Anspruch bulgarischer Staatsangehöriger auf Gewährung vorläufiger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren
Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs im Hinblick auf das Bestehen von Hilfebedürftigkeit und eines
Aufenthaltsrechts als Arbeitnehmer nach dem FreizügG/EU
Gründe
Streitig ist die Gewährung von vorläufigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sowie die Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 16.04.2020 bis zum 16.08.2020 im Rahmen des Verfahrens auf einstweiligen
Rechtsschutz. Die Antragsteller sind bulgarische Staatsangehörige. Die Antragsteller zu 2) und 3) sind die minderjährigen
Kinder der Antragstellerin zu 1).
Auf den Antrag der Antragsteller vom 16.04.2020 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen den Antragsgegner im Wege der einstweiligen
Anordnung verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit vom 16.04.2020 bis zum 16.08.2020 vorläufig Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren. Hiergegen richtet sich die von Seiten des Antragsgegners erhobene Beschwerde.
Die nach §
172 Abs.
1 Satz 1
SGG zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat den Antragstellern zu Recht für den im Beschwerdeverfahren allein streitigen Zeitraum vom 16.04.2020
bis zum 16.08.2020 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zugesprochen. Auch nach den weiteren Erkenntnissen im Beschwerdeverfahren ist ein Anordnungsanspruch auf Leistungen des Regelbedarfs
und der Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 16.04.2020 bis zum 16.08.2020 glaubhaft gemacht worden.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs voraus, d.h. des materiellen Anspruchs,
für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung
aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft
zu machen - §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §
920 Abs.
2 ZPO. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat
die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Ist
eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich - etwa
weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen
bedürfte -, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung
zu entscheiden (BVerfG, 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 -, Rn. 26; 6.8.2014 - 1 BvR 1453/12 -, Rn. 10).
Die Leistungsberechtigung der Antragsteller nach § 7 Abs. 1 SGB II ist glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin zu 1) hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht
erreicht, ist erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (erwerbsfähige Leistungsberechtigte)
(vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2, und 4 SGB II. Die Antragsteller zu 2) und 3) sind als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II Leistungsberechtigte.
Die Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller ist nach summarischer Prüfung auch hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II (dazu 1), ein Leistungsanspruch entfällt nicht nach dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II (dazu 2) und die entstandenen Kosten der Unterkunft sind nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben in § 22 SGB II glaubhaft gemacht (dazu 3).
1. Die Antragsteller haben das Bestehen einer Hilfebedürftigkeit in dem mit der Beschwerde angefochtenen Zeitraum glaubhaft
gemacht. Die Antragstellerin zu 1) hat lediglich Einkünften in Höhe von bis 448,20 €/Monat erzielt, durch die eine Hilfebedürftigkeit
für die Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller nicht entfallen ist.
a. Nach den im Verfahren vor dem Sozialgericht vorgelegten Unterlagen hat die Antragstellerin zu 1) von Dezember 2019 bis
April 2020 allein ein monatliches Einkommen i.H.v. 374 € (bzw. 367,60 € im Dezember 2019) für die Tätigkeit als Reinigungskraft
bei ihrem Bevollmächtigten (10 Stunden pro Woche) erzielt. Dieser Umstand ist sowohl durch die Vorlage des Arbeitsvertrages,
der Lohnabrechnungen und durch die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin zu 1) vom 8.4.2020 hinreichend glaubhaft
gemacht worden. Darüber hinaus haben die vorgelegten Kontoauszüge der Antragstellerin zu 1) für den Zeitraum vom Februar bis
Mai 2020 keine weiteren Einkünfte ausgewiesen, die über die entsprechenden Lohnzahlungen von 374 € hinausgehen. Sofern die
Kontoauszüge noch eine Überweisung der JVA U ausweisen, hat die Antragstellerin hierzu mit eidesstattlicher Versicherung vom
4.6.2020 hinreichend glaubhaft gemacht, dass dieser Betrag anderweitig zweckgebunden gewesen ist und somit nicht als Einkommen
der Antragstellerin zu 1) anzusehen war.
b. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin - nach erfolgter Kündigung des Arbeitsvertrages mit dem Bevollmächtigten
zum 30.4.2020 - bezüglich der neuen Tätigkeit bei der Firma H UG ab dem 1.5.2020 die bestehende Hilfebedürftigkeit ebenfalls
glaubhaft gemacht. Hierzu sind sowohl der entsprechende Arbeitsvertrag mit einem vereinbarten Stundenlohn von 10,80 € als
auch die Lohnabrechnungen der Monate Mai und Juni 2020 vorgelegt worden, wonach die Antragstellerin zu 1) jeweils ein Einkommen
von 448,20 € erzielt hat. Auch die vorgelegte Kontoauszüge weisen entsprechende Gutschriften der Fa. H UG für den Lohn für
Mai am 16.06.2020 und für den Lohn für Juni am 16.07.2020 aus. Angesichts des Umstands, dass die Antragstellerin somit bereits
für zwei Monate einen Verdienst in Höhe von maximal bis zu ca. 450 € dargelegt hat, erscheint es auch unter Berücksichtigung
des weiteren Vortrags glaubhaft, dass auch für den hier noch streitigen Monat August 2020 keine wesentlich höheren Einnahmen
erzielt worden sind. Jedenfalls ist hiernach eine vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nach § 41a SGB II begründet, wie sie der Antragsgegner im Bescheid vom 20.7.2020 bereits umgesetzt hat.
2. Die Antragsteller sind von den Leistungen nach dem SGB II nach summarischer Prüfung nicht gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a, 2b SGB II ausgeschlossen. Insbesondere folgt der Senat insofern der Darstellung des Sozialgerichts, wonach die Antragstellerin zu 1)
ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU hat.
Als Arbeitnehmer in diesem Sinne ist dabei jeder anzusehen, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten
außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen.
Der Begriff des Arbeitnehmers in § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist europarechtlich geprägt. Arbeitnehmer nach Art. 45 AUEV ist jeder, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen
Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Dies ist gestützt auf objektive Kriterien
und in einer Gesamtbetrachtung aller Umstände, die die Art der in Rede stehenden Tätigkeiten und des fraglichen Arbeitsverhältnisses
betreffen, festzustellen (EuGH, Urteile vom 6.11.2003 - C-413/01 und vom 21.02.2013 - C-46/12). Um Arbeitnehmer zu sein, muss die betreffende Person während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung
Leistungen erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Für die Gesamtbewertung der Ausübung einer Tätigkeit
als Beschäftigung und damit die Zuweisung des Arbeitnehmerstatus ist Bezug zu nehmen insbesondere auf die Arbeitszeit, den
Inhalt der Tätigkeit, eine Weisungsgebundenheit, den wirtschaftlichen Wert der erbrachten Leistung, die Vergütung als Gegenleistung
für die Tätigkeit, den Arbeitsvertrag und dessen Regelungen sowie die Beschäftigungsdauer (EuGH, Urteile vom 19.07.2017 -
C - 143/16 m.w.N. und vom 04.02.2010 - C-14/09; vgl. zusammenfassend: BSG, Urteile vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R und vom 12.09.2018 - B 14 AS 18/17 R).
Der Senat kommt unter Abwägung der Gesamtumstände im vorliegenden Einzelfall zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin zu
1) aufgrund der Arbeitsverträge ab dem 01.12.2019 und ab dem 01.05.2020 noch als Arbeitnehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU anzusehen gewesen ist, da es sich bei den ab dem 01.12.2019 durchgehend ausgeübten geringfügigen Beschäftigungen als Reinigungskraft
mit einer monatlichen Bruttovergütung i.H.v. 374 € bzw. ca. 450 EUR (ab Mai 2020) für 10 Stunden wöchentlich im Fall der Antragstellerin
zu 1) nicht mehr nur um eine untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit gehandelt hat. Allein die Tatsache, dass es sich um
eine sozialversicherungsfreie geringfügige Beschäftigung i.S.v. §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV (i.d.F. des Gesetzes vom 18.12.2018, BGBl I, 2651) gehandelt hat, schließt die Annahme des Arbeitnehmerstatus nicht aus (vgl.
hierzu BVerwG, Urteil vom 19.04.2012 - 1 C 10/11; LSG NRW, Urteil vom 19.11.2020 - L 19 AS 1204/20). Vielmehr sind für beide Beschäftigungen bei dem Bevollmächtigten der Antragstellerin ab dem 1.12.2019 und sodann für die
Zeit ab dem 1.5.2020 schriftliche Arbeitsverträge unter Berücksichtigung des gesetzlichen Mindestlohns geschlossen worden.
Die Abrechnungen erfolgten über entsprechende Lohnabrechnungen unter Ausweisung der Sozialversicherungsbeiträge für die geringfügige
Beschäftigung. Die Lohnzahlung erfolgte auf das Konto der Antragstellerin zu 1). In Bezug auf die Arbeitszeit der Antragstellerin
zu 1) ist im vorliegenden Einzelfall zudem zu berücksichtigen, dass sie als Alleinerziehende auch ihre fünf bzw. sieben Jahre
alten Kinder zu betreuen hatte, so dass - ohne anderweitige Betreuungsmöglichkeiten - der Umfang einer Erwerbstätigkeit hierdurch
zumindest eingeschränkt gewesen sein dürfte. Vor diesem Hintergrund war die ausgeübte Tätigkeit in einem Umfang von ca. 40
Stunden pro Monat bzw. 10 Stunden pro Woche als geringfügige Beschäftigung im Einzelfall der Antragstellerin zu 1) nicht mehr
als nur unwesentlich anzusehen.
Die Ergebnisse der erfolgten Überprüfungen durch den Antragsgegner sind insofern im Rahmen der im Verfahren auf einstweiligen
Rechtschutz maßgeblichen Prüfungsdichte nicht ausreichend, um das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Antragstellerin
zu 1) und ihrem Bevollmächtigten ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Zwar hatte die Antragstellerin zu 1) im Fragebogen zur Feststellung
der Arbeitnehmereigenschaft vom 12.02.2020 gegenüber dem Antragsgegner angegeben, dass sie "immer gleich" von 7 bis 9 Uhr
im Büro des Bevollmächtigten arbeite. Der Ermittlungsdienst des Antragsgegners hatte die Antragstellerin zu 1) jedoch bei
seinen Besuchen am 03.03.2020 und 09.03.2020 in der Zeit vom 6:45 bis 7:15 Uhr nicht angetroffen. Auch nach den Ausführungen
im Widerspruch vom 31.03.2020, wonach die Antragstellerin zu 1) nun in der Zeit vom 19 bis 21 Uhr arbeite, wurde die Antragstellerin
im Büro des Bevollmächtigten am 08.04.2020 in der Zeit vom 18:38 bis 19:15 Uhr nicht angetroffen. Nach den hierzu vorgelegten
Stundenzetteln hatte sich die Arbeitszeit der Antragstellerin zu 1) jedoch im bereits im März 2020 auf die Zeiten von 19 bis
21 Uhr verändert und am 08.04.2020 ist eine Urlaubszeit der Antragstellerin zu 1) vermerkt. Ausgehend von diesen Eintragungen
ist es zumindest nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Ermittlungsdienst des Antragsgegners die Antragstellerin zu 1) an
den genannten Terminen nicht angetroffen hat. Eine andere Beurteilung hierzu folgt hierzu auch nicht aus dem Umstand, dass
nach den Stundenzetteln der Antragstellerin zu 1) offensichtlich ca. 1,5 Tage zu viel Urlaub gewährt worden ist. Auch wenn
dieser Umstand im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Antragstellerin zu 1) und ihrem Bevollmächtigten bereits
früher hätte auffallen können, ist der weitere Vortrag des Bevollmächtigten hierzu in sich durchaus verständlich. So seien
die Bürozeiten in Hinblick auf die Corona Pandemie ohnehin eingeschränkt und damit der Bedarf an der Arbeitskraft der Antragstellerin
zu 1) minimiert gewesen. Zudem hat der Bevollmächtigte seine Absicht bekundet, die entsprechende Überzahlung von der Antragstellerin
zu 1) zurückzufordern.
In der Folge ergibt sich daher auch für die Antragsteller zu 2) und 3) ein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige nach §
2 Abs. 2 Nr. 6, § 3 FreizügG/EU.
3. Die Antragsteller haben zudem die Entstehung der Kosten der Unterkunft und Heizung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen
nach § 22 SGB II hinreichend glaubhaft gemacht. Sofern der Antragsgegner insofern zunächst Zweifel daran geäußert hat, ob die geltend gemachte
Unterkunft durch die Antragsteller tatsächlich bewohnt wird, ist dies nach Auffassung des Senats im Rahmen des Beschwerdeverfahrens
insbesondere durch Vorlage des Mietvertrages, der Fotos der Wohnung, der vorgelegte Stromabrechnung der Stadtwerke Herne und
der hierzu abgegebene eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin zu 1) hinreichend glaubhaft gemacht worden. Allein
der Umstand, dass im Rahmen von Besuchen durch den Außendienst am 27.02.2020 und am 09.09.2020 die Antragstellerin und die
Kinder nicht angetroffen werden konnten, reicht jedenfalls nicht aus, dass von einer nicht erfolgten Anmietung der Wohnung
auszugehen wäre. So war - entgegen den Feststellungen vom 27.02.2020 - bei dem Besuch am 09.09.2020 sowohl die Klingelleiste
als auch der Briefkasten mit dem Namen der Antragsteller beschriftet. Im Übrigen verlief der Besuch vom 09.09.2020 letztlich
unergiebig. Jedoch spricht schon die vorgelegte Abrechnung für Strom der Stadtwerke Herne gegenüber der Antragstellerin unter
der Adresse in der B-Straße 0 in I dafür, dass diese Wohnung von den Antragstellern tatsächlich bewohnt wird. Die Antragstellerin
hat zudem Fotos der von ihr bewohnten Wohnung vorgelegt und mit eidesstattlicher Versicherung vom 9.11.2020 bestätigt, dass
die übersandten Fotos die von ihr mit den Kindern bewohnte Wohnung zeigen. In der Gesamtschau bestehen somit keine hinreichenden
Zweifel, dass die Antragsteller in der Wohnung in der B-Straße 0 in I tatsächlich wohnen und somit zur Zahlung der diesbezüglichen
Mieten in dem hier streitigen Zeitraum vom 16.4.2020 bis zum 16.8.2020 verpflichtet gewesen und dass die hier streitigen Kosten
der Unterkunft auch tatsächlich entstanden sind. Insofern kann für die Entstehung der Mieten, zu deren Zahlung die Antragstellerin
zu 1) sich im Mietvertrag verpflichtet hat, offenblieben, aus welchem Grund im Mietvertrag vom 01.11.2019 noch eine Kontoverbindung
für die Mietzahlungen auf den Namen des Bevollmächtigten der Antragsteller angegeben ist.
4. Ein Anordnungsgrund in Bezug auf die Gewährung von vorläufigen Leistungen in Höhe des Regelbedarfs und der Kosten der Unterkunft
ist ebenfalls glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller können ihren Lebensunterhalt weder aus eigenem Einkommen noch aus Vermögen hinreichend sicherstellen. Auf
die diesbezügliche Berechnung bzw. den Bescheid des Antragsgegners vom 20.7.2020 wird insofern Bezug genommen.
Auch in Bezug auf die Kosten der Unterkunft ist ein Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht. In Verfahren des Eilrechtsschutzes
ist zu den Kosten der Unterkunft auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu prüfen, welche negativen Folgen im konkreten Einzelfall drohen. Relevante Nachteile können hierbei nicht nur in einer
Wohnungs- beziehungsweise Obdachlosigkeit liegen. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gibt vielmehr die Übernahme der "angemessenen" Kosten vor und dient im Zusammenwirken mit anderen Leistungen dazu, über die
Verhinderung der bloßen Obdachlosigkeit hinaus das Existenzminimum sicherzustellen (vgl. BVerfGE 125, 175 (228)). Dazu gehört es, den gewählten Wohnraum in einem bestehenden sozialen Umfeld nach Möglichkeit zu erhalten (so BVerfG,
1.8.2017 - 1 BvR 1910/12 -, Rn. 16, juris, unter Verweis auf BSG, 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - Rn. 21, juris). Daher ist bei der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund für den Eilrechtsschutz vorliegt, im Rahmen der wertenden
Betrachtung zu berücksichtigen, welche negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art ein Verlust
gerade der konkreten Wohnung für die Betroffenen hätte (BVerfG, a.a.O., Rn. 16; Beschluss des Senat vom 10.12.2018 - L 21 AS 959/18 B ER). Nachvollziehbar ist insofern der Vortrag, dass die Antragsteller trotz der erfolgten vorläufigen Verpflichtung der
Antragsgegnerin den bestehenden Zahlungsrückstand bislang nicht haben vollständig ausgleichen können. Aktuell ist nicht erkennbar,
dass den Antragstellern eine anderweitige Wohnung oder Unterkunft zur Verfügung stehen würde, wobei auch die Nähe der Wohnung
zu der von den Antragstellern zu 2) und 3) besuchten Grundschulen berücksichtigen ist. Unabhängig davon, ob bereits eine Kündigung
erfolgt ist, ist jedenfalls eine - zivilrechtlich möglich erscheinende - einvernehmliche Auflösung des Mietverhältnisses noch
nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung des Senats ein Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
6. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).