitraum 01.10.2015 bis 30.04.2016 höhere Leistungen
der Kosten der Unterkunft und Heizung nach einem nicht genehmigten Umzug. Ursprünglich bewilligt wurden ihr und der Bedarfsgemeinschaft
(Ehemann und zwei Kinder) im streitigen Zeitraum monatlich eine Bruttokaltmiete von 446,40 Euro. Ausweislich der PKH-Erklärung
belief sich die tatsächliche Bruttokaltmiete auf 683,66 Euro (500,00 Euro Grundmiete, 183,66 Euro Nebenkosten). Die monatliche
Differenz beträgt damit 237,26 Euro, was für den streitigen Zeitraum einem Betrag von 1660,82 Euro entspricht.
Vorliegend hat die Bevollmächtigte der Klägerin jedoch Klage - und auch Berufung - ausdrücklich nur im Namen der Klägerin
erhoben und nicht für jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Eine Auslegung des Klageschriftsatzes nach dem so genannten
"Meistbegünstigungsprinzip" scheidet vor dem Hintergrund der Entscheidung des BSG vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - aus. In diesem Fall hatte das BSG eine Übergangszeit bis 30.06.2007 bestimmt, wonach Klageanträge wegen der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten
und daraus resultierenden Zweifel in Erweiterung der üblichen Auslegungskriterien danach zu beurteilen waren, in welcher Weise
die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Klage hätten erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft
insgesamt gewünschten höheren Leistungen zu erhalten. Diese Übergangszeit ist lange abgelaufen, so dass die Bevollmächtigte
der Klägerin, wenn sie denn Leistungen für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft begehrt hätte, einen entsprechenden Antrag
hätte stellen müssen.
Nach dem für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Kosten der Unterkunft und Heizung geltenden Kopfteilprinzip (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 85/13 R) entfällt damit im streitigen Zeitraum ein Betrag von 415,21 Euro auf die Klägerin, so dass der Wert von 750,00 Euro nicht
erreicht wird.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs.
1 S. 1
SGG,
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, §
177 SGG.